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Unser Bund: Älterenblatt des Bundes deutscher Jugendvereine, Jg. 16. Januar 1927, Nr 1.

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UNSER

ÄLTERENBLÄTT DESBUNDES DEUTSCHER

BU

JUGENDVERElNE

EAÅ

-

IS. JÄHR JÄNUAR1927 HARTUNG NR. I

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Unser Hund «

herausgegebenDom Bund Deutscher JugenbveseineE.V.

Bundeoleitung:Pfarrer Gotthold TDonndorßHamburgTI,Als-errorY, Thaliahof4,ProfessorDr.Wilhelm Stählin, Münsteri.W., Packlstk.15·.

Kanzleie WülsingerodebeiSollstedr.PostfcheckkontoeBerlin-AnID.

W

Schriftleitung:Jörg Erb, Lehrer, Haolaehi. K.(Baden).

FürWerk undAufgabe: ProfessorDr.Wilhelm Stählin.

Bestellung-

BeiderPost,beimBuchhandel,beimVerlag: ThüringerVerlagoanstalt und Druckerei G.m.b.H.,Jena.

Preis-

Jedeo Heft50Pfg., vierteljährlichHo Mk.

Bezahlung-E

BeiBuchhandel oder PostoderbeiderThüringer Verlagoanstaltund Druckerei G.m.b.H.,Jena, PostfcheckkontoErfurt3933.

Inhalt dieses Heft-eg-

,,JhrSterne seiduns Zeugen«XHeimatY. Teil X Gibteseinenordische WeltanschauungXAussprach: RuckdeschellsStählinX Vom Sinn der Kölner TagungX Dem Führer: Jugendführung»--Bildungearbeit nichtVorträgeX AugdemBund: SporttreffenderHesseisxZeitspiegelx Werk und Aufgabe: Die.sozialeFrage-Festund FeierX DieEcke- Buchund Bild -Anzeigen.

«

«

Anschriften der mitarbeiten

Gustav Klaer, Zwinge (Südharz)X KarlClassen,Grube (Ostholstein)- Professor WilhelmStählin, MünsterXGustav Rauterberg, Bardewisch (Oldenbukg)-JörgErb-Paul Roese, Solingen,Kölner Straßez - Petri,Griegheim (Hessen)XGotthold Donndorf Hamburg X Kurt Vangerow, Liegnitz, Schützenstraße.

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Zo. Jahr Januar ngHHartung Heftl

Unser

Bund

Aelterenblatt des Bundes Deutscher Jugendvereine

Ihr Sterne seiduns Zeugen,

die ruhig nieder-schaun- wenn nlle Brüder schweigen nnd falschen Götzen traun- wir woll·n dns wart nicht brechen, nicht Buben werden gleich- Woll·n predigen und sprechen

vont heil'gen deutschen Reich-

Heimat.

- Von Gustav Klaer.

Von derHeimatsollichheutezueuchsprechen.Man kann das inmancherlei Sinn und auf mancherleiWeisetun. Denn ihrwißt,wenn man z.B. von der Heimat der Seele spricht, someint man gewöhnlichetwas ganz anderes,als wenn man von der Heimat spricht,inder man geborenkund herangewachsen ist.Wir wollen heute ganz beiUnserer irdischen Heimatbleiben.

Aber nun willsich euch auch nichteure oder irgendeineandere mensch- licheHeimat in leuchtendensarben und bezauberndenTönen schildern. Die müßt ihr selbst schauenund fühlenlernen. Wir wollen heutevon dem Ver- hältnisdes Menschenzuseiner Heimat sprechen,d.h.von denWegen,«diie zuihr führen,von denWurzeln, durchdieer mit ihrverwachsen ist,und- von denKräften,dieihmaus derHeimat zuströmen.

Unddamüssenwir gleichzuAnfangdiesrage stellen:Gibt esüberhaupt

soetwas wie eine-sWurzel, aufderdieMenschen wachsen und ohnediesie

elendverschmachtenund verlommen müssen,wieeineabgeschnitteneBlume? —- Lauft einmal allein durchdieStraßeneiner Großstadtwie etwa Hannover oderHamburg oder Berlin,und fragteuch,wo allediese Menschenherkommen, diedaaneuch und aneinander vorb.eiströmen.Ihr werdet keineAntwort dar- an finden. Ihr selbst stehtfremdals Einzelne unter dieser Masse, dieda- planlosundziellosdurchein-anderflutet.Aberseht, so gehtesauchjedemanderen von diesen Menschen.Sie sind sichalle fremd,kennen einander nicht,wissen nicht,Woher siekommen. Sie stehenalle als einzelneselbständignebenein- ander. Das einzige,was ihnenvertraut ist, istihreigenesIch.Das müssen sie behauptenunter dieser Massevon anderen Jchs.Sonst sind sieverloren. Aber wer sie sind, woher sie kommen,wissen sie oft selbstnicht.Sie erinnern sich vielleichtnoch, daß sieeinmal indieseroder jener GegendzurSchulegegangen sind,aber dieStraßen inderGegendhabensichin der Zwischenzeit längst

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verändert,und was dajetztdurchdieweiten Türenaus und einläuft, sind allesunbekannte Gesichter.

»Ich komm, weißnit woher, ichbin, weißnit wer, sichfahr, weißnitwohin.«

Wo istdie Heimat dieserMenschen?Hat der Menschüberhauptein-e Heimat,eineWurzel, dieihnträgtund nährt,oder isterwie ein-Jrrlichtlein, das plötzlichirgendwo aufflackert,um ebenso plötzlich irgendwo wieder zuer-

töschens

Ichhabe eucheben indieGroßstadt geführt,um euchzuzeigen, daßdie Dinge,über die wir hiersprechen,gar nichtetwas soSelbstverständlichessind.

Abernun weiter. Wie geht’seuch denn, wenn ihr soein, zwei, drei Tageallein insolchem unübersehbaren,ruhelosen Durcheinander euch aufgehalten habt? Da kommt esmit einmal ganz leisean euchheran-geschlichenund faßt euchan der Kehle und drückt euch das Herz zusammen. Unversehens fängt’seuchvor denAugenan zuschwimmen,und eineStimme ineurem Innern ruft: ,,sortvon hier!sortvon hier!Nur herausaus diesem sinnlosen, fürchterlichen Uhrwerk! Nach Hause! Nach Hause!« Und wenn einem so zumute ist,dann weißman gewöhnlich,was dieStunde geschlagen hat.

Seht,einMensch,dersoetwas fühltund erlebt,derspürtnochetwas von derWurzel,dieihn trägtund aus derseinLebenhervorgewachsen ist.Das ist nichtbloßdumme Weichlichkeitl Man scherztund lachtwohl gelegentlich darüber,wenn einJunge oder einMädel,das indieFremde geschickt wurde, etwas zulernen, plötzlichwieder an derHaustür steht und nicht wieder weg- zubringen ist.Wir müssenalleeinmal dieses übermächtige Gefühlmeistern lernen,damit wir Herr unserer selbstwerden. Sonstbleiben wiruntauglich für dieAufgaben, dieuns das Lebenstellt.Aber wenn wir auchdas Heimweh überwunden haben, so istdamit dochdieHeimatinuns nochnichttot.

Es gibt Menschen,dieihrganzes Leben inder Fremde,inAmerika oder sonstwo zubringen-diejahrzehntelangnichtsmehr von sichhörenlassen,als obsie ihre Heimat ganz vergessenhätten. Aber dann miteinem Mal, wenn siealtWerden,regtsichdoch wieder etwas inihrem Herzen, geradewie das Heimweh in denJugendjahr"en,und sie müssen zurück, dahin, von wo ihr Lebenausgegangen ist,nachHause,indieHeimat.

Erstkürzlich hörteichvon einem szjährigen Deutschen,der in Australien seinLeben zugebrachthatte und denes,alser seinEnde nahen fühlte,nicht mehrindersremdehielt. Bekannte und sreunderieten ihmdringendabwegen seinesAlters. Abererwollte heim,machtesich aufdenWegund erlagunter der glühendenSonne des Roten Meeres den Strapazen der Reise.Solche Beispiele gibtesunzähligeundaus allen Zeiten. Schon im Alten Testament wird uns desöfterenerzählt,wieesdieMenschen,wenn siealtwerden,heim- ziehtin das Land derVäter. Wenigstens wollen sieinder Heimaterde begraben sein.

Ichsagte,dasist nichteinZeichenvon Weichlichkeitoder Schwäche,was sichinsolchemGefühl äußert. Jm Gegenteil,esistdaseinZeichen,daß insolchen MenschendieWurzel nochlebt, aufdersiestehen.Sie tragen nochetwas Ur- wiichsiges,Erdhaftes an sich.Sie stehennochin jenem naturhaften Lebens- zusammenhang,der dastiefsteWundier dersichtbarenWelt ist.

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Was istdenn das nun, was imMenschendas Heimweh verursacht?s—

Denkt noch einmal an denDorfbuben inderStadtl Es istdasBedürfnis, nichtallein zuseinmitseinem Ich, das Bedürfnis, irgendwie geborgenund getragen zuseinvon derWelt, dieuns umgibt, das Bedürfnis,verbunden, verwurzelt zuseinmit einer Welt, inder wir dengleichen Pulsschlag, die gleiche Wärme,die gleiche Wesensartspüren,wie inunseremeigenen Herzen.

Und darum treibt esUns nachHause.Denn wenn- wirauchsonstallen Men- schenals einzelne gegenüberstehen,den Eltern und Geschwistern gegenüber habenwir doch das Gefühl, daßuns einganz starkesBand mit ihnen zu- sammenhält, nämlichdasBand des Blutes.

Vielleichthabtihreuchdas noch nie so rechtklargemacht,was das be- deutet. Wenn einKind geboren wird,so ist oftdieersteFrage:Wem sieht’s ähnlich?DieNase istwiebeimVater,Augenund Haare wiebeiderMutter, OhrenvielleichtwiebeimVater oder beiderGroßmutter,der ganze Gesichts- ausdruck wie beidem einen Bruder usw. Ja, was wollen denn alle diese Aehnlichkeitensagen? Nichts anderes, als daßdie Welt, aus der wir stammen,dieuns geformt,gebildet hat,unsere Eltern sind.Wir sind gar nichtvon uns und für uns allein da.Sondern alles,was wir haben, haben wir von unserenEltern bekommen. Ihnen verdanken wir alles. Und wenn wir auch nichtsoaus dem Mutterleibe hervorgekommen sind,wiewir jetzt sind dieAnlagezualledem,was sichimLaufederJahreanuns ent- wickelt hat,denKeim dazu habenwir von unserenEltern mitbekommen auf unserenLebensw-eg.Undohne ihnwären wir ebennicht, was wir-heute sindmit unsererkörperlichenGestaltund auchmit unsererganzen geistigen Begabung. Wir haben gar keinen Grund, uns unserenEltern gegenüber

etwas darauf einzubilden, daßwir in dieseroder jenerHinsicht vielleicht

besseroder klügeroder geschickterund begabter sindals sie.Denn alle diese Begabungen habenwir javon ihnen mitbekommen, wenn sieauchbei-den Eltern nichtsichtbarinErscheinunggetreten sind.Alle dieseAnlagensindlin ihnennur verborgen, keimhaft, knospenhaft geb-lieben.Undwenn sieinuns zur Entwicklungkommen, so istdas wahrhaftig nicht unser Verdienst, sondern einGeschenk, fürdas wir nur dankbar seinkönnen.

AuchindenEltern unseresgroßenDichtersGoethe lebte nicht diegeniale Schöpferkraft ihres Sohnes. Unddoch bekennt erdankbar-

,,VomVater habich dieStatur, desLebensernstes Führen, VsomMütterchendiesrohnatur, dieLustzufabulieren.«

Dieses Erbteil,das dieBrückezuunserenEltern bildet,kann natürlichauch rechtböserArtsein.Unddarin zeigt sichdieWahrheit jeneralten Verheißung, daßGott die Sünden der Väter heimsuchenwill bis ins dritte und vierte Glied,d.h.bisindiedritte und vierte Generation. Aber-«dasbekräftigt nur dieTatsache, daßwir mitallem,was wir sindund haben,nichteinso zufälligindieWelt hineingewehtes Flämmchen sind,das ganz auf sichallein steht, sondern daßwir mit denWurzeln unseresWesens, d.h. (jnitunseren tiefsten Anlagenin einem anderen Boden festhaften,den wir eben darum, weil eruns hervorgebracht, gebildetund geformt hat, unsere Heimatnennen müssen.

Und sowie unsereEltern füruns durchdie Bande des Blutes unsere Heimat sind, soauchfür unsereGeschwister.Und dasmacht es gerade, daß

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der samilienkreis,aus dem wir stammen,von uns imengstenund eigent- lichenSinne als unsere Heimat empfundenwird. Er bildet eine einheitliche Welt, dieaus demLebensgrundder Eltern hervorgegangen istund durchsie seine besondere Eigenart empfangen hat. Die Familie ist das Herz- stiick unserer Heimat.

Die einzelnesamilieistnun aber auch nicht einLetztes, das auf s ich beruht und in sichbesteht.Sieistnur dieStelle, an der unserLebengleichsamabs- zweigt oder abstammt. Sie umschließt für sichnur«einige Menscheneiner Generation. Aber sie selbstals Ganzes stehtwieder aufden beiden Eltern- paaren unserer Eltern, alsounseren vier Großeltern,und diesewieder auf denachtUrgroßesltern usw. Und wer sichdie Mühemacht, kann ost genug feststellen, daßdas,was wir von unserenEltern haben an körperlichen oder geistigen Eigenschaften, gar nichtetwas soganz Neues,sondernschon einmal beieinem Großvateroder einer Urgroßmutter sehr lebendigund ent- wickelt gewesen ist.Wir hängenmit unserem Wesenalso nichtbloßan

unseren Eltern, sondernan derganzen unendlichenKetteunserer Urahnen. Und

wenn wir dar-an denken, daßbeijedemSchritt rückwärts dieseKette sichin

zweineue Ketten zerlegt,dajeder Menschdochimmer zwei Eltern,Vater und Mutter, hat,sosehen wir, daßwir nichteinmal eineeinheitliches Wurzelhaben.Sie zerteiltund verästelt sichimmer mehr, jeweiter rückwärts wir schauen.Und sokommen wir zuderErkenntnis, daßunserHeimatboden sichweitüberdieGrenzen unserer Familieund derihr voraufgehenden Gene- ration erstreckt.Ein jeder Mensch trägtdasErbteil seinesganzen Volkes,oder dochwenigstens eines großen Teiles seinesVolkes an sich. Unser Volk ist unsere Heimat. Wir sind Deutsche,nichtweil wir zum DeutschenReich gehören, sondernweil wir durchBande des Blutes, d.h.durch lebendige Bindungen einTeildes ganzen deutschenVolkes sind.Und seht,diesesGefühl, Deutschezusein,das ihnen,wie wir ja auchsagen, ,,imBlute liegt«,das ist es,was unsereAuslandsdeutschen so oftwieder indieHeimat,ins alteVater- land zurücktreibt. -

Aus demsoeben Gesagtenleuchtetein, daßwir nichtnur einTeilunseres Volkes inseinem augenblicklichen, zufälligen Bestande sind, sondern einGlied,indem sicheinStück von dem Ergebnis unsererganzen Volks- geschichte niedergeschlagen hat. Wir sindein Stück Volksschicksal und Volks geschichte.Und darin liegt eine doppelteVerantwortung füruns, einmal gegen dieVergangenheit, und zum anderen gegen dieZukunft. Uns liegtesob,gleichsamals letztesGlied der GeschichtedieErfüllung unseres Volksschicksals fortzusetzen.Und darum müssenwir uns indieGeschichteunddas Schicksal unseresVolkes vertiefen. Zum mindesten aber solltenwir dieGe- schicht-e unserersamilieindenletztvergangenen Generation-en kennenzulernen versuchen, schonum überuns selbst Klarheitzugewinnen.Aendern können wir nichtsan demBlutserbe, das wir überkommsenhaben.Wir müssenesnehmen, wieesuns geschenkt ist.Aber daßwir uns mit diesen ererbten Kräf- ten, sei’smittelbar oder unmittelbar, indenDienst unseresVolkes stellen-, darin liegt unsereVerantwortung gegenüberderVergangenheit.

Daneben stehtdieVerantwortung gegenüberder Zukunft. Auchhier gilt wieder: an dem Blutserbe, das wir unserenKindern einmal weiterzu- geben l)aben,können wir wenigändern. Jn dieser Hinsichthabenwir als Einzelnenur diePflicht,uns gesundzuerhaltenund unserenLeibzustählen.

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An uns aber wird’s weiterhin liegen,ob die nachkommenden Generationen Aufgaben finden,an denen esder Mühewert istzuarbeiten. Undsolche Aufgaben stellen sichnur daein,wo man selbstanAufgabenarbeitet,diezu lösenessich verlohnt UnddieeinMenschenlebenund eineMenschenkraftwert sind.Unddas zubeherzigen ist unsere Verantwortung gegenüberderZukunft.

II.

UnsereHeimatsind also zunächstdie Menschen, mit denen wir durch Blutsbande unlöslich verbunden sind,imweitestenSinne unserganzes Volk.

Dazu tritt nun als zweiter wichtiger Bestandteil das Stück Erde oder Land, aufdem diese Menschen wohnen und das uns getragen hat»und das eine Reihevon Bildungskräften enthält,diefür unser persönliches Schicksal von wesentlicher Bedeutung sind.

Wir sahen,wie sich fürden Auslandsdeutschen das Heimatgefühlmehr oder weniger mit demVolksganzen oder dem Vaterland verbindet. Füruns, diewir nichtin ständiger Fühlungmit einer artfremdensNation leben,ver- knüpft sichdas Heimatgefühlmehr mitdem engeren Lebensbezirk,in denunsere Familieeingegliedertist,mit Haus und Hof,dieihr Leben umhegen,mitdem Dorfund seiner Flur,als dernachbarlichen Lebens- und Arbeitsgemeinschaft.

Das,was sich-dem Menschenam tiefstenund lebendigstenvon derslHeimat einprägt, istdasElternhaus mit seinernächsten Umgebung. Diese frühestenEin- drückeüberdauern meistalle dieanderen inspäterenJahren gemachtenEin- drückeund Erlebnisse. Und das istganz natürlich.Denn das Elternhaus lernen wir kennen in veinemAugenblick,wo unsereSeele noch einunbeschriebenes Blatt ist. Unser Geisterwachtja erstan und mitall diesenDingen,dieuns dazunächstals Fremdlinge gegenübertreten.Und darum müht sich auchdie Kinsdesseelieum so mehrmit diesen ersten Erscheinungenund Gegenständen ab, vor diesie sich gestellt sieht,und prägt sie sichum sotieferein.

Jn HgnsThomas, desbekannten Malers, Geburtshaus inBernau, dasich kürzlich esucht habe, hängteinBrief desMeistersvom Jahre x9x3, indem erüber sein Elternhaus schreibt: »Daichschon6oder 7Jahre alt war, als wir von meinem Geburtshause wegzogen (siezogen damals indas Nachbar- haus), sohabe ich ein-esehr starke Erinnerung an diese meinefrühesten Jugend- jahre,und ich meine oft,essei erst gestern gewesen,daich nochimKind-er- röcklein im warmen Sonnenschein unten an der Treppeim Sand gespielt habe vor ungefähr70Jahren.«

Aus dieser Tatsachegeht schon hervor, wie wichtigfürdieEntwicklung unseres Heimatgefühlsesist, daßwireinklares, ungetrübtesBild einesEltern- hauseshaben. Das istaber nur möglich,wenn unsereEltern ein-enfestenWohn- sitz,eineigenes Saushatten.Denn wenn indiese erstenHeimaterlebnisseeinsoder mehrereWohnungswechseloder garOrtswechsel fallen, so istdasHeimatbildin unsererSeele von vornherein gebrochen. Auchkann einMietshaus oder gar eine Mietswohnung, in der ja meistens nur der Wille des Hauswirts maß- gebend ist,und in der das Verhältnis der Mietsleute zum Hause bloß dUkch die Paragraphen des Mietvertrages bestimmt wird, unmöglichdie gleichen scelischen Wirkungen auslösen,wie ein Haus, das seit vielen Generationenim Besitz derselben Familieist.Ein Mietshaus isteine tote Höhle,in der die"·Menschensich ·je nach Vermögeneine Zeit lang wohnlich einrichten.Ein altes Eigenhaus istwie einlebendes Gesicht,in

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das die Geschichte seiner Bewohner unsausilöschlicheZüge eingräbt,die von ihren Schicksalenund Hoffnungen, von ihremWollen und Wirken erzählen.

Mit solcheinem Hauseund seinenRäumen kann man· Zwiesprachehalten.

Denn aus seinenWinkeln und Ecken,von seinenWänden und Treppen klingt eswider, was vergangene Zeitenhieran Freudenund Schmerzenerlebt haben.

Es ist,als überschlicheeinen bisweilen eine leise Ehrfurcht vor solcheinem imDienstderMenschen altgewordenen Hause,dasimGrunde genommen viel ehrwürdigerund erfahren-erist-als man selbst.Und darum bewahrt man allen Dingen eines solch-en Hausesgegenüberaucheine gewisse Pietät und Achtung.Man ändertund ,,verschönert«nicht willkürlich daran herum, sondern man erhältesinseiner seit langem bewährten Gestalt.Undsokommt esdann, daßfürviele Generation-en hindurchdieHeimat dasselbeGesicht behält,und daßdas Hausfür siezueinemunwillkürlichen geistigenBand wird.

Wer sicheinmal klargemacht hat,was füreineganz persönliche Bedeutung das Haus fürdenMenschenhaben kann,derwird auchdaran denken,daß alles »Unechte,Sinsnlose,Kitschigeinsolcheinem HausekeinenPlatz hat,und wird seineinnere Ausstattung nur durch zweckvollen,wenn auch schlichten Hausrat ergänzen. (Merkteuch einmal das Wort ,,fchlicht«.Schlicht istnicht schlecht.Sondern schlichtistdasGute,dasnichtmehr will,als gerade seinen Zweckerfüllen.Jn diesemSinne hat,,schlicht«beinahedieBedeutung voni ,,vollkommen«.)Wenn aber sodiehäuslich-heimatliche Umgebungvon einem Geist derBeständigkeit, Geradheit und Schlichtheit erfüllt ist muß das nichtaucheinen bedeutenden Einfluß aufdieHausbewohner selbst haben,be- sonders aufdas Gemüt derKinder, dieinsolcher Umgebungaufwachsen?

In alten Dörfern stimmt die Anlageder Häuserund Gehöftemeistens überein,imAeußern sowohl wie im Innern. Unddas hatfürdas Heimat- gefühlauchwieder ein-egroßeBedeutung, insofernes einzelne Eindrücke intypis che Eindrücke verwandelt, diesichviel stärker einprägen.Ein Kind, dasanfängt, seine StreifzügeüberdenHofderEltern hinausindieNachbar- höfe auszudehnen,das findet sichgleich zurechtund fühlt sichauch dortschnell heimisch.Denn es ist jaalles geradesowie beiden Eltern. So wird das Elternhaus unwillkürlichzum Abbild desganzen Heimatdorfes. Hinzukommt, daßdieNachbarskinder zuHauseganz ähnlicheEindrückeundBilder empfangen wie wir, dadieUmgebung ganz ähnlichist.Es entstehtbeiihnendasselbe Heimatbild wie beiuns. Und das schlingt einunsichtbares,aber festesBand umalle Kinder einund desselben Dorfes.

Zuden Häuserngehörennatürlichauchdie Bäume, seienes nun Obst- bäume,mitdenenman durchsomanchen erlaubten oder unerlaubten Raubzug Freundschaft geschlossen hat,oder seienes andere alte Bäume,hoheEichen, breite Lindenoder Nußbäume,inderen Aestenman seine Kindheitserlebnisse gemacht hat.

Nichtvergessenmöchte sich,was uns durchseinen Klangund seinenGeruch unverlierbarer Besitz geworden ist. WelcheBilder tauchenvor unsereminneren Augeauf, wenn wir an nächtliches Hundegebell, an frühes Hähnekrähen,

an das Grillenzirpen inderMittagsglut, an das Sensendengelnam Abend, an dasSchwingenderFeierabendglocke,andas Brüllen derKühezur Futter- zeit,das Schreien derGänseund das SchwatzenderStare imHerbst,an das RauschendesWehres im Mondenscheindenken! Und was wird nichtalles inunserer Erinnerung lebendig,wenn uns derGeruchvon dampfendemBrot

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streift,oderderwarme DunstdesKuhstalles,oder dersüße Duftvon trockenem Heu,oder derschwere feuchteSchwaden frisch umgebrochenen Landes,oder der fade Geruch,deraus einer alten Ladeemporsteigt.

Gewißwird uns damancheiner einwenden: »Wiekann man dergleichen nur schön finden!Das istdoch ein-e ganz verrückte Romantik. Von Schönheit ist dochdagarkeineWedel-« Wir könnenund müssen solcheinUrteilver- stehenund verzeihen.Einem Menschen,dem sichmitall solchen Dingenkeine Erlebnisse verbinden,dem alldie Gerücheund Laute eben nur Gerüchekund Laute sind, mußman zugeben, daßes edlere Wohlgerücheund rein-ere, klang- vollere Töneund sauberereHäuser gibt,alsman sie gerade auf...demDorfe findet.Aber dastut gar nichtszur Sache. Das Heimatgefühlbaut-»sicheben nichtaufallgemeingültigenSchönheitsgesetzenauf, sondern aufbesonderen persönlichen Erlebnissem Daßwir bestimmteDinge,die uns wertvoll sind, geradesoerlebt haben,das machtuns auch dieArt,die äußerenUmstände,

unter denen wir sie erlebt haben,wertvoll. Wir habeneininneres Verhält-

niszuihnengewonnen, dasandere Menschen,dieeineandere innere Beschaffen- heithaben,ebendarum gar nichtsehenund kennen.AberdiesesinnereVerhält- nis gerade,dieses Verwachsenseinmit ganz bestimmten Eindrücken,das istes, was unser seimatgefühl formt und bestimmt. (Schluß folgt.)

Gibt es eine nordischeWeltanschauung:l

Es scheintmir angebracht, diese srageeinmal indenKreisendesBDJ. zuer- örtern. Es ist nämlich Gefahr vorhanden, daßinden Köpfenderdeutschen Jugend durchdieSchlagworte ,,nordische Weltanschauung«, ,,nordischerGe- danke«, ,,Vernordung«und »Entnordung«desdeutschenVolkes Verwirrung angerichtetwird, denn ich glaube annehmen zudürfen, daß unsere Freunde, die Aelteren im Bunde, Von diesenBegriffen schon gehörthabenund Auf- klärungdarüber wünschen. Ich will daherkurz auseinandersetzen, was sich vom Standpunkte der Anthropologieoder Menschenkundedarüber sagen läßt.

Wir Deutschen sindvon leiblichem Aussehen durchaus nichtalle gleich, wie wir jaauch rechtverschiedeneDialekte reden zwischenMaas und Memel, zwischen EtschlundBelt. Wir habenlangeoder kurze Schädel,hoheoder niedrigeStirnen, helle, flachsfarbene, rötliche,hellbraune oder dunkelbraune oderschwarze Haare,hoheoder niedrigeStatur, schneeweißeoder bräunliche Haut,blaue oder braune Augen.

Die Ursache dieser Verschiedenheit liegtin der Verschiedenheitder Rasse-n, aus denen das deutscheVolk besteht.Da dieRassen sichvon jehermitein- ander vermischt haben, gibtes heutekaum nochMenschen,dievölligrein- rassigwären. Man kannaus demAusseheneines Menschennur sagen, dasz das Blut dieseroderjenerRasseinihmvorwiege, anderes Rassenblutzurück- trete. Die moderne Wissenschaft der Rassenforschunglehrtüberdies, daß,wo Personenverschieden-er RasseneineEheeingehen-,dieNachkommen nur zum Teil denCharaktereinerRassenmischung zeigen-,zum anderen Teiljedochmehr oder weniger nur die Zügeeines der beiden Eltern zur Schau tragenj Jn fernerVergangenheit,aus derwir nur aus denSchädelnalter Gräber Kunde erhalten, waren dieRassennochweniger untereinander vermischt.Wie vie-le

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