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Philosophie und Leben. Jg. 7, H. 11 (1931)

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IfMjiiofoptne unb Heben

?. J A H R G A N G + 11. H E F T + NOVEMBER 1931

*3m iDifnCtc ber IDolksetn^tif erftrebt unfere 5ettf^rtft eine fad)»

U d f t 2(usfpra$t ber betrieben en toeUanftbaultthen iKtchfungen.“

$ )k greifjdf 5ßs m enf$fi$en 2Bott<ms

Von H a n s k l e i n e r

(Fortsetzung aut \ f k m >

n. arcti

4. S i e S B iü en sffellu n g n ah m e a l s A n g e lp u n ft 5 e r eigentlichen g re ih e it 3nbes ift mit biefer geftftellung nun er ft b ie ei ne © e i t e bes Jatbeftanbes gefennaeichnei. greiheit in biefem ©inne (oon bem jeboch ausgegangen »erben mufe) ift nämlich 3unäd)ft noch butcfjaus perein­

bar mit einem PöIIig einbeutigen 93eftimmtfein (Determination) burch ihrem Urfprunge nach a u fe e r mir liegenbe gaftoren! ©ies toirb Har, wenn mir uns nun ben 3ufammenhang jtoifcfjen 30BitIensftelIungna£)me unb Sntfölufe etwas genauer anfehen. SBir Ratten bisher feftgeftetlt, bafe SBillensfteHungnahmen o o r a u s g e f e f c t finb für bas gaffen oon (Sntfchlüffen; unb jtoar toar bies in bem ©inne ju oerftehen, bafe bie mir jeweils gegebenen 3Billensftellungnahmen ben © p i e I r a u m meiner möglichen Gntfdjlüffe beftimmen. SBas mir nicht als mögliches Siel einfällt, baau fann ich wich auch nid)t entfchliefeen. 3Rad)t man fid) bies rabifal flar, fo ift hier fchon eine ungeheure Vefchränfung unferer greiheit beutlich. ©enn bie mir etnfallenben 2öünfd)e finb natürlich burd) Sharafteranlage unb Umwelt (welch Iefetere man babei in ihrer

©ef c hi <ht l i d) f ei t fehen mufe) weitgehenb beftimmt. Allein, be­

trachten wir nun biefe SSebingtheiten unb ben innerhalb ihrer für uns freibleibenben (immerhin trofcbem nod) erheblichen) ©pielraum nicht im allgemeinen, fonbern in ber fonfreten Sage bes (Entfchluffes, fo ift foI=

genbes ju bead)ten: ©er €ntfd)lufe fann entweber aus einer Sö a ’hl heroorgehen, inbem mir burd) me h r e r e Söillensftellungnahmen auch mehrere S i e l e als möglich oorgegeben waren; ober aber es fann auch fein, bafe mir oon oornherein in ber betreffenden Sage überhaupt nur e t n Siel oorgefchwebt hat, inbem nur ein e Sßillensftellungnahme in mir auftauchte. 3ft nun bas lefctere ber galt, fo ergibt fich offenbar, bafe in biefer Sage meine greiheit in ber e i n 3 i g e n SRöglichfeit befteht, mich eben 3ur 93erwirflid)ung b i e f e s Sieles 3U entfchliefeen. ©a id)

^ilofo p tn e unb Seben. V II. 21

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304 ® i e g r e i h e i t bes men(cf>Iicfcen 3 B o Iie n s

biefes 3iel » i M , fühle id) mid) ni djt g e a » u n g e n ; unb bod) er- gibt fid) hier fd>on aus bem (E i n f a 11 eben nur biefes e i ne n 3ieles ber (Entfchlufe mit einbeutiger Rotwenbigfeit! 9lun toirb man hiergegen eimoenben: Auch »enn mir nur ein fachliches 3*el als möglich r»r=

fch»ebe, fo falle bie (Entfcheibung i mme r noch kurd) eine 3B a h I ,

»eil ja bann immer noch aioifchen ber 33er»irflid>ung biefes 3ieles ober beren U n t e r l a f f u n g au entfdjetben fei. ©omit liege auch hier feine einbeutige Determination oor. Allein fo ift bie Sage nur bann, »enn für biefe b e i b e n SDtöglichfeiten (33er»irflid>ung unb Unterlaffung) e t » a s f p r i d) t , fei es auch auf ber einen ©eite nur meine S5equemlid)feit! (Es liegen alfo bann j»ei 3öillensftellungnahmen unb bamit ftreng genommen auch 3toei 3iele oor. 9tämlid) einerfeits:

ich möchte gerne bies erreichen; anbererfeits: id) möchte mid) nicht an- ftrengen. demgegenüber gibt es aber eben aud) Sagen, in benen oon Dornherein fchon gar nicht berart mehrere 3JtögIid)feiten in grage ftehen, »eil et»a für bie Unterlaffung gar nichts fprid)t ober »eil bas,

»as für fie fpnd)t, oon Dornherein als bem anberen gegenüber gar nicht ins ©e»icht fallenb erfcfjeint. Sßenn id) mich beifpiels»eife auf ber

©trafee plöftlid) in ©efahr fehe, Don einem Kraftwagen überfahren au

»erben, fo ift für mich fofort flar, bafe id) ohne SSefinnen aus»eid>e;

unb bie bamit oerbunbene Unbequemlichfeit fommt fd>on oon Dornherein gar nicht in grage gegenüber ber Sötöglichfeit, mich (ftatt bie Unbequem- lichfeit auf mich P nehmen) eher überfahren au laffen! Sa fe bies aber fo ift, bafe tch bie Unbequemlichfeit bes Aus»eid)ens bem Überfahren»

»erben Doraiehe, bies beruht auf einer 2BillensftelIungnaf)me, bie gana Don felbft in mir »trffam »irb. Safe mir mein Seben »ichtiger ift als einige unbequeme ©djritte, b a f ü r entfcheibe ich »id) nicht erft auf

©runb einer SBahl, fonbern biefe S t e l l u n g n a h m e ift mir in ur=

fprünglicher Sßeife (oermöge einer Anlage, eines Sriebes) auge»ad)fen unb befteht in mir als eine bauernbe Haltung, als „(E i n ft e 11 u n g".

Aus ihr heraus beftimme id) in ber eben betrachteten Situation meine Sätigfeit bes Aus»eid)ens 3»ar f r e i (in bem aum Ausgang genom­

menen Sinn biefes 5Borts) unb ohne einen eigentlichen (b. h- inneren) 3»ang au empfinben. Unb boch ergibt fid) aus ihr biefe (Entfcheibung in ber betreffenben Sage mit e i n b e u t i g e r 9 l o t » e n 6 i g f e i t ! ©o=

mit fommt es für bie grage ber Determination nicht barauf an, ob im (E n t f d) l u fe formell eine SBabl oorliegt, inbem ich babei ü b e r - h a u p t nur i r g e n b » i e mehrere SDtöglichfeiten oor mir habe, fon=

bem barauf, ob bie in mir gerabe lebenbigen 2 B i I I e n s f t e l I u n g = na hmen bereits in fid) eine einbeutige (Enffchiebenheit enthalten ober nicht!

(3)

S i e g r e i fr e i t bes m e n J (f> I i <b e n 3BoI I e n s __________305

(Es ift »ic^tig für bie Erfenntnis unferer menfchlichen greiheit, ju fehen, bafe folcfje Einteilungen, bie bas (Ergebnis unferer Entfchlüffe im ©runbe fchon für Diele Sagen o o r w e g beftimmt ha be n , unb über bie toir uns boch vielfach gar leine Slechenfchaft gegeben haben (gefchtoeige benn, bafe toir uns für fie auf ©runb einer SBarhl entfehie- ben hätten), in einem fehr weiten Umfange in unferem Seben eine Stolle fpielen. SBir machen uns bies am einfachften ftar, inbem wir noch ein anberes Beifpiel hetanjiehen: 3d> ftehe oor meiner Berufswahl unb taffe, oielleicht burch SBochen unb Monate hinburch, eine Steifje t>on Möglichleiten oor meinem Auge oorübersiehen. Siefer gülle oon Mög­

lichfeiten gegenüber werben oerfchiebenartige ©teilungnahmen in mir lebenbig: Ser eine Beruf fagt mir mehr, ber anbere weniger ju, unb fchliefelich entfeheibe ich mich für ben einen beftimmten. Stichts fcheint Ilarer, als bafe „es nur oon m i r abhängt", was bei biefer Entfcheibung herausfommt, ba ich hoch eine unenbliche 51 u s w a h l t>on Möglich- feiten habe unb meine SBahl grünblich überlege. Allein es fann nun fein — unb folche gälle werben in SBirflichfeit nicht einmal feiten oor- fommen —> bafe ich trofo aller Vielfältigfeit ber mir als möglich oor=

fchwebenben Siele, jwifchen benen ich bie Sßahl treffe, im ©runbe in gewiffer SBeife fchon barüber entfehieben b i n, w a s ich babei eigent­

lich will; nämlich beifpielsweife: auf möglichft bequeme Art möglichft oiel ©elb oerbienen. Alles Surchgehen ber oerfchiebenen Möglichfeiten wirb bann im ©runbe barauf hinauslaufen, fefouftellen, welcher B e ­ ruf bei meinen gähigfeiten unb fonftigen (3. B . finansiellen) Möglich­

feiten mich biefem 3*ele am eheften nahebringen ju fönnen fcheint. 60= balb ich hierin flar ju fehen glaube, ift auch meine (Entfcheibung fchon gefallen, greilich wirb bies leicht in ber SBeife oor fich gehen, bafe ich mir über meine (Einteilung babei feine Stecfjenfchaft gebe; fonbern ich werbe oielleicht, oon ben oielen fachlichen Möglichfeiten gerabe benom­

men, mir überhaupt nicht flar machen, worauf es mir anfommt. Aber auch wenn ich mir barüber flar bin, fann es fein, bafe ich mich 3U biefer (Einteilung nicht etwa auf ©runb einer echten SBahl entfehieben habe, in ber noch anbere ©runbeinftellungen ernftlich in grage famen; fon- bern fie fann mir burch bte Etnflüffe meiner Anlage unb meiner Um­

gebung oon o o r n h e r e i n jur einaig felbftoerftänblichen geworben fein. Dft bies aber ber gall, fo ift bas Ergebnis meiner Berufswahl im l e b t e n ©runbe ei nb e u t i g burch gaftoren beftimmt, bie nicht in meiner freien (Entfcheibung liegen. Senn einerfeits ift bie befagte (Ein­

teilung ohne mich in mir entftanben, anbererfeits hängt es auch nicht oon meiner SBiUfür ab, wie weit mir bie einaelnen Berufsmöglichfeiten 3ur Erreichung meiner Abficht g e e i g n e t e r f c hei nen; benn ich bemühe mich ja gerabe, fie möglichft „objeftio" 3U fehen. Sas Ergebnis

21*

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306 ® t e grcit>ctt bes m e n f d> I i cf> c n SB o tle n s

ober, mein (Entfcblufe unb feine Ausführung, folgt aus biefen beiben gaftoren mit SUoftoenbigfeit, wenngleich mein (Entfcblufe als SBabl - entfcbeibung in freier Vorausficbt einer Viefeabl oon SERöglicbfeiten oon mir gefallt toirb!

2lllein nun fei aud) gleich ein ©egenbeifpiel angefcbloffen. 3n ber=

felben Sage ber 33erufs»abl fei nicht allein ber 3Bunfcb, möglichft t>iel

©elb 3U oerbienen, toirffam, fonbern jugleid) fei auch ettoa bie anbere (Einteilung in mir lebenbig, in unb burd) meinen Veruf ben SJtenfcben möglichft aus ihrer 9lot unb ibrem (Elenb emporjubelfen. 2lud) bier finb mir oieileiibt bei be Stellungnabmebaltungen nid)t Ilar be»ufet. ®enfe id) aber nun bie einjelnen, ficb mir bietenben fachlichen 3RögIid)feiten burch, fo »erbe id) bod) meift mebr ober »eniger beutlid) auf biefen inneren Swiefpalt in mir geftofeen; benn es »irb ficb gewöhnlich jeigen, bafe unter bem einen ©eficbtspunft ber ei ne 93eruf, oon ber anberen (Einteilung aus bagegen ein a n b e r e r als ber geeignetfte erfcheint.

Unb in biefer Sage fällt nun bie (Entfcbeibung in ganj anberer SBeife.

9tun entfd>eibe id) micb im ©runbe nicht mebr für biefen ober jenen 55 e r u f , fonbern für bas Sebensjiel bes ©elboerbienens ober ben bes ben SJtenfcben Reifens. Unb bier gibt es nichts anberes, oon aufeer=

balb meiner felbft Äommenbes mebr, »as mich beftimmt — ooraus- gefefct, bafe »irflicb bei be Siele micb ernftlicb Perioden, ernftlidje 3ugfraft für micb baben — fonbern i d) bin es jejjt, ber in biefer (Ent=

fcbeibung ben 2lusf($lag gibt unb geben fann unb mufe. f>ier gibt es fein rein „objefttoes" Vergleichen unb 2lb»ägen mehr 3»ifcben ben »er=

frf>ie6enen Sielen in bem Sinne, bafe id) nur uriterfudjenb unb aufehenb abau»arten hätte (»ie im erften gall), »eiche SRöglid)feit fid) als bie günftigfte enoeift, fo bafe bann bie 5öabl biefer 3RögIid)feit felbftoer- ftänblich »äre. ©iefer galt f a n n 3»ar nun auch noch eintreten, inbem et»a bei genauerem Snfeben boch bas eine 3iel für mt(f> jebe 3ug- fraft oerliert unb ich bann mit leidjter Selbftoerftänblicbfeit bas anbere

»ähle. Religiös gefe’ben »äre bies bann et»a ein erlöfenbes f>in»eg=

getragen»erben aus bem Äampf burch bie ©nabe (ober -aber auch, nad) ber anberen Seite bin, et»a ein (Ergriffen»erben oon teuflifcber Vefeffenheit). Allein um einen fold>en Sonberfall hanbelt es fid) jeftt nicht;

fonbern um ben gewöhnlichen, bafe bei be Siele für mid) oerlocfenb b l e i b e n , unb ich niich trofebem für bas eine e n t f c ^ c i b e 1). Unb ba ift au fagen, bafe biefer (Entfcbeibung feine im „Phänomen" felbft

*) 9ti d) t f)ietf>er gehörig {ft ba&er au$ ber galt bes l l b e r t u m p e t t m e r - b e n s oom 31 f f e 11 ober S r i e b , trog gegebener SBiltensftellungsnatjmen oon oer- föiebener ©runbtid)fung; benn in ibm liegt gar fein oom betautsten ‘•Perfonenjentrum gefaxter (Entfcbluji (unb nur ein foltfrer t ft ein (äcnffc&Iujj) oor, fonbern bte SO'tadjf ber „oorfreien" Sphäre bricht bier getoiffermafeen in bte bis baf>in oom 'Perfon-

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® i e g r e i h e i t bes menfcfctic&en 3 B olIens 307

a u f w e i s b a r e (fonbern fröcfrftens oon anberen ©eficfrtspunften frer

» o r a u s f e f c b a r e ober p o f t u l i e r b a r e ) Stotwenbigfeit inne- wofrnt. Vielmehr ift fie, oon aufeen gefefren, ein unauslösbarer 3ufall;

non innen, oon mir felbft aus gefefren aber meine freie Sat. ©amii ift nicfrt gefagt, bafe niefrt in ber ©aefre felbft S i r e f t i o e n für meine Sntfcfreibung lägen. Cs fann mir fo etwas wie ein SB e r t r a n g - u n t e r f cfr i e b ber beiben 3>ele, eine fiiöfrerwertigfeit bes einen, ganj flar fein. Slber id) fann mtd) trofebem ebenfogut für bas SBertniebrige ftatt für bas fwfrere entfrf>eiben, inbem icfr erfteres als bas „ f ü r micfr SBicfriige", meinem felbjtifcfren 23egefrren m e fr r 3ufaaenbe, bem

„an ficf) fein ©ollenben" eigentlich ©Uten oorgiefre. Qe nad) ber Simen*

fion, bie i cf) mafegebenb fein laffe, bat bas eine ober bas anbere ben 23orjug.

6omit ergibt fid), bafe greifreit in einem fröfreren ©inne (nämlicfr in bem bes niefrt einbeutig t>on „aufeen frer" Seterminiertfeins) erft ba oorliegt, wo icfr ju einer SBillensentfcfreibung jwifdjen mefrreren, in Der»

fcfriebener ©runbriefrtung ßefrenben SBillens ft e 11 u n g n a fr m e n ge­

lange. Siefe aber müffen mir, foll folcfre greifreit aftuell werben, auoor ge ge be n , in mir lebenbig geworben fein. 3ft bies ber galt, fo ftefrt ifrnen gegenüber es nun jwar niefrt in meiner SRacfrt, bie eine ober anbere einfacfr aum SJerfcfrwinben 8U bringen. Siefe greifreit frat ber üUlenfcfr nidfrt. Slber wofrl fann icfr mitfr um biefes Verfcfrwinben b e = m ü fr e n . Onbem i<$ bies tue, entaiefre icfr ifrr jugleicfr bie ^uftimmung meines eigentlicfren 3 cfr, meines Perfonjentrums. Ser anberen ©runb- fraltung bagegen erteile icfr als biefes unb mit biefem Perfon-Dcfr meine 3uftimmung unb ftelle micfr auf ifrren Voben1). Vor allem aber fann icfr, inbem icfr fo bie eine meiner ©runbfraltungen „fanftioniere", bie anbere bagegen „besaoouiere", bie erftere gugletcfr ju ber für meinen E n t = fcfrlufe a us f c f r l a g ge b e nb e n maefren. Unb b i ef e SJlöglicfrfeit unterftefrt nun meinem „a‘b f o I u t e n " SPtacfrtbereid)! ©omit finbet frier, unb erft frier, unfer oben aufgefteflter allgemeiner 33egriff Don greifreit (als „micfr felbft beftimmen fönnen") feine oolle unb e t g e n t = l i cfr e Erfüllung. Senn eine folcfre ©elbftbeftimmung fann ja, wie unfer »origes SJeifpiel geaeigt 'frat, troß »orliegenber SBafrl unb trofebem i<$ feinen 3®ang empfinbe, bocfr lefeticfr reftlos auf eine Seftimmtfreit

jenfrum innegebabte 23etoufetfetnsfpbäre hinein, grei&eit befteht in biefem gatte nur nod) im ©inne ber (toeiter unten befproebenen) g a b t i ä f f i g f e i t , nämltd) infofern bie 3Jtöglid)feit beftanben buben fann, bem fiberrumpelttoerben beffer oor- jubeugen, mebr bagegen ju tun. ®od) barf, aud) abgefe&en oon b i e f e r aucb bier nod) befteben bleibenben m i t t e l b a r e n greiheit uno 93erantroortlicpfeit, natürlich bie Satfacbe, baß es foldjes flberrumpelttoerben gibt, ntd)t ju eigener Sntfdiulbigung m i ß b r a u c h t toerben.

*) [®aß fotebe ©runbbaltungen ftets auf 3B e r t e gerietet finb, ift leicht erficht- lid> unb toirb fpäter aud) ausgefprod>en. 21. SDt.]

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308 © i e g r e i h e i t b e s m e n f $ [ i ( f t e n 9 B o I l e n s

aurüdgehen, bie »on auf eerhal bber bewufeten 'Perfon lommt. f>ier bagegen ift eine folche reftlofe 33eftimmtf)eit »on aufeen n i ch t na<f>-

»eisbat. Somit ergibt ficf) bie Stotwenbigfeit, unfern allgemeinen 33e=

griff »on greiheit au teilen, inbem »ir eine u n e i g e n t l i c h e unb eine e i gent l i c he greiheit unterfcheiben. Sefctere liegt alfo nur ba

»or, »o ich nicht nur (Entfchlufe unb Tätigfeit »orausbeftimme, fonbern au^i au einer Wahl awifd>en mehreren W i l l e n s ft e 11 u n g - nahme n »on »erfd)iebener ©runbricfjtung gelange, fo bafe aud) bie

©runbrichtung bes 6 n t f d) l u f f e s »on ba aus erft aur Entfcheibung g e l a n g t unb nicht fchon »on »ornherein entfdjieben i ft.

Scbon aus ber bisherigen Sarftellung ift »ohl feeutlich, bafe folche eigentliche greiheit ben SDtenfchen in fehr »erfchiefeenem SOlafee aufommt, bafe fie nie fieserer Vefifo ift, fonbern immer »ieber in ieber einzelnen (Entfcheibung neu gewonnen »erben mufe. Senn bie Vielfältigfeit ber äufeeren 9Röglid)feiten »erleitet (»ielleicht heute mehr benn je) baau, fid) »on ihnen einnehmen au laffen unb bie felbftfritifche Vefinnung barüber, »orauf es mir benn anfommt unb anfommen f o l l , au »er- geffen ober allau rafch unb fura abautun. So entfteiht bie Unfreiheit bes Aufgehens in b e n Anfdjauungen, bie „man" eben fo hat, unb bie einen babei möglichft »enig im einmal angenommenen Trott ftören;

unb bes Aufgehens im „Vetrieb" berjenigen 3®ede, bie ebenfo »on jebermann (innerhalb ber geiftigen Welt, in bie man einmal hinein­

geraten ift) gebilligt unb betrieben »erben.

Übrigens fei hier noch bemerft, bafe bie »erfchiebenen „W e r t "- Dichtungen, burd) beren ©egebenheit eigentliche greiheit bebingt »irb, n i <h t ohne weiteres immer als folche »on „gut" unb „böfe" einanber entgegengefefot fein müffen. Ss fann betfpiels»eife aud) feas 3iel finn- liehen © e n u f f e s mit bem, (Ehre unfe A n f e h e n au gewinnen, im Wifeerftreit ftehen. Aud) hier liegen fdjon »erfchiebene Wertrich­

tungen »or, unb auch hier gibt es baher feiiien objeftioen SRafeftab, »on bem id) bie (Entfcheibung einfad) entnehmen fönnte, obwohl, ethifd) ge- fehen, biefe 3iele bei be noch felbftifdjem Vegehren entfpringen unb fomit (wenigftens unter Umftänben unb relati») „fchled)t" finb. gerner ift au beachten, bafe auch umgefehrt n i d) t j e b e (Entfcheibung »on f i 111 i d> e r Vebeutfamfeit eigentlich frei ift. Senn es fann »orfommen, bafe für einen SRenfchen allein burd) Anlage unb rein paffio wirfenbe gefd>id)tliche SERottoationsfraft ber Umgebung ebenfowohl beftimmte

„gute" wie auch beftimmte „fd)led)te" (Einftellungen au felbftoerftänblid) einzig in grage fommenben werben, ohne bafe bie entgegengefefete Hal­

tung je irgenbwelche 3ugfraft erhält.

SKit biefen geftftellungen finb »ir nun auch au einer »eiteren A n t ­ w o r t a u f u n f e r e g r a g e gelangt, o b w i r auchbas W o l l e n

(7)

S i e g r e i f j e i t b e s m e n f cf) l i cf) e n S B o l f e n s 309

wol l en f önnen. f>atte ficf> im oorigen Abfchnitt ergeben, bafe toir tatfachlich ben £ n t f ch I u ß willentliih herbeiführen fönnen, währenb uns bie SBillensftellungnahme gegeben toirb, fo ift jefot ergänjenb feftguftellen: 6 i n b uns je in einer beftimmten Sage beftimmte 2öillens=

ftellungnahmen gegeben, unb gehen biefe in oerfchiebener „SBert"- 3iichtung, fo hohen wir nun noch bie greiheit, bie eine ober bie anbere 3u ber für unfere Entfcheibung a u s f c h l a g g e b e n b e n ju machen, ünbes genügt nun aud) biefe geftftellung noch nicht, fonbern es bebarf jeftt noch einer Ergänaung bur<h 2Biebereinf<haltung einer oben außer Betracht gefegten ©imenfion unferer Unterfuchung.

5. g r e ih e it in b e r E in je lfitu a tio n u n b g re ih e it im jeitlichen © a n je n p e rfo n a le n S e b e n s

Unfere bisherige Befchreibung berücffichtigte nur meine jeweilige grei=

heit in einer als gegeben oorausgefefcten einjelnen Situation. 2öas mir in biefer an Einfällen, an in mir auftauchenben Stellungnahmen unb Möglichfeiten au Entfchlüffen, gegeben würbe, betrachteten wir bisher als nicht »on mir abhängig, nicht felbft meiner greiheit unter*

ftehenb, eben weil biefe Slfte in biefer Sage nur burch Paffioität in mir auftauchten unb bamit erft ben Spielraum meiner greiheit auftanbe brachten. 2>ies war aber eine Abftraftion, bie wir jeßt wieber aufheben müffen. 3n SBirflichfeit habe ich, fobalb einmal meine eigentliche grei=

heit erwacht ift, in jeber folchen Sage ja fchon eine eigene © e f <h i ch t e als freier Menfch hinter mir. SJnfolgebeffen finb oon ba an meine Ein=

fälle nie n u r burd) meine Anlage unb bie SBirfung meinet Umgebung, alfo burch außer meiner SBillfür ftehenbe gaftoren bebingt, fonbern eben auch &ur<h meine oergangenen eigentlich freien Entfcheibungen.

Bor allem aber ift es nun auch nach ber anberen Seite hin eine wefentli<he Möglichfett bes Menfchen, ben aeitlichen |joriaont, aus bem ihm bie 3iele feines Söollens für bie 3 u f u n f t aufließen, mehr unb mehr über bie Einaelfituation bes allernächft au SEuenben ausaubehnen. So fann ich Entfchlüffe für beftimmte Situationen im o o r a u s faffen ober auch beftimmte Sebensabfchnitte ober bas ganae Seben felbft als ei ne Situation betrachten unb mit einem Entfthluß umgreifen. Mag nun auch eine folche einmalige Entfcheibung bamit noch nicht abfolut feft fein, unb mag ich auch immer wieber oerfucht werben, fie umauftoßen, fo hat boch jebe neue Bewährung unb Befeftigung berfelben minbeftens b i e golge, baß mir in fünftigen gälten bie betreffenbe Haltung eher wieber b e w u ß t wirb, mir alfo, wenn fie praftifch tn grage fommt, eher aur Verfügung fteht. 3a, ich fann mich fogar ausbrücfliih barum bemühen, e t w a s b a f ü r t u n , baß ich fünftig in entfprechenben

(8)

310 © i e g r e i i > e i t b e s m e n f t l i c h e n S B o l i e n s

gällerf jeweils an ben betreffenben ©efichtspunft, an bte betreffenbe (Entfiheibungsmöglicbfeit benfe. ©omit ift jeftt als »eitere (Ergättaung über bas „SBolIen bes 2Bollens" nod) feft^uftellen: 3d) fann auch für bas ( E i n t r e t e n beftimmter SBi l l ensftei l ungnahmen etwas t un, nicht nur ben fcf>on befte^enben gegenüber ben 3lusfd>lag geben.

Unterlaffe i<f> nun aber foiches Vemühen, troftbem mir bie greiheit bap gegeben mar, fo fann burd) bi ef e Unterlaffung m i t t e l b a r eine f>anblung (ober ihre Unterlaffung) in gewiffer Vkife in ben Vereid) meiner greiheit (unb bamit meiner V e r a n t w o r t u n g ) fommen, bie, wenn mir fie rein aus ber jeitlich befchränften Situation ßetracfjten, n i ch t meiner greiheit unterftebt. Alfo: (Es fann fein, bafe ich in bem betreffenben A u g e n b l i d j»ar nicht anbers hanbeln fonnte, als ich es tat, toeil mir anbere ©efid)tspunfte als bie tatfächlich mafegebenb geworbenen nicht jur Verfügung ftanben. Aber bafe mir anbere eben nicht aur Verfügung ftanben, b a f ü r fann ich noch oerantwortlich fein.

3Bir ftofeen mit biefem Satfachenaufanunenhang auf bie Sßurael bes Vegriffs ber g a h r l ä f f i g f e 11. Sie anbere ©eite biefes 3ufammen=

hanges aber ift folgenbe: 93 e n u ft t e ich folche greiheit, eine 3Btllens=

haltung fd>on für bte 3ufunft in mir au befeftigen, unb gelang es mir fo, au erreichen, bafe fie mir allmählich aur felbfioerftänblidjen unb immer aur Verfügung ftehenben würbe, fo hoben (Entfcheibungen, bie ich n u n auf ©runb biefer (fomit in eigentlicher greiheit e r w o r b e n e n ) fjal=

tung fälle, audh bann noch an biefer eigentlichen greiheit wenigftens t e i l , wenn mir nun in ber augenblicflichen Sage a n b e r e SJtöglich*

feiten gar nicht mehr als in grage fommenb einfallen, unb ich alfo rein aus biefer Sage heraus als nur uneigentlich frei beurteilt werben müfete. Allein eine folche Beurteilung nur aus ber ifolierten aeitlichen Sage heraus riffe bie gef<hi<htli<h*aeitliche ( E i n h e i t ber P e r f o n auseinanber, bie eine eoibente 2atfache ift. Sie hier als fdjeinbare Un=

freiheit fich aeigenbe Veftimmtheit (auf ber es auch beruht, bafe anbere

„fich auf mich oerlaffen" fönnen) ift eben eine Veftimmtheit, au ber i ch f e l b e r früher mich beftimmt habe unb auf beren 33oben ich a ls b e r f e l b e noch ftehe. S . h- fie ift lefttlich unb im p e r f o n a l e n

© r u n b e hoch g r e i h e i t . ©omit ift alfo eigentliche greiheit nicht notwenbig folche, bie in jebem Augenblid neu burd) K a m p f er=

rungen werben mufe. ©onbern bie einmal errungene greiheit fann unter Umftänben unb in gewiffen ©renaen ohne bauernben weiteren Kampf bewahrt werben, (greilich befteht hier ftänbig bie ©efabr, bafe bie (Einteilungen fid) »erhärten, was ftets einen Verluft an greiheit in fid) fd>liefet, auch wenn bie (Einteilungen urfprüngltcb in eigentlicher greiheit angeeignet würben.)

(9)

3« beachten ift enblicf) auch hier toiebcr, bafe bie 2Röglid)teit, für bie 3ufunft (Entfchlüffe ju faffen unb für meine eigenen fünftigen „(Einfälle"

«etwas ju tun", f e I b ft mir »ieber je burch irgenbeinen Anftofe ei n»

f a l l e n , mir gegeben »erben mufe; benn nur im (Einfall, nur in ber S i c h t folgen Könnens »irb ja auch bi ef e Freiheit jeweils aftueH,

»irb fie wirflicb! ilnb mit biefer geftftellung haben » ir eine britte unb lefcte (Ergänzung unferer Antwort auf bie grage nach bem „SBollen bes SBollens" (im Sinne bes SBollens ber SBillens ft e 1l u n g n a 'h m e als bes Angelpunftes ber eigentlichen greiheit) gewonnen. Somit liegt alfo letztlich ftreng notwenbig j e b e r A n f a n g b e r greiheit in ber Sphäre, bie D o r ber greiheit liegt; er mufe mir g e g e b e n werben. (Sheologifch gefehen: Ser „concursus divinus" ift feinem pbilofophifchen Ort nach aufjeigbar geworben, unb 3»ar als ein „concursus p r a e v i u s ‘‘.) Aber biefe aufeerbalb unb oor ber menfchlichen greibeit liegenbe 33e*

bingung bebt biefe grei'beit nicht auf, fonbern macht fie gerabe in jebem Augenblicfe, in bem fie erfüllt ift, erft möglich.

3 u r 5er öemofrafte un5

© o g ia ß s m u ö

Stacf) C e o n a r b J t e l f o n 1)

I

Organifation ift nichts anberes als ber Inbegriff äufeerer (£fnricb=

tungen, bie einen beftimmten (Erfolg bem Sufall entziehen.

9tun ift ber „Erfolg", ber im Staate in erfter ßinie angeftrebt werben foll, bie ©ere<$tigleit. (Erbeben wir aber nach bem ©runbgebanfen ber Semofratie ben SBiilen ber SBahrbeit aum oberften ©efefo, fo bürfen wir nicht erwarten ober gar »erlangen, bafe im Staat bie ©erechtigfeit 3ur §errfcbaft fommt. SBollen wir bagegen bie Surcbfübrung ber ©e=

rechtigfeit im Staate, fo müffen wir uns ber 9tegentf$aft bes für biefes Amt binrei<benb ©ebilbeten unb Stecbtliebenben unterwerfen.

(Entweder, es gibt überhaupt ein 3beal bes Rechts für bie ©efell- fcbaft, bann foll ber Staat ihm gernäfe regiert werben, unabhängig ba*

*) 3m 2lnf<&[uft an fern fcfjatffinniges 2Berl „©emofratie unb güfirerfc&aft", ©6t- tingen, 33eriag öffenti. ßeben.

©a bet (djarffinnige ©öttingcr P&ifofopf> bereits Snbe 1918, nocf) nicf)t 50ja'i)tig, geftorben ift, fo ift 3U befürchten, baß feine ©ebanfen »ielleidjt niefjf bie Beachtung finben, bie fie »erbienen. SBir »erweifen hier befonbers auf jmei feiner ©Triften:

1. ©emofratie unb güt>rer[d)gft" (2. ermeit. 2lufl. 175 6 .); 2. S ie beffere Sicherheit.

Setjereien eines reoolutionären Steoifiontften (22 ©.), beibe 1927 im Verlag „öffent­

liches ßeben", ©öttingen, er[cf)ienen.

(10)

312 3 » r St r i t i I 6. S e m o f r a t i e u. b. 2)1 o r j i ft i f cf) e n © o s i a f i s m u s

Don, ob fich eine SRehrbeit finbet, beren SBille auf biefes 3beal gerietet ift. Ober aber, es gibt fein foldjes Sledjtsibeal für bie ©efellfcfjaft, bann fann auch bie Semofratie fein folches fein.

3m richtig organifierten Sled)tsftaat fann oon Slutofratie ober Don Sefpotismus nicht bie Siebe fein; benn hier Dergeioaltigt nicht ein SBille ben anbern, fonbern hier herrfcht bas Siecht über alle Söillfür. Sie Semofratie bagegen überläßt bie Sntfdjeibung bem gufällig fo ober anbers fich bilbenben SRehrheitstoillen unb e n t j i e h t fi e b a mi t bem Siecht. Sie überläßt es beftenfalls bem 3 u f a l l , ob ber fid) bilbenbe SIRehrbeitstoille auf bas Siecht gerichtet ift. Sin ©runb, biefe itbereinftimmung bes SRehrheitstoillens mit ber Sorberung bes Slechts anjunehmen, liegt nicht oor.

Sie ©efdjichte geigt oor allem gtoei Organifationen, bie in ihr Sauer­

erfolg ergielt haben unb bie beshalb als oor bi l bl i r f ) angefehen roer=

ben bürfen: bie f at hol i f d>e Ki r che unb bie SR i l i t ä rorgani­

fationen ber mobernen ©roßftaaten.

©ie finb beibe bas gerabe ©egenteil bemofratifcher Organifation. Es berrfd)t in ihnen ber SBille besjenigen, ber bie befte Einfidjt in bas an- geftrebte 3iel hat, ber mit ber größten Umficht über bie SRittel ju feiner Surchführung gebietet unb bem biefe 9RitfeI auch Dollfommen in bie f>anb gegeben finb, fo baß er über fie oerfügen fann über ben Kopf bes Einzelnen hinweg. Kura, es ift bas [unbemofratifd>e] Prinzip ber g ü h r e r f d> a f t , nad) bem biefe Organifationen arbeiten.

2Ran fann allerdings bie SReinung hören, baß gerabe nur burch bie Semofratie ber SBeg für bie Singeinen frei toerbe, ihre gähigfeit als gührer gu ertoeifen. Sie Semofratie fei bie große SIrena, aus ber ber Süchtigfte als Sieger heroorgehe.

Es ift aber gu fcheiben gtoifchen bem f a f t i f ch e n gührer, toie er in jeber ©efellfdjaft fich finbet, unb bem b e r u f e n e n gührer, ber bie befte Einfidjt in bas 3iel unb ben beften SBillen gu feiner Verwirf- lichung befifct.

SBir haben nun aber feinen ©runb, in ber Semofratie bas Empor«

fommen bes „berufenen" gührers für toahrfcheinlid) gu halten, eher bas

©egenteil. Senn bie Eigenfchaften, auf benen bas Salent beruht, to i r f l i ch in eine führenbe Stellung eingubringen, finb anbere unb nicht leicht oereint mit benen, bie bagu gehören, eine folche Stellung gut ausgufüllen. Sarüber, wer in ber Semofratie emporfommt, ent- fcheiben anbere Umftänbe als ber Veruf gut gührerfchaft. Es entfcheiben bie SSRethoben ber S e m a g o g e n , b. h- ber Verführung ber SRaffen burd) itberrebung. Ser hat ben Vorfprung, ber ber SRaffe am gefchid- teften gu fd)meid)eln oerftcht, ber ihr bie lodenbften Vorteile oerfprid>t unb ber am ffrupellofeften ben Kampf mit feinen Siioalen führt. Slber

(11)

es bebarf nicht einmal ber Bemühungen bes eigenen ©eiftes, um ben

©egner aus bem gelbe 3u fchlagen. 6s genügt, bafe einem ber Sufall äufeere ©lüdsgüter in ben ©chofe geworfen hat, um bie öffentliche 3D^ei=

nung 3u faufen. ®enn su einer Seit, in ber bie Üunft bes ßefens hin=

reichenb weit Derbreifet ift, leiftet bie 9Dtonopolifierung ber Preffe aufeerorbentlich »iel.

5)ies beftätigt bie Erfahrung. ®ie Sppen bes (Elemenceau, (Srjberger unb Storthcliffe djarafterifieren bie ®emofratie freffenber als bie Sppen eines Söilfon ober Sölar oon Baben.

„®ie ®emofratie ift nicht bie grofee Arena, aus ber ber Süchtigfte als ©ieger heroorgeht. ©ie ift bie Starrenbühne, auf ber ber pfiffigfte ober beftbejahlte ©chwäfeer bem Dornehmen unb nur auf feine gute

©a<he bauenben (Sharafter ben Slang abläuft."

®er b e r u f e n e gührer ift fein anberer als ber jeweils befte unter ben SHenfchen einer ©eneration. 2Bir finb nicht auf 3bealmenfchen an- gewiefen, nicht auf Halbgötter .. . wenn nur bafür geforgt wirb, bafe ber jeweils Befte, ben wir überhaupt finben fönnen, 3ur gührung fommt. Sas 95tufter einer folgen (Einrichtung, bie automati{<$ ben Beften (im ©inne bes Sieles ber Organifation) jur gührung aufffeigen läfet, bietet uns bie fatholifche Äirche. Unb bie SERöglichfeit berartiger (Einrichtungen ift feineswegs an bas befonbere 3iel biefer Organifation gebunben, fonbern wir fönnen uns alles SBefentliche Don jenen (Ein=

richtungen, Don biefem 3iel losgelöft unb in ben Sienft eines anberen, ja gerabe entgegengefefcten Sieles geftellt benfen.

gür ben A n f a n g gibt es feine anbere 2Rögli<f)feit, als bafe ber 3ur gührung Berufene felbft feinen Beruf erfennt unb aus eigener Beru=

fung bie Parteibilbung unternimmt.

II

$)ie meiften Vertreter bes ©osialismus beftreiten, bafe es ein „ob = j e f t i D e s" (nicht blofe ausgebachtes) 3t e ch t gebe. ©er ©oaialismus gilt ihnen barum nicht als geforbert burch bas „Stecht", fonbern burch bas Ä l a f f e n i n t e r e f f - e , bas materielle Sntereffe bes Proletariats.

Aber befteht nicht „bas Proletariat" aus ben ei^elnen Arbeitern?

Sßelches materielle Sntereffe aber hat ber einzelne baran, Opfer für feine Älaffe 3U bringen? 3Benn es leere „Obeologie" ift, Don „Stecht" unb

„©ittlidjfeit" 3u reben, wenn materielle Sntereffen allein für bie Sften- fchen ©eltung haben: ift es bann nidjt für ben einseinen Arbeiter bas Süchtige, möglichft b ie a n b e r e n bie Kaftanien für bie Arbeiterflaffe aus bem geuer holen 3U laffen, fich felbft aber möglichft burch fluges ßaoieren einen ausfömmlichen Poften im ®ienft bes Kapitalismus 3U fiehern?

(12)

314 g u t Ä t i t i f b. S e m o f r a t i c u. b. S D t a r j i f t i [ d > e n S o j i a l i s m u s

Ser flaffenbewufete Arbeiter toirb freilich benfen: „Ein ßurnp, wer fo banbelt!" — Aber oerfällt er bamit niefrt felbft jener — „Obeologie"?

2egt er niefrt einen f i 111 i cfr e n SRafeftab an? Verbammt er niefrt moralifcfr ben, ber ben fittlicfren SBert ber ©olibarität unter Klaffen*

genoffen niefrt achtet? —

£Snbeffen, man beruft ficf) niefrt nur auf bas Klaffenintereffe, fonbern aucfr auf bie öfonomi fefre ober bi a l e f t i f c b e 9 l o t w e n b i g = f e i t bes ©ojialtsmus.

Aber fönnen öfonomifefre Verfrältniffe, fofern man barunter mit bem

„friftorifefren SRaterialismus" SJtaterielles oerftefrt, oon ficfr aus bie Er*

feftung bes fapitaliftifeben bureb bie fojialiftifcfre SBirtfcfraftsorbnung frerbeifüfrren? Können „materielle" Kräfte toie ettoa bie bes 9Baffers, bas eleftrifcbe 2Jiafcfrinen treibt, ober bes Süngerfraufens, burcfr beffen Einwirfung ber 33obenertrag fteigt, totrflicfr eine folcfre Anbetung be- bingen? Es liegt bocfr auf ber f)anb, bafe berartige materielle Kräfte für wirtfcfraftlicfre 3t»ecfe nur bann ettoas leiften, toenn fie burd) gei*

ftige Arbeit, ettoa bes 2Bafferbau=3ngenieurs ober bes Agrifultur=Efre*

mifers geleitet toerben! Sie toirtfcfraftlicfren Probuftiofräfte finb alfo, bei ßiefrte befeben, n i d> t materieller Art, fonbern rein g e i ft i g e Kräfte, bie jurüefgeben auf menfcfrlicfre Senf- unb SBillensfraft.

An biefe SBillensfraft unb bie fie leitenben Söertfdjäfcungen toenbet man fid) aucfr tatfäcfrlicb, toenn man 3. 23. bem Proletariat 3U be=

benfen gibt, bafe es ben ©03ialismus frerbeifüfrren muffe, to e n n es niefrt in ein cfrinefifcfres Kulitum oerfinfen wolle. Es wirb aber biefem

©cfridfal nur entgefren, wenn es basfelbe als 11 n r e cfr t empfinbet unb mit fittlicfrem 2öollen unb ©olibaritätsgefüfrl ftcb bagegen wefrrt. 3rgenb*

eine überperfönlicfre „öfonomifefre Rotwenbigfeit" wirb es baoor niefrt bewahren. —

3Ran bat freilich noch eine Ausflucht: man tröftet fich mit bem ©e*

banfen: auf bie Sauer werbe bod) bie . öfonomifche Rotwenbigfeit"

bie fo3ialiftifche 2öirtfcfraftsorbnung frerbeifübren.

Samit bewahrt man in ber STat bie fo3ialiftifd)e Sbeorie oor bem

®iberfprucb mit ben Satfadjen. greilicfr, man frütet ficfr baoor, ben Seitpunft ber wirtfcfraftlicfjen Reuorbnung beftimmt ansugeben. ©0 be=

feitigt man bie SRöglicfrfeit burcfr bie Satfacfren wiberlegt, freilich aud) bie, burcfr bie Satfachen beftätigt 3U werben. —

Önbeffen noch einen weiteren 9Beg bat man eingefcblagen, um 9tecfrt unb SÖloral als minbeftens überflüfftge fjppotfrefen beifeitesufdfrieben:

man beseidjnet ben Übergang 3um ©oaialismus als eine „b i a l e f = t i f ch e Rotwenbigfeit". Samit meint man (nach bem Vorgang f>egels) eine Enwidlung, bie fid) in ben brei ©tufen ooll3iefrt: Sfrefis — Anti=

(13)

g u t f t r i t i f b. B e m o f r o t i c u. b. 9 J t a r j i f t i f d > e n © o g ia lis m u s 315

thefis — Spnthefis (Safe, ©egenfafc, zufammenfaffenbe tfberwinbung ber ©egenfäfce).

Auf bte tDirtfcf)aftttcf)e (Entroidlung angewenbet, foll bas golgenbes be- fagen: „Währenb in ber mittelalterlichen Warenprobuftion biejenigen, bie bie ‘■probufte erzeugt hatten, biefe probufte aud) als if)r (Eigentum bedielten, ,bas (Eigentum am ^robuft' alfo in biefem Sinn ,auf eigener Arbeit beruhte' [SThefis], änbert fid) biefes Verhältnis mit bem Auf- fommen bes gabrifbetriebes unb ber burch ihn bedingten ,gefeit- fchaftlichen 'Probuftion'. fjier Derblieb bem 'Probuzenten bas 'Probuft feiner Arbeit n i <h t mehr als (Eigentum, fonbern es verfiel ber An­

eignung burch ben Kapitaliften; ,4)05 (Eigentum am 'Probuft beruhte* alfo in biefem Sinne n i d) t mehr ,auf eigener Arbeit’ [Antithefis], Saburd) ipar ber ,2Biberfpruch‘ entftanben, ber beftehen foll ,zwifd>en gefellfchaft- licher ^Probuftion unb fapitaliftifcher Aneignung'" [fo ( Engel s in „<Ent- midlung bes Sozialismus oon ber Utopie zur SBiffenfchaft", 6. Aufl., 6. 39J. Siefer bem mobernen Kapitalismus innetoohnenbe „Wiber- Jpruch" foll beffen „Umfd>lagen" in ben Sozialismus mit [bialeftifcher]

STCotwenbigfeit zur golge haben [Spnthefis],

Aber welcher Art foll benn ber SBiberfprud) zwifdjen gefellfd>aftlicher

‘’Probuftion einerfeits unb fapitaliftifcher Aneignung anbererfeits fein?

Ein logifdjer — zwifchen ben Gegriffen felbft beftehenber — Wiber- fpruch fann bas augenfd)einlich nicht fein; benn bie 53 e g r i f f e „'Pro- buftion" unb „Aneignung" finb ganz unabhängig »oneinanber; es ift barum »öllig unerfinblid), wiefo einer beftimmten 'Probuftionsweife eine beftimmte Aneignungstoeife Iogifd) entfprechen mufete unb umgefehrt.

(Einen Wiberfprud) jwifdjen gefell|chaftlid)er ^robuftion unb fapi­

taliftifcher Aneignung empfinben wir nur bann, wenn wir unfer f i 11- lich-red>tltd>es “Sewufetfein befragen. Sann nämlich empfinben wir arbeitslofes (Einfommen (b. h- „Ausbeutung") als Unwert, als nicht fein-follenb. Alfo „nur unter Vorausfefeung bes o b j e f t i o e n 31 e d) t s gewinnt bie marytftifche Kritif bes Kapitalismus fjanb unb gufe, fann aus ihr fo etwas wie wiffenfchaftlicher Sozialismus werben". —

Würbe übrigens burch eine „öfonomifche" ober „bialeftifdje" 9lot = w e n b i g f e i t bie fozialiftifdje 2Birtf<haft oon felbft herbeigeführt, fo wäre jeher „Klaffenfampf" für fie überflüffig. 3u „fämpfen" aber wirb man fich nur verpflichtet fühlen für etwas rechtlich unb fittlid) ©efor- bertes, bas aber nicht r»on felbft fommt.

[3 u f a ft bes H e r a u s g e b e r s : Sie bargelegten fritifchen ©e=

banfen 9lelfons oeranlaffen vielleicht manchen 2efer zu einer Antifritif ober zu einer Verteibigung bes bemofratifchen ©ebanfens unb ber her- fömmlichen fozialiftifd)en Theorie.]

(14)

316 t ä t i g e S ie b e

K ä f ig e S f e b ß 1)

S5on P a u l a S R e f f e r - P l a f e f

SBir »ermögen ©ott tm Erfennen ju ahnen, wenn uns bie grofeen ©efetjmäßig- feiten, bie großen Sufammenbänge bes SBeltalls aufgeben. S ie (rbrfurd^t »ot biefem Allsufammenbang empfinben toir als Ehrfurcht oor „©ott", ben gebeimnisooll gu- fammenbaltenben in alten Sufammenbangen.

Erfenntnis oon gufammenbängen ift aber aueb immer Erfenntnis oom Abbängig- fein. $ocb ein oerfeinerter etbiffer SBtlle swingt beute ben 9Renf<hen niebt mebr jur Anerfennung biefer Abbängigfeit, weil jenes geahnte, göttliche Etwas m ä cb t i g e r wäre als alle SRenfcben, fonbern weil es b e f f e r ; »ollfommener »orgeffellt wirb als alle SRenfcben. Stiebt mebr ß u rft unb SRacbt awmgt, fonbern freiwillige Abbängig- feiten oom ©uten, com fittlicb überlegenen.

Slber Weber Abbängigfett oom SSolifommenften noeb Ebtfurcbt baoor befriebigt beute bas religiöfe 33ebürfnts bes oertieften SSRenfcben n o f ganj. 3n ibm ift bas SSerpflicbtungsgefübl wieber im SBaffen, bas Sienft am ©öttlifen oor allem in ber SBerwirflijbung bureb bte S a t fiept. Sem heutigen SRenfcben feblt bäufig n ift bie Religiofität, wie fo oft behauptet wirb, aber in unterem Seitalter ber Afttoität, bes gupaefens unb bes llberfübrens in bie Praxis tauft au f religiöfe ©efinnung mehr tns Seben unter, als bafe fie fich an bas SJefcbaulicbe hielte. SBenigftens ent- fp rift bies mehr ihren Storftellungen oon wtrflicber Religiofität. S ie heutige reli­

giöfe ©efinnung hat wieber erfannt, bafe nur t ä t i g e Siebe auf bie Sauer trgenb etwas 3U »erbeffern oermag.

greiiieb, ber 9Renf<h ber ©egenwart empfinbet oielleicht biefe tätige Siebe nicht mehr als ausfcbliefelif religiös. Senn wtrb in ben meiften Religionen bie Siebe 3um SRächften nicht geforbert um ©ottes willen? Slber ber SRenfch ber 3efct3eit gelangt 3U Siebe unb S3rüberli<bfeit mit allem Sebenben bauptfächlich um ber inneren Seib- gemeinfebaft willen. S a s SRit-leiben, bas SRit-füblen »erbinbet a u f ba, wo noch nicht oon einem 2Rit-benfett, SRit-fämpfen, SRif-fucben unb SRit-überwinben bie Rebe fein fann, wo noch feine ©eiftesDerwanbtfcbaft 3ur Stebesgefinnung bin3ufommt.

Anbererfeits gelangt bet heutige SSRenfcb allmählich 3Ur Einftchf, bafe tätige Siebe ni<bt bloß in bet Hilfe für Arme beftebt. Unabhängig »on Armut unb Reichtum, »er- mag tätige Siebe ficb barin 3U äußern, bafe fie ©efinnungsgemeinfebaft pflegt, mit

©eiftesDerwanbtfcbaft in S3ejtebung tritt unb fo ba8U beiträgt, ein ©ebanfenreicb 3U erweitern unb 3U ftärfen, »on bem ßufammenbang, ©emetnffaft unb Siebe ausftrablt.

Ser Austaufcb »on Siebe, greunbffaft, Erhebung, greubigfeit unb 2Rut in ber SBelt wirb babutf »ermebtt, unb es ftnbet ficb weniger Seit unb ©eneigtfein 3um Haffen, Verachten, ©ewalttäfigfein, 3um Kränfen unb Entmutigen.

Solche tätige Siebe hat au<b erfannt, bafe es ein Stücf SOlenfcbcncrlöfung ift, bureb gelebtes 33eifptel 3U seigen, wie man Sag für Sag bas Alltägliche überwinbet, tn- bem man bas fchetnbar ©ewöbnliche ungewöhnlich gut tut. S a s gelingt bem 3Ren- fchen auf bie Sauet ja nur, wenn er auch feine Arbeit l i e b t , wenn er ihre SRot- wenbigfeit im grofeen Sebenssufamntenbang erfennt, wenn et fie barum mit Ehr­

furcht, mit SSorbebacbt, mit ganzer Hingabe tut.

3n biefer ©efinnung läßt f if obe unb gleichgültige Arbeit, wie fie unfere Si»iti- fation »iel unb unabänberlicb mit fich bringt, ertragen; nur fo läfet fie ficb fogat »om Unperfönlicben ins Perfönltf e unb greubige erhöben. Rur fo fann in jebe Arbeit bie tnbi»ibuelle Eigenart gelegt werben, nur fo fann jebe Arbeit geliebt werben unb 3um

©lücf unb Inhalt bes Sebens beitragen. Siebe allein macht aus bem 2Rit-Arbeifer einen 3Rit-Scböpfer. Schaffen bürfen tft ja an f if böcbffe Safeinserfüllung.

SBenn Schopenhauer biefen tiefften Stieb „SBille 3um Seben" nennt, fo meint er nichts Anberes, als ben Stieb im SRenffen, fich ausäuwitfen, tätig 3u fein, eben —

3U leben. Unb wenn Riefeff e ben Urtrieb „SBide 3ur SRacbt" nennt, fo meint auch er nichts Anberes als bies innere Stufe, benfenb unb banbelnb bte SBelt 3u er­

*) Aus bem foeben im S5erlag 3Refner etfebienenen S3ucbe „SJorgebutfliche Er- 3iebung".

(15)

S ä t i g e S ie b e 317

greifen, fie 311 geftalten n a t ben eigenen Vorftellungen. Vielleicht läßt fich aber am genaueren bas SBefentlite bes reinen, einfachen Sebens be3ei<hnen als: gähigfeit 3U funttionieren, beim 3Renften gefehen als „9Bi11e 3um S u n ". Sas ©efühl bes einfachen Sebens, ift es n itt ber Inbegriff bes reinen Suns, bes ungehemmten Vßt- fitgehens? (Entweoer wie es f it als pfianjenhaffes SBohlbeftnben im hnrmoniften gunftionieren 3eigt, ober roie es Kinbern im Spiel, Künftlern im Staffen, grauen im IiebeooUen Umforgen eigen ift. ßeber lebenbe SRenft hat biefen SBillen 3um Sun, biefen ©eftaltungs- unb Organifationstrieb in fit/ fonft lebte er n itt; nur wirft er in jebem n a t »erftiebener 2lrt, in oerftiebenem SRaße, heroorgerufen burt »er*

ftiebene Sntereffen, bu rt Berfttebene B e w e r t u n g .

®ie Vcrftiebcnheit barin ift es, unb n itt — wie gewöhnlich angenommen wirb — bie Verft'ebenheit bes © eftletts, woburt leßte SEßefensnähe unb lefjte SEBefens- ferne, leßte Slhnlitfett unb Unähnlitfeit unter ben SRenften heroorgerufen wirb, woburt fie in lefjte ©runbtppen f it fteiben. ®enn in beiben © eftlettern fann ftöpferifter ©eftaltungsbrang oorhanben fein ober n itt oorhanben fein; in beiben

© eftlettern 3eigt er f it in oerftiebenem 3Raß; bas eine SRat in unbeabfittigtem Sätigfein, bas mit bem einfaten (Eriftieren 3ufammenfällt unb bas urfprünglitfte VitaTgefühf barftetft. Sin anberes 3RaI in ber beweglichen, tätigfeitsfrohen Natur, bie im SSBirfen bas freie Suftgefühf bes bloßen ©afeins fpürt. Unb wieber ein anberes SRal 3eigt f it bas Berfttebene SRaß bes SBtilens jur Sat in ber ©eftal- tungsbefeffenheit bes ©enialen, ber Bielleitt nur burt ein (Eines unb (Einziges 5um Staffen ent3ünbet wirb, bem in ben SBehen bes 2Iusbrücfens, bes ©ebärens unb IjerBßrbringens bie Seit sur ausbehnungslofen ©egenwart oerfinft. S o lt ßerftiebene 21rt bes Sebenbigfeins !ann f it bei b e i b e n © eftlettern 3eigen, in b e i b e n ©e- ftlettern lann ber SBille 3ur Sat in fo lt oerftiebenem SERafe unb in fß lt mannig­

faltiger Ausprägung in (Erfteinung treten.

Obwohl man auf ben tiefften geiftigen Unterftieb 3wiften ben SRenften erft ftößt, wenn man ihr Betriebenes bewerten erfennt, fo unterfteiben f it bie SRen­

ften bßt ft»n baburt, weites SRaß Bon SIftioität ihnen 3ur Verfügung fteht, um n a t bem bewerteten 3U ftreben. SdpTiefetit 3eigt f it ihre innere Verfc^iebenheit a u t n ß t in ber 2lrt, wie fie bas Bewertete in Vefifj 3U nehmen futen, wie fie bas ergreifen wollen, bu rt was f it th* Staffenstrieb äußern mötte. 3mmer hanbelt cs f it ja babei um eine gweiheit, um einen (Ergrcifenben unb um ein (Ergriffenes, um ein 3 t unb um einen ©egenftanb, fei biefer bas win3igfte ®ing, ßber fei es ein SSRitmenft, ßber fei es bte ganje SBelt. 3n w eit innerer ©efinnung ber ftöpferift getriebene 3Renft biefen ©egenftanb in fein Staffen einbe3iehf, ob er ihn nt feinem Selbftwert attet unb IiebeBotl umfängt, ßber ßb er ihn nur als SRaferial, als Db- jeft an f it reißt, bas ßhne (Eigengefcßlitfeit ift, bas „n itts 3u fagen" hat, bas nur SRitte! feiner SBittfür ift, biefe innere (Einteilung fteibet bie SRenften in 3Wci fun»

bamental Berftiebenc Sppen, ßbwohl Bielleitt betbe mit gleiter Kraft ben brängen- ben ©eftaltungswillen in f it empfinben.

Steinbar am ftnellften unb fiterften wirb ber © e w a l t t ä t i g e 3um Siele gelangen. 2lber fein (Erfolg ift wertlos, weil er ohne ®auer ift. ®er ©ewalttätige hat not n itt ertannt, baß nur Siebe su ftaffen oermag; aber ©ewalt unb Stebe fmb unBereinbare ©egenfäije. 3n naturhafter §emmungslofigfcit überfieht er, baß bas Slnbere, bas ergriffene grembe f it nur formen läßt als ein Verftanbenes. Verftehen aber lernt man nie burt fttanienlofe 3tbetßnung, fßnbcrn burt Singabe unb (Ehr- fu rtt Bßr bem SBeJen bes Slnbersartigen; burt bas, was bet Plato ber (Eros ift,

„er, ber uns SRenfcpen bie grembheit nimmt". Verfteht er unter „(Erßs" ja b ß t ein fo tiefes Singehen in bie (Eigenart bes 3lnberen, baß feine 3weihett mehr Borhanbcn ift, b aß bamtt (Erfenntnis — bie b ß t eigentlich nur Selbfterfenntnis 3U fein Bermag

— gewonnen werben fann. Ob ber Künftler burt garben ßber Stein, ßb er burt bas SBort fein Sicfftes ausbrüefen w ill; ßb ber SRenft 3eugenb in einem Statf»nt=

men ßber in einem S tü le r fein SBerf ftaffen mötte: immer wirb fein Sun ßhne Vollenbung bleiben, wenn er bie Vefonberheit bes ergriffenen 3lnberen Bernittet, ftatt fie miteinsubestchen. 3mmer wirb falte gewalttätige Stöpferfraft 3ur bämß- nijten, bie gerftört, ftatt aufbaut.

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318 Sefefrüchte

Slnbers bei S t e b e n b e, ber »on (einem ©djaffensbrang nicht befeffen ift, fon­

bern begnabet. ®em ju feinem ©chaffensmufe bas geniale SBtffen bajugegeben ift: bafe nur ber ©roßes fefjafft, ber burch (Entfagung unb burd) Eingabe hinburchgegangen ift, ber fein 3d) an ben ©egenftanb oerlieren fonnte, um beibe ju gewinnen.

gu welchem Sätigteitsgebiet bas ©eftaltungsoerlangen ficf) binwenbet, aud) bas unterjifceibet bie 3Kenfcf)en aufs tieffte. Ob ber ©dhaffenswille fid) butdjfefjf als f ü n f t l e r i f c h e 93egabung, bie aus 3bee unb 6toff bas Kunffwerf gebiert; ob er ficb burchfefet als Berufung, bie SBelt b e n f e t i f d) ju orbnen unb au bewältigen;

ob er ficb burdjfefet als pä b ag o g i f d >er Srang, ber nicht anbers fann, als im 2Ren[d)en ben Sernenben au fudjen unb au lieben, unb in genialem 3nftinft ihn au entfalten unb au oerebeln; ob enblicb ber SBefenstern bes SDtenfcben, fein Schaffens- trieb ficb burchfefet im ©e f d) l e c bt l i d ) e n . 3a, bas greift in bie tieffte SBefensart bes SRenfchen, ob feine geugungstraft mebr als auf anbeten ©ebieten im ©efcbledjt- licben ficb fammelt, ob fie nacb leiblicher Vater- unb 3Rutterfd)aff ficb febnt, ob fie in ber <£rjcbaffung eines neuen SRenfdjen inftinltio ober bewufet böcbftes ©ebaffens- aiel fiebt.

£e|efrucf)fß

I. jperrenfum unb Rührung

3m mobernen ®enfen geftalteten fid) überall bie (Entwidlungen unb SJeftrebungen in ber Stiftung auf 2Ra$tentfaltung ober auf Kapitalismus unb 3mperialismus.

2lu<b ber Kapitalift will als Unternehmer 5Eflad)t, nicht ©elb als foldtes. ®er Impe­

rialismus ift bie golge bes allgemeinen ©trebens nad) folget 3Rad>t. ®arum gehören Kapitalismus, 3mperialismus unb ^hilofopbte ber SDtacht innerlich organifch au- fammen. Ob SRiefofcbe ben flbermenfeben, 3bfen ben 33aumeifter ©olnefe, ob Sifeling bie SBidingernatur bes Snglänbers preift, ober ob ®offojewffi 5tufelanb aum fatralen Srlöfungslanb ertlärt, ift trofe ber oerfdpiebenartigen Stimmung unb 3Rotioation boch lefctbin in gleicher Slrt fpmptomatifch für bas Obwalten ber 2Rad)t[cbäf)ung im ge­

tarnten mobernen SSewufetfem.

gur Seit ber ©pätantife erlebten bie ®enfenben etwas ähnliches. ®amals leiteten bie ©noftifer oon Eujifer biefe SBelt bet ©ewalt unb bes SOtorbes her, bie wir ja auch als SBelttrieg unb SBeltreoolution auf unfere Slrt erleben mufeten.

®iefe ganae ©ewaltfcbäfeung ift noch nicht eigentlich 3unt 3beebewufetfein bes Sebens unb bes gührens gelangt. ®as Seben ift gührung, baher ©ebanfe „an fich", wenn auch auf ben unteren ©tufen noch niept „für ficb" • • • SB eil ibeefunbierte gührung erft wahre unb eigentliche gührung ift, fo fann auch ber SBiHe aur 9Racbt nur als SBille aum Sbeenleben fich befriebigen. Slbfolut burcbgefetjfes © e w a l t - h e r r e n t u m erntet abfoluten Job am (Enbe feines hartfalten SBeges. (Es mufe innerlich an fich felbft oollftrecfen, was es nach aufeen tut. ®as ift ber gwang feiner

©ebunbenheit an bas ©eiftesgefefe, bas feiner nicht fpotten läfet. Slud) ®ante läfet folgerichtig Suaifer auf bem <£ife thronen. (Slus SBillp ©chlüter, gührung. Seipaig, SReiner.)

ü. 3m SBelffriebensbunb ber SRüttcr unb @rjtef)«rinnen

ift jetit eine beutfdje ©eftion gegrünbet worben. §>ierju heifet es in einem Slufruf: 3n grantreich würbe oon franaöfifchen grauen im 3ahre 1929 eine 3nternationale Siga ber SRütter unb (Eraieberinnen für ben grieben gegrünbet, unter bem 3Rotto: „gum grieben burch Siebe". ®iefer Siga gehören bis jetjt 29 000 franaöfifcbe_ grauen an. Sin bie beutfdjen grauen ergeht heute ihr 9tuf: „®eutf*e SÖlütterl §ört uns, fchliefet euch uns an, auf bafe wir gemeinfam eine gront bilben — eine SRa ch t gegen ben K r i e g , einen Schüfe für unfere Kinber, bie wir bewahren müffen oor bem fommenben Krieg. Keine barf fehlen! ®er SJunb ftebt außerhalb jeber Partei unb unter ftrenger SBahrung jebes religiöfen SSefenntntffes."

®er Slufruf wirb u. a. unterftüfet oon: Slnita Slugspurg, Dr. ©ertrub Säumer, Vicfi S3aum, §elene SSöhlau, Slnna oon ©ierfe, ©ertrub fianna, Katharina oon

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