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Ostsee-Handel : Wirtschaftszeitschrift für der Wirtschaftsgebiet des Gaues Pommern und der Ostsee und Südostländer. Jg. 12, 1932 Nr. 10

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Academic year: 2022

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Wirtschaftszeitung für die Qstseeländer, das Stettiner 'Wirtschaftsgebiet und sein J{intertand

AMTLICHES ORGAN DER INDUSTRIE- UND HANDELSKAMMER ZU STETTIN

Mitteilungen des Deutsch-Finnländischen Vereins e. V. zu Stettin, des Verbandes des Stettiner Einzelhandels e. V.

und des Großhandelsverbandes Stettin e. V.

H e rau sg e b er D r. H. S c h r ä d e r , S y n d ik u s d e r In d u strie - u n d H a n d e lsk a m m e r zu S te ttin

H a u p tsc h riftle ite r u n d v e ra n tw o rtlic h fü r die B e rich te ü b e r das A u sla n d W. v. B u l m e r i n c q , v e ra n tw o rtlic h tü r d ie B e ric h te ü b e r das In la n d Dr. E. S c h o e n e , d e n A nzeigenteil i. Y.: 0 . H a h n , alle in S te ttin .

——--- --- B ezugspreis v ie rte ljä h rlic h 2,50, A u sla n d 3,— R eichsm ark. — A n zeig en p reis lt. T arif. --- V erlag: B a ltisch er V erlag G. m. b. H., S te ttin D ru ck : F is c h e r & S ch m id t, S te ttin . S c h riftle itu n g u n d In se ra te n -A n n a h m e : S te ttin , Börse, E ingang S chuhstraS e, F e rn sp re c h e r 9am m el-N r. 35341. Die Z e itsc h rift e rsc h e in t am 1. u n d 15. je d e n M onats. Z ah lu n g en a u f d as P o stsc h e c k k o n to des B altischen

V erlages G .m .b .H ., S te ttin Nr. 10404. B a n k v e rb in d u n g : W m . Schlutow , S te ttin .

G eschäftsstelle in H e lsin g fo rs: A k ad em isk a B o k handeln, A lex an d ersg atan 7. F ü r n ic h t e rb e te n e M a n u sk rip te ü b e rn im m t d e r V erlag k e in e V e ra n tw o rtu n g .

Mr. IC Stettin, 15. ttla i 1932 12. fiuhrg.

Der Kampf um die Individualwirtschaft.

Von O t t o M o s t . * ) D er Individualismus, auf dem alle Individualw irtschaft

beruht, hat ein zweifaches geistiges G m dprinzip: F r e i ­ h e i t und V e r t r a u e n ; letzteres auf die guten K räfte im Menschen, daß er von der Freiheit rechten G ebrauch mache.

„Z u trau en “, schrieb einst der F reiherr vom Stein, „veredelt den M enschen, ewige V orm undschaft hem m t sein R eifen“ . F reiheit ist auch das Prinzip der T e c h n i k . In ihren langen Geschichte, von ersten instinktm äßigen Anfängen bis zum Z eitalter d er N aturw issenschaft ist ihr Sinn stets der gleiche gew esen: den M enschen vom Zw ang der N atur, von Bindungen an O rt und Zeit zu befreien, ihn aus einem Lebensknecht zu einem Lebensherrn zu machen.

D ort, wo beides, Individualismus und Technik, zu ­ sammentrifft, steht der schärfst ausgeprägte, erfolgreichste, aber auch von jeher um strittenste V ertreter der Individual­

wirtschaft, d e r U n t e r n e h m e r d e s 19. J a h r ­ h u n d e r t s .

D er Individualismus ist seit Beginn der N euzeit die g ro ß e schöpferische Quelle d er Kultur gewesen. Ihm ist die Entfesselung der höchsten inneren und äußeren K räfte, d a ­ mit die Fülle erstaunlicher Leistungen der europäischen V ölker im letzten Ja h rh u n d e rt zu verdanken gewesen.

E i n e Leistung h at ab e r dieser Individualismus über all .seinen großen Schöpfungen und E rfolgen n i c h t vollbracht:

die Seelen zu gewinnen. Das Gleiche trifft vielfach auf den U n t e r n e h m e r zu, der im Bewußtsein der Nation viel­

fach verkannt, schief beurteilt, ja weitgehend angefeindet Jst. M ancherlei U rsachen haben hierbei m itgew irkt. Die histo­

rische Entw icklung spielt eine Rolle, vor allem ab e r Momente, die im W esen der Sache liegen. D as R ingen um die m a­

terielle Existenz und die V erantw ortung für das „ W e rk “ lassen wenig Zeit für Betätigung in der Oeffentlichkeit.

Ganz besonders ist dies in D eutschland d er Fall gew esen, wo sich die junge, um Raum fürs Leben käm pfende I n ­ dustrie unter ganz anderen, schw ierigeren Voraussetzungen, durchsetzen m ußte als etw a die englische. D azu kom m t in .der G egenw art die im m er zunehm ende K om plizierung der vvirtschaftlichen D inge und im Zusam m enhang dam it die zu- nehm ende Inanspruchnahm e des ganzen Mannes, der im m er Weniger persönliche Fühlung mit anderen haben kann. Auch ist N e i d eine, wie es leider scheint, unausbleibliche B e­

gleiterscheinung jeder D em okratie, und N o t m acht nicht Ser echter.

Schließlich spielt die Lage der J u g e n d eine e rh e b ­ liche Rolle. Sie m acht die ältere G eneration für den N ieder­

gang verantw ortlich, erhebt gegen sie den V orw urf der

^ngeistigkeit, drängt nach idealen W erten, vielfach ohne der Tatsache R echnung zu tragen, daß die W irtschaft als die

Quelle aller m ateriellen Güter auch die V o r a u s s e t z u n g a l l e r K u l t u r - u n d S o z i a l p o l i t i k ist.

So ergibt sich eine geradezu t r a g i s c h zu nennende Lage. N icht m inder tragisch ist die innere Gegensätzlichkeit, die von d er technisch-ökonom ischen wie von der sozial-öko­

nom ischen Seite h er erwächst.

D ie Entw icklung von beiden Seiten her g e h t a u s vom D r a n g e z u r P e r s ö n l i c h k e i t und von der B e­

tonung ihres W ertes; sie e n d e t in dem, was das unheil­

volle Kenn- und Stichw ort unserer Zeit gew orden i s t : im U n p e r s ö n l i c h e n , i m M a s s e n h a f t e n .

Das 19.- Ja h rh u n d e rt ist das Ja h rh u n d e rt einer B e ­ v ö l k e r u n g s v e r m e h r u n g bislang ’ungekannten M aßes gewesen. Die U rsache ist w eniger in zunehm enden G e­

burtenzahlen (im Gegenteil, sie gingen in der zweiten J a h r ­ hunderthälfte stark zurück), als vielmehr in der V erm inderung d er Sterblichkeit zu suchen. Diese w iederum w ar das E r ­ gebnis der Achtung vor dem und der F ürsorge für das E in ­ zelleben. Die m oderne Gesundheits- und W ohlfahrtspflege wird im m er „individualisierender“ . U nd das E rg eb n is? A n­

stelle individueller geistiger E ntw icklung und individueller B e­

dürfnisbefriedigung sehen wir M assenbew egung und M assen­

versorgung. Die K rankheit der großen Zahl, „rag e de n o m b re“, beherrscht die Zeit.

D er M assenversorgung entspringt die M a s s e n p r o ­ d u k t i o n . Bei allem Glanz neuer technischer E rfindungen kom m t die G ütererzeugung im m er m ehr in die G efahr, an seelischem G ehalt zu verlieren. Das B esondere wird durch das T ypische und das N orm hafte, das persönlich M enschliche durch das organisch Zusam m engefaßte und das rein „S achliche“ ersetzt.

Auch die U n t e r n e h m u n g s f o r m d rängt ins Große.

E s w andelt sich dam it das V erhältnis zwischen A rbeitgeber und A rbeitnehm er ebenso wie das V erhältnis des A rbeiters zur Arbeit. D ie innere V erbundenheit des Einzelnen mit seinem Beruf lockert sich im m er mehr. Die W ohltäterin Maschine w ird zur Feindin.

Typisches M erkm al dieses Z ugs ins G roße und M assen­

hafte ist d er Siegeszug d er unpersönlichen Gesellschaft, der A k t i e n g e s e l l s c h a f t , d er Siegeszug des K o n z e r n s . H ier eröffnen sich unerhörte Chancen für die E ntfaltung der K räfte für einzelne W enige. Die Basis für Persönlichkeits­

entfaltung im ganzen aber wird im m er enger, die Fühlung zw ischen Leitüng und B eschäftigten im m er geringer.

*) N ach einem V ortrag, gehalten in der V ollversam m ­ lung der Industrie- und-H andelskam m er Stettin am 12. 4. 32.

(2)

D er Verein für Sozialpolitik behandelte 1928 die Fra,ge:

W andlungen des Kapitalismus. In der Diskussion führte Sil- verberg aus, daß das E ntscheidende der m odernsten Phase dieser Entw icklung, des „S pätkapitalism us“, die „Schaffung d er A bstraktion zwischen Besitz und U nternehm en“ sei. Die frühere W irtschaftsverfassung war durch die Identität des Besitzers und des Leiters des U nternehm ens charakterisiert.

H eute löst sich dieses V erhältnis im m er häufiger auf. D en A ktionären, einer oft unbekannten Z ahl kleiner oder g rö ß erer K apitalisten, die das W erk, an dem sie beteiligt sind, oft nur knapp dem H örensagen nach kennen, steht der festangestellte,

„ b e am tete“ Leiter des- U nternehm ens g egenüber; dazu ein H eer von A ngestellten und A rbeitern, jeder Einzelne davon zw ar auf Gedeih und V erderb mit der „kapitalistisch“ g e ­ g ründeten und organisierten U nternehm ung verbunden, aber gleichzeitig m ehr od er w e n i g e r w e i t e n t f e r n t v o n j e n e m E i n s c h l a g d e s i n d i v i d u e l l P e r s ö n ­ l i c h e n , d e r u r s p r ü n g l i c h d a s G e s a m t g e f ü g e d e r P r i v a t w i r t s c h a f t b e h e r r s c h t e .

Bei solcher Entw icklung bilden sich zwei neue Typen des U nternehm ertum s: einmal der T yp jener wirklich großen W i r t s c h a f t s p e r s ö n l i c h k e i t e n , die den eigenen Genossen ein m odernes B erufsethos Vorleben, indem sie ihre Funktionen nicht allein als D ienst an sich, an Fam ilie, am W erk auffassen, sondern als eine geradezu öffentliche A uf­

gabe; zum anderen aber jener neue T yp des „E n tre p re n eu rs“, des „S pek u lan ten “, d er in seinen bedeutendsten E xem plaren an die „C onquistadore“ der Kolonialzeit erinnert und der das M aß der D inge verliert, weil er über allem Ja g e n und W eiterum sichgreifen das M aß in sich verloren hat. E r ist b e ­ sessen von dem, was die alte griechische T ragödie als die

„H y b ris“, als die frevelhafte, weil keiner G renze m ehr b e ­ w ußte U eberschätzung d er M öglichkeiten kannte. In dieser, H ybris, so scheint mir, liegt der letzte G rund auch so m ancher beklagensw erten Erscheinungen der letzten Zeit.

Derlei D inge m ußten höchst schmerzlich gerade für uns D eutsche werden. Im Lande selbst oft geradezu mit W ollust verallgem einert, nach außen höchst verhängnisvoll für das internationale Ansehen D eutschlands und für die W iederher­

stellung des allgem einen V ertrauens, haben diese Z usam m en­

brüche auch abgesehen von allen schweren m ateriellen Schäden sehr böse F olgen nach sich gezogen. Ohne Zweifel befanden sich unter den Beteiligten auch manche schlechte C haraktere. M ancher aber ist gew iß nicht ein viel schlech­

te re r Mensch gew esen als andere, die nur zufällig nicht in gleiche Situationen gekom m en sind. Die meisten h aben die M ä n g e l d e r O r g a n i s a t i o n verführt. D er Beginn des U ebels ist dort, wo zu w enige die V erantw ortung trag en und diese zu W enigen dem U eberm aß d er sich täglich steigem g- den E rfordernisse nicht standhalten können. Sie verlieren den festen Boden, g eraten ins Ungewisse. D araus erg ib t sich die L ehre: alle Zusam m enballungen und alle K onzentrationen finden ihre G renze in dem, was die verantw ortliche Leitung noch zu übersehen verm ag. Letzten Endes h än g t eben nicht nur die kulturelle, sondern auch die wirtschaftliche Güte eines Volkes entscheidend davon ab, i n w e l c h e m M a ß e s e l b s t ä n d i g e P e r s ö n l i c h k e i t e n s i c h n o c h a u s ­ z u w i r k e n v e r m ö g e n .

A ber der Geist der Zeit ist dem zuwider. Durch starke K räfte von außen und von innen ist d er Individualismus m ehr denn je b edroht: von außen h e r durch den B o l s c h e w i s ­ m u s , d er die bew ußte V ernichtung jedes P ersönlichkeits­

w ertes und jedes Anspruchs auf persönliches Dasein, p e r­

sönliches Meinen, ja persönliches G lauben bedeutet; von innen h er durch die k o l l e k t i v i s t i s c h e W e l l e , die einen ganz anderen A usgangspunkt wie d er Bolschewism us h at und doch — wieder ein geradezu tragischer W iderspruch von verhängnisvoller W irkung — im hier entscheidenden P unkte ebenda endet wie jener. Sie erwuchs dem P e r - s ö n l i c h k e i t s b e w u ß t s e i n der A rbeitnehm er und dem D rang nach persönlicher Geltung. U m sich aber durchzu­

setzen, wird dieser D rang zusam m en mit jener Tendenz, von der schon eingangs die R ede war, zur M assenbew egung und verliert s'ich in der Masse. D er D rang nach S elbstbe­

w ußtsein geht auf im K l a s s e n - u n d M a s s e n b e w u ß t ­ s e i n . In seiner ausgezeichneten Schrift über „D ie geistige Situation u nserer Z eit“ sagt Ja sp ers, der bekannte H eidelberg g er Philosoph: D iese M asse ist geistlos und unmenschlich (d. h. in diesem Zusam m enhang von w ahrem M enschentum weit entfernt). Sie kann schwer etw as aufrichten, aber alles zertreten. Sie hat die Tendenz, keine Persönlichkeit und keine S elbständigkeit zu dulden, ist gegen beide von höchster In ­ toleranz. A n s t e l l e d e s G l a u t > e n s a n d i e e i g e n e

K r a f t t r i t t d e r G l a u b e a n d i e A l l m a c h . t d e r O r g a n i s a t i o n , tritt die Abwälzung der eigenen V er­

antw ortlichkeit an die organisierte M acht, letzten E ndes an den Staat.

E i n s t war 'die tragende staatspolitische Idee der P o l i z e i s t a a t , der seine A ufgaben im wesentlichen darin sah, für R uhe und O rdnung zu sorgen. Ihn löste ab der1 K u l t u r S t a a t , d er im Interesse einer gesunden K ulturent­

wicklung durch vorsichtig regelnde Eingriffe wirtschaftliche und soziale G egensätze milderte, sich aber wohl hütete, die G ründlagen des W irtschaftslebens1, wie sie in persönlichem W agem ut und persönlichem V erantw ortungsbew ußtsein b e ­ ruhen, um zustürzen. D er Staat der N achkriegszeit ist der W o h l f a h r t s s t a a t , den man auch „ T o t a l s t a ' q j t 4*

nennt, weil er auf so viel als nur irgend möglichen Gebieten glaubt fürsorgen, organisieren, leiten und regeln zu müssen, ein Staat, in dem zw ar d er P arlam entarism us „ h e rrsc h t“,, in dem a b e r gleichzeitig die B ürokratie m ächtiger ist denn je; ein S taat schließlich, der, w eniger aus Böswilligkeit als w egen M angels an Einsicht, im G runde wegen im m er stä r­

keren Aufkom m ens sozialistischer G edankengänge, aus einem F ö rd erer und Behüter der Privatw irtschaft ihr K onkurrent, ihr Beenger, ja geradezu der G g f ä h r d e r i h r e s D a ­ s e i n s gew orden ist.

Das scheinen h a rte W orte zu sein. G ib t es denn n{cht eine H andels-, eine V erkehrs- und noch manche andere Staatspolitik, die ih re K räfte zum N utzen der W ir ts c h a f t einzusetzen trachten ? D as ist richtig. Aber alle ihre M aß­

nahm en und V orkehrungen kom m en nicht der P r i v a t ­ w ir ts c h a f t insbesondere, sondern einer G e s a m t W irtsc h aft zugute, in 'der gleichzeitig das Schw ergew icht sich imm er m e h r v e r s c h i e b t u n d v e r s c h o b e n w i r d v o n der P r iv a tw ir ts c h a f t zur G em einwirtschaft und innerhalb der P rivatw irtschaft vom individualistisch eingestellten zum ano­

nymen, vergesellschaftlichten U nternehm en.

Und auch für diese Verschiebung träg t der Staat guteil Teils die V erantw ortung. Zum Verschw inden unzähliger kleiner und m ittlerer U nternehm ungen haben nicht nur tech­

nisch-organisatorische E rw ägungen d er „R ationalisierung“ An­

laß gegeben, sondern d er S taat selbst hat den selbständigen U nternehm er zu vielen Tausenden unter der ungeheuren L a s t

der ö f f e n t l i c h e n A b g a b e n zusam m enbrechen lassen.

Diese A bgaben sind erhoben w orden zum Teil, um N ot­

wendiges, nach der K riegszeit an neuen dringenden A u f g a b e n

E rw achsenes zu leisten; zum Teil aber auch, und zwar z u m s e h r b e t r ä c h t l i c h e n T e i l , um mit g e r a d e z u

ungeheuerlicher S elbstverblendung — auch einer „H y b ris“

wie der, von d er oben die Rede w ar — sich mit E inrich­

tungen, M aßnahm en und A ufgaben zu übernehm en, die oft w ünschensw ert sein m ochten, nicht weniger oft aber w e i t

über das K ö n n e n hinausgingen..

Je tz t w ächst die Einsicht, daß man sich in der Tat übernom m en hat. Je tz t wird Sparsam keit allüberall g e p r e d i g t .

Aber die letzte E rkenntnis der U r s a c h e unserer W irtsc h a ft' liehen N ot ist noch nicht vorhanden.

Gewiß ist es richtig, daß D eutschlands Gedeihen i°

g rößtem M aße von d er G estaltung der W eltw irtschaft ab-, hängt, ebenso, daß der W egfall der R eparationen g e r a d e z u eine Lebensfrage ist. A ber ein gerüttelt Maß Schuld a.n dem U nglück träg t auch die E xistenzunterhöhlung der W irt­

schaft durch den Staat, die ungeheure Blutentziehung durch ihn all die Ja h re hindurch.

Man muß es geradezu töricht oder frivol (in den m e i s t e n

F ällen das letztere) nennen, wenn man jetzt ruft, die kapit®' listische, d. h. individualistische W irtschaft habe versagt und m üsse nun ganz beseitigt werden, nachdem ihr der Sozialip' mus e rs t die Lebensm öglichkeiten entscheidend gekürzt, Ja vielfach abgeschnitten hat.

Ist die L e i s t u n g d e s I n d i v i d u a l i s m u s wirklich so gering gew esen, auch gerade in der allerletzten Zeit?

Gegenteil ist der Fall, nicht nur in technischer, sondern auch in ethischer Beziehung. Es w ar vielfach ein g e r a d e z u

heroisches Ringen in all diesen Jah ren , mit ständig neue®

H em m nissen und ih rer im m er neuen U eberw indung; ^ dem im m er wieder G lauben fassen müssen, mit dem; imn^*

wieder E rtrag en , daß alles Mühen der Rationalisierung sich um sonst erwies, wenn nachher das E rg e b n is vom Staat in S teuerform in A nspruch genom m en wurde. K ann ®al1 sich wundern, wenn man jetzt gelegentlich von U n t e r n e h m e r '

m üdigkeit sprechen muß nach den ungeheuren Leistungen un K raftanspannungen in d er Inflationszeit, w ährend des R u^ r ’ einbruchs, in den Jah ren , wo es galt, auf dem W e ltm a ^ w ieder B oden zu gewinnen, in dem K risensom m er ^ und den seither vergangenen M onaten?

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15. Mai 1932 O S T S E E - H A N D E L 3

Gewiß sind F ehler organisatorischer Art vorgekom m en und genugsam festgestellt worden. W o ist aber der Grund zur Behauptung zu finden, daß irgend ein anderes W irt­

schaftssystem vor solchen F ehlern bew ahrt hätte? Im G egen­

teil: diese E poche, die m an als schuldhaft bezeichnet, w ar n i c h t ein Zeitabschnitt stark sich entfaltender P riv a tw irt­

schaft, sondern doch g erad e eine Periode zunehm ender s t a a t l i c h e r Bindungen, zunehm ender s t a a t l i c h e r B e­

einflussungen, zunehm ender s t a a t l i c h e r , Beteiligungen, mögen letztere unm ittelbar, m ögen sie (wie in G estalt von Steuern) m ittelbar vor sich gegangen sein.

Gewiß, jede Individualw irtschaft muß g e b u n d e n sein durch das auch für sie geltende Sittengesetz, gebunden e b e n ­ so auch an die Rücksichtnahm e auf die Interessen der All­

gem einheit; auch die G ew erbefreiheit der V orkriegszeit w ar keine unbedingte. Aber diese Bindungen dürfen nicht zu F e s s e 1 n w erden und nicht die E ntfaltung ’ d er besten K räfte des schaffenden M enschen hem m en. Das* ist das Eine, was im Rückblick g esag t w erden muß.

D as zw eite a b e r ist dies: W ir sind e i n Volk, m itein­

ander verbunden auf Gedeih und V erderb, m ögen die ein­

zelnen G ruppen und M enschen dies anerkennen oder nicht.

J e g rö ß er die Spannungen zwischen den. verschiedenen G ruppen und Ström ungen w erden, umso gefährlicher wird der Riß, d er m itten durch die N ation geht. D er S t a a t will dem abhelfen mit einem starren Schem atism us des T a r i f - s y s t e m s und durch ein-klüglich ausgetüfteltes System des A r b e i t s r e c h t s . Im G runde sind das ab e r doch nur a u ß e r e Bindungen, die das i n n e r e E inaderfinden nicht fördern. Ich bin durchaus kein Feind des Tarifw esens, wie ich aus m ancher Schrift und manchem V ortrag beweisen kann, ab e r ein Feind seiner S t a r r h e i t . Ich bin gew iß kein G egner eines ordnenden A r b e i t s r e c h t s , aber G egner einer Einstellung, die von ihm alles H e i l erw artet.

Schließlich ist auch „A rbeitsgem einschaft“ keine Rechts-, sondern eine G esinnungsfrage, und ein Tropfen M enschentum s ist w ertvoller als eine ganze W agenladung tarifvertraglicher Bestimmungen. D aran knüpft sich freilich auch ein ©sehr schw erw iegende V erantw ortung und Verpflichtung des U n te r­

nehm ertums.

Und noch ein D rittes! Die V erteidiger der ö f f e n t ­ l i c h e n B e t r i e b e können sich die Mühe sparen, gegen Windflügel zu käm pfen. E s wird nur wenige M enschen geben, die j e d e n öffentlichen Betrieb verdam m en, und es

*legt auch auf d er H and, daß öffentliche Gesellschaften an sich nicht unter allen U m ständen schlechter arbeiten müssen als private; wenn nur im einzelnen Fall die richtige F orm und die richtigen M enschen gew ählt w erden; m an d enke an

^ost, S taatsbahn und m anche sogen. V ersorgungsbetriebe.

Aber die unveräußerlichen V oraussetzungen für solches An- erkenntnis bilden vier K ardinalpunkte:

1. W e n n die öffentliche H and sich mit ihrem B etrieb a*s T r e u h ä n d e r i n der Allgem eininteressen ausgibt, dann Se* sie es auch wirklich 1 S auberkeit der V erw altung ist erstes Gebot. D azu geh ö rt auch w eitestgehende Publizität.

2. W o nun einm al öffentliche Betriebe sind, dann sollen sie auch in e h r l i c h e n W e t t b e w e r b m i t d e m

r i v a t u n t e r n e h m e n treten, sich ab e r nicht durch A us­

ü b u n g ihrer H oheitsrechte einen künstlichen V orsprung v er­

schaffen; dam it hängt auch die F orderung auf steuerliche’

leichstellung der öffentlichen mit den privaten B etrieben

^ sam m en .

3. W e n n die öffentliche H and sich V o l k s w i r t - c h a f t l i c h e r F u n k t i o n e n bew ußt sein will, dann

^ a g auch für sie das allgem eine ö k o n o m i s c h e G e s e t z gelten, daß näm lich mit dem g e r i n g s t e n A u f w a n d

° c h s t m ö g l i c h e L e i s t u n g e n erzielt w erden sollen.

4. D er öffentliche Betrieb übersehe schließlich nie seine j ^ t ü r l i c h e n G r e n z e n . S taatssek retär Staudinger vom

andelsm inisterium hat unlängst in seiner Schrift „D er a aat als U n ternehm er“ trotz einer G rundeinstellung, die eine t y . ere ist wie die hier entwickelte, für eine „P olitik , der r ^lsen Selbstbeschränkung“ plädiert ynd hinzugefügt: „Ge-

sie kann für einen U m schw ung der w irtschaftspolitischen

^ s c h a u u n g e n zugunsten der öffentlichen U nternehm ungen ruesentliches leisten.“ In dem T atbestand d i e s e r F o r d e -

11 g von solcher Seite h er liegt K r i t i k genug. Dahin

geht ja gerade ein w esentlicher V orwurf, daß diese S elbst­

beschränkung n i c h t vorhanden ist, daß jene S auberkeit viel­

fach fehlt, daß die notw endige rationelle B etriebsführung oft s c h m e r z l i c h v e r m i ß t w i r d .

Solange a b e r g erade diese V oraussetzungen nicht ü b er­

all- erfüllt sind, ist. die B edrohung d er Individualw irtschaft doppelt schwer, verschärft sie die Tendenz zur V erdrängung des E i n z e l u n t e r n e h m e r s . U nd doch ist dieser (unbescha­

d et der Bedeutung und V erdienste anderer U nternehm ungs­

form en . und in ihnen tä tig e r M änner) schließlich der g e ­ borene V ertreter und V orkäm pfer der Individual- und dam it Privatw irtschaft.

I s t e r v e r l o r e n ? Ich verneine diese F rage. D abei gründe ich mich, im G egensatz zu anderen Auffassungen, von denen oben die R ede war, gerade auf die L ehren der letzten V ergangenheit. G erade diese näm lich bew eisen n i c h t s g.egen die Privat- und vor allem n i c h t s gegen die In d i­

vidualwirtschaft. Sie lassen aber erkennen, daß alle G rößen­

ordnungen ihre vernünftigen G renzen haben. T endenzen zur Rückbildung sind darum schon w irksam und Erkenntnisse, d er drohenden G efahren schon in weiten K reisen auch des U nternehm ertum s lebendig. Ja , es ist angesichts all dessen vielleicht nicht zu kühn, g erad e in dieser Zeit schw erster B e d r o h,u n g d er Individualw irtschaft doch vorauszusagen, daß ihr die Z u k u n f t g eh ö rt; freilich nur dann, wenn sie die A ufgaben d er G egenw art erfüllt und m an es ihr erlaubt, dies zu tun.

D ie K raft jed er N ation gründet sich auf die sittliche K raft ihrer Glieder. D er S taat allein kann die deutsche K rise aus sich nicht überw inden, dazu braucht er die Hilfe, die Initiative der Einzelnen. Von deren Bindungen h abe ich vorher schon gesprochen. D azu seien noch einige Sätze zitiert, die d e r S taatsanw alt im F avag-P rozeß gesagt hat:

„W ir wollen F reiheit für die W irtschaft, aber keinen schrankenlosen E igennutz von G eschäftem achern, die diese F reiheit sinnwidrig in Zügellosigkeit verwandeln. W ir wollen daß diejenigen, welchen die V erantw ortung für die B e­

treuung frem der G üter in die H and gelegt ist, sich solchen V ertrauens bew ußt bleiben. W ir wollen aber n i c h t , daß sie als unehrehafte V erw alter in ihre eigenen Taschen w irt­

schaften und dazu noch ihr ungetreues V erhalten durch T ä u ­ schung und V erschleierung der N achforschung derjenigen en t­

ziehen, die ihnen ihr V ertrauen geschenkt haben. D e r W e g z u r F r e i h e i t f ü h r t n u r d u r c h d a s T o r d e r G e s e t z m ä ß i g k e i t “ .

Solche S ätze gelten nicht allein für den U nternehm er, sondern für die G esam theit. Die U eberw indung der d e u t­

schen Not, soweit sie in der deutschen Lage selbst begründet ist, ist wirklich, wie es unlängst einmal in d er K.V.Z. hieß, w eniger ein w irtschaftstechnisches als ein w irtschaftsethisches Problem . Je d e r einzelne muß sich mit der W irtschaftskrise auseinandersetzen, sie als persönlichen E xistenzkam pf em p ­ finden und em pfinden dürfen. D er deutsche Mensch muß sich wieder bew ußt w erden, daß er aus e i g e n e r p e r ­ s ö n l i c h e r E n t s c h e i d u n g handeln muß und daß „die R ückversicherung am S taate nur dann W ert besitzt, wenn er sich zuerst selbst d as nötige M aß individueller Sicher­

heit schafft“ .

D en f a l s c h e n U n t e r n e h m e r , der in W irklich­

keit nicht unternim m t, sondern spielt, der nicht dient, sondern verdient, lehnen wir ab. D en e c h t e n U n t e r n e h m e r aber müssen w ir . als einen der wenigen g roßen A ktivposten im K am pfe D eutschlands um sein Leben erachten. N och ist d er persönliche W irtschaftstrieb in D eutschland nicht e r ­ storben. W ir brauchen ab e r einen neuen Z e i t g e i s t , der nicht im Staate, sondern der im einzelnen M enschen selbst die stärksten K räfte des W achsens, W erdens und W irkens sieht. N ur von den Pionieren solchen neuen Geistes kann die R ettung kommen.

D arum stehen wir nicht nur für m aterielle W erte ein, sondern für eine große, lebensvolle und zukunftsw eisende I d e e , näm lich für den g roßen G edanken des für sich, für seine Familie, für sein V aterland höchst p e r s ö n l i c h v e r a n t w o r t l i c h e n M e n s c h e n , wenn wir auch heute noch m ehr denn je f ü r d e n f r e i e n U n t e r n e h m e n , f ü r d i e . F r e i h e i t s e i n e s S c h a f f e n s , f ü r d e n R a u m s e i n e s W i r k e n s k ä m p f e n . W erde keiner in diesem Kampfe müdel

Eine Anzeige i m „Ostsee-Handel“ bringt Gewinn

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Die wirfsdiattlidie Bedeutung der Osfseeländer.

Von Konsul E d u a r d G r i b e l , V izepräsident d er In d u strie -u n d H andelskam m er.*)' Als O stseeländer sind im w eiteren Sinne die Länder zu

bezeichnen, deren Grenzen, w enn auch zum Teil nur in g e ­ ringem Ausmaße, von d er K üste der O stsee gebildet w erden.

F rü h e r stellte man als O stseeländer den nordischen Staatejn Dänem ark, Schw eden-N orw egen einerseits, D eutschland und R ußland-Finnland andererseits gegenüber, heute muß man eine dritte G ruppe, d as selbständig gew ordene Finnland, die Baltischen- oder R andstaaten Litauen mit Memel, L ett­

land, E stland hinzufügen, als vierte G ruppe D anzig und als fünfte K ategorie das O stseeland neuesten D atum s „P olen“

erwähnen. Die geographischen G rundlagen d e r nordischen S taaten E uropas sind auf kurze F orm el g ebracht: im W esten Skandinavien, ein Gebirgsland, an d e r Atlantischen Küste von Stavanger bis zum N ordkap durch die bekannten Fjorde zerrissen, mit langer Abdachung nach O sten hin. Die T iefen­

zone setzt sich über die m ittelschw edische Senke bis in die Tiefenrinne d es S kagerracks fort, südlich und östlich steigt das Land w ieder an; im Süden d as sam ländische H ochland, im O sten die finnländisehen Seenplatten. In Schonen, D än e­

m ark und S üdkarelien vollzieht sich dann d er U ebergang von den skandinavischen V erhältnissen zu norddeutschen und russischen Form en.

D ie geographischen, klim atischen und geologischen V er­

hältnisse d er nordischen S taaten sind richtunggebend für die w irtschaftlichen L ebensäußerungen der O stseeländer, die ethnologisch in überw iegendem M aße der germ anischen, in Bezug auf Finnland u nd E stland auch der finnisch-ugrischen und in geringem U m fange d e r slavischen V ölkerfam ilie angehören.

Die nordischen Staaten, räum lich allein fast drei mal so groß, als das heutige Deutschland, verfügen über eine E inw ohnerzahl von rund 16 Millionen M enschen. R echnet man die E inw ohnerzahlen der Baltischen od er R andstaaten hinzu, so ergibt sich im m er erst eine Bevölkerung von 21 Millio­

nen. Dem mit 8,6 Einw ohnern je qkm am dünnsten besie­

delten N orw egen steht D änem ark als am dichtesten b e ­ siedelter nordischer S taat mit 82 B ew ohnern je qkm g eg e n ­ über, w ährend von den O stseeländern d e r F reistaat D anzig mit 215 E inw ohnern je qkm am dichtesten besiedelt ist.

E in Bild von der Bedeutung d e r die O stsee um schließenden L änder gew innt m an erst, w enn man ihren Flächeninhalt und ihre Einw ohnerzahl zusam m enfaßt. E s ergibt sich, daß die O stseeländer in w eitestem Sinne u n ter E inbeziehung Deutschlands, des europäischen R ußlands und Polens mit einer F läche von über 7 1 /2 Millionen qkm über 3/4 E u ro p as um fassen und mit fast 200 Millionen E inw ohnern d ie ge*

sam te Bevölkerung d er V ereinigten S taaten von Nord- A m erika w eit hinter sich lassen. D iese V ergleiche sind d e s­

halb nicht ohne W ert, weil sie zeigen, w elche g ro ß e B edeu­

tung ein Binnenm eer, wie die Ostsee, als V erk eh rsträg er und V erkehrsverm ittler für L änder haben muß, die eine so ungeheure Produktions- u nd K onsum kraft, wie die O st­

seeländer besitzen. Die W irtschaftsverfassung d e r Ostsee- lärider, mit A usnahm e Deutschlands, ist eine überw iegend agrarische. Die M asse d er Bevölkerung, insbesondere d er N ord- und R andstaaten, sitzt auf dem Lande. D ie bedeu ten ­ den S tädte d er nordischen S taaten sind zum g rö ß ten Teili H afenstädte, Seestädte, F ischereiplätze oder an Binnen­

w asserstraßen gelegen. Ich nenne nur K openhagen, Malmö, Stockholm , Visby, H elsingfors, Riga, Reval, Memel, Danzig.

In den nordischen S taaten sowie den R andstaaten und selbst in Polen überw iegt bei w eitem die in d e r Land- und F o rs t­

w irtschaft, Viehzucht und Fischerei tätige B evölkerung. C ha­

rakteristisch für N orw egen ist d er Fischfang, insbesondere der H eringsfang. Schw edische und finnische See- und Süß- w asserfischerei steht in hoher Blüte. Die dänische Viehzucht und Meier ei Wirtschaft, der die finnische, lettische, estnische und litauische nicht nachsteht, ist hochentw ickelt. D er b a l­

tische Flachs, d er in Litauen, L ettland und E stland gebauft wird, hat W eltruf. Auch R ußland tritt als Flachslieferant jn erheblichem U m fange auf. D er H olzreichtum Schwedens, Finnlands und R ußlands und d er R andstaaten hat, abgesehen von der H olzausfuhr, insbesondere in Schw eden und F in n ­ land, eine bedeutende Sägem ühlen-, Zellulose- und P ap ie r­

industrie g roß w erden lassen. Die B eerenernte d er u n erm eß ­ lichen W älder spielt in Schw eden und Finnland keine geringe Rolle. D as nam entlich in N ordfinnland anfallende Islan d ­

*) D er V ortrag w urde vom V erfasser als R undfunkvor­

trag über die D eutsche W elle am 30. April d. Js. gehalten.

moos w eist als H andelsw are eine zunehm ende Bedeutung auf. A ber auch mit Bodenschätzen aller Art sind die n o r­

dischen S taaten ausgestattet. So finden sich bedeutende Eisen- und Kupfereirzläger in Schw eden und N orw egen, w ährend in E stland d e r bekannte Oel- o d er Brennschiefer anfällt, d er allerdings nur im Inlande V erw endung findet. Anstelle fehlender K ohlenvorkom m en verfügen die nordischen Staaten über bedeutende W asserkräfte, die in E lektrizität um geform t die K raftquelle d e r nordischen Industrien bilden. So b e s i t z t

N orw egen mit 9 1 /2 Millionen P ferdekräften d as öfache der W asserkräfte D eutschlands, Schw eden mit 8 Millionen P fe rd e­

k räften da§ 4fache Deutschlands. D ie W asserkräfte F inn­

lands w erden auf 11 Millionen PS geschätzt. Von beson­

d erer Bedeutung sind in den O stseeländern, insbesondere den nordischen Staaten, allezeit H andel und Schiffahrt gewesen.

D ie Bew ohner d er O stseestaaten sind heute und w aren von jeher S eefahrer, die sich nicht dam it begnügten, die E rz e u g ­ nisse ihres Landes nach frem den B edarfsgebieten zu v er­

kaufen und zu verfrachten oder Rohstoffe und V erbrauchs­

gegenstände aus frem den V olksw irtschaften heranzuführen, sondern die ihre F laggen auf allen M eeren w ehen ließen und Schiffahrt nach u nd von allen K ontinenten betrieben So sind allein die nordischen S taaten und die R andstaaten an der auf 70 Millionen B ruttoregistertonnen errechneten W elttonnage mit fast 5 Millionen tons beteiligt. E s ist e r­

klärlich, daß die w irtschaftlichen W echselbeziehungen aller O stseeländer untereinander sehr eng sind.

A ber e s ist wenig bekannt, daß d er Anteil d er Ostsee länder dem W erte nach am W elthandel mit 1 7 , 5 o/0 d a s ö f a c h e d e s s e n A f r i k a s a u s m a c h t , d e n A n t e i l g a n z A s i e n s ü b e r s c h r e i t e t u n d n u r w e n i g h i n t e r d e m A n t e i l A m e r i k a s z u r ü c k b l e i b t - B etrachtet man d eg egen den Anteil d er O stseeländer am deutschen Spezialhandel des Ja h re s 1931, so gibt' allein diese Zahl ein treffendes Bild d er g roßen Bedeutung, die H andel und V erkehr mit den O stseeländern für die deutsche V olksw irtschaft besitzen. D em W erte nach entfällt nämlich fast i/f d er Einfuhr u nd über 1/ 5 der Ausfuhr Deutschlands im Spezialhandel auf die O stseestaaten. Die Ostseestaaten übersteigen den A n t e i l A f r i k a s a n d e r E i n f u h r n a c h D e u t s c h l a n d u m d a s 3 f a c h e , ü b e r t r e f ' f e n n i c h t u n e r h e b l i c h d i e g e s a m t e E i n f u h r a u s A s i e n u n d b e s t r e i t e n m i t f a s t 1 M i l l i a r d e R e i c h s m a r k ü b e r 2/ 3 d e r E i n f u h r a u s A m e r i k a - D as w ichtigste aber ist, daß die Ausfuhr D eutschlands nach den O stseeländern 1931 m i t ü b e r 2 M i l l i a r d e ti R e i c h s m a r k m e h r a u s m a c h t , a l s d i e d e u t ­ s c h e A u s f u h r n a c h A f r i k a , A s i e n u n d A m e ' r i k a z u s a m m e n g e'n o m m e n. Deutschland selbst nimm*

im A ußenhandel der O stseeländer fast überall, so z. B. bei Finnland, Lettland, Estland, Litauen, Polen die erste, bei R ußland und anderen d ie zweite Stelle ein. Die Ausfuhr nach den, O stseeländern gew innt noch dadurch an BedeU tung, daß sie, Kohlen u nd Getreide ausgenom m en, im w esent' liehen in industriellen H alb- und F ertigfabrikaten besteh1- D eutschland bezieht von den O stseeländern Rohstoffe, ^ ie H olz, Flachs, E rz e zum Zw eck d er volksw irtschaftlich er' w ünschten W eiterverarbeitung und V eredelung und Lebend' mittel, wie Fleisch, Fische, Butter, Käse, die als zusätzliche N ahrungsbezüge unentbehrlich sind, soweit es sich um ver' nünftige M engen handelt und deren Aufnahme in Deutsch' land allein die Möglichkeit für die Ausfuhr unserer Industrie' Erzeugnisse gew ährleistet. D ie überaus engen w i r t s c h a f t l i c h e n

W echselbeziehungen D eutschlands mit den Ostseestaaten finden in H andels- und S chiffahrtsverträgen mit dem R ec^c d er M eistbegünstigung ih re G rundlage, nur mit Polen ist bekanntlich bisher zur R atifizierung eines derartigen V e r t r a g e?

nicht gekom m en. D er wechselseitige W arenverkehr Deutsch' lands und eines großen Teiles d e r europäischen Länder den O stseestaaten vollzieht sich über See und d.a e r g i b t siew d aß die kleine Ostsee, die in ihrer G rößenausdehnung hinte d er heutigen Flächenausdehnung D eutschlands zurückbleibt, z..

d en befahrensten M eeresteilen d er E rd e zählt. E in g r o ß e r Tcj de9 m itteleuropäischen V erkehrs mit den O stseestaaten v°

zieht sich über den südlichsten Seehafen Deutschlands, lieh Stettin, der mit seiner ihn besonders auszeichnend01 verkehrsgeographischen Lage als günstigster V e r m i t t l e r

nordischen V erkehrs angesehen w erden muß. Von und nfC S tettin w erden regelm äßige Passagier- und Frachtlinien &

von und nach allen bedeutenderen Seehäfen d er Ostseeländ

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15. Mai 1932 O S T S E E H A N D E L 5

unterhalten. E isenbahn und Binnenschiffahrt bieten kurze und billige T arife von und nach S tettin und die seew ärtigen E ntfernungen von und nach den H äfen d e r O stseestaaten sind von Stettin gegenüber anderen deutschen H äfen die k ü r­

zesten. A ußerdem besteht ein lebhafter Tram pschiffahrts- verkehr zwischen Stettin und allen H äfen d er Ostsee. E rze, Kiese, H olz, Zellulose, aber auch Flachs, Butter, Käse, Eier, P reißelbeeren, Islandm oos sind einige d er Häuptern- fuhrw aren S tettins aus den O stseeländern, in denen dieser H afen von keinem anderen übertroffen wird. Aber auch für andere deutsche Seehäfen, wie Königsberg, Lübeck, Kiel, H am burg und Brem en, spielt d er V erkehr mit den O stseeländem eine bedeutende Rolle. T rotzdem die W elt­

w irtsch a ftsk rise auch in dieser Beziehung störend eingegriffen hat, darf man sagen, daß H andel und V erkehr mit den O st­

seestaaten noch g ro ß e Entw icklungsm öglichkeiten bieten und daß es daher w irtschaftlich und politisch geboten erscheint die H andels- und V erkehrsbeziehungen Deutschlands zu diesen Ländern besonders zu fördern und zu pflegen. Es muß unbedingt verm ieden w erden, in Zukunft handelspolitische M aßnahm en zu treffen, die in den nordischen S taaten d er Gefahr der M ißdeutung ausgesetzt sind und Verstim m ung in diesen Ländern hervorrufen, müssen, die nicht nur g e o ­ graphisch, sondern zum größten Teil auch ethnologisch und kulturell, in überw iegendem M aße aber w irtschaftlich mit Deutschland verbunden sind.

Nicht die T atsache, daß D eutschland Zollerhöhungen vornahm, wohl aber die Art und W eise, in d e r sie vorge­

nom m en w urden, gab zu M ißdeutungen Anlaß und verletzte das bei den nordischen Völkern besonders stark ausgeprägte

Rechtsem pfinden, obwohl streng genom m en eine R echts­

verletzung deutscherseits nicht vorlag. A ngesichts d er von mir nachgew iesenen Intensität der w irtschaftlichen B ezie­

hungen u n d m ehr noch angesichts d e r engen Bande des Blutes und der F reundschaft, d ie d as deutsche Volk mit den Völkern d e r nordischen S taaten verbinden, gilt es daher auf diesem Gebiete künftighin d as zu verm eiden, w as M öglich­

keiten d er E ntfrem dung in sich birgt und d as zu tun, w as die Spannung, die noch heute über den w irtschaftlichen B e­

ziehungen D eutschlands zu diesen Ländern liegt, restlos b e ­ seitigt. A ndernfalls droht die Gefahr, daß d e r deutsche H andel aus seiner führenden Stellung in d en nordischen L än ­ dern zugunsten anderer ausländischer W ettbew erber v er­

drängt wird, d ie von jeher lebhaftes Interesse an diesen M ärkten gezeigt und d ie andererseits in großem U m fange Abnehm er d e r E rzeugnisse dieser Länder sind.

Ich möchte meine A usführungen, die nur bezw eckten, die w irtschaftliche B edeutung d e r O stseeländer für die deutsche V olksw irtschaft hervorzukehren, nicht schließen, oh n e zu erw ähnen, daß sich auch die deutsche W issenschaft mit den V ertretern d e r W issenschaft d e r nordischen S taaten eng verbunden fühlt und viel zur V ertiefung d es w echselsei­

tigen V erstehens d er Freundschaft und Zuneigung zwischen dem deutschen Volk und den nordischen V ölkern beigetragen hat. D ie s gilt insbesondere für eine uralte, ehrw ürdige Stätte der W issenschaft, die U niversität Greifswald mit ihrem n o r­

dischen Institut und ihrem Institut für Finnlandkunde, die als d er B rennpunkt nordischen G eisteslebens in Deutschland bezeichnet w erden darf.

Ein Finnlanddam pfer verläßt den Stettiner Hafen.

Die Neuregelung des Ausverttauiswesens im Regierungsbezirk Stettin.

Von Dr. Curt H o f f m a n n.

D urch die N otverordnung des Reichspräsidenten zum Schutze der W irtschaft vom 9. M ärz 1932 (RGBl. I S.

122 ff.) ist endlich nach langjährigen Bem ühungen den W ün­

schen des Einzelhandels nach V erschärfung der B estim ­ mungen des Gesetzes gegen den unlauteren W ettbew erb über A usverkaufsw esen R echnung getragen. E s kann nicht bestritten werden, daß sich hinsichtlich der V eranstaltung von Ausverkäufen unter d er H errschaft des im Ja h re 1909 e r ­ lassenen G esetzes gegen den unlauteren W ettbew erb Aus­

wüchse und M ißstände herausgebildet hatten, die dem r e ­ gulären Einzelhandel erheblichen Schaden zufügten. U nter

den fadenscheinigsten G ründen wurden Ausverkäufe v eran­

staltet, die trotz bestehender V orschriften nicht verhindert w erden konnten, obw ohl sie in zahlreichen Fällen eine u n ­ lautere W ettbew erbsm aßnahm e darstellten. E benso w aren für m anche G eschäfte ausverkaufsähnliche V eranstaltungen, die bekanntlich den echten Ausverkäufen gleichgestellt waren, zu einer ständigen Einrichtung gew orden. Mit diesen Miß- ständen h at die N otverordnung vom 9. M ärz 1932 au fg e­

räum t und eine U nterscheidung zwischen echten A usver­

käufen und ausverkaufsähnlichen V eranstaltungen getroffen.

Bei den letzteren handelt es sich um V erkäufe, die zum

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Zw ecke der Räum ung eines bestim m ten W arenvorrates aus dem vorhandenen Bestände vorgenom m en werden, ohne daß der G eschäftsbetrieb od er V ertrieb einer bestim m ten W a ren ­ gattung eingestellt w erden soll. In Z ukunft dürfen in öffent­

lichen A nkündigungen V eranstaltungen als „A usverkäufe“ nur bezeichnet werden, wenn sie ihren Grund in der Aufgabe des gesam ten G eschäftsbetriebes o d er des G eschäftsbetriebes einer Zw eigniederlassung o d er einer einzelnen \^ are n g a ttu n g haben, w ährend für alle anderen V eranstaltungen, die bisher auch als A usverkäufe bezeichnet wurden, diese Bezeichnung nicht verw endet w erden darf. F erner sind die Befugnisse der U eberw achungsbehörden erw eitert worden.

D iese A enderung d er gesetzlichen Bestim m ungen des unlauteren W ettbew erbsrechts, soweit das Aus Verkaufs wiesen in B etracht kom m t, m achte den E rlaß einer neuen A usver­

kaufsverordnung für den R egierungsbezirk Stettin erforderlich, da die am 17. Ja n u ar 1930 erlassene V erordnung dem jetzigen R echtszustande nicht m ehr Rechnung trägt. D er R egierungs­

präsident hat daher im A m tsblatt der preuß. R egierung in Stettin (A usgabe A Stück 18 vom 30. April 1932 S. 116 ff.) eine neue V erordnung über das Ausverkaufsw esen für den R egierungsbezirk Stettin erlassen, die die in der N otv ero rd ­ nung zum Schutze der W irtschaft erlassenen neuen B estim ­ m ungen berücksichtigt.

Im Prinzip wird an der jetzt geltenden R egelung des A usverkaufsw esens nichts geändert. Es sind lediglich E r ­ w eiterungen d er bisher schon gültigen V orschriften vorgenom ­ men und solche Bestim m ungen ausdrücklich festgelegt w or­

den, deren Rechtsw irksam keit von den ordentlichen Gerichten bisher in Zweifel gestellt wurde.

D ie Anzeigepflicht für echte Ausverkäufe und ausver- kaufsähnliche V eranstaltungen ist beibehalten worden, wobei zu bem erken ist, daß V eranstaltungen, welche die R äum ung eines bestim m ten W arenvorrats aus dem vorhandenen B e­

stände betroffen, nur stattfinden dürfen, wenn ein von der V erkehrsauffassung als ausreichend an erkannter G rund vo r­

liegt. H ierdurch ist die M öglichkeit gegeben, die in der letzten Zeit in überreichlichem M aße durchgeführten au sv er­

kaufsähnlichen V eranstaltungen, wie R äum ungsausverkäufe, V erkäufe w egen Auseinandersetzung, U m zuges etc., einzu­

schränken.

W ie bisher ist die Anzeige über die V eranstaltung von echten und unechten Ausverkäufen schriftlich bei der In ­ dustrie- und H andelskam m er in Stettin zu erstatten. In der Anzeige ist neben der A ngabe des Grundes, des Beginns und des Ortes, an dem die V eranstaltung stattfinden soll, auch eine A ngabe über das voraussichtliche E nde zu machen.

Neu ist, daß die Anzeige 14 T age vor d er Ankündigung erstattet w erden muß. D iese Bestim mung einer F ristsetzung zwischen dem T age der A nkündigung und dem T age der A n­

meldung des A usverkaufs h at vor Ja h re n nicht die Z ustim ­ mung der ordentlichen G erichte gefunden, da eine solche F ristsetzung nach Ansicht d er Gerichte über den R ahm en der den V erw altungsbehörden durch das W ettbew erbsgesetz ü b e r­

tragenen B efugnisse hinausging. Viele Aus Verkaufs Verord­

nungen hatten, da die Praxis gezeigt hatte, daß eine solche F rist unbedingt erforderlich ist, um den "Ueberwachungs- stellen die M öglichkeit zu geben, die für die A usverkäufe an ­ gegebenen Gründe nachprüfen zu können, eine Bestim mung über eine solche F rist enthalten. Weil aber die ordentlichen Gerichte diese Bestim mung nicht anerkannten, haben die E inzelhandelskreise nachdrücklich gefordert, daß die M ög­

lichkeit einer solchen F ristsetzung gesetzlich festgelegt wüfde.

Das ist durch die N otverordnung und durch die V erordnung über das Ausverkaufsw esen für den R egierungsbezirk Stettin geschehen. Nun kann es aber Fälle geben, in denen eine:

solche F rist zu unbilligen H ärten führt. D esw egen ist b e ­ stimmt worden, daß die Industrie- und H andelskam m er zu Stettin Ausnahm en von dieser F rist zulassen kann, wenn b e ­ sondere G ründe eine schnelle D urchführung der A usverkaufs­

veranstaltung erheischen o d er W aren ausverkauft werden sollen, die dem V erderben ausgesetzt sind.

D ie Bestim m ungen über das bei der Anzeige einzu­

reichende W arenverzeichnis sind im großen und ganzen bei­

behalten worden. Zu begrüßen ist, daß auch hier durch einige Zusatzbestim m ungen die M öglichkeit gegeben- ist, ein übersichtliches W arenverzeichnis zu verlangen, auf Grund dessen die zum V erkauf gestellten W aren nachgeprüft w er­

den können. Die Praxis zeigt, daß bei d er Aufstellung d er W arenverzeichnisse vielfach nicht die erforderliche Sorgfalt aufgew endet wird. Zahlreich sind die Fälle, in denen die W arenverzeichnisse nur M engenangaben enthalten, die eine N achprüfung des W arenbestandes nicht zulassen. M ußten bis­

her die zum Ausverkauf gestellten W aren nach Art, Stückzahl,

M enge, Maß oder G ewicht spezifiziert werden, so sind künf­

tighin auch Angaben über die regelm äßigen V erkaufspreise zu machen. A ußerdem sind die W arenposten im Lager sichtbar und fortlaufend zu num erieren und ihre hiernach sich ergebenden L agernum m ern unter Bezeichnung des Lager- orts in dem Verzeichnis anzugeben. Diese Bestim mung b e­

zw eckt, den V ertrauensm ännern, die mit der U eberw achung der A usverkäufe betraut w erden können, die N achprüfung des W arenlagers zu erleichtern. Hinsichtlich d er in Auftrag gegebenen, a b e r im Z eitpunkt d er Anmeldung noch nicht eingetroffenen W aren ist zu bem erken, daß diese nicht nur mit genauer A ngabe des T ages d er Bestellung und des A b­

nahm ezeitpunktes gesondert aufzuführen sind, sondern daß auch der L ieferant anzugeben ist. Auch hier ist vor der Z ulagernahm e jeder neu angekom m ene Posten mit der auf Grund des Verzeichnisses sich ergebenden Lagernum m er zu versehen. Diese Bestim m ung erleichtert in gew isser B e­

ziehung dem V eranstalter des A usverkaufs die Aufstellung des W arenverzeichnisses und die R egistrierung der zum Aus­

verkauf gestellten W aren. Um jeden Zweifel zu beheben, ist in der neuen V erordnung ausdrücklich festgelegt, daß die Industrie- und H andelskam m er zu Stettin die Berichtigung oder E rgänzung eines diesen Vorschriften nicht entsprechen­

den Verzeichnisses verlangen kann. H ieraus wird zu folgern sein, daß eine ordnungsm äßige Anmeldung eines A usver­

kaufs od er einer ausverkaufsähnlichen V eranstaltung erst dann vorliegt, wenn ein den Vorschriften entsprechendes W aren ­ verzeichnis eingereicht ist.

Um d er Industrie- und H andelskam m er die U eb e r­

w achung dieser aus dem R ahm en des üblichen G eschäfts­

ganges herausfallenden V eranstaltungen zu erleichtern, ist ferner festgelegt, daß der Industrie- und H andelskam m er mit der Anzeige die T atsachen anzuführen und auf ihr V erlangen die Belege einzureichen sind, aus denen sich ergibt, daß der G rund des A usverkaufs bezw. der ausverkaufsähnlichen V er­

anstaltung w ahr und ernsthaft gem eint ist. W enn auch auf Grund d er früheren gesetzlichen Bestim m ungen die Kam m er als Anmeldestelle vielfach schon von dieser M öglichkeit G e­

brauch gem acht hat, obw ohl eine ausdrückliche F estlegung dieser Bestim m ungen im Gesetz nicht vorgesehen war, ist es doch zu begrüßen, daß in dieser H insicht nunm ehr jeder Zweifel behoben ist. Im Zusam m enhang hierm it sei erw ähnt, daß auf Grund d er V erordnung zum Schutze der W i r t s c h a f t

ein G eschäftsinhaber nach Beendigung eines Ausverkaufs vor Ablauf einer. F rist von einem Ja h re an dem Orte, an dem der Ausverkauf stattgefunden hat, einen H andel mit den von dem A usverkauf betroffenen W arengattungen nicht wie­

d er beginnen darf. V erboten ist ferner zum Zw ecke der U m gehung dieser V orschrift eine Beteiligung an bezw. eine Betätigung in dem neu eröffneten Geschäft. Diese B estim ­ mung hat den Zweck, den zahlreich beobachteten Fällen einen Riegel vorzuschieben, in denen nach Beendigung eines Aus­

verkaufs das Geschäft von dem Inhaber oder einem S troh­

mann w eitergeführt wurde. Unbillige H ärten sind nicht zu befürchten, da die höhere V erw altungsbehörde nach A n­

hörung d er zuständigen B erufsvertretung von Handel, H a n d ­ w erk und Industrie von dieser Bestim mung Ausnahm en g e ­ statten kann.

Eine weitere Lücke in dem bisherigen Recht ist durch die Bestim m ung beseitigt worden, daß die N otverordnung der höheren V erw altungsbehörde die M öglichkeit gibt, für die Ausverkäufe und ausverkaufsähnlichen V eranstaltungen eine F rist festzusetzen, innerhalb deren sie beendet sein müssen. D em zufolge h at der R egierungspräsident in seiner oben bezeichneten V erordnung bestimm t, daß A usver­

käufe, die ihren Grund in der Aufgabe des gesam ten G e­

schäftsbetriebes oder des G eschäftsbetriebes einer Z w eig­

niederlassung oder einer einzelnen W arengattung haben, nicht länger als zwei M onate und die ausverkaufsähnlichen Veranstaltungen, also V erkäufe, die zum Zw ecke der R äu ­ mung eines bestim m ten W arenvorrats aus einem vorhan­

denen W arenbestände veranstaltet werden, nicht länger als vier W ochen dauern dürfen. Jedoch kann die Industrie- und H andelskam m er von diesen F risten Ausnahm en bewilligen, wenn die U m stände eine W eiterführung der V eranstaltung erforderlich machen. In diesem Falle kann die Industrie- und H andelskam m er die Einreichung eines neuen V erzeich­

nisses des noch vorhandenen W arenbestandes in der üblichen Form verlangen.

Die bisherigen Saison- und Inventurausverkäufe werden für die Zukunft um benannt in Saisonschluß- und In ventur­

verkäufe, wobei -bestimmt wird, daß der Inventurverkauf am 1. M ontag nach dem 4. Januar, d er Saisonschlußverkauf am 1. August, oder, falls dieser T ag ein Sonntag ist, am 2.

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15. Mai 1932 O S T S E E - H A N D E L 7

A ugust beginnt. Die Sonderregelung für den Kreis Usedom- Wollin, nach der d er Saisonschlußverkauf am 15. A ugust oder, falls dieser T ag ein Sonntag ist, am 16. A ugust b e ­ ginnt, ist ebenfalls beibehalten. Auf G rund d er G esetzesän­

derung ist zu bem erken, d a ß ' diese S onderveranstaltungen auch zugelassen sind, wenn sie von der zuständigen g esetz­

lichen Berufsvertretungj also der Industrie- und H andels­

kam m er, als für die ordentliche und gesunde G eschäftsent­

wicklung erforderlich anerkannt werden. D er bisherige R echtszustand w ar auf die U eblichkeit solcher V eranstaltun­

gen abgestellt. E s ist jetzt möglich, auch bei neu sich e r ­ gebenden M odeschw ankungen für bisher nicht als Mode g el­

tende Artikel Saisonschlußverkäufe zu veranstalten.

Die Bestimmung, daß zur N achprüfung der A ngaben in der A usverkaufsanzeige und im W arenverzeichnis die a m t­

lich bestellten V ertrauensm änner der Industrie- und Hände! s*

kam m er zu Stettin befugt sind, bedeutet nur eine gesetzliche Anerkennung eines in d er Praxis schon tatsächlich a n g e ­ w andten V erfahrens. D enn in einigen Fällen h at die In ­ dustrie- und H andelskam m er zu Stettin bereits davon G e­

brauch gem acht, A usverkäufe durch besondere V ertrauens­

personen nachprüfen zu lassen.

Im allgem einen ist zu sagen, daß die - N euregelung des W ettbew erbsrechts, soweit das A usverkaufsw esen in B e­

tracht kom m t, den W ünschen des Einzelhandels sehr weit entgegenkom m t. N unm ehr wird die M öglichkeit gegeben sein, unlautere A usverkaüfsveranstaltungen w irksam er zu b e ­ käm pfen, als das bisher der Fall war. Es ist zu hoffen*

daß die W ünsche, die der Einzelhandel für eine w eitere A us­

gestaltung der gesetzlichen Bestim m ungen über das Aüsver- kaufsw esen noch hegt, auch einer endgültigen Lösung zuge­

führt werden.

E isen b a h n ~ G ü t e r v e r k e h r s - Ttluchrichten.

B e a rb e ite t vom V e rk e h rsb ü ro d e r In d u s trie - u n d H a n d e lsk a m m e r zu S tettin . a) Deutsche Tarife.

Deutscher Eisenbahn-Gütertarif, Teil I Abt. A. Mit Gültigkeit vom 1. Mai 1932 erschien zum Anhang zum N ach­

trag V III des Deutschen Eisenbahn-G ütertarifs, Teil I Abt. A der N achtrag II.

Deutscher Eisenbahn-Gütertarif, Teil I Abt. B. Die B e­

stimmungen über die Frachtberechnung nach den Sätzen der H auptklassen für mindestens das Ladegew icht des v er­

w endeten W agens und das zugehörige Verzeichnis im § 6 (2) der Allgemeinen Tarif vor Schriften w urden mit -Gültig­

keit vom 1. Mai 1932 bis längstens 31. D ezem ber 1932 außer K raft gesetzt.

Durchfuhr-Ausnahmetarif S. D. 6 (Verkehr deutsche S ee­

häfen—deutsch-tschechoslowakische Grenzübergangsbahnhöfe und umgekehrt). Mit Gültigkeit vom 25. April 1932 bis auf jederzeitigen W iderruf, längstens bis zum 24. Juli 1932 ein- . schließlich w urde eine „B esondere F rachterm äßigung für Kleie der deutschen Klasse F “ eingeführt. Die B esondere F rachterm äßigung gilt von ..verschiedenen deutsch-tschechoslo­

wakischen G renzbahnhöfen nach Stettin bei Auflieferung einer M indestmenge von 500 t idureh einen und denselben A bsender innerhalb 3 M onaten und ist an die Stellung einer Sicherheit von 1000,— RM. gebunden.

Reichsbahn-Gütertarif, Ausnahmetarife 6, 6 f, 6 g Und 6 1 für Steinkohlen usw. bezw. Braunkohlen usw.

Im Ausnahm etarif (5, Seite 2, im Abschnitt III. A 1 6 f, 4, „ „ V. A 1 Gg, „ 4, „ „ V. A 1 und 61, „, 3, „ „ V. l a

wurde hinter den W orten „für m indestens 10 t “ das Zeichen * angebracht und am F uße d e r vorstehend genannten Seiten folgende mit einem * versehene Anm erkung nachgetragen:

In der Zeit vom 1. Mai 1932 bis längstens 31. D e ­ zember 1932 w erden d e r F rachtberechnung für Kohlen und Brikette (nicht für Koks) in W agen mit einem Ladegew icht von 15 t bis einschließlich 20 t die wirklich verladenen Mengen, m indestens aber 15 000 kg zugrunde gelegt.

Reichsbahn-Gütertarif, Heft C II b (Ausnahmetarife).

D er Ausnahmetarif 11 k .(Heidehumus, Laubhumus usw.) wurde mit Gültigkeit vom 1. Mai 1932 eingeführt. E r gilt für H eidehum us, Laubhum us usw. zur V erw endung im G ar­

tenbau von bestim m ten Bahnhöfen nach allen Bahnhöfen der Deutschen R eichsbahn und den Bahnhöfen d er R uppiner Eisenbahn.

Im Ausnahmetarif 97 (Soda, kristallisiert) ist der Gül-

^gkeitsverm erk wie folgt zu fassen: „G ültig bis auf je d e r- zeitigen W iderruf, längstens bis zum 30. Septem ber 1932“ .

b) Deutsche Verbandtarife.

Deutsch-Oesterreichischer Güterverkehr. Mit Gültigkeit vpm 1. Mai 1932, soweit Erhöhungen und E rschw erungen eintreten, mit Gültigkeit vom 15. Mai 1,932 trat zum E isen ­

bahn-G ütertarif Teil II H eft 2 (Allgem einer W agenladungs­

verkehr im D urchgang durch die Tschechoslowakei) N ach­

trag V, w elcher A enderungen und E rgänzungen enthält, in Kraft.

Deutsch-Polnischer Verbandtarif. Mit Gültigkeit vom 1. Mai 1932 traten zum V erbandsgütertarif Teil II, H eft 1 der N achtrag IV und zum Teil II, H eft 2 der N achtrag 11T in Kraft.

Deutsch-Polnisch-Sowjetischer Gütertarif. Mit Gültigkeit vom 1. Juni 1932 w ird d e r N achtrag I zum G ütertarif Teil I herausgegeben.

Deutsch-Schweizerischer Gütertarif, Teil II, Heft 4 (Eil- und Frachtstückgiuttarif). Voraussichtlich w ird mit G ül­

tigkeit vom 1. Juli 1932 vorgenannter V erbandtarif neu her- ausgegeben.

c) Ausländische Tarife.

Rumänische Eisenbahnen. Voraussichtlich wird mit G ül­

tigkeit vom 1. Juli 1932 d er Lokaltarif neu herausgegeben.

d) Verschiedenes.

Aenderungen von Bahnhofsnamen. Mit G ültigkeit vom 22. Mai 1932 w erden nachstehende Bahnhofsnam en wie folgt geändert:

v o n : a u f :

B e n r a t h ( R h e i n ) D ü s s e l d o r f - B e n r a t h

Dziergowitz O derw alde

N euenbürg (W ürtt.) N euenbürg (W ürtt.) Hbf.

Kursänderungen: Im V erkehr mit nachstehenden L än­

dern w urden die K urse wie folgt festgesetzt:

V erkehr m it a) Erhebungskurs b) VersandÜber­

weisungskurs

N o rw eg en Ö ste rre ic h S c h w ed e n D än e m ark N o rw eg en

a b 23. A p r i l 1 9 3 2 :

1 Kr. = 78 Rpf. 1 RM. = 1,30 Kr.

a b 26. A p r i l 1 9 3 2 :

1 S c h illin g = 52 Rpf. 1 RM. = 1,93 S ch illin g 1 Kr. = 77 Rpf. 1 RM. = 1,30 Kr.

a b 29. A p r i l 1 9 3 2 :

1 Kr. = 85 Rpf. 1 RM. = 1,18 Kr.

1 Kr. = 77 Rpf. 1 RM. = 1,31 Kr.

a b 1. M a i 1 9 3 2 : Ö s te rre ic h 1

d e r S ch w eiz 1 D än e m ark 1 S c h w e d e n 1 N o rw e g en 1 F ra n k re ic h \ ^ S a a rb a h n e n / Ita lie n 1

d. N ied e rlan d . 1 G ulden U ngarn 1 Pengö

S c h ill in g e 52 Rpf.

F r.

Kr.

Kr.

Kr.

F r.

L ira

= 81,9 Rpf.

= 85 Rpf.

= 77 Rpf.

= 78 R pf

= 16,6 Rpf.

= 21,7 Rpf.

= 171 Rpf.

= 61 Rpf.

1 RM. = 1,93 S ch illin g 1 RM. = 1,22 F r.

1 RM. = 1,18 Kr.

1 RM. = 1,31 Kr.

1 RM. = 1,30 Kr.

1 RM. = 6,03 Fr.

1 RM. = 4,61 L ire 1 RM. = 0,59 G ulden 1 RM. = 1,64 P engö.

l "

Ihr bester und billigster V e r t r e t e r ist der „ O S T S E E = H A N D E L “; denn er k o m m t monatlich zweimal z u

I h r e n K u n d e n im In= und Ausland. II

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