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Aus der Heimath. Ein naturwissenschaftliches Volksblatt, 1859, No. 38.

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Academic year: 2022

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Wöchentlich1Bogen.DurchalleBuchhandlungenundPostämter fürvierteljährlich15Sgr.zubeziehen.

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1859.

No. 38.

Denktdaranl is)

Aufdertief verschneitenLandstraßemußteebenein

armer, vorKältezitternderHandwerksburscheausdemein- zigen,indemnochziemlichneuen SchneegefahrenenGleise heraustretenindentiefen knirschendenSchnee,um·emem Rennfchlitten Platzzumachen,denerseiteinigenMinuten mitschnell zunehmender Helligkeitseines Geläuteshinter sichherkommen hörte.DerleichteSchlitten flog pfeilschnell

andemHandwerksburschenvorüber, der dann, nicht vhne einenbitternVergleichmitseiner eigenen,umsovielesbe- schwerlicherenArtzureisen,wiederindasspiegelndeGleis trat, ummühseligweiterzukeuchen.Kaumeine Minute späterhieltderSchlitten stillundeinehelleFrauenstimme rief zurück: ,,Heda,Wandersmann, kommenSieschnell!« DerAngerufenebeeilte sichdemRufezufolgen, obgleich essichweder aufdenglatten SpurenderKufennochim lockerenSchneeebensehr fördersamlaufen ließ;denndie Armuth istimmer dienstbereitundderHandwerksbursche glaubte, daßman imSchlitten seinen Beistand herbeirufe.

Er wurde daherumsoangenehmereinesAnderen belehrt, alsihndieselbefreundlicheStimme einlud,sichhintenauf- zusetzen,was ermit einem»ichdankeschön«sichnicht zwei- malsagenließ.

Wiejeder auch noch sokleinenmenschenfreundlichen

lk)DiesekleineErzählung erschien (untereineinanderen Titel)vor mehrerenJahren ineiner,nach sehr kurzemBe- stehenleiderwiedereingegangenen Monatssehrift,auswelcher»sie MitEklanUlß DesHerrnHerausgebers hierwiedergegebenwird- daeinige unserer LeserinnendenGedankenund dasZielder Erzählunginbesonderer Uebel-einstinimungmit»ausderHei- math« fanden.

Handlung, so folgte auch dieserdasmehrereMinutenlange Stillschweigen,währendwelchesman seineeigenenGefühle unddie desEmpfängersunserer That still genießt,ehejman

amAlltagslebenweiterspinnt.

DieLeuteimSchlittenwaren einjunges Ehepaar;

reicheLeute,dassahderfrohe InhaberderPritzscheauf denerstenBlick, dennihreUmhüllung,womitsie einer noch größerenKältehättenTrotzbietenkönnen,war ebensovoll- ständigalskostbar·DerHandwerksburschebemerkte,daß kurzeZeit,nachdemeraufgestiegenwar, diejunge Frau ihremManne etwas zuflüsterte.Dieser hielt gleichdarauf dasPferdan, unddieliebenswürdigeWohlthäterin,von welcherderBeglücktejetztzumersten Male einfreundliches Augenpaar durchdenSchleier leuchten sah, sagte:,,vorn liegteinegroßeDecke,dienehmenSie undhüllen sich darein;sonstkönnteJhnenunserDienstamEndeschlecht bekommen, denn nachdemangestrengtenMarsch imSchnee WüßtenSie sichinIhrer leichtenKleidung unfehlbarer-

kälten.«

Mit derHastdesvon einer daßman essagen muß! soungewöhnlichenFreundlichkeit verblüfften StiefkindesdesGlückesführtedieserdasmenschenfreund- liche Geheißziemlichlinkischundeiligaus,um jakeinen Aufenthaltzuverursachen.

»Nein, ordentlich!«sagtediejungeFrau,»nehmenSie sichnurZeit.«

Jetztaber lüftete ihrderMann denSchleierund drückte wasdemmitseinerEinwickelungBeschäftigten entging einenKuß seligerLiebeaufdenMund seines herzigen Frauchens.

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Nun gingesimausgreifendenTrab dahin.Lustig töntedasGeläutedersilberreinen Glöckchenameleganten Pferdegeschirrweithin durchdenWald undüber dieschnee- bedeckteFlur.

Amreinen tiefenNachthimmel glänztendie Sterne mitjenem zitternden Flimmern, welchesdenkaltenWinter- nächteneigen ist.DerWald zurRechtenwar durcheinen starkenRauchsrostüberundübermit glänzendenEiskrystal- lenüberzogen, daßman hätte glauben mögen,esseieine riesige,mitBlüthenbedeckteSchlehdornhecke. ZurLinken dehnte sichweithineinejunge Fichten-Schonung,auf wel- cherdie inReihundGliedgepflanzten Bäumchenalsdunkle PunktesausderSchneedeckehervortraten.

»AberlieberAdolf,« hob jetztdiejunge Frauan, »Du versprachstmirvorhinbeidemCotillon,Du wollest mir aufdemHeimwegeetwas erzählen.Wirhabenkaumnoch eineStunde zufahren,undeswirddaherhohe Zeit, daß

Dunun anfängst.« »

»Nungut,«antwortete dermit AdolfAngeredete, »ich willesthun,undthuees von jetztandoppelt gern. Aber vorher sagemir, meineFanny, wieDu Dich aufdem heutigen Fastnachtsballeamüsirthast.-«

»O, ich habe michganzgutunterhalten,«erwiederte siemiteinemTone,demman anhörte, daßsiedasVer- gnügen,vondemsie kamen,doch nichtebenfüretwassehr Großes hielt. »Warum solltemiresnicht gefallen haben;

wirsind beidejungunddaläßtman sichgerneinmalvon demWirbel derFreude fortreißen;aber —- siehmein Adolf, ich glaube, daßmeinGeschmackandemrauschenden VergnügeneinesBalles baldnoch mehr abnehmen wird;

dennschon heuteamdritten Balleseit unserer Hochzeit, ist mirManches—- ichmöchtefast sagen widerwärtigerschie- nen,was mirfrühergarnichtebenaufgefallen ist.«

»Nun möchteichDirfastmeineGeschichtenicht erzäh- len,« lautete die Antwort, »dennwenn ichdamit eine Wir- kungbeiDirbeabsichtigthätte, sowäresieja jetzt schon erreichtund sie wirdDichnur nochtiefer betrüben, als sieesohnehinvielleichtgethan habenwürde-«

»Betrüben? Dumachstmich fast mehrals neu- gierig,Dumachst mireinBischenbange.Abernun mußt DumirerstrechtDeine Geschichteerzählen.«

»Sei deshalbnichtbange,meinKind; undicherzähle Meine Erzählung heißt:Natur- und Leidens- geschichtedesBalles. Nichtwahr!das isteinbarockes Thema? Esistaberaucheininhaltreiches. HastDu wohlgesehen, welche Prachtund welcherGlanzheute Abend, odervielmehr gesternAbend,dennwirsind bereits seit einigenStunden indieFastenzeiteingetreten den Ballsaaldurchglänzte? Jederdergeladenen Gäste suchte darinunsermsteinreichenWirthe,demGrafen,möglichst nahezu kommen. Wirwaren fastdieEinzigen,die, wie wirdieeinzigen Bürgerlichenwaren, keinensehr kostbaren Schmucktrugen. Erinnere Dichnocheinmal andie ganze GestaltderaltenGräsin,alssie diescheidendenGästemit Dir.

ihremnobelnAnstande entließund, in denkostbaren Zobel-’

pelz gehüllt,bisandieTreppe begleiteteEinJuwelier würdesich gewißim Stillenberechnethaben,wasdieFrau werthwar. Ichdachte dabeietwas ganzAnderes. Ich dachtedarübernach,wie vielanZeitundKraftundMüh- salerstaUfgebotenwerden muß, eheeinevornehmeBall- dame sixundfertig dasteht.DieBeantwortung dieserFrage isteben- meineNatur- undLeidensgeschichtedesBalles.«

,,Halt!«warf hierdieFraumitunverkennbarem Ernst ein,»barockistDeinThema nicht; daßes abereininhalt- reiches,jaeininhaltschweressei, dasahneich bereitsvoll- kommen.«

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»Es hat seine zwei Seiten,« fuhr Adolf fortmiteinem sinnenden,wehmüthigenErnste,»einewissenschaftlicheund einereinmenschliche. JnallenZonen mußtenalledrei Naturreicheaufgebotenwerden,wenn sichheuteAbendun- serearme reiche Gräsin behaglichfühlen sollte;sieistder Mittelpunkt,derauf sichdieStrahlenvondenentlegensien PunktenderErdesammelte. JneineFensterbrüstungge- lehnt, sah ich lange Zeitblosmitmeinenleiblichen Augen dasglänzendeTreiben vormir. Mein inneres Schauen führtemirganzandere Gesichtevor.«

»DieBlitzeder Brillanten beleuchtetenmir eine schwarzenackteMenschengestalt;eswar derunglückliche Sklave, derdieBrillanten indemaufgewühltenBoden Brasiliens suchte, währendhinter ihmdasspähendeAuge desSklaventreibers jede seiner Bewegungen belauschte, obervielleichteinenkostbarenFundverschlucke.Aberder Sklave lieferte seine Fundeabund kaute Abends seine hartenMaiskörner. HeuteglänztendieBrillanten am

HalsederGräfin,durchdendieLeckerbissenallerLänder zögerndhinabglitten,weilsievonkeinemHunger gerufen waren-«

»Dannwar esmir, alssei ich aufdemMeere· Jch sahanlangemTau einenMenschenaus derTiefedes Meeres indasBootemporziehen. Blut stürzteihmaus Mund undNaseundlange lagerbewußtlosda. Andere leerten inzwischeneinenSack,derihmam Gürtel hing.

Erenthielt großeplatte Muscheln. Solcher Muscheln sah ichauf demsonndurchglühtenKüstensanddesnahenEilan- desvieleliegen,zu kleinenHaufen aufgeschichtet.DieFäul- nißderMuschelthiereverpestete ringsumdieLuftunddoch wurden dieHaufendannzuhohen Preisenanherzugekom-

mene Käufer versteigert.Eswar eine ArtLotterie. Die Käufer durchsuchtendanndie zuekelhaftemKoth verfaulten Thiere nach Perlen. Jch sah freudigeundbetrogeneGe- sichter,undauchdasstolz lächelndeAugederFrauGräfin müßtedorthinblicken,woMenschenihr Köstlichstes,ihren Lebensodem, daran setzen,umihr Perlenzusuchen, dieses kostbare ErzeugnißeinerKrankheit.«

»SinddasdiePerlen?« fragte Fanny erstaunt.

»Manmußsiefast soansehen. Irgendeinkrankhafter Zustand veranlaßt manche Muschelthiereinihrem Innern denPerlmutterstoff,derbekanntlichnichtsweiteralsvon thierischemLeimdurchdrungenerKalkist,undausdemsich dasThier seine Schalebaut,auszuscheidenundso diePer- lenzubilden. Derselbe Stoff ist beinahe nichts werth, wenigstensimVerhältnißzudemWerthederPerlen, wenn ernach demGesetzdesgesundenLebensvon dem- selben ThierezurMuschelschalegeformtworden ist. Ein größeresStückPerlmutter, vielleichtvondemselben Thiere bereitet, als diegroßekostbarebirnförmigePerleimSchmuck derGräfinbeträgt,gab vielleichtdenStoffzu dembeschei- denen SchmuckeinerihrerBäuerinnen. Sosonderbarbe- stimmtsichderWerthderDinge, nachdenendieLaune der Reichentrachtet.«

»Das seideneKleidderGräfin,undwelchederübrigen Damen hättean ihrem BallstaatderSeide entbehrt verknüpftemirnochinnigermeineLieblingswissenschaft,die

.

Wissenschaftvonder Natur, mitdenBedürfnissender bun- tenGesellschaftvormir. WievieleHunderttausendevon Seidenraupen hatten sichinihrenCoeons kleineRuhe- stätten gewebt,aus denen sie nach wenigenWochenzu

neuem beschwingtemLebenerwachenwollten;—- der

Mensch machtesie zuihrem Sargeund setztesichzumEr- ben der in derGluthdesOfensGetödteten. Erwickelte mühsamdenhundertevonEllenlangen feinen Fadenab, undhunderte derselben gaben ersteinenFaden,derdick

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genugwar,um dieschwereSeidenrobe unserer FrauWir- thindaraus zu weben. Menschen,denen dieThatsachen der Natur nicht genügen,umihren, nachdemFernen grü- belndenVerstandzubefriedigen, fragenimmer: wozu Dies oderJenes? WozudieJnsektenverwandlung?Ei,wenn ihrdennaufeuerunverständigesFragen, woraufeuch kein Verständigerantworten kannundmag,durchauseine Ant- wortbegehrt, so nehmtdie seidenen Kleiderineuren Klei- derschränkendafür. Jhr hättetsienicht,wenn dieInsekten wiedieübrigen Thiereals diekleinenEbenbilder ihrer Eltern geborenwürden. Wielang istdieKettevon Arbeit, wodurchsichdasMaulbeerblatt, welches sichim MagenderRaupeindenSeidenstoffumwandelt, anein fetdenesKleid knüpft! Gewiß erhöhtes denWertheines BesitzesUnddenGenuß daran,wenn man esnichtscheut, inGedankendenlangen Wegrückwärtszugehen,derbis

andie Quelle seines Ursprungs führt. Freilich nichtbei jedem.Denn einsolcherWeg führte michindenWohnsitz dieMenschheit schamrothmachenden Elendes. Während unsere DamengesellschaftvonheuteAbendvorder leckeren Tafelbehaglich saßundhundert Kerzen taghellen Glanz verbreiteten,dieLuftvonWohlgerüchenkünstlichgepflegter Blumen dufteteundder WintervonNiemand empfunden wurde,sah ichimGeiste hinter jedemStuhle esbeküm- merte michbitter einebleiche Spitzenklöpplerinsitzen, wiesieinihren feinen, weißenaberabgemagertenHänden diehundert Klöppel spielen ließ. Jch hörteimGeistedas lustige GeplauderderTafelübertönt vondemeintönigen stillen KlappernderdemUnkundigensozauberhaft erschei- nendenKlöppelarbeit.DannlöschteJedeihrtrübesLämp- chen aus,ummitdemTagelohn heimzugehen,der gerade sovielbeträgt,alsdasConfekt kostete,welches eben eine der Damen —- neckendnachihremAnbeter warf,unddann derFußeinesBedienten zertrat. Müßte nichtderGe- dankehierandieSpitzen aufdemNackenunsererreichen DamenzustechendenNadelspitzenverwandeln?«

»MeinSinnen riß michimmerweiterfort. Ichsah vorhin Negersklaven nachDiamanten suchen;nun sah Ich denfreien Neger, nichtminderimDienste unserer Schönen- durch seine heißenSteppen hinjagen,um demStrauße seine stolzenFedernzuentreißen. Jm hohenNorden dann, in

«

denSchneegefildenSibiriens, erblickteichdiegedemüthigte Tapferkeitder Vaterlandsliebe. EinedlerPole, seinHaar war ebensoweißwiesein Pfad,keuchte wankend durchden tiefen Schnee,dennihm fehlte nocheinStückanderabzu- lieferndenZahlvon Zobelfellen. Jetztverhülltesviel- leicht dieSchulterneinergedankenlosen Ballkönigin,die vielleichtdochnoch liebermitihrem theuern Putzalsmit ihrer Schönheitprunkt.«

,,Weber«, ,,Weberdörfer«,,,Weberdistrikte«,istdas nicht allgemeinalsgleichbedeutendmit,,Noth«anerkannt?

Vondieser Noth sahichheuteAbend allen denLeutchen nichtsan, die durchihre superfeineWäschedasvon aller Weltdafüranerkannte WahrzeichenderWohlhabenheitan sichtrugen. Aufallendiesenfeinen LinnenhattedasVer- größerungsglasdesFabrikanten geruht,umzusehen,ob derarme Weber, derangstvolldemAusspruchentgegen-

«

bebte,auchdaskarge Arbeitslohnverdienthabe.«

»Sieh,meinKind,«fuhrderErzählernacheinerklei- nenPause fort,welcheauch seine Fraunur mitgefühl- vollenGedankenausfüllte, ,,sieh,das sindeinigeder Wurzeln,auf denensichdiestolzeBlume einerBalldame erhebt.Siegreifenweitundtiefausundsaugenin allen ZonendenSchweißunddas BlutvonMenschen;aberder langeWeg durchStamm undAesteundZweige machtden

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derGenuß vergälltwerde; esistschlimm,dennesmacht die Weltundankbar undgefühllos.«

DemzweitenZuhörer aufderPritzschewurde eswarm umdasHerz.Erwar einarmer Webergeselle.Eswaren nur Worte, was ergehört hatte,aberauch diese Worte sthn that-en ihm Wohl,wie eine baareErleichterung seiner Noth. Mitgefühl stähltimmerdieKraftdesNothleiden- den underbegrüßtesin nie ermüdenderHoffnungalsden Vorboten derHülfe.

»DeineErzählunghat mich nichtbetrübt, wie Duver- muthetest,meinlieberMann,«hubnachlängeremSchwei- genFannyan; »denn siehat mich mächtigunddochmit sanfterGewalt übermichemporgehoben, noch näherzu derMenschheitempor, alsich jetzt schonstand.DeineEr- zählungkannnur einfeiges, thatloses Gemüthbetrüben, welches durchsolcheAufschlüssesichunangenehmaus der RuhederAlltagsgedanken herausandieNothAnderer er- innertfühlt,für dieihmdasMitgefühl,dessenessichgern erwehrenmöchte,nichtinKopfundHerz, sondernimBlut sitzt. DeineLeidensgeschichtedesBalles istmireinewahre Stärkunggewesen,einAufrufan meineschwacheKraft, starkzusein,wosoviele Millionen schwachsind, schwach inderBekämpfungmenschlichenElendes«

»Du bistauchheutemeinliebes,starkesWeib. Du fragtest nichtdieFragederer, die dabei nichtanihre eigene Pflichtdenken: wieistdazuhelfen?Dabei denkensie, weil's so bequemer istundgewichtiger klingt,anStaats- hülfe,und weilsieüberdiesekeineVerfügunghaben, so kehrensieihrer eignen Fragedann miteinemBlicknach ObenfeigdenRückenundtrösten sich mitdemBeruhigungs- balsam:einEinzelnerrichtet nichtsaus.—- Duhast mich verstanden. Hättest Dumich nichtverstanden,so würdest DuDeinen SpitzenundJuwelen denKriegerklärt und denBällenausEmpsindsamkeitValetgesagthaben.Wer sichkostbare Freuden gönnenkann, dersollihrer nichtent- behren;erdenke aber daran, daß jeder MenscheinRecht auf Freude hat. WieVielehaben heuteinFreudenge- schwelgt,und wieWenigewerden an diejenigen gedacht haben,beidenendieNothderFreude nichteinmal den

PlatzÜbtig läßt. Du wirst Dich auchdarübernicht tauschen,daß unsere Zustände, ichmeinedieVertheilung desStoffes, welcherdasLebenderMenschheit erhält,einer Besserungzwarfähigundbedürftigsind, aberdaß sieden- noch ihre Berechtigung haben,dieBerechtigung,welchejede Folge ihrer Ursache gegenüber hat. KopfundHerznicht zu verlieren ist hier freilich manchmal schwer,denneinver- wickelter Uebelstand giebt dazugarzuleichtAnlaß.«

»Ja,mein lieberedlerAdolf,sohabe ichDichver- standen,undDumüßtestja sehr unglücklichsein,wenn hierin zwischenuns keinEinverständnißwäre. Duhast mirheutemeinenGesichtskreisum einBeträchtlicheser- weitert, odernein,denn ichbinso stolz mich hierin sehr naheanDeinen hochherzigenStandpunkt zustellen Du hast michrechtlebendigdaran erinnert,wiedereinmalmit scharfemdurchdringendemBlickdorthinzusehen,von wo ihn so leichtdieSorgeauchfürdenkleinen,häuslichen Kreisablenkt. Ich versteheDich auch darin, daßDu mirdiegenossene FreudezurQuellemachtest,aus derich Andern Freudefließenlassen soll.«

»Aherwiegehtesdenn unserem Hintermann? den haben-wirjaganzvergessen;«unddabeidrehte sie sich nachdiesemum, —- ,,wir sindnun gleichzuHaufe,und auchSiewerden wohlindemvorunsliegendenStädtchen Nachtquartier machen, nichtwahr?«

,,Nein,«erwiederte derGefragte, »ich gehe nochein Ursprung vergessen.Das istgut,dennesverhindert, daß-oderzweiStunden, biszumnächstenDorfe. Hierwie

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dortmuß ichdie Leuteaus demSchlafe pochen,undin einerDorfschenkeistdasNachtlager billiger. Jch habeda- durch, daßSiemichmitgenommen haben,eine Stunde Vor- sprunggewonnenundhabe mich ausgeruht. Nun geht’s schonnochein StückWeges-«

Nun entspann sicheinGesprächüber dieVerhältnisse

desarmen Webergesellen,auswelchem dessenärmlicheLage

hervorging.Erkehrtein dieHeimath zurück,umsichdort

andendurchden ToddesVaters verwaistenWebstuhlzu setzenUndeine alteMutter zunähren.

»DawirddieBeerdigung vielleichtdenletztenGroschen gefordert haben,«bemerkteAdolf,»UndJhrealteMutter mußandenheimkehrendenSohn vielleichtdie ersteFrage stellen,oberGeldmitgebracht habe.DadürfenSienicht neinsagen müssen. Jch fürchtefast,Siewürdenesmüssen, wenn heute nichteinpaarStunden von hier ein Fast- nachtsball stattgefunden hätte, auf welchemmir,deriches wahrhaftig nicht gesuchthabe,die LaunedesKartenglückes Geldzugeworfenhat. Jch habe fürSiegespielt, sehenSie essoan,undhier,dashabe ich fürSiegewonnen. Doch halt,ebenfälltmirein,daß ichvondiesen Glücksthalern

-600 beimWeggeheneinenderBedienung gab. Hier istein anderer. Beinahe hätte ichSie für mich bezahlen lassen.

HieristeinWirthshaus,nun steigenSieab, und bleiben SiedieNachtnur hier.Adieumein Freund, grüßenSie JhrealteMutter undseinSieihrein guterSohn·«

Verwirrt standnach einigen AugenblickenderHand- werksburscheallein;erhattekaumnochZeitgehabt,die DeckeüberdenSchlittenzuwerfen. EinSchlagmitder Peltsche,Unddahin flogderleichte Schlitten durchdie schlummernde GassedesStädtchenseinemgroßen Fabrik- gebäudezu. »

AberzumHierbleibenkonnte sichderUeberglückliche nichtentschließen.Wiehätteerjetzt schlafenkönnen? Er

gingmitneuer Kraft fürbasundsangeinfrohesLied in

dieruhigeklareWinternacht hinaus, daß sichderNacht- wächter schierverwunderte über das leichte, lustigeBlut,.

dem die Kältesogarnichts anhabe.

Das junge Paartrat balddaraufin dasihresEm- pfangesbereitewarme Zimmer. Ruhige Freude leuchtete JedemausdemAugedesAndern entgegen.Einstummer Kuß besiegeltedasEinverständnißihrerSeelen.

W

Die deutschen cFliehen

Deutschlandgeht noch nichtwiemanche südeuropäische Länder gleicheinemzerlumptenBettler einher,derseine Blöße nichtbedecken kann. Esträgt nocheinschönesgrü- nesKleid. DenStoff desselbenbildetzueinemTheile dieEiche,diederDeutsche sogernalsseinen symbolischen Baum nennt, von demsichderMann desWaldes einen

»Bruch« aufdenHut steckt,wenn ereinenguten Waid- mannsschußgethan hat, javon demersichin Silber oder Gold ein paarBlätter aufseinen Kragen stickenläßt,da- mitersich ausweistwererist.

Stark undfrei starkin der tiefgreifendenWurzel, undfreiimkühnenAstbau istdieEichedasschöneBild derVolkskraft,diesichwohl brechenabernichtbiegen läßt.

Wir wollenjedoch ohneallesSymbolisirendieEiche, odervielmehrdieEichen dennDeutschlandhat zwei Eichenarten aufzuweisen botanischundforstlichbetrach- tenunddabei esallerdings nichtvon·derHand weisen, wenn unseinvergleichenderGedankekommt.

Umvonunten anzufangen, so wiederhole ich, daßdie Eiche ihre kräftigeWurzel tiefindenBoden eindringen läßt;immerthutdieswenigstensdermittelste Wurzelast, diesogenannte Pfahlwurzel Wo siediese Freiheit,die echt deutscheFreiheitder»Gründlichkeit«nicht habenkann, dabehagtesihr nicht.Alten Eichen siehtman esanden dürrenAestendesWipfels zuletztimmeran, daßesihren WurzelnandergehörigenBodentiefe·fehlt.Diemassigen Gesteine,Granit,Porphyr, Syenitunddergl.behagender Eiche daher nichtalsBodenunterlage. Dafür istesihr auch überhauptziemlich gleichgültig,welche Gesteinsart ihrenBoden bildete, wenn diesernur frischund nicht humusarm ist.

DieEiche gehörtzudenwenigen deutschenBäumen, welcheihre SamenlappenbeimKeimen im Bodenverbor- genbehalten(f- Nr« 29)—Während aufkeimendeBäumchen von mancheranderen Baumart nichtimmer leichtzuer- kennensind, so istdasSamenpflänzchenderEichestets

leichtzu erkennen,anden4bis6ansehnlichenBlättern, welcheeinenStern aufderSpitzedeskurzensilbergrauen Stämmchensbilden. WirsindensieoftamBodenalter Eichenbeständestehen;aberdieEichensind schonvonKin- desbeinen anentschiedene Lichtfreundeunddarum verküm- mern diemeistenEichenpflänzchenimSchattenihrerEltern.

Mit ihres Gleichenallein will aberdieEiche nichtgern erzogensein,sie liebt vielmehrdieGesellschaftanderer Baumartenz namentlich gefälltsiesichimVerein mit Rüstern undHornbäumen.Sieistüberhaupteingeselliger Baum, derseine schönenEigenschaften,denkühnenkräf- tigenBau mitdemschlankenSchafteund dengeschwun- genen Aesten,nur entwickelt,wenn erandere gleichstrebende nebensichhat.DerForstmann sagt, sie verlange ,,lichten Schluß«.VonJugend aufganzfrei wachsendeEichenver- lierensichmeistinsBreiteundwerdenbuschig, ohneeinen herrschendenStamm zu bilden. Ueberhaupt hatdieEiche fast mehrwiejedeandere Laubholzartdie Sitte, je nach- denUmständen ihresStandortes eineandere Gestaltan-

zunehmen.Unsere Maler, welchedieEicheam liebsten malen,wenn sie anders einmalmehralsbeliebigenBaum- schlagaufbeliebigenAestenmalen wollen,stellen die Eiche darwie sieaussieht,wenn sie inräumlichemoderlichtem Schluß erwachsen ist.Dann istsieallerdingsammeisten das BildderKraftundKühnheit,dannist sieamschönsten.- Derwalzenrunde Schaftmit dertiefundregelmäßigge- furchtenBorkeläßt sichvom Augebishinausin die Krone verfolgen,denndie immerverhältnißmäßignur wenigen starken Hauptäste biegen sich freiweitabvom Stamm, meistfast wagerecht,nur dieobersten mehraufstrebend,und verzweigensich ersteinebedeutendeStreckevonihrerUr- sprungsstelle.Dies giebtvor allenanderen Laubholz- bäumenderEiche,wenn man nebenihremStamme stehend inihreKroneanfblickt,etwas Offenes, Ehrliches; sieent- faltetvorunseremBlickefreiundunverhülltihren schlich- tenkraftvollenGlieder-bau.

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