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Philosophie und Leben. Jg. 7, H. 12 (1931)

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(1)

^f>l)tlofopl)te m b Heben

7. JA H R G A N G + 12. H E F T + DEZEMBER 1931

„ J m i D i e n f t e b e r © o l k f f e i n ^ e t t e r f t r e b t u n f e r e J e i t f ^ r i f t e i n e f a $ <

ii ä ) t 2 t u e f p r a $ e b e r ö e r f d j t e b e n e n t o e l t a n f $ a u l t $ e n f t f t ^ o n ß t n . “ Das H eft ist Problem en der E rkenntnislehre gewidmet.

% w z X a g e M c fy ß r n Von (Ernft5Rarcu§t

I

®as Problem

Anfafe. (Eine unbeantwortete grage, fofern fie her 3öiffenfd)aft an=

flehört, unb beantwortet werben foll, fjeifet „Aufgabe" ober „Problem".

Sas widjtigftc (Erforbernis einer objeftioen Söfung ift bas logifdje Verfahren ber Formulierung bes Problems.

(Ein Problem ift bisjunltio ju formulieren. Gs Ijat mehrere ©lieber, baoon eins ju bejahen ift, woburcf) bie anberen wegfallen.

Beifpiel:

Beifpiel 1. Problem: Oft bas Kaufalgefeft a p rio ri?

gormel:

Sas Saufalgefe^ ift e n t w e b e r a p rio ri ober empirifcf).

f)ier l>abe id) awei 2Jtöglid)feiten. Bejahe id) bie

1. eine, fo mufe id) beweifen. ginbe id) ben Beweis, fo ift bie Aufgabe gelöft, unb bie entgegengefefete 9Jtöglid)feit ift »erneint.

2. ginbe id) ben Beweis nicf)t, fo mufe id) ben Beweis für bie ent=

gegengefeftte SRöglid)feit fud)en. Solange aber fein Beweis gefunben ift, ift bas Problem ungelöft.

3. Sine b r i t t e B e w e i s m ö g l i d j f e i t wäre l)ier nur nod) ber B e w e i s , bafe ber Beweis fowoljl für bas eine, wie für bas anbre

©lieb u n m ö g l i cf) ift, b. bafe bas Problem unlösbar ift.

Ser grobe geiler ber 9taturforfcf>er befteht barin, bafe fie bas jweite

©lieb unfrer Sebuftion ol>ne Beweis (alfo bogmatifd)) bejahen, folglid) bas aweite ©lieb überhaupt bejüglid) feiner Beweisbarfeit gar nid)t nnterfucfren.

Beifpiel eines gelöften Problems:

Beifpiel 2. Sie alte Aftronomie ging »on ber SSorausfefeung aus, bafe bas girmament fid) um bie (Erbe bref)e unb fud)te auf biefer ©runblage bie ©efefce ber Bewegungen ber ©eftirne au ergrünben.

'^ilofo p ^ ic unb ßeben. V I L 23

(2)

334 A u s bi n t e rI a | [ e n c n ^ Ta g e b ü c h e r n

$as toar eine Verirrung, bte niefrt eingetreten wäre, wenn man bas Problem bisjunfti» formuliert frätte, tote es Kopernifus tat.

®ie ®isjunftion lautet:

(Entweber bas girmament bewegt fi<^> um bie Erbe, ober bie Erbe bewegt fid) um ficfr felbft.

5)ie alten Aftronomen fratten alfo nur bas erfte ©lieb biefer ®isjunf=

tion im Auge unb bejafrten es, ofrne es juoor ju beweifen. Kopernifus unterfuefrte bas zweite ©lieb unb grünbete auf feine Vejafrung bie neue Aftronomie unb ben Veweis biefer Vejafrung.

23eifpiel:

Veifpiel 3. (Eine ber berüfrmteften § r a g e n ift bie bes Verfrältniffes ber fog. geiftigen Pfränomene jur SERaterie bes Körpers. ®ie freutige Raturwiffenfcfraft behauptet ofrne gu b e w e i f e n — alfo aud) frier bogmatifefr.

2 fr e f e : 2)ie geiftigen Pfränomene finb bie Söirfungen ber Sföaterie.

SBir fefren fofort, bafe aucfr frier ber „gorfefrer" bie pr o b l e n t a = ti fdj e ® i s j u n ! t i o n nid>t formuliert frat.

$>ie ® i s j u n ! t i o n lautet:

1. (Entweber ber ©eift ift bie SB i r ! u n g ber 9Raterie (Relatio causalis).

2. Ober ber ©eift ift bie A f 3 i b e n 3 ber SERaterie (Relatio substan- tialis).

3. Ober ber ©eift ift ein K o o r b i n a t u m ber Sftaterie (Relatio disjunctiva).

Alle biefe SJtöglicfrfeiten, bas „Propter" — bas „Poffefforium" — bas „6imul" frätte ber Raturforfcfrer unparteiltcfr unterjuefren müffen, ftatt bas „propter" ofrne weiteres 3U bejafren.

U n t e r p r o b l e m : Run fcfreint aber allerbingsbasikritte ©lieb ber Relation »on Dornfrerein 3u »erjagen unb unwS2Se$ati) 3U fein;

benn fo wirb ber Raturforfcfrer bebusieren: SBenn ©eift unb Körper foorbinierte Realitäten wären, fo wäre ber gefefcmäfeige 3ufammenfrang 3Wtfcfren beiben niemals 3U erflären, ofrne eine u n b e f a n n t e Urfad)e an3unefrmen, bie biefen Parallelismus swifefren swei 6 u b f t a n3en

»erurfaefrt. ®as aber ift w if f enf cfr a f 11i cfr unsuläffig. (Eine un = e r l e n n b a r e Urfacfre barf bie SBiffenfcfraft niefrt 3ula(fen, fonbern mufe alles auf natürlicfre SBeife erflären; falls aber folcfre (Erflärung niefrt auf3ufinben, mufe fie bas Problem als ungelöftes ftefren laffen.

(®iefe ®ebuftion ift riefrtig; aber man burfte bocfr angefiefrts ber SRög-

*) [S et 35etf. roollfe toof)I [cf)teiben: „unbeweisbar". 21. 2R.]

(3)

S t u s b i n t e r l o f f e n e n S a g e b ü i f c er n 335

Itchfeit eines fünftigen Veweifes ber Koorbination, nicht bie erfte, bie faufale Sftöglichfeit bejahen.)

Dun finbet fich aber, &afe hei unferm britten ©lieb wieber ein n e u e s Problem fid) eingefchlichen hat.

Ser Daturforfcher hat nämlich beim britten ©lieb ber Sebuftion, bas bie 2Röglid)feit ber Koorbination non Körper unb ©eift feftte, wieber»

um etwas oorausgefefct, bas problematifd) ift, er Ejat ohne 33eweis an=

genommen bie S^efe: 211 1e f o o r b i n i e r t e n R e a l i t ä t e n fi nb

©ubf t anaen.

3n Wahrheit ift aber biefe 2t>efe p r o b l e m a t i f d ) , benn es gibt aufeer ber 6ubftanj in ber SBelt nod) etwas, bas ber ©ubftana foorbi»

niert fein fönnte, nämlid): bie gorm, unb alfo lautet bas Unterproblem in bisjunftioer gorm:

Alles Deale ift entweber SRaterie ober gorm.

Alle Verhältniffe finb baher

1. entweber bie SRaterie aur SRaterie ober aum 3Rateriellen, 2. ober bie ber SUtaterie aur gorm.

Sas erfte Verhältnis liefe ber Daturforfcher wieberum allein als bas einaige auläffige au, ohne au beweifen. Sas aweite b e f e i t i g t e er burd) bie beweislofe Annahme, bie gorm fei gleichfalls nichts als ein Afaibena ober eine Wirfung ber SDtaterie, fei alfo in gleicher Weife felbft materiell wie etwa bie Wärme unb Kälte ober wie Konfiftena ber SRaterie. (Er würbigte alfo gar nicht bie SRöglichfeit, bafe bie gorm a- 53.

in foorbiniertem ober fogar fuborbiniertem (faufalanalogem) Verhältnis aur SSRatcrie ftehen fönne.

©efce id) nun bie neue Sisju»fttt>n:

(Entweber finb bie geiftigen Phänomene m a t e r i e l l ober fie finb g o r m e n , fo geigt fid) wieber, bafe ber Daturforfcher bas aweite ©lieb biefer Stsjunftion nicht unterfucht hat. Würben wir feine Wahrheit fingieren, fo ergäbe fich bie <’)3robfem=SRöglid)feit:

K o m b i n i e r t e s P r o b l e m . Wenn bie geiftigen Phänomene gormen ber SKaterie finb, fo ift es möglich, bafe beibe foorbinierte Dealitäten finb. Senn in biefem galle ift ber gefeftmäfeige 3ufammen>

hang awifchen beiben (welcher fehlt, wenn wir bie geiftigen Phänomene als materielle auffaffen) auf n a t ü r l i d) e m Wege erflärt, weil gorm unb Onhalt in notwenbigem gefefemäfeigem 3ufammenhang ftehen. golg»

lieh ift aud) bi ef e 3Köglid)feit au unterfudjen. Kant unterfud)te fie.

Kants |>ppothefe.

Kant fingierte bie lefcte problematifche SDtöglichfeit vorläufig als richtig unb oerfuchte aus ihr eine (Erflärung bes Kosmos. (Es ergab fid) bie reff-

23*

(4)

336 A u s f) t n t c 11 a f f c n e n S a g e b ü c ^ c r n

lofe libereinftimmung aller geiftigen unb materiellen 'Phänomene, »äb=

renb bei 3u9runbelegung jeber anbern SCRöglirfjfeit ftd) 9Biberfprüd>e ober unerflärbare Stejualerfcbeinungen — ,3ufammenbangspbänomene

— ergaben.

1. (Er löfte ben ©eift ober bie ©eele in einen metapbpfifcben Organis=

mus auf, ber burd) unb bureb in formen beftebt, ober ber gormen beroorbringt.

2. Alfo ift ber ©eift formgebenb für bie SRaterie.

3. S a er aber aud) n u r formgebenb ift, fo mufe bie SRaterie ibm toorbiniert fein, ©runb: bie gorm fann fotoenig bie SERaterie beroor=

bringen, toie biefe bie gorm.

4. Anberfeits beftebt aber ein gefeftmäfeiger 'Parallelismus g»ifd)en gorm unb Sftaterie.

S i s j u n f t i o e s ' P r o b l e m : alfo pafet fid) g. 33. enttoeber bie Staumform bem Körper ober biefer ber Staumform an.

5. S a nun bie Slaumform jum reinen ©eifte gehört, au feinem Orga­

nismus, fo mufe bod) »tber bie Annahme 3U 3 ber Körper ber gorm fuborbiniert fein unb niebt gang unb gar foorbiniert.

6. Alfo mufe bas foorbinierte Verhältnis partiell aufgehoben »erben.

7. Sies gefebiebt burd) bie fj-ppotfeefe: Sie SRaterie ift eine in bie Staumform eintretenbe 6tnneserfd)einung, bie burd) £in»irfung einer unerfennbaren Realität auf ben reinen ©eift betoorgebradjt »irb.

8. 3ft biefes richtig, fo mufe bie fo betoorgebrad)te (Erfcbeinung fid) ben Organen bes reinen ©elftes, alfo aud) ber Slaumform, anpaffen — bann erfennen »ir fie als Körper (ober biefe gorm gerftören — bann erfennen » ir fie fo »enig, »ie ihre Urfacbe, bas Sing an fid)).

SKan fieht alfo, bafe Kant bte Koorbination oon SRaterie unb ©eift in ber Sat aufbebt, fie aber nicht gang unb gar befeitigt, fonbern fie burch f>PPoftafierung einer felbftänbigen Urfacbe, ber SRaterie (bes Singes an fich) quoad Existentia unb Provenientia [»as Safein unb f>erfunft angebt, A. 3R.] aufred)terbält.

Sie Koorbination »irb babureb be»irft, bafe bie SERaterie eine SBtr=

fung einer geiftesunabbängigen Urfacbe ift.

Sie ©uborbination baburd), bafe fie ihre Qualität burd) Koeffigieng [b. i. 3Rit»irfung. A. SK.] ber Stegeptioität bes geiftigen Organismus erhält, fid) baber ibm anpaffen mufe.

Sas Sing an fid) ift ber ©runb ber (Ejifteng bet (Erfcbeinung. Sie Koeffigieng oon ©eift unb Sing an ficb ift ber ©runb ber Qualität ber (Erfcbeinung.

(5)

8u m P o f i t i o i s m u s 337

3um ^Pofifiüismus

i

3ch felber befenne mid) ebenfotoenig 3Utn ^Pofitioismus toie 30. 9tau=

fdjenberger1). Mich h'nbern baran getoiffe 33ebenfen, bie id) hier nicht erfenntnismäfeig herausarbeiten will. ®od) habe ich »olles SSerftänbnis für bie ernften 33ebenfen ber ^ßofitioiften, irgenb etwas unb fei es auch nur bas ®afein über bie AufeentoeIt ausjufagen. 2Ber einmal fich über=

3eugt hat, bafe unfere Anfchauungsformen nicht aus ber Erfahrung fein fönnen, fonbern a priori finb, ber ift oon felbft oorfichtig mit Ausfagen über bas, to a s angefchaut »irb. Unb oon biefer 33orfid)t bis jur 2eug=

nung jeber Realität, bie in ©eftalt bes Aufeentoeltlichen unb mit bem Anfprud) bes Aufeerunsfeienben auftritt, ift fein unlogifcher Sprung, fonbern führt allein bie Slonfequenj ernften ®enfens, toie fehr fich biefes bamit auch in ©egenfafc ju unferm Erleben ftellen mag.

Unb ebenfo fritifch toie man bei Ausfagen über ben 3nf>att unferer Anfchauungsformen oorgehen f a n n , fann man es auch hei ben Aus=

fagen über bie ^fpche aufeer mir. 9tie habe ich unmittelbare Kenntnis oon biefer ^fpche aufeer mir. 9tie ftehen fich — erfenntnismäfeig — meine ^Pfpche unb bie bes Anbern oon Angeficht 3U Angeficht gegen- über. Vielmehr fchaue id) oon ber ^Pfpche bes Anbern immer nur bie aufeentoeltlichen gormen. ® a ich meine ^Pfpche in ähnlichen gormen fchaue, fchliefee id) auf bas ©afein ber ^Pfpdje bes Anberen. 3®ingenb ift biefer Scfjlufe jebod) nicht. 3u ber Annahme, bafe ich es in meiner AufeentoeIt mit befeelten Menfchen unb nicht mit leeren ßaroen 3U tun habe, atoingen toeniger logifche ©rünbe, als anbere, erfenntnismäfeig nicht fo leicht fafebare Momente.

3B. 5t. nimmt eine Vielheit ber Subjefte an (S . 64), bie fid) auch untereinanber oerftänbigen. 3n biefer Sßerftänbigung erblicft er einen mistigen 33etoeis für bas ^Borhanbenfetn einer transfubjeftioen 3öelt (S. 68), inbem er fd)liefet, bafe eine 33erftänbigung ber Subjefte unter- einanber nur möglich fei unter 53orausfe^ung einer unabhängigen SBelt als STräger ber realen 33e3iehung. Es barf wohl heroorgetjoben toerben, bafe bie 55erftänbigung felbft als STatfache aud) fritifcher betrachtet toer=

ben fann, als es hier gefdjieht. 3ft boch biefe 53erftänbigung fein u n - m i t t e l b a r e r Austaufch 3toifd>en ben Subjeften, fonbern auf ben Anfchauungsformen bafiert, fo bafe bie Eoibena nun einmal fehlt. Man fann bie 33erftänbigung leugnen genau toie bie Realität, ohne unlogifch 3U fein.

3ßenn 3B. 91. aber fagt, bafe aus ben inhaltlich gleichen Empfinbungen

*) SSfll. 3Kärjf)eft 1931.

(6)

338 gum P o f i t i e i s m u s

5er oerfchiebenen ©ubjefte bas Safein einer unabhängigen SBelt folgt (6. 67), fo mufe bemerft »erben, bafe hierbei bie V e r f t ä n b i g u n g ber ©ubjefte als 3Tatfad>e oorausgefefet toirb. Senn oon ben inhaltlich gleichen Empfinbungen ber anberen ©ubjefte fann id) eben nur burch Verftänbigung mit ihnen („burch Rapport jtoifchen ben Vorftellungs- toelten") toiffen. SBenn aber aus ber Satfadje ber Verftänbigung fd)on bas Safein einer transfubjeftioen SBelt folgt, fo bebeutet es prinzipiell feine Erweiterung meiner Erfenntnis mehr, toenn id) aus ben Säten biefer Verftänbigung noch einmal auf eine transfubjeftioe Vielt fd)liefee.

Söenn man bei ber Verftänbigung ben Stadjbrud auf ben © e g e n - ftanb b e r V e r f t ä n b i g u n g legt, fo erfennt man jubem, bafe eine Verftänbigung über ettoas gleid)bebeutenb ift mit gleichen Empfinbungen oon ettoas, bafe bie Verftänbigung eben nur möglich ift bei inhaltlich gleichen Empfinbungen. 3ener Vetoeis oon ber Verftänbigung her unb jener Vetoeis oon ben inhaltlich gleichen Empfinbungen her finb tatfäd>=

lid) alfo nur e i n Vetoeis. Unb bie ©ultigfeit biefes Veweifes hängt allein ab oon bet Verechtigung, mit ber ich eine Vielheit oon ©ubjeften unb einen Rapport awifdjen ihnen annehme. Ser 5lad)toeis biefer Ve­

rechtigung toürbe m. E. benn auch bie einzig toirffame SBiberlegung bes relatioiftifchen ‘Witioismus fein. - £ ans * i a 11 e n h o f f.

I I

Ser Sluffafc Slaufdjenbergers ift meines Erachtens beshalb inter- effant, toeil hier ber Verfucf), eine transfubjeftioe 3öirflid)feit ju be=

grünben, unternommen toirb. Siefer Verfug ift aber trofc allen ©d>arf=

finnes, ben ber Verfaffer auftoenbet, meiner SJleinung nad) gefdjeitert, unb fonnte aud) nicht anbers als fcheitern, toeil ber ©fanbal, oon bem Kant fpricht, noch immer befteht, bafe bas Safein ber Slufeentoelt nicht beweisbar ift.

3u3ugeben ift junächft, bafe man aus praftifd»en ©rünben eine 2lufeenwelt annehmen mufe. Siefe praftifdje Slottoenbigfeit inooloiert aber feinestoegs bie theoretifche. Seshaib ift ber junächft gegebene

©tanbpunft ber ©olipfismus, unb toenn baju gefagt toirb: „Siefer

©tanbpunft aber toiberfpricht fich felbft fchon baburd), bafe er fid) an anbere toenbet, ja fchon baburd), bafe er oon „feinem" Vewufetfein fpricht, (womit bas anbere oorausgefefct ift)" pag. 64, fo ift es, ftreng ge­

nommen, natürlich richtig, bafe ber ©olipfift fich nid)t an anbere toenben barf. Snbeffen liegt, too es gefd>iel>t, boch nur ein kpsus linguae oor, ber feinestoegs ettoas gegen biefen erfenntnistheoretifchen ©tanbpunft befagt. Unb ferner glaube id) nicht bafe man bas „feinem" in bem

„feinem Vetoufetfein" bes ©olipfiften fo betonen barf, bafe es als in

©egenfaft gegen ein anberes Vetoufetfein ftehenb erfcheint. ©egebenen*

(7)

gum P o f i t i ß i s m u s 339

falls würbe hier aber aucf) höchftens ein ungenauer Ausbrud Dorliegen, aus bem meines (Erachtens eine fact)licf)e SBiberlegung nicht hergeleitet

»erben fann. j

(Ernfter ift fdjon ber (Einwanb, ber fid) auf bie inhaltliche Überein- ftimmung ber Dielen Vorftellungswelten ftütjt.

©er Sterfaffer betont hier oor allem in ber (Empfinbung bie Ab­

hängigfeit oom fremben ©egenftanb; 3. 33. fühlen wtr an einem Körper,

„ob er rauh, fllatt, warm, falt, weid) ober hart ift". pag. 66. Unb bar- aus wirb gefolgert, bafe eine Don „ben Subjeften unabhängige Realität alle biefe (Empfinbungen heroorruft". pag. 67. Desgleichen wirb gejagt:

„ “Stenn Diele ©ubjefte bes (Erfennens, bie in ihrer (Ejiftens Doneinanber unabhängig finb ... alle inhaltlich bie gleichen (Empfinbungen hoben, fo gibt es bafür nur eine (Erflärung, nämlich bie, bafe biefe flbereinftim- mung burd) einen Don allen ©ubjeften unabhängigen ©egenftanb Der- urfacht ift." ibidem. Sem mufe meines (Erachtens wiberfprochen werben.

(Es ift bas eine (Erflärung, bie, wie augegeben werben mag, nicht un=

wahrfchetnlid) ift, aber es ift feineswegs bie einige (Erflärung. Senn es ift benfbar, bafe burch eine uns unbefannte Kraft in uns bie entfpred>en=

ben (Empfinbungen erregt unb aud) bie inhaltliche Übereinftimmung her­

beigeführt wirb. Ser Sterfaffer fprid)t bemgegenüber Don einer „un­

geheuren gopperei". Sod) h^nbelt es ftd) hierbei boch wohl gar nicht barum, fonbern lebiglid) um bie grage, ob bie Satfadje bes fubjeftioen Sßeltbilbes unb bie Abhängigfeit einseiner ©efchehniffe in biefem SBelt- bilb allein burd) bie Annahme einer faufalen Aufeenwelt erflärlid) ift.

Sas ift aber feineswegs ber gall, wie ja auch Kant biefem Argument gegenüber fchon bas 9Kifelid)e eines ©djluffes Don ber SBirfung auf bie Urfache betonte. Sabei fd>eibet auch her ©efid)tspunft ber größeren ober geringeren SBahrfd>einlid>feit aus, weil man Don einer folchen über­

haupt erft fprechen fann, wenn man fid) für ben einen ober anberen

©tanbpunft erflärt hat- Sesgleidjen laffe id) es bahingeftellt, ob eine fubjeftioe f>alluaination ober eine wirflich Dorhanbene SBelt bas gröfeere SBunber ift.

Allerbings werben aber nun noch einige anbere ©rünbe gegen ben

©olipfismus angeführt, bie aber meines (Erachtens gleichfalls nicht burd)fd)lagen. 60 wirb nämlich ausgeführt, bafe ein Anrennen bes Kopfes gegen bie Söanb ein Sterfchwinben ber 23orftellungsweIt 3ur golge habe. „Sie geringfte Verlegung unferes ©ehirns hebt unfere gan3e (Empfinbungs- unb Vorftellungswelt auf. Sies wäre unmöglich, • ■ wenn unfer ©et>irn lebiglid) (Empfinbungen unb Vorftellungen wären.

Senn wie follte eine (Empfinbung, eine Vorftellung b3W. eine fleine Ster- änberung an ihnen, bie ganae (Empfinbungs- unb Storftellungswelt auf- heben? (Empfinbungen unb SSorftellungen fönnen immer nur S5orftel=

(8)

340 gum ‘^ o f U i D t s m u s

lungen beroorrufen, niemals aber bie gange Borftellungsreihe abreißen."

pag. 68. f)ier mufe man inbeffen fragen, auf welche $atfad)e ber Ber=

faffer feine Behauptung ftütjt, unb bie Antwort ift offenbar, auf bie STatfadje bes Borhanbenfeins einer materiellen Aufeenwelt. SBenn man biefe Behauptung aber fallen läfet, ba fie ja nur f>ppothefe ift, erfcheint bas Behauptete feinesfalls unmöglich. Sas Argument entpuppt fiel) mit=

hin als petitio principii. Bon bemfelben ©efiifrtspunft her ift aber bes- gleichen bie Behauptung ju beurteilen, bafe bie Bieltjeit ber ©ubjefte unb ihre Berftänbigung untereinanber eine transfubjeftioe SBelt ooraus=

fefct. ibidem. Senn toenn man eben annimmt, toie es ber ©olipfismus tut, bafe biefe Bielheit unb ihre Berftänbigung untereinanber ein Pro=

buit bes eigenen 3cf) ift, braucht man feine Außenwelt mehr, wobei bezüglich ber “ffiahrfcheinlichfeit bas oorher ©efagte gilt.

3m ©inne einer Polemif gegen ben Pofitioismus wirb übrigens bie grage aufgeworfen, ob bas nicht Söahrgenommene, nur in feiner 2Bir=

fung (Erfchloffene auch eine £mpftnbung ift, unb weiche Art oon Sjiftenj bas nicht SBahrgenommene hat, bis es wahrgenommen wirb. 3n biefem Sufammenhang wirb auch gefagt, bafe bas mögliche Objeft „feine 6ji=

ftenj befifet. Gs gibt nur wirtliches, fein mögliches ©ein", pag. 69. Senn in biefer Behauptung foll offenbar bem Pofttioismus bie Antwort auf obige gragen, nämlich als mögliche (fmpfinbung, als mögliches Objeft abgefchnitten werben. 3nbeffen gibt ber Pofitiotsmus gar nicht biefe Antwort, weil er bie grage gar nicht aufwirft unb gar nicht aufwerfen fann, weil bas Gjiftieren im ©inne biefer Theorie fubjeftio unb relati», b. h- abhängig oom 3öahrnehmenben gefafet wirb. Seshalb ejiftiert bas Bilb an ber SBanb für mich, fobalb unb folange ich es wahrnehme,

©efchieht bas aber nid)t, ejiftiert es auch für mich nid)t, obwohl es bod) bann für einen anberen ejiftieren fann. Ob bie Singe aber {ojufagen eine abfolute CEjtfteng haben, bas wirb hier oon gegnerifcher ©eite ohne weiteres als ficher angenommen, währenb bas boch offenbar gerabe ber

©treitpunft ift. (Sbenfowenig fönnen übrigens bie Ausführungen über bie SBahrnehmbarfeit eines SBürfels überzeugen, ba man feine fechs glächen in bie f>anb nehmen unb gleichzeitig fühlen fönne. Senn es ift bod) fehr fraglich, ob hier wirflich eine SBürfelgeftalt gefühlt wirb, unb ob bas ©efühl ber fechs glächen, wogu immerhin beibe |)änbe gebraucht werben müffen, nicht in ein ©efamtgefühl bes (Edigen ober kantigen aufgeht. Safe ferner „bie gefefcmäfeige golge, bie ich bet Srehung bes SBürfels mit bem ©efichtsfinn fonftatiere, eine Grgänjung unb Beri=

figierung meiner Saftwahrnehmung", pag. 62, ift, ift an unb für fich richtig, nur tut aber aud) bas nicht bar, bafe ber 9Bürfel als folget wahrgenommen wirb, was erforbern würbe, bafe ich feine fechs glächen gleichseitig fehe, was unmöglich ift- 3n ber weiteren Polemif wirb bann

(9)

Bum ^ o f i t i o i s m u s 341

behauptet, bafe man bas nid)t finnlirf) 2ßat>rgenommene auch nicfjt „33e=

griff" nennen bürfe. ,,®ie Sid>tgefd)Winbigfeit ift fo wenig ein ‘Begriff, toie ber ©chmera, ben ich empfinbe, ein 'Begriff ift." ibidem. Run braucht man fid) getoife nicht auf bas SBort „begriff" ju oerfteifen, aber bafe ein erheblicher fachlicher Unterfd)ieb gwifdjen ber Sichtgefchwinbigfeit unb bem ©chmera oorliegt, ber auch eine anbere 23egeichnung recht*

fertigt, leuchtet ohne weiteres ein. ®enn ber ©chmera wirb unmittelbar empfunben, Sicht wohl auch, bie ©efchwinbigfeit bes Sid)tes aber nicht, fonbern fie fonnte erft burd) ftnnreich fonftruierte Apparate erfd>loffen bjw. gemeffen werben.

Übrigens fei aum ©d>lufe fura barauf hingewiefen, bafe felbftoerftänb*

üd) für ben ©olipfismus bas Problem einer abfoluten (Ejriftena aus bem

©runbe nicht oorhanben ift, weil er ja bie (Ejiftena in 23ewufetfeinsinhalt auflöft unb eine (Ejriftena, bie nicht 53ewufetfeinsinhalt ift, banad) über*

haupt unbenfbar ift. SEftan wenbe bemgegenüber nicht bas Unhaltbare unb Unwahrfcheinliche biefer Shefe ein; benn es hanbelt fid) barum, ob ber ©olipfismus aus theoretifchen ©rünben wiberlegbar ift, unb bas ift meines (Erachtens unmöglich. SBollte man fchliefelid) aber auf bie Rot*

wenbigfeit einer Annahme ber Aufeenwelt aus praftifdjen ©rünben fufeen, unb hierauf bie tt>eorctifd>e Rotwenbigfeit au funbieren fudjen, fo ift aud) biefer Verfud) oergeblid). 5)enn wir beftrafen ben Verbrecher aus praftifchen ©rünben, in theoretifdjer Veaiehung finb aber beswegen bie Aften über Determinismus unb Snbeterminismus noch lange nicht gefd)loffen. Unb aufeerbem ift es bod) wohl logifd), bafe fid> bie Prajis auf bie ST^coric ftüfet unb nicht umgefehrt. D r.’SIlfreb ©olbfebmibf.

Vemcrfung aum Vorftehenben. 3)er P o f i t i o i s m u s (unb feine ejtremfte gorm: ber ©olipfismus) einerseits unb ber R e a l i s m u s anbererfeits als erfenntnistheoretifche Sehren oerhalten fid) aueinanber nid)t wie * $heorä unb Prajis, fonbern be i b e s finb T h e o r i e n , greiltch ftetjt ber Realismus ber Überaeugung bes „gefunben SRenfcben*

oerftanbes", wie fie bas praftifche Verhalten bel>errfd)t, weit näher.

3ene beiben Theorien aber fönnen (auch nach meiner Auffaffung) ein*

anber nicht l ogi f d) wiberlegen. ®enn eine f o l ch e SBiberlegung fönnte nur in bem Radjweis eines ©elbftwiberfpruches beftehen; biefer aber fann oon beiben Theorien — bei forgfältiger gormulierung — oer*

mieben werben. Aud) fönnen fie infofern ihrem Umfang nach gleidjfam aur ©edung gebracht werben, als ber Pofitioift für jebe behauptete Realität ben — ©ebanfen an biefe Realität einaufehen oermag; anbers ausgebrüdt: für jebes „A n f i ch"=fein bas „© e m e i n t"*fein.

<£a fo bas Problem auf rein logifdjem SBege nicht gelöft werben fann, fo fann aud) nicht burch logifdje Beweisführung bas Recht be=

(10)

342 §um P o f i t i o i s m u s

ftritten toerben, bafe man bei ber oorlogifchen „natürlichen" Überzeugung Don ber (Ejiftenz einer realen 3Rit= unb Umwelt Derbleibt unb biefe aus ihrer naioen gaffung nur fotoeit aum „fritifchen Realismus" umgeftaltet, als fachliche ©rünbe bafür oorliegen. ©ar manches ift uns praftifch flar, ohne bafe toir es logifch betoeifen fönnen, j. S8. bafe toir alle fterben müffen. (23gl. meine „(Einführung in bie (Erfenntnistheorie". Seipzig, SDtetner, unb „S e t fritifche Realismus". ©elbftoerlag. 1.50 512R.)

~ 91 Sfft

(Eharafter bes ‘pofitiDismus

Sen ©runbfafc bes “^ o f i t i D i s m u s fönnte man fo formulieren:

Sticht ber SDtenfd), ber mit feiner ganzen SSRenfchlichfeit lebt, fonbern ber SRenfd), ber nur Sinnesorgane unb einen ftarren begriffsbilbenben 53 e r - ftanb hat/ fann bie Wahrheit erfennen. Ser SSRenfd» mufe auf feine V e r n u n f t Derzichten, bie ihm bie Welt als toahrhaft © e i e n b e s Zeigt; er mufe auf fein ganzes Seelenleben Derzichten, fraft welches er mit bem Wefen ber Singe in gühlung ift; toenn er nur nichts als blofee Afzibentien (Qberflächen=eigenfcf)aften ber Singe) erfährt, toenn er nichts als (Empfinbungen um fid) hat unb gar nichts mit ihnen anfangen fann unb »ill, als abftrafte 53egriffe bilben, bann ift er imftanbe objeftio Zu erfennen. Alles Wiffen mufe aus ben (Empfinbungen gefchöpft fein;

es ift un»iffenfcf)aftlich nicht Don ihnen, fonbern Don ber Wirflichfeit auszugehen, bie man auf ©runb bes eigenen SJtenfchfeins als »ahrhaft feienbe unb fubftantielle Wirflichfeit erlebt. Ser f eel i f d) abgef t or = bene, ber Wirflichfeit nicht mehr bebürftige unb Don ihr nicht mehr genährte SERenfch ift ber »ahre W i f f e n f c h a f t l e r , unb bie Don ber Wirflichfeit nichts mehr »iffenbe, nur (Empfinbungen unb 3ufammen=

hänge anfchauenbe Wiffenfchaft ift bie »ahre Wiffenfchaft.

(Aus 2. © r ü n h u t , Sas Wefen u. b. Wert bes ©eins. Seipzig.

Varth. 1931. ©. 30 f.)

f r a g e n

©ebören Empfinbungen, pfpchifche Afte, tcincs Subjeft, SKaterie, SSeränberung,

®ing an fid;, Stiroana, greiheit jum — „9lealen"?

9lnf»ort: „Empfinbungen" „pfpd)ifd)e Sitte", „reines Subjett bes Erfennens" ge­

hören nid)t 3U bem „9tealen , fofern id) barunter bie ju ertennenbe Außemoirflichfeit DerffeE>e (»ie bas am meiften bem üblichen Sprachgebrauch gemäß ift).

SBobl aber gehört „SStaterie" ju bem 9tealen; ferner lann biefes als „SSeränbern- bes" unb „35eränberung Empfangenbes" beftimmt »erben, gerner benfen » ir bas 3ieale als „unabhängig Bon ber Erlenntnis"' unb infofern als „®ing an fid)". Ob

» ir ihm „3been" ober „ein oernünftiges, höheres ©eiftesleben", genauer einen „per- fönli<hen ©ott" als Urfacbe jugrunbe legen, ift grage metapbpfifc&er Ausbeutung ber gegebenen Erfahrungswelt. Audi bie (Stellungnahme ju einem Stitoana ift Sache ber SRetaphpfif.

Alle biefe Probleme »irb aber nur ber mit Erfolg in Angriff nehmen, ber ben

©lauben feftbält, bie g r e i h e i t ju befifoen, bas objeftio ©ültige als fold)es ju er- faffen (»enn aud) nur in ääher, ftets möglichem Srrtum ausgefefjter Arbeit. A. SK.

(11)

S i n P h i l o f o p h im K r ie g e 343

(5in ^ilo jo p f) im Kriege (Fortsetzung oon Heft 9) 4. September 1914. ( Q u a t r e = <Ehamps, nad; 35o u3ie r s 1) ju.) Kleine Süge: SBeiganb, Pferbefnecht, ber ein Pferb gefimben hat unb fo glüdlich ift cs 3u pflegen, »ie über einen gefunbenen S^afe, ftratjlenb im ganjen ©eficht. —

SB i 11 i e r s , ber ©renjort2) bie Surgwacht auf bem Serge hinter ber SBatb»

ftplucfrf, »0 hohe, übereinanbergefdjichtete Säume bie Stelle bes ©efteins »ertreten, fonft SobetaP) ober ©orges b’&reufe4); ber Slattroudjs »ie bei ben attbeutfe^en SKalern, Sia tt neben Statt, jebes ©tun fo ooll, jebe Kontur fo fcharf. —

S ie SB e h 110 f e n : grauen, Kinber, 53ieh — bis zur Kafoe hinab. S ie Slumen, me oerborren unb nod) in oerlaffenen ober zerbrochenen genftern ftehen, bie Obft- bäume, bie aerfd)iagen »erben. —

(Efel: fieidjen unb »ilbe Häufung ber Jruppen »or uns, bas gerftören» 011 e n um j e b e n P r e i s .

{mnger heute, Überfluß morgen — aber fc£)[ecE)t zubereitefer, t>aftig geklungener Überfluß, fo heute in Quatre=(£hamps, ber mit (Erraffen, 8erftören oerzweifelte $thn=

It<hfeit hat. 3ebe SKinute f o l l g e f ü l l t fein. —

Seleuchtung, »enn bie Kochfeuer brennen unb man burch bie Straßen geht. SBie beim 3ittern ber glamme bie Schatten unb Konturen grotesf umge»orfen »erben. —1 Sas Safetn in Scfjmut; unb gerftörung (Quatre-<Ehamps), unter freiem fjimmel an ber Strafee (S 10 n n e), »ährenb eines beftänbigen 95a-et=S5ient, unb währenb immer et»as gedieht (3. S . Pferb oorbeigejagt, Kuh gefangen uf».)

Samstag, 6. September 1914 (6 Uhr nachmittags, Sep. SJtarne). 3e reicher bas ßanb »irb unb je mehr » ir nicht fechten, fonbern blofe unter bem Schuft ber anbern oor Uns marfchteren, um fo mehr tritt biejenige Seite an u n f r e r Kriegsejiftens heroor, bie ihre ©efahr ift: bas 9läuber= unb Siebes»efen, bie niebrige ©ier, bas Sarbarentum.

Ser 5teicf)fum ber §öfe an Sieh unb ©eflügel, bie Üppigfeit ber gruchtgärten.

ber SBein im Kelter läbt 3U jebem ©enufe ein. Unb »enn es beim ©enuß bliebe!

Slber bem ©enuß folgt bie Sattheit, bie gülle, ber Übermut, ber Srieb jur Ser»

nichtung — unb baraus fommt biefes ®nt3»eifd)lagen ber Singe, btefes Surcfjein»

anberwüften aller ©ebrauchsgegenftänbe, biefes Slufbrechen mit ©eroalt, biefe Se»

brohung oon SWännern unb SBeibern, bie meinen ( Ef el (n t ch t Slbfcheu) mehr erregt als ber Slnblid unb ©eruch oon Seichen unb Serwefung. Unb man benft an bie 3u- funft: »ie heillos oer»irrenb mufe bie (Erinnerung an biefe atrocites allemandes fich in bie Seele bes granzofen brängen, »enn oon Serföhnung ober Sünbnis bie 9tebe ift; »ie fönnen » ir, bie » ir ben grieben, bie Kultur ber b e i b e n Sölfer

»ollen, nur wehmütig ben Kopf fchüttetn, »enn unfere franjöfifchen Unterrebner ba»

mit beginnen, unb wie werben fie biefe 8ugabe benutzen, um unferen Serföhnungs*

willen zurüdzuweifen!

Unb bas anbere, was alles barin ftedt: bie §>errfchaff ber gemeinen Naturen über bie echten unb ritterlichen; »ie bie Schwächeren unter biefen felbft allmählich einen Slnftrid) oon grechheit annehmen, bie tapferen, Stillen (SBeftfalen) fich 9an3 auf fich felbft 3urüdjiehen unb baburd) unwirffam werben.

Unb: bafe öafob Surdharbt unb griebrief) Stießfche in Sränen ausbrachen, um bes Sonore willen, als fie bie Selagerung oon Paris oernahmen, habe ich noch oor Jurjem für Pofe gehalten, aber nun begreife ich’s, nachbem ich heute morgen bas breifchtffige, reiche Portal oon Soujiers faf>, unb in bem erbrochenen §aufe brühen,

*) Sin ber Slisne, zwifchen Serbun unb 5teims.

s) granfreichs gegen Selgien.

3) Sm §arz.

4) S e i S'teuchäfel.

(12)

344 S i n P i> i I o [ o p b im K r ie g e

bem fchänblid) jerffötten, in bem Anfid)tsfartenalbum blätterte — (93ilber »on einet franjöfifchen Steife ben 33erwanbten ins §aus gefcbidt: Paris, Dijon, Sannes, SRiäja):

toie web tut mir jeljf fd)on bet 3teij bet jerftörten romanifdjen Stabt unb bas raube (Einbonnern unferer Kanonen in bas herrliche, elegante, felbft auf biefen fcf>tecf)ten Satten no<j> in feinem Charme toirfenbe Paris.

Unb unfere gufunft: Barbarei unb ©enufj[ud)t, biefe fo ftarf ber»ortretenben 8üge meines Kriegserlebens, toie »erben fie fid) austoacbfen su blöbeftem Selbftbewunbe- rungsnationalismus, bem jeber ©ebanfe ber Humanität ein ©efcfjrei ift, unb ju 3agb nach ©elb unb ©enufe, nod) fd)Iimmer als bte, bie » ir »or bem Kriege batten!

Die SRifeftimmung, »on ber SOtarie Steinbäufer1) fpracf), ift [<bon ba, ift bas (Enbe biefer Sßoche, unb baju fommt SBebmut barüber, bafe eine fo gute S a fe niebt in ber au feer ft en 3t e i n [ i d) f e i t burdjgefübrt »erben fann. 3n einem SBort: es ift ber 23eutemad)er, nici)t ber Krieger, ben » i r erleben. (SBallenftein.) —

§>obler, Schlacht »on SSRarignano: »ie Sapfere fid) jurüefsieben, wenn fie anbers nic$t mebr fönnen: bie gähnen ftehen fttll in ber Suft, ber (Stritt bebt fid) »om 33oben niebt, unb alle Sinien bes Sanbes laufen febwer unb wuebtig!

7. September 1914 (9Rarf$ nad) SRarfon2), »or ber @cf)Iacf)f, bie beute ober morgen fein foU). Sur 3tecf)ten fcblagen bie Donner in ununterbrochener Kette bin;

bie (Entfcheibung nabt. Du 33runnquell ber ©efafetbeit unb ber Ergebung, ber bis jefet in mir rauffte, nun fprubete auf im ftoljen ©trabt bes 3Rutes unb bes Kampfes- jorns! Die Scbidfaisftunbe granfreidjs t)ör’ icb febtagen. 6eine Sficffalsftunbe: ob, tapfer mit babei fein unb helfen, bafe fie unferes ©lücffals Stunbe wirb!

2R a r f o n , füböftlicb »en Ehalons, 7. September 1914, 6 Ubr nachmittags, SSiwaf.

Das (Ehriftentum ift unb bleibt bie 5teiigion, bie für a l l e h ö h e r e n Sagen, in

» e lfe 33efonberheit bes Stanbes, Berufes, ber Aufgaben, ber Seiten fie falten mögen, bie ewigen ober beffer bas ewige Schema auffteltt. Unb bies Schema ift:

ber natürliche SRenfcb ift n ifts wert unb mufe »ergehen, er mufe fich burehbrtngen laffen, auffaugen, »erorängen laffen »om höheren 3Renfd)en, ber ihm burd) Sehre unb Seifpiel »erfünbet ift.

Daburch befommt bas Ehriftentum 35erwanbtfehaft unb Paralletismus mit 8U' ftänben, bie es eigentlich befämpft, j. 33. mit bem bes Kriegers (allerbings betrachten ficb ja »tele Sbriften als geiftlife Krieger). Auch tm Krieger lebt ber natürliche 3Renf<h, beffen ©runbinftinft Selbfterhaltung heifet, unb feine Spmptome geigheit, Angft, g lu ft. Da wirb bem Krieger geprebigt, geprebigt im wahren Sinn: Du mufet bein Seben »erlieren, um es ju gewinnen, Sehen heifet Ehre, StRannestugenb, heifet

„höheres Seben" — bas „Seben" bes geigltngs ift Sfanbe, tft §ölle.

8. September 1914, G'A Uhr morgens. E o u l » a g n p bei Amanb.

©eftern, in Erwartung bes ©efechts unb felbft unter bem Einfluß magifdjer 33or- ftellungen (Onlel Alberts3) Sob »or bret3ebn fahren) hatte i<h arg mit 3Ruflofigfeit ju lämpfen, heute fühle id) mid) — nach gutem Schlaf — friffer unb fräftiger.

SRimm, g u t e r ©eift meines Sdjidfals, bies ©efühl in beine §änbe, bewahr’ es, erhöhe es unb trage es burch bie Schieden ber Schlacht.

Sonntag, 13. September 1914. (Jtüdjug, jwifchen SRarne unb SRaas.) Die Schlacht­

tage finb »orbei unb fie hinterlaffen in mir nichts als ben Einbrucf bes Entfeftens unb bes Abfcheus. 3umal uns ein Sieg nicht auteil geworben ift. Opfer ohne Erfolg, SRifemut unb §offnungslofigfeit bei ben Seuten: bie Seichen »on SBiberfefelicbfeit, Aufbegehren, laute Krttif ber 33orgefefeten in ihrer ©egenwart — ber debäcle

Anfang. (gortfefjung folgt.)

‘) Sine ©iefeener SSefannte.

*) Süböftlich »on Shälons.

a) Dr. Albert Spamer, Oberlehrer, 3)ruber »on Albert Kleins SRutter.

(13)

3 u r S i n f ü h t u n g i n b i e P h i l o f o p h i e 345

3ur <5mfüf)rung in 51c ^P&Üofop&fc

V I. 3 u^ : D as JrdfjßifsproMem (Fortsetzung aus Heft 9) SRit ber beterminiftifchen Seutung bes greiheitsbegriffs geben fich freilich bie 3nbeterminiften nicht aufrieben. 60 hat fchon Kant ihr gegenüber hetont, bafe bann bie greiheit bes SRenfchen fich nicht wefentlich unterfcheibe oon ber „greiheit eines Sratenwenbers, ber auch, wenn er einmal aufge3ogen worben, oon felbft [alfo .frei']

feine Bewegungen oerrichte", gür bie Art, wie ber 2Ren[ch auf äufeere unb innere Anregungen jurn fianbeln reagiert, wäre nämlich fein (Eharafter beftimmenb. Siefer aber wäre gleichfam „aufgeäogen" burch feine anererbte Befchaffenheit. Bon biefer

— für bie wir ja nichts fönnen — hänge es ab, wie ber (Eharatter unter bem (Einflufe bes 9Rilieus, befonbers ber (Erjiehung — gattoren für bie wir auch nichts fönnen — bis aum SRomenf ber Hanblung fich entwicfelt hätte. S ie Befchaffenheit bes (Eharafters im Augenblicf ber (Entfcheibung hänge alfo ab oon gaffoten, bie bann nicht mehr in unferer ©ewalt wären. —

(Es ift hier wegen ber gebotenen Sürje ganj unmöglich, über bie ©rünbe unb

©egengrünbe ber ffreifenben Parteien auch nur einen ganj fummarifchen flberblicf ju geben; ich mufe bafür auf mein Büchlein über bas Problem bet SBillensfreiheit1) oetweifen. Hier fei nut in Kurse angebeutet, warum ich glaube, bafe auf rein theo- retifch'Wiffenfchaftlichem eine allgemein überjeugenbe Söfung nicht möglich fei, bafe anbererfeits auf bem praftifchen ©ebiet bes menfchlichen ©emeinfihaftslebens unb bet (Erziehung boch beibe Parteien in einem „©lauben" an [inbeterminiftifche] greiheit fich 3ufammenfinben fönnen.

(Es fcheint mir unoerfennbar, bafe ber 3 n b e f e r m i n i s m u s feine Ijauptffüfee im f i t t l i c b e n Bewufetfein finbet: eben in jener Argumentation Kants: SBir follen, alfo müffen loir auch tönnen.

Aber ift bieje Argumentation wirtlich logifch jwingenb? 3n ihr wirb aus bem (Erleben bes fittlichen SBetfes unb bes ihm innewohnenben ©ollens heraus gleichfam eine gorberung (ein „Poftulat") an bie 3BirfIicf>feit gerichtet, nämlich bafe uns bie gähigfeit, bem ©ollen 3U entfprechen, faftifch beiwohne. Aber bafe bie SBirflichfeit unferen SBertfchäftungen unb ben baraus entfpringenben gotberungen tatfächlich auch entfpreche, bas ift webet felbftoerftänblich noch beweisbar. (Es ift beffenfalls ein

„©laube".

S e t S e t e r m i n i s m u s feinerfeits beruft fich hauptfächlich auf bie (Erfennfnis- lehte. 6r betont, bafe nut unter Borausfefjung ber ausnahmslofen ©eltung ber Staturfaufalität bie SBirflichfeit in ihrer ©efamtheit für uns erfennbar fei. SOlit bem Begriff einer freien, „fchöpferifchen" Utfache fönne man 3um gwecfe ber (Erfenntnis im ©runbe nichts anfangen; benn bie grage, warum hat benn eine folche Urfache im einjelnen gall fich fo unb nicht anbets entfchieben, bleibe unbeantwortet.

Sem lann bet 3nbeterminift entgegnen: SBenn wir auch bie freie (Entfcheibung ni<ht naturwiffenfchaftlich „erfläten" fönnen, fo oermögen wir fie boch aus ihren SRotioen heraus unb bamit in ihrem ©inn 3U „oerffehen". Safe aber bie g e [ a m t e SBirflichfeit nach naturwiffenfchaftlicher Art erflärbar fei, bas ift felbft Iebiglich eine (aptiorifche) Borausfefjung. ©ie ift weber felbftoetftänblich noch in ihrer ©eltung be»

weisbar2), mithin ebenfalls ein — „©laube".

SBenn abet fo „©laube" gegen „©laube" fteht, wie follte ba boch eine (Einigung möglich fein?

3ch halte fie für möglich im p r a 11 i f ch e n Seben. SBebet im Berfehr ber (Erwachfenen untereinanber noch im etjiehlichen Bethalfen 3U ben Unerwadjfenen fönnen wir barauf oetjiihten 3U mahnen, 3U forbern, 3U warnen, 3U loben unb 3U fabeln.

3n allebem aber liegt ftillfchweigenb bie Borausfefeung, bafe ber anbere fich im ©inne

‘) (Erfchienen im Berlag Banbenfjoed & 9>tupre<ht, ©öftingen. 3. A. 1922. SBie ich felbft h e u t e übet bas Problem benfe, habe ich in meiner „(Einführung in b. Philof.

u. päbag.", Seip3ig, SRetner 1931, ©. 148— 170 bargefegt.

*) ^ebenfalls gilt bies für ben „fritifchen ^Realismus". (Bgl. meine (Einführung in bie (Etfennfntstheorie, Seipjig, SReiner.)

(14)

346 3 n n e re S n t w i d l u n g e n

bes fittliten Solls entfteiben f ö n n e. 3n allem „Können", alter „3Rögliif)feit" liegt aber ein inbeferminiffiftes SRomenf. A u t ber Seterminift tann bem Nennung tragen burd) eine 3Wiefate Srwägung. S r ft e n s : SB enn a u t alles beterminiert ift, fo tcnne i t bot im einzelnen galt n itt reftlos bie beterminierenben gaftoren. 3 t fann alfo „glauben", bafe mein Appell an bas Skrantwortungsbewußtfein bes an­

beren ausreit.t, if>n im Sinne ber fittliten gorberung ju beterminieren. 3 w e t - t e n s : 3n allem wirflicben „SBollen" mufe enthalten fein bie 3u»erfitt, wenigftens Bie Hoffnung, a u t 3u fönnen. Alfo a u t tm SBollen bes Sittliten , b. b- in bem

„guten 3Btllen". (Er mufe befeelt fein »on bem ©lauben, f it für bas ©ute entfteiben unb es »enoirfliten ju fönnen. S a s aber ift n itts anberes als ber (fittlite) Sinn bes gretbeifsglaubens. 33on einem Sbarafter, bem biefer ©laube innewobnt, finb alfo — gerabe n a t beterminiftiftem Prinzip — »iel ef>er Sntfteibungen für bas

©ute au erwarten als oon einem folten, bem biefer ©laube fehlt.

So fönnen f it 3nbeterminiften unb Seferminiften in bem päbagogiften ©runbfaß 3ufammenfinben: S^teben wir bie Sugenb 8u bem ©lauben an ihre greiheit! ober — rittiger — erhalten wir biefen t r »on Natur innewobnenben ©tauben!

<3nmre Crnftoicflungen

A u s bem Ceben eines Söerfffubenfen II.

Oftern 1920. „Seiftungen gut, 3 3 ... erhält Primareife." Aber 3 3 ... bat fein ©etb, befommt a u t feins geliehen. SJteines 33leibens ln ©r.-9t. ift n itt mebr. 3 t (etjre ber f>eimat ben Nücfen. Sin ^eifebunger n a t neuen SRenften, n a t neuen 33eobat=

tungen überfommt mit- Sen mufe i t ftillen. Als Sterenftleifer 3iebe i t burt Stabt unb 2anb. Sonne unb Stegen unb bie SRenften finb meine greunbe. 3 t bin überglüdlid). 33or bem armen Sterenftleifer geben fie fit, wie fie finb: bie Pro- letenfrauen in ben SRtetsfafernen, bie |>uren an ben Straßeneden, bie Sienftmäbten hinter ben »ergitterten genftern, bie Kinber jegliter Kreife um ben Stle ife r herum, bie SSürgerfrauen, bie am genfter fifeen unb Strümpfe ftopfen, bte fierrftaften in ben 33illen, bie gabrifanten, bie Sbeologen, bie ©elebrten, bie 3uben, bie Ober- bürgermeifter, bie SRinifter, bie Staatspräfibenten — benn fie alle fute i t beim.

Stumm, iinerfannt. Als fimpler Sterenftleifer.

3 t »erftebe m it auf bas ?>anbwerf. 3 t ftieife alles. A u t fmhneraugenmeffer, a u t ©artenfteren. 3 t werbe n itt re it, aber i t lege faft jebe SBote 75 SRarf 3urüd, ba3U — was mir »iel wittiger ift: 75 X 75 000 Sinbrüde.

SBas nun? 3mmer fo weiter? Ser ©riff ins Geben gab mir Klarheit,. bafe i t ’s meiftern werbe. Sas war mein ©ebanfe fpät unb früb: bort mußt_ bu bin, wo bu beinen ureigenen gäbigfeifen Sntfpretenbes ftaffen fannft, wo bu bid) refflos geben, wo bu b it weiterentwideln fannft. Auf meinen Stleif=3Begen fomme i t au t einmal n a t 23. Als i t ein S a t über bem Kopf babe, mate it . einen 33ummeL S a febe i t einen eigenartigen, n a t meiner Stäfeung außerorbentlit begabten SRenften. 3 t

»eriiere ihn n itt aus ben Augen. S r gebt in ein grofees ©ebäube. 3Benige Sage fpäter brüde i t als Seminarift bie Stulbänfe biefes grofeen ©ebäubes unb laufte ben päbagogiften Sßorträgen bes eigenartigen, w irflit b®tbegabten SRenften: P . ©.

Über meine Vergangenheit bat er nie etwas erfahren. A u t ber Sireffor n itt, ber fein anbrer war als 3obannes 2., ber »on ©. n a t 33. »erfefet war.

3 t fann bas Seminar nur unregelmäßig befuten. Ss ift 3nfIationsaett. bitter brennt bte grage in meiner Seele, wo»on leben? Ss bleibt mtr n itts anbres übrig, als 3u ftleifen. 33alb am Stedar, balb am Stbein. Aufeerbem male i t Porträts. 3 t wohne in 33. in einer Sßilla, bei einer 3Bitwe, bafür führe i t ber grau, Me ein grö­

ßeres ©eftäft betreibt, bie Kaffenbüter unb faffiere ©elb ein, benn ber einzige Srbe, ein 3ahr älter wie it , ift ein Säufer. Sin 33efannter »on ber Stealftule fu tt m it einmal auf. 3 t fifce gerabe an einem Porträt. „SRenft, bu fannft a u t meine SRut- ter mal malen. — Aber fie barf n itts ba»on wi[fen."_ 3 t fahre mit n a t S., fehe mir bte ftöne gabrifanttn gehörig an, mate eine beimljte S fi33e unb fefoe 3U |>aufe ra ft unb ftmer3los ein fräftiges Porträt (Paftell) hin. Ser 33efannte, in3Wtften

(15)

3 n n e re S n t r e id lu n g c n 347

Volontär beim gürften 2t. t>. <£.-©((>., lägt es rahmen unb bängt es bis jum ©e- burtstag ber SKufter in feiner Sdjloßwobnung auf. Surft 21. fieht es per Sufall.

---- — „Sin ‘Porträtmaler in 23.? ©ibt’s nid)t. Sitte, befteiien (Sie ihn." 3Jlit ge­

pumptem 9to<f unb mit Senntniffen, bie id) in bioerfen 23üd)ern, intf. Konoerfations- Iejiton, jufammengefuchf (oon »egen 2lnrebe uf».), fdjreite id; nad) Scf). gürft unb gürftin laffen mich gar nidjt mebr »eg. So »of>nt ber Schleifer auf bem Scfrfoß, fdjaut jur 2tb»ed)f[ung grinsen, ^rinjeffinnen, gürften, gürftinnen, ©roßberjogin, jogar eine Königin (§oflanb) uf». uf». an. Sage ber inneren (Sammlung. Sage größ­

ter Verfdjloffenheif: Oltober 1923 bis gebruar 1924.

3d) beftehe fdjledjt unb red)t im 3anuar 1924 bas Se&rerefameit, fiitbe fofort Ver-

»enbung, fcbeibe in ©üte oon allen Sd>loßbe»ohnern, 3iet>e als 2ef)rer oon Ott ju Ort. Sin 3af)r lang. Siefbefriebigt. Von Kinberfeelen bod) beglüdt. 3n ben gerien fd)aue id) mid) um. Oben»albsfd>ule, 2Bidersborf, greie SBalbborffdjule (Stuttgart), hier nehme mir 9luboIf ( S t e i n e r fcf)arf aufs Korn, aud) U n g e r , 51 i 11 e l » m e9er. 3n SKünd>en S u b e n b o r f f , |> 1 11 e r , in Slmau 3oh- 501 u 11cr. Von anbern: fjinbenburg, Sjfronprina, ©er!). fjauptmann, granj 2Berfel, ©raf Kepfer- Itng u. a. m.

3n einem ®örfcf)en, j»e i Sfunben oon ber 23ajm entfernt, fifee id) jule&t: 10. Of­

tober 1924 bis Oftern 1925. Urgemütlich, reijooll in feiner 2lbgefcfciebenheit. ®od) auf bte Sauer: furchtbar. Schlimm, id) »erbe fd)»ermütig; Sheater-, Kino-, Stabf-2lus- flüge: es hilft nicf)f. 3d) fd)fafe teine 9iad)t mehr. 3d) fej;e mid) bin unb erfläre mei­

nen 2Iustritt aus bem Scfjulbienft. 23om Snt|d)luß an bin i<i) gefunb, regen ficf) alle Sebensgeifter »ieber. 211s neuer SETienfcf) oerlafie ic& ben Sntenpfufjl SRr. 115, meine 5Bo!)nung, ju ber nur eine Sadgaffe führte. Oftern 1925.

SÖltt meinem treuen SBerfjeug, meinem Sdjfeifapparat, »anbere id) hinein ins bunte Seben. 3d> fd)leife mid) burd) bis an bie Jtorbfee, fdjleife am Vabeftranb, an ber Oftfee, am SBabeffranb, in allen großen (Stäbfen im Storben, erlebe SSertin u. o. a.

mebr. 9Jtand>maf male id). 2lquarelle. 3 religiöfe 23ilber (SRaria [Porträt], Shriftus am Kreuj [Porträt], ein ®cf)äd)er ['Porträt]) bringen mir bie 23elannt(d)aft eines

©roßtaufmanns ein. „SSJienfcf), Sie müffen mein £>aus(ef)rer »erben." 3d) fe&e mir bie Kinber an: (16-, 14-, lljaprig), Sdjmerjlos gebe id) §errn 23. au oerftefjen, baß icb feinem 3Bunfd)e nid)t entfpred)en fann. 3Bas icf) bamafs oorausfagte, ift einge­

troffen. Keines ber Kinber &at fein Siel erreicht. Hauslehrer »erbe id) nid)t, aber — Sbauffeur unb Steifenber bet 23. 3d) arbeite mid) rafcp ein, genieße größtes Ver­

trauen. Sin Spuf: — „Sd)»ieger[obn" —. ©efagt, unb über alle 23erge bin icb. ©ut, benn jeßt habe id) 3Ruße, bas 2lbitur ju bauen. 3m September 1926 fjabe icfj’s in ber Safcfre. Schlecht unb red)t.

Vor ben 2lbler-5Berfen (granff. a. SK.) gefje icb auf unb ab. ®ie 2lrbeiter ftrömen heraus. SKit einem 2lrbeiter gebe id» ein Stüd bes 25ßeges. „Sine SBobnung? 3dj habe eine 3Bofmung, ein bißchen »eit oon ber Unioerfität, nämlicf) am gfugpfaß, aber fauber unb rut>ig."

3d> ftelle meinen Scf)leifapparat als einziges Sigentum in eine Sde unb fühle mid) bei bem 2lrbeiter in ber 2l.-Str. 13II I geborgen, äm nächften Sag (Kooember 1926) fahre icfr mit bem 5lab ber Hausfrau jur 3mmafrifufation.

3d) |d)aue halb burd) in ber Alma mater. ©egen Semefterfdjluß fiabe icf) ein Porträt oon jebem ®03enten. Unauffällig, benn mir ift bie ©abe oerlieben, einen 3Jlenf^en, ben id) einmal aufs Korn genommen, aus ibem ©ebäcfjtnis ju jeidjnen. Sin 23ilb, bas id) einmal aufgenommen, ift nidjt aus meiner Seele ju entfernen. 3cf) fann es jeberjeit heraufholen unb mich feiner garbenfülle erfreuen. SKeine feit 29. 2lpril 1919 tote SKutter ift fo immer bei mir. Stur ffumm. ®as ift ber einzige Sdjmera, ben id) auf ber Srbe habe. — 2Bie icf) in ber 5tealfd)ule, bem ßefjrerfeminar unb in ben oerfd)iebenen Stufen, in benen id) amtierte, auf jeber einjelnen Stirne einmal ober bunbertmal meine 2lugen ruhen ließ, fo auch hier in iber Unioerfität granffurt. 2fber aud) am §>auptbabnhof, an ber $aupt»ad>e, in ber Beil, überall, »obin id) täglich ging. SKein liebffer ©ang aber »ar ber aur Unioerfität. SKan muß, glaube id), Sdjerenfc&leifer ober fonft »as gan3 Untergeorbnetes ge»efen fein, um bas mitju- empfinben. 3d> höbe mir nie et»as barauf eingebilbet, baß id) 2lfabemifer bin, ich habe mich nur immer gefragt, »orauf fid) bie Säuglinge ef»as einbifben, bie fich

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