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Neue Monatshefte für Dichtkunst und Kritik, 1877, Bd. 5, H. 3.

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Oscar ElumenthaL

v.Band. Heft3.

Feipzigs Ernst cJulius-Gärtchen

(2)

: März 1877.

Inhalt

Reueovon undüberLerdinand Ereiligrntp VonAdolfStrodtmann .

EinWiutterherx ErzählunginVersenvon Emil Taubert .

SeufzereineoRomanschriftflellemVonHans Wach enhusen.

LiterarifchetFrühlingospglüftung.VonHieronymus Lorm . gliteraturbrieseVonJohannes Scherr . .

Sardou’o neuesteKomödie Von Gottlieb Ritter KritischeRundblicke .

Der getanfte promethetco.

Misoellen .

VonS.Heller.

Die ,,Ueuen Monatsheste« erscheinenregelmäßigamEndejedesMonats imUmfangvonmindestens6Bogen Lex.eleg. geh.

Der Jahrgang bestehtaus2WändenZuje6Besten.

Seite 1 7 7 208 233 236 240 245 263 265

preispro Band 6Mark; pro Quartal 3Mark; proHeft1 Mart-»

Alle BuchhandlungenundPostanstaltennehmen Bestellungenan.

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Beurt-vanund übergerdjnnnd Äreiligrutlx 177

Neuesvon und übercTierdinandTreiligrath

Mit einerAnzahlälterer,inderGesamrntausgabe seinerWerkefehlenderGedichte.

VonAdolf Strodtmann.

VormirliegteinausdemJahre1831 stammendes Gedicht, ,,LustamSterben«

betitelt:

Jchkannmich aufdie Stunde freuen, VielleichtwirdMancherummich weinen,

Wo mirderTodseinWorterfüllt. Unddergeweinten Thränen Zahl

DerBlumen wirdmanauf mich streuen, Wirdsichzu einer Wolkeeinen, WennmicheinTodtenhemd umhüllt.

Leichtwie einMorgensonnenstrahl.

Wie einenkampfesmüdenRinger, Auf dieserWolkeduft’gen Wagen

Wirdman mitKranzundBand michschmücken, Setzt fessellosmeinGeist sich dann,

Undbebendwerdenleise Finger »

UndSeufzerundGebetetragen Diestarre Wimper niederdrücken. l Jhnhimmelan, ein raschGespann.

Danntrink’ ichausdesLebensBronnen, Dannhör’ ich Harfen,vollundsüß—- Onein! esist nicht bloß ersonnen,

Esgibt gewißeinParadies!

Dortwerd’ichvondenFrommen,Treuen, Dielängst schondroben sind,gegrüßt; Jchkannmich aufdieStunde freuen,

Die mirdesHimmels Thor erschließt!

Selbstein genauer Kenner dermodernen Literatur würde beiDurchlesung dieser gefühlsinnigenStrophenschwerlich aufdie Vermuthunggerathen, daßFerdinand Freiligrath ihr Verfasser sei. Jstesdocheine bekannteEigenthümlichkeitdieses Dichters, daß-imGegensatzezudervorwiegend lyrischen Stimmungspoesiederersten Hälfte UUfkesJahrhunderts, dieweiche subjektive Empfindungbeiihm seltenunmittelbar zu Worte gelangt.Als 1838 seine erste Gedichtesammlung erschien, frugman sichfast verwundert,obdieser energischeGeist,dermitsoscharf ausgeprägter Originalität feinen farbenprächtigenBilderteppich entrollte,niemals, gleichanderen Sängern, durchdie gewöhnlichenGefühlsschwärmereienderJugendzum Liedeentflammtwordensei. Lenz undWein, FreundschaftundLiebe,Religion, FreiheitundVaterland, alldiese alten, niemalsausgesungenen Themata,andenenjeder junge PoetdieKraft feiner Schwingen zuerprobenpflegt, schienenfür Freiligrath’s feuerdurstigeSeelekeinenReiz besessenzu haben.Seine Stoffewaren überraschendneu; ebensoneu war dieZaubergewaltder

v.a. 12

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178 Bette Monats-hellefiirYichtlmrrstundKritik

Sprache, welche ihmzu Gebotestand.Sokames,daßman in dem ganzen umfang- reichenBande nirgends aufeinalltäglichesGefühl, aufein mattes undfarblosesGe- dicht, aufeinerstes schüchternesStammeln derMuse stieß,diemitso sichererHand lauter volle, manchmal barocke, ftetsaberkräftigeundursprünglicheAkkordegriff.

DennochwäreeseinJrrthum, zuglauben,daßdiePoesie Freiligrath’svon An- fangan so bestimmtdenCharakterstempel getragen hätte,denjene erste Gedichtesamm- lungaufweist.Eineungewöhnlichstrenge Selbstkritik bewog ihn,AllemdieAufnahme zuversagen,was nichteinedurchaus selbständigePhysiognomieerblickenließ,oderwas seinem gereisteren Urtheil nicht mehr genügte. Einzelne dieserJugendgedichte,die in verschollenen ZeitschriftenoderTaschenbüchernveröffentlichtworden waren, hatder Verfasser1858 indie inNew-YorkerschieneneamerikanischeGesammtausgabe seiner Werkeeingefügt; hoffentlichwerdensie auchderim Druckbegriffenenvervollständigten deutschenGesammtausgabe nicht entzogenbleiben. Denn gerade diese Erstlingeder Freiligrath’schenMuse find außerordentlichlehrreich fürdiekünstlerischeEntwicklung desDichters,und bekunden denernsten Fleiß,mitwelchemerdienaheliegendenGe- fahrendervon ihmeingeschlagenenRichtungbaldüberwand.

Zunächst begegnenuns allerlei Gefühlsergüsse,weder imGedankennochin der Form besondersoriginell,manchmal sogaretwassentimental,wiedasLiedvon der Blüthe,die inihrem Bettchenvonden lauen Lenzwindengeschaukeltwird:

DieBlüthe (1830).

Frühlingsleben, Blüthenleben! Ihre Tage glänzen gülden, Andemzarten,dünnenReis Silbern schimmern ihre Nächte;

Glanzumgossen,duftumfloffen Käferleinmit buntenSchilden PrangtdieBlüthe, rothundweiß. Schwirren summend, ihre Knechte;

Schlummerndruht sie,wie imTraume, Tragen aufdenFlügeldecken AehnlicheinemWiegenkinde; Jhre FarbenundihrWappen, Sieh,eswiegen sammtdemBaume I Habentreusichihr ergeben, SiedesFrühlingslaueWinde. z Hornbepauzert, lust’geKnappen.

UndeskommenVöglein, Bienen, Schmetterlinge,staubbestreut Alles,Alleswillihrdienen!

Oglücksel’geBlüthenzeit!

oder dieSchilderungdessterbenden Kindes,das zumletztenMalindiejungeFrühlings- herrlichkeithinausblickt:

Das kranke Kind(1830).

Dortobenandemossnen Fenster Drumtrugenesdie Elternleise AufDeckenruhteinkrankes Kind, An desbesonntenFenstersRand;

Sosanftundlieb,somildvonZügen, Siesitzen stummanseiner Seite, Wiesonstwohlnur dieEngel sind. UnddrückenjweinendsichdieHand.

l

Jm Kämmerleinauf dumpfen Kissen l Essieht denLenzdasLandbemaleu, Hatesschon langeZeit gelegen. EssiehtdiegrünenBäumeblühn;

Wiestill! eswirdwohl sterben müssen; Essiehtdie liebeSonne strahlen, Gernstürb’esmitdesFrühlings Segen. Essiehtdiejungen Schwalben ziehn.

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Leuennonund überDrrdinand Jreiligratsn 179 EssiehtdieNachbarkinder spielen

Sonst spielt’eswohlmitihnen auchl Undeinehelle Thräne zittert Jn seinem großen blauen Aug’.

O weinenicht!derWeltentnommen Wirstdu!DirleuchtenHimmelskronenl Und zu denFrommen wirstdukommen, Soin denHäusern Gotteswohnen.

Einzu desParadieses Freuden WirstduanEngelshändensgehm DietraurigstederTrauerweiden WirdbaldaufdeinemGrabewehn.

oderderVergleichdesAugesderGeliebten miteinemZauberspiegel, dessenreiner Glanz sichvonThränen trübt,wenn derErwählte ihres Herzens auf unrechter Bahn wandelt:

Der Zauberspiegel(1831oder1832).

UralteSagen gebenKunde VoneinesZauberspiegels Macht;

Esglänzt auf seinem goldnenGrunde DesReinenBildinreinster Pracht.

DochwerdeskleinstenFehlers schuldig, Dembeuterkeinefreud’ge Schau;

Demblinkternimmer blankundguldig, Demweinterwarnend dunklen Thau.

Wo mag derheil’geSpiegel blitzen?

WerkenntdasköstlicheGeräth?

Wer mag denherrlichen besitzen, Dereines Jeden Sinnversteht?

Wersagtmiran,woichihn finden, Undwieich ihn erringenkann?

DaseigneHerzmirzuergründen, Begehr"ichkeinenstärkernBann.

Vergebensfrag’, ich,woerschimmert;

Vergebens,woseinMeister haust;

Vielleichtisterschonlängst zertrümmert Durcheinesargen Zaubrers Faust.

Vielleicht isterversenkt, vergraben Dochwasverlocktmich auch sein Licht?

Glänzt mir, begabtmitgleichen Gaben, EinschönrerZauberspiegel nicht?

Derglühtin dunkelbraunem Kranze, Derlächeltmirsoruhig mild;

Derschimmertmirmitblauem Glanze, Und inihm schwimmtmeinzitterndBild.

Undschau’ich freiunddreistin’sLeben, Undhab’ich Rechtesnurgewollt:

Dannseh’ich seinen Schein sichheben, Dannblitztermir, wielauterGold.

Doch folg’ ich falscher Mächte Stimmen, Dann dunkeltsichdasZauberglas, Dann seh ichtrüb meinBildniß schwimmen

AufeinerThräne heil’gem Naß.

JhrwolltdemLiede nichtvertrauen?

Wähnt,einGedicht seimeinGedicht?

SolchKleinodsei nicht mehrzuschauen—- KenntihrdasAug’derLiebsten nicht?

oder dasPalmsonntagsgedichtin einer englischenKirche,derenfriedliche Sabbathstille denDichterandasdellvonWakesieldgemahnt:

IneinerenglischenKirche (Palmsonntag1832.) DiesistderTagdesHerrn! · DaschweigtdesMarkts Gewühle;

Süß klingen nahundfern Diehellen Glockenspiele;

Fromm drängtdieMenge sich ZuGottes Heiligthumen, Estragenfreudiglich Die KinderZweig’undBlumen.

12sie

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180 Year Wanatshektefürerhtlmnst undBrith

OHerr,derFreudentag, Derheil’geTag ist heute, An dem man Palmen brach, UndaufdenWegdirstreute.

Osieh,die Erdehat Gewußt, daßererschien;

Siesendet Knosp’undBlatt, SieprangtimerstenGrün.

DerBäumeTriebundSchoß Glänztduftendallerwegen;

Siewill,wasihr entsproß, ZudeinenFüßen legen.

Wieziehtesmich empor!

Wie lockt esmich hinaus!

Jchschreite durchdeinThor, Dustilles Gotteshaus!

DurcheinenGarten tret’

Jchein in deineRäume;

Diewarme Lustdurchweht

Daszarte LaubderBäume.

VonFrühlingswonnevoll Geh’ ichzumTempel ein, Womich erquickensoll Derew’gen Gnade Schein.

Seidmirvieltausendmal Gegrüßt, ihr werthen Hallen!

Willkommen, kleiner Saal, Wofromme Hymnen schallen!

Willkommen,Sonnenlicht, Dasmildundwunderbar Durchmatte Scheiben bricht, Vergoldendden Altar!

DieOrgel,vollundlaut, Braustzu desHöchstenEhre;

Jn fremder ZungeLaut TönthierdesHeilands Lehre.

Doch klingtdieRedesüß JnmeinerSeelenach: JstnichtdieSprache dies, DieWakefield’sPfarrer sprach?

Ostilles Wakesield!

OParadiesesträume!

UmmeineSchläfe spielt DasWehnderHimmelsbäume!

Gleichwieein milderStern Mitwunderbarem Schein StrahltmirdieHulddesHerrn Auf, laßtunsPalmen streun!

Allein inderselben Zeit erhebt sichdiePhantasiedeszwanzigjährigenJünglings hin undwiederzu Bildern vonso berauschenderFarbengluth, daßman dasGewöhnliche derEmpfindung gänzlichvergißtüber derhinreißendenEnergiederForm. Soin dem Eingangs mitgetheilten frommen Liede,undüberraschendernochin demGedichte

DerTod(1830).

DerTod istgareinguter Mann;

Ergehtbergab,ergeht bergan;

SeineHandist kalt, sein Antlitz bleich, SeinschwarzerMantel weit undweich.

Ertrittzujeder Pforte ein, Mag’sFürstenschloß,mag’s Hütte sein.

Undhilft,erhateinweich Gemüth, WennerbetrübteLeutesieht.

DemSäugling,derimFieber liegt, Sich jammerndandie Mutter schmiegt, Siestummen Blicksum Hülfe fleht, Undihre Thränen nicht versteht:

JhmbieteterdiekalteHand, Undtrittanseines Bettchens Rand, Undküßt ihn aufdenbrennenden Mund, Undspricht! »Du Lieber,seigesund

Undfaltet seineHändchendann—- Siebrennennicht mehr! dergute Mann,

Und drücktihm sanftdieAeugleinzu, Spricht leise: »Schlummre,schlummre Du!«

DemManne,der die ganze Welt Mitbrünst’gerLieb’umfangen hält, DeßLiebeKeiner, ach, versteht, UnddemdastieszuHerzen geht;

Erklagtundwillverzweifelu schier:

»Was solldieswarme Herzemir, DasJedengernalsBrudergrüßt, UndJedem willigsicherschließt-?

,,DeßGluth,wiesie auch liebendbrennt Doch Keinererwiedert,Jederverkennt?

O Gott! schenk’ihmdieew’geRuh’!

Nimmeszu dir!Dukennstes,du i«

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Jhmbieteterdie kalteHand, AlseinerschönernZukunft Pfand, Erküßt seinenMund miteis’gemKuß- ,,Wohl dem,derso verkanntsein muß

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Birnenvonnnd überHerdinund Freiligrath 181 DemGreise, der,gebeugtundschwach, Undschaufelt ihnenaucheinGrab, VomLebennichts mehr wissenmag, Undsenkt sie sorgsamlich hinab, Der, süßen Hoffens voll, gefaßt, Unddeckt dasGrabmitRasenzu:

Entgegen siehtderletzten Rast: »So liegt ihr weichundwarm dazu!

Auch ihmbeuterdieRechte dar, »Nunträumtvom schönenHimmelssaal UUDglättet ihmdasweiße Haar, Undseinen Freuden allzumal, UndziehtdasTodtenhemdihman, Bisihrauseurer langen Nacht Undsagt:,,Ruh’aus,du alterMann Zum Tage,dernicht sinkt, erwacht

SomachteresmitallenDrei’n, DerTodistgareinguter Mann, Hüllt sieinseinen Mantel ein, Erhilft,woKeinerhelfen kann, Undträgtmitstillem, zufriednemSinn SeineHand ist kalt, sein Antlitz bleich, ZUMKirchhofsie,derGute,hin; SeinschwarzerMantelweitundweich.

Ungleichbedeutungsvoller fürdieEntwicklung Freiligrath’saber isteineReihe vonGedichten,dieersämmtlichimJahre1832 schrieb. Kurzzuvorhatteer,nachBe- endigung seiner kaufmännischenLehrzeitzuSoest,eineKommisstellein einemAmster- damerBankhauseübernommen.Hier,in dergroßen Hafenstadt, machteer,derBinnen- länder, zuerstdieBekanntschaftdesMeeres, dessenüberwältigenderEindruck seiner Poesieeinen ganzneuen Inhalt gab.WenigeJahrezuvor hatteeinanderer junger Dichterinseinen,,Nordseebildern«,sozusagen,zumerstenMalfürdiedeutschePoesiedas Meer entdeckt.AbermitwieverschiedenenAugen sahen HeineundFreiligrath dasselbe an!DerZöglingderRomantik, welcher durchdieSchulederHegel’schenPhilosophie gegangen war, symbolisirteinseinen schwungvollen RhythmendasNaturleben des Meeres zu einerpantheistischenTheodicee,erspiegelte gleichsamdessen innerstesund geheimnißvollstesWesen,erbrütete überdessenuralten Räthseln,dieihmeinswaren mitdenungelösten,vielleichtewigunlösbarenRäthselnderMenschenbrust.Wieanders Freiligrath,der keckeRealist! Ihm istderMeeresgrundeinweitesGrab,mit dem Ge- beinderErtrunkenen übersäet,dasvon denUngeheuernderTiefe benagtwird;er denkt beimRauschenderFluthandieSchätze,welchedadrunten verborgensind,andie Schnecke,derenrother Saft KönigendenPurpur färbt,andiePerle,die in derMuschel ruht;UndvorAllemistdasMeerihmdieBrücke, welcheLänder und Völkerverbindet.

Ungemeinklarspricht sichdiesBewußtseinschonineinemseiner ältestenGedichteaus.

AmStrande derNordsee gedenkterdesommijadischen Khalifen,dermiteroberndem S«chwertdieLehredesProphetendenVölkerndesOstens verkündete,bisdasMeer

feinemSiegeszugeHalt gebot. Fürihn,denDichter,würdedieSeekeinHemmniß sem,erwürdeauf seinemRenner dreistindenBrandungsschaum sprengenunddas MeerfürdiePoesieerobern:

AmStrande(1832).

SohatesamGestade · DerWilde,derdenBerber

Gedonnertwohlvorlängst, SeinLandverheeren ließ;

Olskeck derOmmijade DerseineWüstenfärber

InsMeerrittseinenHengst;« Blutwthesfärben hieß;

DerHeld,der allenWinden Dem,alsernun gezogen Dieblut’genFahnen gab, VomSchilf-zumAtlasmeer,

WieZungen,zuverkünden ZudonnertendieWogen:

Medina’s schwebendGrab; »Halt! du, mitdeinemHeer!«

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BirneMonatshrktefürgirhtkunxtunderth

DaließerZäume Zäume, UndBügel Bügel sein, Und rittin dasGeschäume

DerBrandung dreist hinein;

Da, hochinLüften, blitzte DesBärt’genkrummes Schwert;

Diesalz’ge Fluth bespritzte Dasrabenschwarze Pferd.

Aufseine Stirne wehte DerSchaumalsschnee’geBläss’;

DerReiteraberflehte;

»Pka)et,dusiehestes!

,,Gern, dichzupred’gen,ritt’ich Durchneuer VölkerBlut;

Für dichdieWeltbeftritt’ ich, Dochsieh, michhemmtdieFluth

O, ständejetztamStrande Auchmireinwiehernd Roß, UndringsimUfersande

EinbunterKriegertroß:

Vorseinen Augen jagt’ ich In dieses Schaumes Schnee;

Doch nicht,wieAkbeh,sagt’ ich:

»O sieh, mich hemmtdieSee!«

Nicht schrecktemich,wieJenen, OMeer,deindumpfer Rus!

ObflattertendieMähnen, Fest grundetederHuf!

Dichebenwollt«ichbänd’gen!

Dichunddein wildGesprüh Erräng’ ichzurbeständ’gen

ProvinzderPoesie!

DennallerLänderSchwelle Jst dieserSaumderFluth;

EsbrächtejedeWelle MireinesVolksTribut.

Auf Sand- undKiesgestaden Uebt’ichdesStrandes Recht;

MitBeutereich beladen, Verließ’ ichdasGefecht!

DenHalsdemRosseklopfend, VonTropfen übersprüht:

Soritt’ich,Liedertropfend, Dennjederwürd’ ein Lied!

Schon aufdasempfänglicheGemüthdesKnaben hattendieWunder derFerne einenmagischenReiz geübt.DiealteBilderbibel imelterlichen Hause,dieMärchen von ,,TausendundeineNacht«,dieReisebeschreibungenLeVaillant’s undAnderer hatten seine jugendlichePhantasiemit einerFüllevon Traumbildern genährt,diejetzt plötzlichLebenundGestalt empfingen,alserimHafenvonAmsterdam Tag für Tag diegroßenKauffahrteischiffeankommen-sah, welche,mit dem GutallerZonen befrachtet, den direktenVerkehrmit allenWelttheilen unterhielten. Ostmals nochinspäterNacht- stundelockteesihnausdemstillenGemachhinaus,umdasSchiffer-undMatrosenleben amStrande zubelauschen:

Hafcngang (1832).

Diesnunheiß’ichmeinVergnügen:

An demHafen Nachtszuwandeln, Wodiegroßen Schiffe liegen, Dienachfremden Küsten handeln;

WennderWind,die Wolkenjagend, Heulend singtein wildesSolo, UnddieMeerfluth,Wellenschlagend, Abpralltvondemfesten Molo;

WennderMond,den Sturm verachtend, Röthlichniederstrahlt,dervolle;

Mittrübsinn’gemBlick betrachtend DenDreimafterund dieJolle, DerenBäume aufwärtsragen, Aufzuihm,demHerrnderNächte, Alsobsie ihnwollten fragen, OberbalddieFluth auch brächte;

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Leuenvar-cund TiberDrrdinnnd Drejljgratlx 183

Wennausqualmiger Taverne Jhkes SchiffesNamenrufend DanneinSchwarmkvonRuderknechten JndieNacht, trotz FluthundWinden, SingtUndjubelt,dienochgerne BisdieSchläge fernerRuder JnderMatteschlafen möchten. s DerSchaluppe NahnVerkündew Nackt vonHals,mitweitenHosen, Traun, keintrefflicher Vergnügen, WeinundJugendin denAdern, AlsamHafen Nachtszustreifen, StehndiebräunlichenMatrosen Wo diegroßenSchiffe liegen, Aufdes Kaisgewalt’gen Ouadern, Wo diefarb’gen Flaggen fliegen,

Wappenreiche Leinwandstreifen!

Höchstinteressant istesnun, in denersten Gedichtenaus derZeit seines Amster- damerAufenthaltsdie ArtundWeisezuverfolgen,wiesichausrealistischdürrenund nüchternenAnfängenbinnenKurzem jene für Deutschlandganzneue Gattung deskrip- tiverPoesie entfaltete,die denunvergänglichenRuhm ihres Verfassers begründensollte.

Esist vielleichtnicht überflüssig,daran zuerinnern, daß Freiligrathdietropischen Gegenden,derenMenschen-,Thier-undPflanzenweltermitsolebensvoller Treue ge- schildert hat,niemals miteigenen Augenerblickte. Erhatte sich seine ausgebreitete Kenntnißvon Ländern undVölkern durch fortgesetzte fleißigeLektüreerworben,und vervollständigtesie jetzt durcheinenregen VerkehrmitdenKapitänenundMannschaften derfremden Schiffe,mitdenen ihnschon sein kaufmännischerBerufinstete Berührung brachte.BeidemMangeleigener Anschauung mußteersichdasLokalkolorit für feine Schilderungenaus hundertund aberhundert Zügen musivischzusammensetzen,undso herrlich feine gestaltungskräftigePhantasiedieendlosenDetails späterzueinheitlichen Bildern verschmolz,vermochtenseine Schöpfungendoch Anfangs diesen künstlichenUr- sprung nichtzuverleugnen. Einzelnes klingt beinahewiedieversificirten Notizeneines geographischenHandbuchesoderwie dieRekapitulationeineskürzlichdurchblätterten Reiseberichts.ManlesebeispielsweiseeinGedichtwie dasfolgende,überdessentrockene AufzählungenundbarbarischeReimederVerfasserin dasheiterfte Lachen ausbrach,als ich ihnvoreinigen Jahrenandasselbeerinnerte:

DerweißeElephant (1832).

WohlduftendeineNorden, DesGangesWellereinigt

OStrom derJudex,süß, DesMenschenSinnundArt;

Und deineLeoparden ZUM heil’geUStrombeschleunigt

SchmückteinbuntscheckigVließ. DasVolk diefromme Fahrt.

DerSiegfolgteuren Fahnen, DieBaumwollkleider sinken;

Berittene Afghquen! Sietauchenundsietrinken;

Reich istanSalanganen Diehellen Tropfenblinken

Amboinass Paradies« Jn finstrer PriesterBart.

OGangesbraut Bengalen, Auf Laubmitspitzem Griffel Unddu,Mahrattenstaatt Schreibt sinnendderBrahmin;

Hochübereuren Thalen Estragenstarke Büffel

Thürmt sichdie KetteGhautl Denluft’gen Palankin:

Orohrbewachs’nerBoden!« DerRajah sitzt aufSeide

Oheilige Pagoden! Jm falt’genScharlachkleide;

OblutbesprengteSoden DenDolchingoldner Scheide;

Vorder zuJagernaut! DerHukka’sDämpfe ziehn.

(10)

Dem ManntnhektefürYirhtknrthnndertik

DieköniglicheBoa UmschlingtdenPisang-Ast;

EinDiamant ist Goa, MitWelleneingefaßt.

JnKalikut’s Verhacke Liegstdu inrotherJacke AufdeinesHengsts Schabracke,

Sieghafter weißer Gast!

AufSeidewirktzu Dakka EinBlumenparadies DerWeber;aufMalakka

Schwirrtderlangschaft’geSpieß.

DerJäger aufdemscheuen Roß folgtderSpurdesLeuen;

Die Rechtedes Malaien Schwingtdenzweischneid’genKris.

Mysor’s gewalt’gerSultan, Dufielstinblut’ger Schlacht!

Jm Abendlicht,oMultan, GlänztdeinerSchlösserPracht!

WiedufteftdunachBisam, OBartvonDekan’sNisam!

DernackteSklavemühsam Befährt Golkonda’sSchacht.

Madras, buntvonFelucken JstdeinesHafensRaum!

Grünsteht aufden Molukken Derwürz’geRelkenbaum.

Fruchtbar istdeineLava, Malaien-Jnsel Javal DochvordemHerrnvonAva

JstAlleseitlerSchaum.

Jhmbrülltimgold’nen Stalle Derweiße Elephant.

EsglühtvonSteinundSchnalle Seinpurpurn Stallgewand.

Ersteht auf Marmorplatten, MitfeingeflochtnenMatten Belegt,undBambusschatten

Fällt auf des Stalles Wand.

Erzehrtaus Silberwannen DesJrawaddi’s Gras;

Ihm duftenWeihrauchpfannenz Jhm klirrtamvollenFaß DesZapfens blanker Schlüssel;

Austiefer, goldner Schüssel Schlürft sein gebogner Rüssel DesAraksbrennend Naß.

DergoldnenKetteSchlingen FühlteramFuße kaum;

DieGlockenläßterklingen Anseines KleidesSaum.

SeinSklaveundseinLenker, SeinWärterundsein Tränker, DerKornak, führtdenDenker

AusdesPalastesRaum.

Wirhaben ihnerbeutet ImKampfemitNepaul.

Wieersostattlich schreitet!

Einprächtig Futteral Schmückt feine weißen Hauer, Undobensitztin blauer HoftrachtderBetel-Kauer,

DerFürstvonBirma’s Thal.

Deredelnundunedeln Metalle Fürst istder!

Mitbunten Federwedeln Kühlt ihnder Diener Heer.

DerKotnakhebtdenStecken, Triangel schalltundBecken;

DieMenge küßtmit Schrecken DenStaub werist,wie Er?!

GewißbehälimanvondieserLektüre keinen anderenEindruck,alsden einergrellen MosajkbuntscheckigerSteinchen,dieaufs willkürlichsteaneinander gereiht sind,und bei allemgleißendenFarbenschmelzphantastischerReimekeinavschaulichesGesammtbild geben, sondern höchstens,wie dieFigureneinesKaleidoskops,zuabenteuerlichwechseln- denArabesken zusammen schießen.Aberfast jedesneue Gedichtbezeichneteinenglän- zenden Fortschritt ausdereinmalbetretenen undfestinnegehaltenen Bahn.Vonwie handgreiflicherPlastik ist gleichdasnächste,die

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Bettesvonund iilwrJerdinand Äreiligrath 185

Stimmevom Hknegal

DieNacht brachan,dasZeltwaraufgeschlagen.iEr triebdenVogel nachdesAufgangs Hügeln, Jchftampfte Mais, daplötzlichsah durchs MiteinemStabschrieberdenWeg ihmvor.

Rohr Aufseinem Nacken, zwischenseinen Flügeln, Hoch aufdemStrauße saßderjunge Mohr.

JcheinenReiter nachderWüste jagen;

AufeinemStraußerittderjunge Mohr. l

DerVogel trabte, ruderndmitden Schwingen, Jch fah ihn lächelndauf mich niederblicken; « Daß ich ihnbaldausdemGesichtverlor.

SeinlauterGrußtönt mirnochjetztimOhr. Vonferne noch hört’ ichden Reitersingen, Wiegroßwar er! aufeinesStraußesi AufeinemStraußerittderjunge Mohr.

·

Rücken! i

Aufeinem Straußerittderjunge Mohr! Wirlassenmorgen UnsamStrome nieder,

, » Und er vielleicht hältvor Tombuktu’s

AnWer SeitehingdieKükbisfrasche; E Thor·

DenSchirmvonBlätternhielterhoch empor; iWann feh«denStraußundseinen Herrn ich VollrundenKornswar seine Reisetasche, wieder? .-

Aufemem Straußerittderjunge Mohr. AufeinemStraußerittderjunge Mohr.

WeshalbmagFreiligrath dies ftimmungsvolleWüstenbildaus feiner Gedichte- sammlung ausgeschlossenhaben? Vielleichtdarum weilesnur einBild war, das,wie seinkünstlerischesGefühl ihm sagte, sichungleich besser fürdenMaler, alsfürden Dichter,zumVorwurfeigne.Denn hier galteskeine bewegte Handlung,sondern eineneinzigenMoment zuschildern,den dasAugedesBeschauers aufderausgespann- tenLeinwandflächedesMalers inallenDetails zugleichüberblickenkonnte,während derDichter genöthigtwar,denGesammteindruckdeserschautenBildesfürdasOhrdes Hörersin eineNacheinanderfolgevon Einzelzügenzuzerlegen.

DasgleicheBedenkenläßtsichallenfallsgegen dieEingangsstrophendesprächtigen Gedichtesan Afrika erheben aberwelchen hinreißendenAufschwungnimmt dann sofortderPoet!Mit wiegenialerKraft verkörperterdiegefahrvollenReizederTro- penweltunter dem Bildeeinerorientalischen Fürstin, welchedenkühnenReisendenmit dem Todedafür straft, daßerihren Schleierlüften, ihre räthfelhafte Schönheitden AugenallerWeltenthüllenwolltet

ZuAfrika (1832).

Jhr wunderbaren Zonen- DufernesZauberland, WodunkleMenschenwohnen, GeschwärztvomSonnenbrand;

Wo Allesblitztundfunkelt, Wo derSonne Strahlengold DasrechteGoldverdunkelt, Dasglitzerndin denFlüssenrollt:

MitWaldundWüstevonGrauez Seh’ ich euchvormirstehn;

DiegrünenPalmen beschauen Sich inden blauenSeen.

Wilder ThiereStimmen erschallen AusFelsgeklüftundHöhl’, Undmitgewicht’genBallen BeschwertderBerberdasKameel.

Eswäschtderlockige Neger AusFlußfand goldneKörner Ernst hebtderHimmelsträger, DerAtlas,seine Hörner Undseine Felsenkanten, VonSonnengluth erhellt, Undgraue Elephanten Zermalmen schwerenSchrittsdasFeld.

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ihnen entschlüpftist. Sie werden sich daher gewiß nicht wundern, daß ich so lange als möglich von dort fern bleibe und die Absicht habe, nicht vor dem Spätherbst

Jn den Brieer an seinen Freund Karl Mayer schreibt Lenau einmal: ,,Jn Amerika werden der Liebe leise die Adern geöffnet und sie ver- blutet ungesehen.« Und so wissen wir auch, wie

gedeihen, der all’ seine abgedanktenMaitressen in Wachs nachbilden läßt und in diesem ,,Museum«sein Leben verbringt und endet? Wo anders als im verkirchlichten Süd- spanien die

Was speciell den für uns wirklich letalen Ultramontanismus betrifft, so kann ja weder bei Mickiewicz, noch bei Slowacki von diesem die Rede sein, er war zu jener Zeit wenig expansiv

»aber zehn von Jhren Werken gingen ja schon über die Bretter: Zampa, Haidee, dle Hugenotten, Pre aux Clercs!« — ,,Schlechter Beweis: Wohl sind diese Operntexte aus meinen Romanen

er im Moment seiner diplomatischenReise wohl nicht in Paris zurücklassen dürfte. Die Poraussicht des geniereichen Natars wird verwirklicht. Chåteaufortkehrt freudig zurück, gibt

veraltet. Es sind übertriebene Leidenschaften, verzerrte Gefühle. Der Anflug von ritterlicher Höflichkeit und Courtoisie erscheint ihm jetzt so lächerlich, wie er früher