XVI. Jahrg. Berlin,den22.August1908. Ur.47.
umwka
Veränsgrlscrt Maximilian Larven,
JnhaIt:
Scitc
Drimkalia ......................... 273
Ubd ulHamid.-Von Chedozicijatovich ..... ...... .289
Veilchen. Voncheck-or Suse . . .. ...... ."297
pptprHin-. voncricostrahqu .. —...... .... 298
Dtkakenlxygjenm Von»01tomar Holz-name .... ..... .301
Reichsbersicherungmvnoyvl.fl DenJst-von . .. .....·. 805 Nachdruck verboten.
f Erscheint jedenSonnabend-.
Preisvierteljährlich5Mark, die einzelne Nimcmcr50Pf.
Berlin.
Verlag der Zukunft.
WilhelmstraßeZa.
.
1908.
clmsolc
elen-
Feøslag
des-
Zeclcmxji Berlioz
Wälleelmstrøsse
»Za-
soeooe du«-eli-
sckmmtzeolee
JvnomseøkExzjecMeonew
e
Zukunft-·
»,
Ist-erwiese- Jnnaleme
Mr
»
Die Hypotheken-Abteilung des
Sanklsauses calsl Icllblllsg
Kommenditgesellschaft aufAktien
Kapital: 5Millionen Dlaklh
Berlin W.8,Franzosische-strasse No. 14,
hueinegrosseAnzahl vorzüglicherObjekteinBerlinundVororten zurhypothekerischen l«’elelhungzuzeiigernässemZinslusse nachzuweisen, und zwar fürdenGeldgeber
völligkostenirei 9—4 lJ lIt-.
ess,
,,.
isc«l-I«wtells-Z Däc-
Tennis, sehwimmbad
Beste Pension is- sisHI- GkoBstädtisehet lcomkort
BürgerljohePreise welsscv III-soll
illllillillM Illlcl Esllltlllllilc.
Appartements und Zimmer mit Bad.
carlton-Ritz Restaurant.
neuerSchauspielnuusEmail llotelExcelsiok
Nollenclorfplatz ' Anhalter Bahnhof
Etsstklassige Weins u. Bierrestaussants
PIII
ski-
HAMBURGER HoF
Hammle
Weltbekanntes Haus. Herrliche Lagea.ti. Alster Gänzlich renoviertiimmetmitlatlli. l.u.laaieaclWasser
Feine Französisohe Küche
Neue Direktion.
AlleWaffena Doppelllintetr. Kal16v.22,25 M.,Gut-tend-
sln ldliclsstlissttkn15,— M.. Dtsillinge, Kal.16-9,3
91.— M.,st·lseil)(-sil)tl(s-l-R. 34.50M» Garten- tcschittgs 4.8(l M.,lutktgeweltke 3.75M«
Revolveis 3.2() M,Pistolen 1,20M.anbis
zudenfeinsten Ausführungen.
;Deut-cla- "’-1tl’(snt’ul)1-ilcGeorg- Kimalc BerlinsW4S,Friedrichstrasse 240-24I.
-
Pia-ums
f"
georliitl
L- llsialogz umsonst u.portoirel
Inhalt von Ileft No.33(v. 13.-8. 08.)
Gottardo Segantini: Giovanni segen-
tinis religiöses Empfinden im Leben undinder Kunst- Frh r.v.Dungern: DieunmöglicheTürkei.
O.J.Bierbaum: Yankeedoodle-Fahrt.
General v.Bredow: Zeppelin V.
Bruno Buchwald: Englands Freihandel.
PROBENUMMER KOSTENLOS.
Fnonkr
wocHENschFT FORDEUTSCHE KULTUR
Begr.v.RICHARD sTRAUssX
GEORG BRANDES XRICPL
MUTHER unter Mitwirkung von HUGO V.sHOFMANNSTHAL VERLAG: BERUN W9.
Potsdamerstrasse 4 Heft50Pf. Cluartal 6 M-
«
o
Asmsqxssdsqxsgfnwsxs«.,q- q- « H« «.s-AvAOAHI-Oft I-
HDMJJIHJ HEXE-I LA-
Berlim den 22. August 1908.
f- IXJ Mc f
Orientalia.
orzehnJahren,fünfundzwanzigTagenachBismareks Tod, rief, auf WittesRathundunteranglo-skandinavischerZustimmung,Nikolai AlexandrowitschdieMenschheitzufriedlichemThun;lud zu einemKongreß, derdieMöglichkeitsuchensollte,in denMilitärstaatendasMaß der-Rüstun- gen zu mindern. »Das SystemderinsRiesenmaß wachsenden Rüstun- genisteineHauptursachederWirthschaftkrisen. DieseKriegsstoffansamm- lungbirgteinestete GefahrundmachtdasHeer unsererTagezueiner Last, derenDruck dieVölker kaumnochzuertragen vermögenHundertevonMil- lionenwerdenverbraucht,um furchtbareZerstörungmaschinenzuschaffen,in denenman heutediehöchsteLeistungwissenschaftlichenKönnenssiehtund denenschonmolgeneineneue ErrungenschaftderTeehnikjedenWerthnimmt.
WenndieserverhängnißvolleZustand sortwährt,muß geradeerdie Kata- stropheherbeiführen,die wir Alle vermeidenmöchtenundderenbloßeVor- stellungdieMenschheiterfchaudernläßt«DasManifestklang,alsverkünde esdieThronbesteigungeinerdemEuropäersinnderRegirendenbisherfremd gebliebenenWeltanschauung;klangwie die insSlavische übertrageneRede, inder,ungefährandemselbenAugusttag,derSozialdemokratVaillant die Abriistung gefordert hatte. Jm PalaisBourbon warderSchivärmervon der Mehrheit ausgelachtworden. NunsprachderEelbstherrscherallerNeussen, derPapst-Kaiser dernunm- allcso«Iunsi-. KeinLächelnwardaerlaubt;
nur die»Frageob derjungeHerr,dessenPersönlichkeitin Nebel undWeih- rauchkaumnochzuiahnenwar,unsicher tastendinfinstererWirrsal einher- tnumeleoder obihm,wie dem dunklenEpheser,denNietzschedenköniglichen Einsiedler desGeistesnannte,(inkontuitiverGott die Gabeverlieh, die-Har-
22
27 4 DieZukunft.
monie zuschauen,diedemAlltagsmenschenblickewigunsichtbarbleibenmuß.
AuchbeidieserFrage hielt Europa sichnichtlange auf;ein anderer Gegen- stand heischteBeachtung.DerDeutscheKaiser riistetezurFahrtinsHeilige Land.BismarckhattedenPlan,dessenAusführungihn gefährlichdünkte,in denTagen letzterKlarheitnochgetadelt.WasnichtvonAllem,dasnachseinem Abschiedin Berlin unternommen ward? Derhieltunsinseinem Greisen- wahnja für saturirt;wareben zualtgeworden,umandiefürAeonenunzer- störbareWeltherrschaftderGermanen nochmit dernöthigenInbrunst glau- ben zu können. SosprachMancher,mitvonEhrfurcht gemilderter Jronie;
underinnerteaudieReise,dieWilhelmsVatereinstnachAthen undKonstan- tinopel,JerusalemundDamaskus,SuezundKairogemachthatte,alstmail PaschazudenPrunkfeftenderKanaleröffnungrief.Damals schriebder ge- treueGustav Freytag: »Die BedeutungderReiseundihre Erfolge sindin demBesuchdermohammedanischenWeltdurchdenkünftigenSchirmherrn derprotestantischenKircheunddesNorddeutschenBundes zusuchen.Da- miterdieneueMachtwürdigdarstelle,war ihmeinganzes Geschwaderbei- gegeben;zumerstenMalseit fünfhundertJahren, seitderBlüthezeitder Hansafahrer,sahdasMorgenlanddeinedeutscheFlotte.Eswaren nichtviele Schiffe:dreiKorvetten undeinigeKanonenboote;aberdieseSchiffefielenin denHäfendesOrientsdurchBau,AusrüstungundBemannungvortheilhaft auf. ZudenEigenthümlichkeitenderOrientalen gehörtaber, daßsieeine Machtentfaltung sehenundim GutenoderBösenfühlenmüssen,umdaran zuglauben.DortgiltdiePersönlichkeitAlles,modernerVertragundGesetz- paragraphenwenig,dermalerische,dramatischeEindruck der Stundewirkt lange nach;nur wasgefälltoderFurcht einflößt,gewinntBedeutung.Der Osmane merkte,daßdieneuenschwarzweißrothenFarben,dieerüberall wehen sah,für seinLandvonWichtigkeitseinkönnten.DeutschlandhatdieAufgabe, deninderTürkeigewonnenenEinflußgegen andereMächtein dieWagschale zuwerfen.Hier ist seitderZeitFriedrichsdesGroßenManchesverlorenmor- den, wasjetztwiedererlangtwerdenkann.«Nachdemböhmischen,vordem deutsch-französischenKrieg;vorderGründungdesDeutschenReiches·Jetzt sahesandersaus. ,,Jprusalem n’cnlropasdan§mrr ligmk d«0pe·rati0««:
dasWortBonapartes,dasMoltkeschonunklug fand,warnun unverständ- licher gewordenalsnoch1869. Der Orient undseineChristenheitwarwie- der derPivoteuropäischerPolitikgeworden. Vergebens hatteEnglandsich bemüht,dasfranko-russischeBündnißzulockern;eshattediearmenischeKri- sis überstanden(,,il n’ynpas clrs solulion possibleälciqui-Ilion armes-
Orientalia. 275
nienne«,schriebHerr Paul Cambon,der dieRepublikinKonstantinopel vertrat)unddemZarenreichinSüdosteuropaeineStellung gesichert,wie es seitNikolaisGlanzzeit sie nicht mehr gehabt hatte.DieFrankreichswurde erstschwächer,alsdiepariser ParteiwuthdenbritischenWünschenzuHilfe kam undvonrechts GrafdeMun,vonlinksHerr Jaures gegen das Mini- steriumMeline-HanotauxdenSturmlaufbegann.RußlandheimstalleVor- theileein;hat sichmitOesterreichüber dieErhaltungdesBalkanstatusge- einigtundkann, währendderPalaeologenadler nach Asien blickt,Europens Völkern dieMinderungderWehrlast empfehlen.ZwischenBritanienund Frankreichabervertiest dieKluftsichvonJahrquahr.Nochiftdieegyptische WundenichtgeschlossenundmancherFranzosehofft,einesTagesdie Trikolore amNilflatternzusehen;nunkommt inFaschodaMarchandmitKitchenerin gefährlichenKonfliktunddienieganzverglimmteBretonenwuthflammtauf.
JedeandereMachtmußtesichinsoträchtigerZeitzurückhalten;Deutschland Allesvermeiden,wasdenZwist derWestmächteingemeinsamenHaßenden lassenkonnte.Dennochfuhr,justdamals,WilhelminsHeiligeLand.
Jn seinemRoman ,,Tancredor thenew crust-Ichu hatte D’Jsraeli 1847gesagt: »EnglandbrauchtCypernund wird dieInselalsEntschädi- gungnehmen,weil esnichtlängerLusthat,dieGeschäftederTürkenumsonst zubesorgen.«Desjungen BenjaminsProphezeiunghatderalte,derschon LordBeaconsfieldhieß,einunddreißigJahredanacherfüllt.Und inderselben ZeitmitleiserHandDeutschlandindieOrienthändelhineingezogenUmneben Oesterreich-UngarnnocheinenHelfergegen denrussischenAndrangzuhaben.
Cypern sollte,aufdemWeg nachIndien, eineBritenbastionsein,vonder aus Englands Statthalter Kleinasien, Syrien,Armenien überwachenkonnte.
DasDeutscheReichsolltesachtgenöthigtwerden,inSiidosteuropa, mochtees auchdieKnochenpommerscherGrenadierekosten,sichgegenRußlandzu enga- giren.DannkonntendieMoskowiterdenSuezkanalnichternstlichbedrohenund EnglandwardieSorgeumdenWeg nachJndienwiederlosDas alteSpiel:
Britanien wollteunsdenRussen, Rußlanduns(mitbesonderemEifer spä- ternochunterWittes Geschäftsleitung)denBritenverseinden.Bismarckkam, nichtohneUnbequemlichkeit,zwischendenKlippen durch.Konnteabernicht hindern, daßDeutschlandsJnteressenbereichsichimOsmanengebietweiter
dehnte.WilhelmderZweitemühtesichschon1889mehr,als dem altenKanz- lerliebwar,um dieFreundschaftdesSultans;undglaubte,alserden lästigenWarner verabschiedethatte, seinesTriumphesim Orient sicherzu sein.AufSalisburyswüthendeReden,die AbdulHamidals denVateralles
22-
276 DieZukunft.
Unheilsverdächtigten,kamen aus BerlinAntworten,die dassouveraineRecht unddieunantastbareWürdedcsKhalifenlautbetonten.Woerskonnte,unter- stütztederKaiserdenGroßherrngegen dasKonzertderMächte.Und da das deutscheHeer weit,denTürkennurdurchdieabgeordnetenLehrmeisterbekannt unddiedeutscheFlottekaumnochzufürchtenwar,wurdedasjungeReicham BosporusfreundlicherbeurtheiltalsirgendeineandereGroßmachtJJnder Ar- menierkrisishieltesheimlichzuderPolitikdesYildizpalastes;fordertenieun- gestümReformenundzeigtesich,wenns,derHumanitätundChristlichkeitwe- gen, einmalmitmachen mußte,folau,daßJedermerkte,nachwelcherSeitedes HerzensDrangtrieb. England wühltinArmenienundzündetinallenVulkan- winkelnFeuerchenan;RußlandundOesterreichsindallzugut bewaffneteNach- barn;FrankreichdenktanseinProtektoratundmöchtesich,seitesRußland verbündetist,im OrientamLiebstennochneueRechteanmaßen.Deutschland istderuneigennützigeFreundderTürkei;willnur Handel treiben,seinerJn- dustrieBestellungenverschaffenund ein paarEisenbahnkonzessionenerwer- ben.DasdarfderstolzesteOsmaneruhiggewähren.Ohne jedesBedenken.
Freilich-.hattederVerkehrmit Britanien nichtebensoharmlosangefangen?
AlsElisabethdasAnsehendesJnselreichesdadurchgeschmälertfand, daß feineSchiffein denOsmanenhåfendiefranzösischeFlaggezeigten,schicktesie einenKaufmannnachKonstantinopel,dervonMurad dem-Dritten fürEng- landunbeschränkteHandelsfreiheitunddasRecht aufdieeigeneFlaggeer- wirkensollte.HerrnvonGermigny,demGesandtendesKönigsvonFrankreich, behagtedieseMission desCitymannes natürlichnicht.»Ja luyr«monslsay quuPaucloritå ilcvostru hannitåro luydcbvoit sulliro pour kon ttai- ch,ais.sy quec«y-dcivanlious les-Xnglois avoienlnegotjåsoubz ice-He,
Snns nein-roth- aulteslcsitres nysavcurs kleleurroyntnuSo schrieber anseinenHerrn;und warnte zugleichdiePforte, sichallzutiefmitEngland einzulassen,dasvonihrenund ihrerFeindeLändern weitabliegeundweder Galeeren nochanderefüreinenLevantekrieggeeigneteFahrzeugehabe. Doch konnteerdenErfolgdesBritennichtlangehindern.Zw"arbrachteerMurad zu einemBrief,derHeinrichdemDrittenversprach,derSultan werdenur unter französischerVermittlungmitEnglandverhandeln.DreiJahreda- nachaber(derKaufmannwar alsersterBotschafterBritaniens nachKon- stantinopel zurückgekehrt)wurde demenglischenHandeldasselbe Rechtzu- gesagt,dasdemfranzösischenverbürgtwar. Kein Britebrauchtefortanunter fremder Flaggezufahren,inRechtshändelnbeiFrankreichsKonsulnim Le- vantebezirkSchutzzusuchennochvonHeinrichsGesandtendenPaßzu erbit-
Orientalia. 27 7
ten.Engländer und.·Türkenverkehrten,alsGleichberechtigte,nun direkt mit einander. DerWunschElisabeths (die sich»diestärkste,die niemalsbesiegte VorkämpferindeswahrenGlaubens gegen dieChristiNamenfälschlichmiß- brauchenden Götzendiener«nannte),dasTürkenheerihrer Sachegegendie katholischenWestmächtezuverbunden, stießaufWiderstand.WederfürEng- landnoch für Frankreichwollte Murad dasSchwert ziehen.DenKönigvon Navarra, schriebLorenzoBernardo,deramGoldenenHornVenedigsJn- teressewahrnahm, ,,behandelndie Türken wie einen krankenMann,densie weder totnochgekräftigtsehenmöchten;siegebenihm sovielzuessen,daß ernichtvorHungersterben,abernicht so viel, daßerimSiechbett erstarken kann.«(WieeinenkrankenMann! Hundert Jahre danachnannte derChor- herrPoyselinseinenLiedern denGroßtürkenso.Schonoorherhattederkluge BotschafterSirThomasRoedasOsmanenreichdem Leib einesGreisesver-
glichen,dersichnochrüstigwähne,dochseinemEndenah sei.Ancillon, Montescsuieu,Voltaireerklärten denhinterderHohenPforte hindämmern- denKörperfür schwerkrank.UndalsRussellderPrognoseNikolaiswider- sprochenundgemeint hatte,derkranke MannamBosporuskönnenochhun- dertJahre leben, sagte,imFebruar 1853,derZarzuSeymour·:»Erliegt ja schonim Sterben !«Indem selbenGespräch,in dem erden BritenEgypten undKretaanbot, für sichselbstdieSchutzherrschaftüberSerbien,Bulgarien unddieDonausürstenthümerinAnspruchnahmundsich verpflichtete,nur alsDepositar EuropasinKonstantinopel einzuziehenSo ändert mit derZeit sichdasWerthmaß.)AuchEnglandwurdedamals mitVersprechungenge- stopft.DenHandelsvertrag hatte es;konntebald,alserste protestantische Macht,die mitderPforteinVerkehr getretenwar, dieevangelischenOrient- christenunterseinenSonderschutznehmen; und1623überstrahlteSirTho- mas Roe,alsVermittlerdesFriedensmitPolen,amSultanshofalleKol- legen· Für sichselbstabervermochteEnglandzunächstnichtszuerreichen;
schien,seit Elisabeths Bündnißplangescheitertwar,auchnichts mehrzu be- gehren.EinVierteljahrtausendverstrich;wiedersaßeineFrauausdemAngeln- thron.AlsTriumphatorkamBeaconsfieldvomBerlinerKongreß.Jn Dover empfängtihneinBlumengrußseinerKönigin,regnetesBlumen aus seinen Weg; Tausende drängensichnachderEhre,dieHanddes clukoofCyprns drücken zudürfen. Zwei Tage danachjauchztdieMehrheitdesOberhauses demeinst verhöhntenJudenzu.»Wir habendem Sultan dreißigtausend Quadratmeilen wiedergegeben.Oesterreichhat sichbereiterklärt,Bosnienzu besetzen.Dazu habe ich eifriggerathen;umdie Türkei zuschützen,nicht,wie
2i d DieZukunft.
man gesagthat,umihreTheilung vorzubereiten.DerSultan hat,wiean- dereMonarchen,SchlachtenundProvinzen verloren; nochaberumfaßtsein europäischesMachtgebiet sechstausendOuadratmeilen,in denensechsMil- lionenMenschenwohnen.VoneinerTheilungsollteman danichtreden.Auf dieüberliefertenGefühlsinteressenFrankreichs,demwirunsvon Tagzu Tagnäherempfinden, habenwir alleerdenklicheRücksichtgenommen und deshalbwedernachEgyptennoch nach SyriendieHandausgestreckt.Daß wirCyperngenommen haben,kann beiunseren französischenFreundennicht Eifersuchterregen. NichtumeineMittelmeerfragehandelt sichsda, sondern um dieSache Englands,dasFriedenundEivilisation, nicht Waffenlärm, nachOstentragenwill. DenRussen aber,die dasErworbenebehaltenmögen, mußtenwirzurufen:Bishierherundnichtweiter!Asienhat fürunsBeideRaum undAsienswegenbrauchtdasGespensteinesanglo-russischenKriegesdie Welt nichtlängerzuängstigen.VorkeinerKriegsmöglichkeithabenwir zuzittern- Wirsindstark;undwichtigernochalsunsereWehrmachtistdieGewißheit, daßdie Völker desOstensinzuversichtlichemVertrauen auf unserLand hlicken,weilsieerkannthaben, daßinihm Freiheit,Wahrheit,Gerechtigkeit herrscht.«Vorher hatte Salisbury, dersichim KreisderPeersgerngehen ließ,gesagt,derHauptertragdes Berliner KongressesseidieSicherheit, daß Rußlandniemals in der StadtKonstantinsalsHerrhausenwerde. Diese Redenwurden vordreißigJahrengehalten.EheimUnterhausdie Debatte beginnt, erfährtdasLand, daßderrussischeGeneralAbramow inKabul an-
gelangtist,um Englands EinflußinAfghanistanzudämmen;gelingts, dannistBritanienanderempfindlichstenStellebedroht.Der EmirvonAfgha- nistan läßtdenBrief unbeantwortet,in dem derVicekönigvonJndien für einebritischeSondergesandtschaftsicheresGeleit undwürdigenEmpfanger- bittet. AmfünfzehntenAugusttagwerdendie ausIndien nach Europaein-
berufenenTruppeninihre Garnisonen zurückgeschickt.Arnsechzehntenkann Victoria in derThronrede,mitder-siedieParlamentssession schließt,auf zweiProfitpostenhinweisen:aufdieErwerbungCypernsundaufdas über Kleinasien, SyrienundMesopotamiendenBriten zugestandeneProtektorat.
Um gegenrussischeAngriffegeschütztzusein, hatderKhalif sichzusolchem Opfer entschlossen.DashatteMurad derDrittenicht geträumt.
KonnteAbdulHamidnichtmitDeutschlanddieselbeErfahrungmachen?
Vielleicht fingesauchda ganzharmlosmit demHandelan,langtedann in denBereichderReligion (dieim OrientvonderPolitik nichtzu trennen ist) undkamschließlichzulästigenJngerenzversuchen.DaßderblondeKaiser
Orientalia. 279
denJslamin eineBundesgenossenschaftgegenGroßbritanienlockenwolle, schiendenSchlauköpfeninYildiz seit seinem ersten Besuchgewiß.Soweit, dachtensie, brauchenwirihmbeischlechtemWetterja nichtzufolgen;einst- weilenisterunser stärksterTrumpf.Nimmtsogarwider denGriechenkönig, denSchwiegervater seiner Schwester, fürunsPartei.Wervonallen Seiten soarg bedrängt wird wie derSultan, muß-ausNächstedenken undzufrieden sein,wenn erfüreines MondesDauergeborgenist.Jetzt ist Deutschlandnütz- lich: jetzthatesAnspruchauf Lohn.DieGleisstreckeHaid·ar-Pascha-Jsmid- AngoraistderDeutschenBankschonbewilligt;dieKonzessionenfürdie Strecken AngorasKaisarieundCski-Schehr-Koniafolgen·Aufträge.Offeneundheim- licheBegünstigungKlugheitempfiehlt,denGewinn stilleinzustreichenund nicht durcheinSpektakelin derNachbarschaftneidischeAufmerksamkeitzu bewirken.DochdemfrommenKaiserpaarliegtanderReiseinsHeiligeLand;
undderSultaumuß dafürsorgen,daßihrderGlanz nichtfehle.
ZwanzigJahre nachdemBerlinerKongreßzzehnnachdemTode Wil- helmsundFriedrichs Rußland hatzumFriedenskongreßgerufen.JnLon- donsagtSalisbury,derFaschodastreitseizwarbeigelegt,dochdürfedieWelt nicht vergessen,daß seit KitchenersSiegbeiOMdurman EnglandsStellung
amNil andersist,alssie vorherwar;inWakefieldempfiehltChamberlainein anglo-deutsc:esAbkommen,daskeinender beidenPartnerverpflichtet,deman- derndieKastanienausdemFeuerzuholen,undnurgenauso weitreichtwie dieInteressengemeinschaftFrankreich hatmitDreyfusundPicquart, mit HeanundEsterhazyzuthun;währendderZorngegenEnglandleisnach- grollt, fängtDelcassö,der imMinisteriumBrifsonnochgegendenbedingung- losenVerzichtauf Faschodagewesenwar,alsDupuys Kollegean, mitEng- landsBotschafterMonsondiefranko-britischeVerständigungvorzubereiten.
Im VatikanversprichtLeofranzösischenPilgern,dasPatronatsrechtderRe- publikimOrient zuwahren. Jn Konstantinopel sagt Wilhelm: »Zweigroße VölkerverschiedenerAbstammungundverschiedenenGlaubens könnenrecht gute Freundewerden« JnHaifa verheißterdendeutschenKatholiken seinen Schutz.Jn Bethlehem mahnter:,,DieevangelischeKirchemußhierimOrient ganzfestgeschlossenaustreten. Sonstkönnen wirnichts machen.DasDeutsche Reichhatin der Türkei einAnsehengewonnen, wieesnochniegewesenist.
UnsereAufgabeistnun, zuzeigen,wasdiechristlicheReligion eigentlichist unddaßwireinfachverpflichtetsind, auchdenMohammedanern christliche Liebeentgegenzubringen.«JnJerusalem sprichtervondem»schwarzweißen Schild,denichausgereckthabe«.JnDamaskuskränzterdas Grab Saladins
280 DieZukunft
desGroßenundruft:,,MögederSultan UndmögendiedreihundertMilli- onenMohammedaner,die, aufderErdezerstreutlebend,inihmihrenKhali- fen verehren,versichertsein, daßzu allenZeitenderDeutscheKaiser ihr Freund feinwird«Nochbevorerheimgekehrtist,meldet diePfortedemPapst,das DeutscheReich habeim Orient denSchutzderdeutschenKatholikenübernom-
men. Jnmancher deutschenZeitungwirddieReiseals einTriumphzuggeschil- dert,den diebisherinSüdosteuropaPrivilegirten knirschendgesehenhaben.
Nachdem»Einzug«durchsBrandenburgerThorhältderKaiser eineRede,aus der dasAuslandsichnurdenSatzmerkt:»Ich hoffe,daßmeineReise dazubei- getragen hat,derdeutschenEnergieundThatkraftneue Absatzgebietezuer- öffnen,unddaßesmirgelungen ist,dieVeziehungenzwischenunserenbeiden Völkern,demtürkischenund demdeutschen,zubefestigen-«Einungewöhn- licherAufwandvonArtigkeitfüreinenSultan,derin Armeniengesternsoviele Christen metzelnließ.Allesnur desHandels wegen? HerrvonBülowbe- theuertsimReichstag»Wir strebeninKonstantinopelgarkeinenbesonderen Einflußan. WirhabendortSympathie gefunden,weil die Türkenwissen, daßwirfürdieJntegritätihres Reicheseintreten undmeinen,auch ihnen gegenübermüsseVölkerrechtVölkerrechtbleiben Wir wollennurunsereHan- delsbeziehungenweiterausbauen.«:3weiTagevorherwarinParisderFriedens- vertragunterzeichnetworden,derdenAmerikanernKuba,Porto Riko,diePhi- lippinenund dieLadronengabunddasKönigreichSpanienausderReiheder Kolonialmächtedrängte.Dennoch fanddie RededesdeutschenStaatsfekretärs Gehör. AuchGlauben? ImMärzdieAnnahmedesFlottengesetzes;imApril dieGründungdesFlotlenvereineszim November dieOrientreife.Wirddas VerhältnißzumJslam wirklichnur guhspisciopecuniaegesehenkaEngland zweifelt.DaßderdeutscheHandelinKleinafien vordrangund diemitth- schaftlicheMachtderAnatolischenEisenbahnzunahm,warkaumbeachtetwor- den ErstdasGeräuschderKaiserreifelenkte die Blickeauf dieseEntwicke- lung.DasProjektderBagdadbahntauchteausdemDunkel undWilhelm setztefein persönlichesAnsehenbeim Sultan fürdieDurchführunglein.Für denBaueinerBahn,die den trockenenWeg nach Jndien sichernsoll. Dazu- die lauteAgitation für dieFlotteDielaueAufnahme,dieChamberlainsAn- geboteinerssiilessse fand. DieExpansion nachOstasien.Weltpolitik.Drei- zackinunsereFaust.KeineEntscheidungohnedenDeutschenKaiser.Hohen- zollern-Weltherrschaft.UnddieDepescheanKrügerist noch nichtvergessen.
Zweifelt England? Nichtmehr.ImLebenscentrum fühltsichs,zu Land und zuWasser,vondemReichbedroht,dasin Nordamerika undinSüdosteuropa
Orientalia. 281
BundesgenossensuchtundRußland nachOstasien drängt.Dadarf selbstder Löwenichtlängereinsambleiben.DelcassåstehtdichtamZiel seinerWünsche.
DeutschlandsLevantehandelistraschgewachsen.JmJahr1900hates fürvierunddreißig,imJahr1904fürfünfundsiebenzigMillionen Mark Waaren in die Türkeieingeführt.JYtITonnenverkehrstandes 1906 nochan derachtenStelle(mit L-«3,5ProzentdesSeehandels,von dem28,8 Prozent britischenSchiffenzufielen);aberauch hierwardieZunahmeüber alles Er- warten schnellgekommen.Eisenbahnkonzefsionen,Dampferlinien,Bankfilia- len,Geschützlieferungmonopol,AufträgeallerArt:mitsolchemLohn hatder Sultannichtgeknausert.Erglaubte, desKaisers, derKaiser,desKhalifen sicher zusein. DeutschehabendasTürkenbeereuropäischeKriegskunstgelehrtund liefernihmdiemoderneWasfe.AufdeutscheHilfekannAbdulHamid stetsrech- nen,wenn ersichgegen dieReformwuthder modernenGroßmächtesträuben will. UndanSchmeicheleiundGeschenkenistkeinMangel.Sohattensdrei- hundert JahrevorherdieEngländergemacht.Umnicht durchStolzzuver- letzen,mitBewußtseinsichaufdieStufeder Türkengestellt;und damiter- reicht,daßeinweiserGroßwesirspottendvonihnensagte:»Dziebrauchtemum fürechteMusulmanenzugelten,nur nochmiterhobenerHanddieGlaubens- formelherzubeten.«SiehabendiefalscheMethodebaldaufgegeben Schon Bernardo hattedavorgewarnt. »Von der Pforte«, schrieber,,,istnur mit stolzerWürde Etwas zuerlangen;wersicherniedert,gilt alsFeiglingMan- cheLeutemeinen,dieguteStimmungder Türken könne-man sichnur durch Geschenkesichern.Jchbin andererMeinung.Wennwirvielschenken,·hältder Türke uns für schwach,vereinsamtundfurchtsamundbekommtleichtLust, uns-zuschaden.Geschenkesindin Konstantinopelzu verwenden wieArzenei imKrankenzimmer:dierichtigeDosismag in derrichtigenMinutehelfen, diefalsche,nichtzurrechten ZeitgereichtebringtdenLeidendeninLebensge- fahr.«DiebesondereWesensartdesOrientalenistvonunsererDiplomatienicht immer-mit dergebührendenSorgfalterwogenworden. Nuranden Sultan hat sie gedacht;auf dessenDankbarkeitzuversichtlichgerechnet.Bis insMarokko- jahr vielleichtnichtohneGrund.AuchHerrnAbdulAzizwar,vondesKaisers Lippe,dassouveraine HerrscherrechtunddieUnantastbarkeit seinesReiches verbürgtworden.DieWestmächtehattendanndochihrenWillen durch-gesetzt WasdemSultan desWestensgeschehenwar, konnte derSultan desOstensin derStunde derNotherleben.Hatersnicht,noch ehedieAlgesirasaktein Lon- donratifizirtwar,ameigenenLeiberlebt? AmfünfzehntenFebruar1 906ließer dieOafevonTaba befetzenWollteversuchen,dieSinaihalbinselvondemun-