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Neue Monatshefte für Dichtkunst und Kritik, 1876, Bd. 4, H. 5.

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Academic year: 2021

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Neue Muntghkge ;

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Eichtkunst

Und

Zkritik

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He ausgegeben

Osrar Blumenthai.

IV.Band. Heft5.

Leipzig, Ernst Intius Günthcr.

(2)

: Uovember 1876.

Inhalt

WW

DreiWeihnachtomärchenVonAugustBecker LugderitalienischenDramatik Von Woldemar Kaden.

Wieich Feuilleton studirte.VonHansWachenhusen . Sonette. VonEmma Kvlingenfeld Benjamin Dioraelials Romancier. VonF. Groß . pariser Theater-briefe.VonGottlieb Ritter .

AesthetischeAnregungen VonHans Herrig. Die Volks-Ernteder Zerbem VonLudwigKuhls KritischeRundblicke ·

Emanuel Geibelundr.FelixDahn.VonWilhelm Bennecke.

DialeetpoesioVonMaxVogler Reue-zvonMirZa-Schassy. VonOsear Blumenthal.

Mir-reiten. . . . .

Täuo unserer HriesmappoVon Dr.W.LebinskL

Die,,UcuenMonate-hefte«erscheinenregelmäßigamEndejedesMonats imUmfangvonmindestens6Bogen Lex.eleg. geh.

Wer Salz-gnugbestehtans2Bär-denenje6Yektem Seite 361 386

«396

400 402 408 41 8 426 435

440 442

Preispro Band 6Marte;pro Quartal 3Marte;proHeft1 Marte.

Alle BuchhandlungenundPostanstaltennehmen Bestellungenan.

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Brei Meihnarhtsmärrlgem 361

Breiweihnachtgmärchm

VonAugustBecken

IärkchenaufdemSchlitten.

Eswar einmalein kleinerKnabe,denDunicht gekannt hast,undderwar krank.

ErhießJäckchen,undseineältereSchwester Annchenwar schon klügeralser,ließes ihmabernicht merken;dennsie hattedasarme Jäckchen,dasschonden ganzenWinter über krank im Bettelag, lieb,wichnichtvonseinerSeiteUnderzählteundsang ihmvor.

AuchVater undMutter saßen oftamBett undhatten Angst,wiealle Eltern umdie kranken Kinderbangehaben.So kamWeihnachtenherbei;dasTannenbäumchenglänzte hellewiesonstundhingvollherrlicherFrüchte.Aber dasgute Jäckchensprang nichtwie sonst fröhlichumdenprächtigenChristbaum, sondernkließsichalle dieschönenBescheerungen vors Bett bringen.Darunter war einneuer Schlitten,derdasJäckchenammeisten freute.Unter dasBettmußtederneue Schlitten gebracht werden,undstandda bis zumSylvesterabend,derdasalteJahr beschließt.DasaßAnnchenmit dem Vaterbei ihremkrankenBrüderlein,undwährendesvordenFenstern schneiteundstob, fragte Jäckchenimmer wieder:

,,Darf ichdennheute nicht hinaus, Schlitten fahren?«

,,Nein,«sagteder Vaterdaraus, »Du bist jakrank. WennDuaberwiedergesund bist,danndarfstDualleTageimWinter nachderSchule aufdemEise fahren!«

,,WannwerdeichdenngesundfragtedasJäckchen.

,,Sobaldesder liebe GottimHimmelwill!«

»Derliebe Gottwill aberlange nicht!«sagtedasJäckchen.,,Weißerdenn, daß ich sogerne Schlitten fahren möchte?unddaß icheinenneuen Schlitten habe?«

»O sicherlichweißerdas,dennerweißjaAllesundsiehtAllesvomHimmel herab woesnoch schönerist,als derschönsteChristbaum,woJedermann glücklichund Niemand krankis

»Ich möchteeinmalin denHimmel,—- ich möcht’in denHimmel!«sagte darauf daskrankeIäckchenUndsah gedankenvollin dieHöhe.

»WennDu immerdengeraden Weg gehst,so kommstDu in denHimmels«erwiderte der Vater.

Jäckchenaberfragte: »Denganz geraden Weg?Warum denn nicht auchden krummen?«

»WeilderDichirreführenkönnte.Geh’nurimmeraufdemgeraden Weg, Jäckchen.«

1v. 25

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362 Beitr Monats-heitrefürYirlgtkunstundKritik

»Ich darfaberwohl auch fahren,«meinteJäckchen. »Ichkannja jetzt nicht gehen.«

»Nun,eshat ja auch noch Zeit;Dubistja nochvielzuklein, Jäckchen,«meinte der Vater.

AberJäckchenfragte: »Warumhatmir denn dasChristkindleindenneuen Schlitten gebracht,wenn ich nichtin denHimmel fahren darf?«

DerVaterhatte sichumgewendet,alsJäckchendiesmitleiserStimme fragteund sichdann ·stillinsweiche Bettkissen zurücklehnte.Eswar warm imZimmer,vordem FensteraberglitzertedasEisund man hörtedenSchneeunter denFüßenderdraußen gehendenLeutekrachen.Vordem Bette standjetztdieSchwester alleinundsagte:

,,Jäckchen,legDeinKöpfchenhinundschlafe;dannwirstDuwiedergesund.«

UndJäckchenwollteschlafen,alleineskonntenicht;derKopfwar ihm so heißund esdachtenur immer wiederanseinen Schlitten. DieSchwesterabersummte ihm leise vor einLiedlein nachdemandern,wiesiedie Kinder singen.Undsie summteimmer leiserundzuletztin allerStille auchdas:

,,Schlaf, Kindlein, also wohl, Daß Dich unser Herrgott hol’

AufeinemgoldnenSchlitten, NimmDeineMutterinmitten- Setz’den Vaterhintendrauf, SofahrenwirzumHimmel ’nauf.«

»Achja,kämedochderliebeGottmitseinem goldenen Schlitten,ihr dürftetalle mitfahren!«sagtedasJäckchen,wie im Traum leisevorsichhin.

Annchenabererwiderte: »Du hast jaDeinen Weihnachtsschlitten!«

Jäckchenwar wiederruhigundlagdamitverschlossenenAugen, still,alsobes schliefe.Abereshatte wohl gehört,was dieSchwester sagte,undsanndarübernach nochimTraum, indeß Annchen,da dasBrüderchen so still gewordenwar,sichwieder an ihreArbeit setzte.Eswar sogarstilleimwarmen Zimmer;keinMäuschenrührte sich,damitJäckchengut schlafenundträumen könne.UndJäckchenschliefundträumte.

AufeinmalschienesdemkrankenJäckchen,eswäreganzgesund.Esreckte den Kopfempor undsah sichum. DieSchwesterkehrteihmdenRücken,saßruhigamFenster undstickteodersah hinaus,wodieweißenFlocken langsam durchdiekalteLust herab- sankenundamFenster spielten.Dastieg Jäckchenleise auf, glittausdem Bette aufden Boden,zogschnelldiewärmstenKleideran, holtedann denWeihnachtsschlittenunter dem Bettehervor, setztesichdaraufundsagte:

»So,jetztnur immer dengeraden Weg,—- ich fahregegenHimmel!«

Nunwar daseineigener Schlitten, auf welchemdasJäckchensaß, man brauchte ihn nicht fortzuziehenoderzustoßen, sobaldman nur auf ihm saß,gingervonselbst, wie mitPferden bespannt dahin bergauf bergab, daßeseineLustwar. Baldwar Jäckchenunten aufderGasse,Niemand aus demHause sahes. Jetzt gingeslustig aufderlangen Straße hinab, zwischenden LeutenUndWagen dahin,und überallwichen diesezurrechten Zeitaus.

»Das ist schönvon den LeutenundPferden,« dachtedasJäckchen,indemesdahin- fuhr.»Sokomm’ichdochstetsdengeraden Weg.«

Undfort gingesaufderStraße hinunter. Jäckchen’sHaar flatterteim Winde unddiezartenSchneeflockenlegten sichauf seinen Scheitel. Jäckchenjauchzte auf,als

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Brei Meilgmrrlgttimiirrhem 363

esso lustig dahinging, dieGasse hinab,zumThor hinausund insfreie, verschneite Feld,über dasder WinddieJFlockentrieb. Dort woessanftabwärtsdenHangeiner AnhöhehinunterinsThal ging,hörte·jetztJäckchenfröhlichesRufen,JubelundJauchzen vonKinderstimmen.Wie derBlitz, so hurtig fuhrendaviele kleineSchlittendenBerg hinabundKnaben undMädchenssaßendarinnen. Andere fuhrenmitSchlittschuhen aufdemEise dahin, nochanderewarfeneinander mitSchneeballen,undallewaren glücklichundfröhlich.

»Da mußderHimmel sein!« dachte Jäckchen,alserendlichzu denjubelnden Kindern gelangtwar. Erhielt seinen SchlittenanundsaheineZeit langzu.Dann fragteereinesderKinder,daseben lautlachend-ausdemSchnee sicherhob,indemes vomSchlitten herabgefallenwar:

,,Hör’ Kamerädchen!Gelt, hier seid JhrimHimmel?«

,,Ei ja!«meintedasKamerädchen. »Wir sind lustig,alswären wirimHimmel.

AberderHimmel ist nochweitvon hier.«

»Dann muß ich wohl noch lange fahren?!« fragte Jäckchen.

»O ja, noch ziemlichlange,«meintedasKamerädchen,,,noch ziemlich lange,wenn Dudahinwillst.Aberbleibedochlieberda bei uns!«

,,Nein,« sagte Jäckchen,»ichmuß aufdemgeraden Wegweiter. Jch muß eilen, daß ichdenHimmel erreiche!«

Undsort fuhrdasBübchenschnellwie derWindüber dasSchneefeld dahinund ließdieStadt,diejubelndenKinderunddiefliegenden, krächzendenRaben weithinter sich.AlsersoüberBergundThalfuhr,war esschonAbendgeworden. Da,wodie Sonne unterging, lagdasFirmament purpurrothüber der weißen Erde,unddie Schneewolkenkamen wieRosen gefärbtdaher. JndenhellenGlanz reichteaberdunkel dieSpitzeeinesKirchthurms,dennJäckchenwar jetztvoreinDorf gekommen. Friedlich lagendieHütten da,dieweitherabhängendenStrohdächervollSchnee; Eiszapfen hingenanderDachtraufe, daßderMond,derrothundhell ausgestiegenwar unddie Sterne,dieumihnamHimmel standen,darinnen glitzerten·WieDemantsteine hingen dieEiszapfenda. RechtsabervomBrunnen standeineHütte, durchderenFensterein heller LichtscheinaufdieGasse fiel.MankonntedurchdasFenster sehen,undJäckchen hieltundsah hinein. Drinnen war essostillundfreundlichimwarmen Stübchen;

dasFeuer imOfen knisterte,dieWanduhr tikte,dieKatze schnurrteundknurrte und spanndarauslos, gleicheinemSpinnrädchen,anwelchemeinschönesMädchensaßund dasRädchendrehte. Jhr Haarwar soblondundfein,wie derFlachs,densievonder Kunkelzupfte.Nebenihr saßeinjunger Burscheundsah ihr freundlichinsGesicht, die beidenwarenBrautleute undunterhielten sichvomHochzeitstagundkünftigenZeiten.

SieWaren VVUHerzensglücklich,daskonnteman ihnen ansehen.UndJäckchendachte:

»HierMußderHimmelsein.«

JäckcheUklopfteleiseandasFensterundsagte:

»Machtmiraufundlaßt mich auch inden Hunnen-«

Daschautendie beiden Brautleute einander lächelndan,derBurschetrat aberans Fensterunderwiderte:

»Ja-liebesKind- rechtgerne lassenwirDichherein.Wirsind hier so glücklich undselig, daßwir imHimmelzuseinmeinen. Aberwenn Duin denwirklichenHimmel willst, mußtDunochweiterfahren!«

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364 Reue MonatshrftefiirerhtkunstundYrithn

DasagtedasBübchen:

»So?Dannwillich mich eilen,damitichzurechterZeit nochankomme. Adel« Und dafuhrnun dasBüblein wiederfort,undsein Schlitten trug ihn durchdie Nacht dahinüberBergundThalund übereinenbreiten, zugefrorenenStrom. Eine großeStadt lag drüben,von welcher heralle Glockenfeierlich durchdieNacht daher tönten. DieStraßen, durch welcheJäckchenjetzt hinfuhr,waren beleuchtetundaus einer NebenstraßewogteeinegroßeMenschenmengedaher.DerScheinvon vielenhun- dertFackelnwarfeingrelles Licht aufdiehohen alterthümlichenGiebel und dieMenschen- masse,über derenKöpfe hin sichder dickeRauch wälztegleichschwerenWolken. Jäckchen hieltan, beisichüberlegend,was dassein möge.Dasahesvorsicheingroßes Haus festlich beleuchtet. HinterdenFenstern standeinschöngekleideter Herrvon edelmAus- sehen,der eineschöneFrauanderHandhielt, während einigeKindersie umstanden.

VaterundMutter undKinder eineglücklicheFamilie.

Jetztwar derFackelzug herangekommenundhieltvordemHause, dieMusik rauschtemitlauten Klängenin denJubelderMengeundindenGesangderfestlich gekleidetenMänner. Dann war Alles still.Einer abertratvor undsprachzudem Fensterempor, wojener Herrmit FrauundKindern stand. Jäckchenkonnte eswohl verstehen,was ersagte.DerMann sprachden DankderBürger dieserStadt ihrem würdigen Vorstandeaus fürdie vielen großen Verdienste,diesich derselbe so lange JahreundauchimverflossenenumStadt, BürgerundVaterland erworben habe.Er überreichteihmdanneinensilbernen EhrenpokalalsAngedenkendieses Sylvesterabends.

Dann aberdurchschüttertedieLuftderJubelrufderMenge,die denGeehrten hochleben ließ.DieFrauobenamFensterweinteThränenderFreude,dieKinder aberlächelten, undihrVater tratvorunddanktemitgerührtenWorten denBürgernderStadt, die ihn so sehr ehrten.

JäckchensahdasAllesmitgroßer Theilnahmeundfühlte,wieglücklichderHerr dortamFenster sein müsse.

»DieliebenLeutesind gewißimHimmel!«dachteer undlenkteseinen Schlitten geradevordasThordesHauses. »Ichwillhinein,daichimmerdengeraden Weg gefahrenbin!«

AmThor standderPförtnerinbuntem Kleide. Erwar nicht so grobundbarsch gegenKinder,wie diePförtner gewöhnlichsind.

»Was willst Du,Kleiner?« fragteer.

,,JndenHimmel,zu EuremHerrn,«sagte Jäckchen.»Der ist sicherheuteimHimmel.«

,,Allerdings,«sagtederPförtner, ,,isteseine ArtHimmel,wenn man denLohn unddieAnerkennung fürtreue, redliche DiensteundunermüdlicheAmtsverwaltung findet.AberderrechteHimmel liegt doch noch ferne,denhastDunoch nicht erreicht, lieberKleiner!«—-

,,Dannwillich mich recht sehreilen!«sagteJäckchenund fuhrweiter durchdie Straßen« der belebtenStadtunddurchdasThorwiederhinausin diestille Winternacht.

Fortgingesüber denbleichen Schneewie mit derEisenbahn durcheinengroßen, dicken Wald. Alle BäumehingenvollReifunddie Tannen vollSchnee.Es war so stillimWalde,wie in derEwigkeit,alssodasJäckchendahinfuhrundbeisichdachte:

»Jetztwerd’ichaberdochbald imHimmel sein! Jchkannihn doch nicht wohlver- fehlt haben,daichimmerdiegerade Straße gefahrenbin.«

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Brei Meihnnchtsmärchem 365

AlleinderWaldwarlangundbreit, stillwie imGraberingsum.Endlichschimmerte demkleinen SchlittenfahrerLicht entgegen. DerWeg führte gerade darauf hin, konnte esdochleichtdasZiel seiner Reise sein. Endlich hieltervor einemeinsamen Hofe, vielmehrerfuhr geraden Wegs durchdasThor hinein. JnderStube drinnen war eswarm undgemüthlichEinuralter Mann mitwenigeneisgrauen Haarenum denScheitel saßimStrohsessel,nebenihmeineebenso alte, freundliche Frau. Eswar GroßvaterundGroßmutter,undumsie herundauf ihrenKnieenspieltenvielefröhliche Kindleinundstrecktenwie kleineEngelden beidenaltenLeuten dieHändchenentgegen.

EinjungerMann nndeinejunge Frau standen ebenfalls da, jedes hatteein Kindlein aufdenArmen,dasdemGroßvaterundderGroßmutterzulallte. SelbstdieKatzekam unterm Ofen hervorundriebsich schmeichelndam FußedesGroßvaters.Diehelle Gottesfreude glänzteaus denAugenderbeidenaltenLeute;dennihreKinderund Enkelgratulirtenihnenzumneuen Jahreundthaten Alles,wasihrAlterfröhlichund selig machenkonnte.

»Jetztbinich doch endlichamrechtenOrte angekommen!«sagte Jäckchenzusich selbst,indemesingroßerFreude durchdasFensterdieFröhlichkeitdesschönenFamilien- festesamfrühenNeujahrsmorgenmitansah. »Hier istganzgewißderHimmelundhier willich auchbleiben.«

Darauf pochteesandieThüre.Alleininihrerlauten Freudehörtenihndie Leute nicht.Nuntrat erungeladenein undsah unbeachtetdieFreude nocheine Weilemitan.

EndlichbemerkteihnderGroßvaterundfragte:

»Wer bist Du,lieberKleiner?«

,,Jäckchen,dasindenHimmelwill. Jchbinimmer dengeraden Weg gefahren, darumlaßt michjetztbeiEuchimHimmelverweilen!«

,,RechtgernlassenwirDichbeiuns verweilen,«sagteder alteMann undsah ihn gerührtan. ,,Bleibebei uns,wenn esDirgefällt.Wirsind allerdingsineinemHimmel aufErden. DochderrechteHimmelwartetnoch unser,und diesistnur einVorgenuß seiner Freuden.«

»Ach,sowillichmicheilen, daßichinden rechtenHimmelkomme!«sagte Jäckcheu.,,Jch kannnichtbeiEnchbleiben.Abersagtmirnur,hab’ich nochweitvonEuch zumHimmel?«

»O nein, nicht mehrweit!«sagteder Alte. »Wir, ichund dieGroßmutter,sind jetzt AchtzigJahrealt. DienächsteStation istderHimmel, wohinuns derPostillon Gottesbaldbringenwird.«

»WvistderPostillon,vondemJhr sprecht?«fragte Jäckchen.

»Ich glaube,erwartet schondraußenvorderPforte.«

»Wirdermich auchmitnehmen?«

»WennDusolcheSehnsucht nachdemHimmel hast, sicherlich!Abereswärenoch zufrühe für Dich!«

Doch Jäckchenwolltenichtsdavonhören, daßernochwarten müsse,sondern sagte:

,,Ade, ihrliebenLeute,« ging hinaus, setztesichwieder ausdenSchlittenundfuhr davonin den dunklenWald.

·

DafaherEinenfinstern, schweigsamenMann imWegestehen,alsVbderselbe auf Jemandenwarte. Erwar dichtin einenMantel gehüllt,so daßman sein Gesichtkaum sehenkonnte. DerSchnee lag ihmaberaufderHutkrempe,undseinMantel selbstwar überschneit.AlsJäckchennun so dahinfuhr, riefderSchweigfame:

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366 ReueMonat-bestekinYirhtkunstundertjln

»Halt,werbistDuundwohin willstDu ?«

»Ichbin dasJäckchenmitdem Weihnachtsschlittenundwillin denHimmel!«

»Was hastDufüreinRechtauf denHimmel?« fragtederFinstere.

»Ichbinimmerdengeraden Weg gefahren!«sagte Jäckchen.»Jetzt fahr’ ich auf derletzten Station, lieberFreundhalte mich nicht auf.«

»Hier darfNiemand ohnemeineErlaubnißundohnemeinGeleitfahren,« sagte jetztderFinstere.

»Sol«meintedasJäckchen.»Wer bistDudenn ?«

»Der Kutscher Gottes,derdieMenschenauf demletzten Wege fährt.«

»Wie heißtDudenn ?«

,,GevatterTod !«

,,Hui,dasisteinschauerlicherName. WillstDumich nichtvorbeischlüpfenlassen?

Dadrinnen imHofeerwartet man Dich schon!«

»Das gehtnicht,«sagtederfinstereMannmithohlerStimme. »Aber ichwill Dir etwas sagen, Jäckchen.Weil Du einsokleinerJunge bistunddochschonso große Sehn- sucht nachdemHimmel hast,willich Dich wohl aufDeinemSchlittenweiterpassiren lassenund blosnebenDir bis zurHimmelsthüreherschreiten,ohne Dichin meineschwarze Kutschezunehmen.AmHimmelsthore magstDu aberzusehen,obDichSt.Peter hineinläßt.«

»Gut!« sagte Jäckchen. »So seies!!«

Undwie derBlitz fuhrnunderSchlittenmit demJäckchenauf schwarzem,dunkeln Wege fort, stets berganundderFinstere nebenher.Nur hieund dazeigte sichein feuriges großesLichtin weiterFerne, undwenn Jäckchenfragte,was dasoglänze,so sagte ihmderGevatter Tod,dasseien Sterne, Monde und Fixsterne. Stets höher emporging soderWeg,andenSternenkreisen vorüber,einstiller,dunklerWeg, es war jaderWegderEwigkeit.Undweiter obenkamen wiederSterne undkreisten umher gleichungeheuren Fenerkugeln,unddann gingsmitten durchdieFinsternißderEwig- keitaufeinemlichten Weg, ichglaube,eswar dieMilchstraße,dieman vonhier unten inhellen Nächtensieht. Endlich zeigte sicheinungeheures prächtigesThor,von blauen Diamanten aufgebautundJäckchenstaunte.

»Das istdiePfortedesHimmelsl«sagteder Tod. ,,Steig ab, klopf’anundsieh zu, ob Du eingelassen wirst. Jchwillwiederinden WaldvordenBauernhof zurück, wodie beidenAltenmeinerwarten.«

Unddamit verschwandderschweigsameBegleitervon derSeite Jäckchens.Der Knabeaberwar herzlich froh,endlichamZielzuseinundpochtedreimalan.

»Werda?«riefinnenSt.Peter.

,,Jäckchenmit demWeihnachtsschlitten!«

»WaswillJäckchenmitseinem Schlitten hier?«

»JndenHimmel!«

DaschloßSt.PetermiteinemgroßenSchlüsseldasHimmelsthor aufundtrat herausundsah unserm JäckchenstrenginsGesicht, so«daßesbeinahe Furchtbekam.

»Wie bistDuhieher gekommenfragtejetztSt.Peter.

»AufmeinemSchlittenundstets aufdemgeradenWeg!«

»Dann fahr’nur aufdemgeraden WegundaufDeinem Schlittenwiederheim,«

sagteSt.Peter,indemerdasHimmelsthorwiederverschließenwollte.

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Drei Weibnurlgtsmiirchem 367

Jäckchenabersah fastmit weinenden Augen drein,unddiesrührtedenHimmels- pförtner.

,,Liebes Kind,« sagteer,»Du hast größereSehnsucht nachdemHimmel,alsselbst dieältestenLeute. Jchwollte Dich auchgernehereinlassen,wenn ich dadurchdrei Menschenherzen nicht bitterlichbetrübenwürde,undwenn mirnicht däuchte,Dusolltest Dir erstdieverschiedenenHimmel aufErden verdienen. JchwillDichnun selbstent- scheidenlassen, wirfeinenBlick vorwärts durch dieses Thorund danneinen rückwärts inDeineHeimath aufErden.«

Damit sperrteSt.PeterdasHimmelsthorweitauf,undJäckchenschautemit einem verlangendenBlickhinein.Drinnen war esso schön,daßessich nicht beschreibenläßt, darum schweigeichlieber darüber,nur dassei ehrlich mitgetheilt, daß Jäckchenviele Engelsah,diejubilirend einherwandelten ,auchältereLeutesaherwohlvergnügtund wieneuverjüngtüber dieHimmelswiese schreiten.AberseinVater undseineMutter Undsein Schwesterchenwaren nichtdarunter.

Jetzt mußteerauchdenBlick abwärts zurErderichten.Undso saherweit,weit hinab, daß ihm fast schwindelte.Daerkannte erandenThürmen seine Vaterstadt,und baldfandersein Vaterhausausdenübrigenheraus. DurchdasFenster fieleinbleiches Licht aufdieStraße.Weilerabersogenauhinschaute,konnteerdurchdasFensterin die Stube sehen,woseinBettlein stand.Undwassaher? VaterundMutter standen da gartraurigundbetrübtvordem Betteundweinten,undAnnchen, seine Schwester knietevordem BetteundhattedenKopfin diebeidenHände gelegt. DurchdieFinger aberflossenderSchwesterheißeThränenUndunserem Jäckchenwar es, alsfielen sie ihm aufdasHerz,wieglühendeTropfen.Undalserhorchte, hörteerseinenNamen nennen undwie liebsie ihr Jäckchengehabt hätten,dasnicht aufErdenbeiihnen habe bleiben wollen. Soferneswar undsoleisedie Worteheraufklangen, gingesunserm JäckchendochzuHerzen.

»Nun-« sagteSt. Peter, ,,erwähle! WillstDu in den HimmelundDeine Eltern undDeine Schwesterum Dichweinen und klagen lassen, oderwillstDu wiederheimundfröhlichmitihnenlebenundwarten, bisGott derHerr Dichzusich abruft!«

,,Ach!«sagte Jäckchen,»ichmöchtewiederheimundsie trösten,daß sie nicht mehr weinen!«

»Nun, so fahre getrostwiederheim,«sagteSt.Peter, »undkommenicht eher wiedervordasHimmelsthor,alsbis Duzurrechten Zeit gerufen wirst.Dannbringt Dich Unser Postillon schonherinseiner schwarzenKutsche!«

Jäckchenließ sichdasnichtzweimalsagen.Essetztesichauf seinen Schlittenund Wie derBlitz fuhrer dahinüber dieMilchstraßean derHimmelswand hinab.Die goldenenSterne tanztenumihnwiesprühendeFunken, abererachteteesfast nicht, sondern sahUUVimmerhinunternach seinerEltern Haus.Esging so reißendschnell, daßereskaumbemerkte,alseineschwarzeKutschemitschwarzenPferden bespanntan ihm vorüberfuhr; GroßvaterundGroßmutter saßen darin, dielächeltenimseligen Schlaf.DerKutscher aufdem Bocke aberwar dersinstereGevatter Tod. Alserdas JäckchenaufdemSchlitten dahereilensah, dachteersich,wieeszugegangen sein mochte undum den Knaben auf seinerRückreisenicht aufzuhalten, wicheraus andie Seite desWegs.Da aberfuhrJäckchenraschabwärts derErdezu;schonwar derMond

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