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Aus der Heimath. Ein naturwissenschaftliches Volksblatt, 1863, No. 27.

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Academic year: 2022

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Ein naturwissenschaftlichenVolksblatt Brrnutmnrtt Redakteur E.»A.Naßmäßlerc AmtlichesOrgandesDeutschenHumboldt-Bereins.

Wöchentlich1Bogen. Durch alleBuchhandlungenundPostämter für vierteljährlich15Sgr.zubeziehen.

Inhalt:EinNaturforscherleben.«(Fortsetzung.) EinBesuchbei denNiagara-Fällenam20.Mai

No.27. 1863. VonJdaRittler. MitAbbildung EinHagelschlag.—. KleinereMittheiliingen. Für 1863.

cLin Aalurforsclserteben

KeineDichtung.

(Fortsetznug.)

Adolftrat dieRückreiseinBegleitungeinesjungen Spaniersan,welcher anstatt, wieesgewöhnlichvonSei- tenderSpaniergeschieht,inFrankreich,inDeutschland seineStudien machen wollte undzwarinderChemie.

Diese Begleitung, welche bisMataro, biswohindamals erst dieEisenbahn ging,durcheinigeVerwandte seines jungen FreundesJuanFonth Guitart sogar verstärkt wurde, ließ ihn wenigzumBewußtseindarüber -kommen, mitwelchemGesammteindruckervonSpanienscheide. Erst alservondensüdlichenAbhängenderPyrenäenrückwärts schauete, überkamAdolfein klarempfundenerTrennungs- schmerz.Alserunweit demfranzösischenGrenzfortBelle- garde das Grenzzollamtbetrat, ,,um dasHeiligthum seinerwissenschaftlichenReisehabevordenprofanenWäch- teraugen«aufzutischen«,so zeigte ihmderletzte rückwärts fliegendeBlickSpanienin einem Bilde, daseram Schluß seiner,,Reise-Erinnerungen«indenWorten niedergelegt hat: ,,leb wohlduschönesmißbrauchtesSpanien!Lebe wohlduLand vollSchutteinstiger Machtund Größe, unter demimHerzendeinerSöhneeinzukunftreicherKeim verborgen liegt.«WieSpaniens,,gerunzelteStirn lag dasfreiheitliebende gefesselteCatalonien«zumletztenmale vorihm ausgebreitetda.

WennAdolfam Anfang seiner ReiseoftTage lang fast gleichgültigsichvon demPostwagendurch dienatur- wissenschaftlichfürihn verheißungsvollstenGegenden schlei- fen ließ,dennerwußteja,daßerreichen Tagenentgegen ging,sotratnun ingleicherLageeinschmerzlichesWider- strebenandieStelle derGleichgültigkeit,dennnun wußte erjadasGegentheil:daßersich immer mehr der-heimi- schenNaturnähere,dieihmkeinenErsatzbietenkonntefür das, woran er ebenflüchtig vorüberhuschte,höchstens ahnend,wievielihm hier vorenthaltenwerde. Dieses Tantalusleiden währtefür ihnum solänger, als erin Perpignan keinePostplätzefandunderanstattrechts nach Montpellier, wohin ihndernächsteWeg führte,sich linksnachBordeaux wendenmußte,umda diekurzvor- her eröffneteEisenbahnUachParis zugewinnen. Jn Touloufe, wodieReisendenbeinaheeinen ganzen Tag liegenbleibenmußten,erfuhr Adolfzuseinem Bedauern, daß wenigTagevorhersein lieberFreund Moquin- Tandön alsProfessorderBotaniknachParisgegangen sei.· Als Adolf inAgen dasGaronne-Dampfbootbe- stieg,sowar esihmkaumweniger schmerzlich,seinenwis- senschaftlichenCorrespondentenGassiesnichtbesuchenzu können, der aberVielleicht unter denAgenoisneben

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ihm stand,welcheeinige MitreisendeandasBootbegle’- teten. Dieentzückend-schöneGaronnesFahrtwurde ih dennochfast buchstäblichzurTantalusqual,weilseinKiel übereineaufdemGrundelebende Muschelwelt hinweg- rauschte, dieerkauminzweidreiExemplareninseiner Sammlungdaheimvertreten besaß,undwelchevor der aller südfranzösischenFlüssedesJnteressanten gerade so viel bietet. Auchdenalten unermüdlichenEonchyliologen Grateloup mußte AdolfinBordeaux unbesuchtlassen, obgleichergerade inseiner Briefschuld stand.

Esist eben auch einederbesonderenEigenschaftender Wissenschaft,vorallenderNaturwissenschaft,daß ihreBe- kenner,sofern dieselbenbereitseinen Namen erlangt haben, unter sich eineunsichtbareLogebilden. Dasgleichewissen- schaftlicheStreben führt leichtundschnellüber allecon- ventionellen Schranken hinwegundfestigtdaspersönliche Bekanntwerden sofort zu einerganzbesonderenArtvon Freundschaft, welcheimVerlaufdesVerkehrsgaroftzu innigerHerzensfreundschaftwird. Der Verkehr braucht deshalbnoch keinpersönlichergewordenzusein.Esgiebt da wirklicheherzlicheFreundschaftsbeziehungen zwischen Leutendie sichpersönlichniemals gesehenhaben.Diebe- kannte,,Vetterstraße«bestehtauchundganzbesondersauf demGebiete derNaturforschung. JndenJahrenvon 1835 bis1845, als AdolfseonchyliologischeArbeiten wohlderCentralpunktder europäischenWeichthierkunde genannt werden durften,hatteergegen80Eorresponden- tenin allen LändernEuropas,mitdenenerblosinwisen-

schaftlichemBriefoerkehrstandundvondenenernur einen kleinenTheil persönlichkannte. Tritt dannvielleicht nach Jahrzehente langem,blosschriftlichemVerkehrdiepersön- licheBekanntschafthinzu, sowirddann meisteininniges Aneinanderschließenfertig. SolchespersönlichesFinden istdannfastimmer einweihevollerAugenblick,wenn er

zumaldurchbesondereUmständebegünstigtist,wie esAdolf einst inKlagenfurt begegnete,alserzuseinemlangjähri- genBrieffreundKokeil geradeindemAugenblickins Zimmertrat undsich vorstellte,alsdieser eifriginseiner Jkonographie studirte· Adolf, sein BuchvonWeitem er- kennend,sagtedamals lachend:,,eben lag ichvorIhnen, jetzt steheichvorJhnen.«

Gerade inSüdfrankreich,durchwelches Adolf theils in denBanden derPostkutscheund desDampfbootes, theils aufdenFlügelnderEisenbahn dahineilte, hatte Adolf eineMenge Wissenschaftsfreunde,andenen erjetzt flüchtigvorüberzog.Esist eineigenes DingumdasRei- sendeswissenschaftlichenForschers!

In Paris gingesihmwiedaserstemal!Erflogwie- derdurch undmachteerst beiseinen rheinischenFreunden einekurze Rast.

DemHeimgekehrtenmachteseineReiseausbeute wochen- langzuthun.DieSäuberung,SichtungundVertheilung derselbenandie durchGeldbeiträgezurReise Betheiligten gab ein gut Stück Arbeit,welches auchderGrund war, daß seine ,,Reise-ErinnerungenausSpanien« erstimFe- bruar1854erscheinenkonnten-

Inzwischen schienesfast, alssolleAdolfnoch einmal in seinealteLehrerlaufbahn zurückkehren.Ein reicher Grundbesitzerim Eanton Thurgau beabsichtigtedie Grün- dung einerAckerbauschule,derenEinrichtungundLeitung

erihm übertragenwollte«

NaturforscherwiejedemTouristenso ersehnten schweizeri- schenBoden zuerstimschneereichen December 1853,und in seinemamwenigsten schweizerischen,weilfastnirgends AlpenhöheerreichendenGebiete. Es kamaberzu keinem Abschluß,weilAdolf,derwenn auch quiescirt,dennochzu Sobetrat Adolfdenjedem-

420 jeder ReiseUrlaubbedurfte,von seinerDienstbehördeden einjährigenUrlaubnichterhielt,denersich deshalberbeten hatte,weilererst dieLebensfähigkeitder neuen Anstalter-

probenundsich dann erst über diefesteUebernahmeder Stellung entscheidenwollte. Esverbliebalso beiAdolfs BetheiligunganderFeststellungdesPlanesderAnstalt.

Diese selbst sollte nachderAbsichtdesGründers, eines durchdieBewegungvon 1848nachderSchweizverschla- genenreichbegütertenPreußen,einenpatriotischen Zweck verfolgen,wodurchsichAdolf,derübrigens wenig Neigung verspürte,nachso langer Unterbrechungnoch einmal den Doeenten zu machen,angelocktfühlte,aufdenAntrag ein- zugehen. Dieser Zweckwarder,durchVerdrängungder zustarkvorwaltenden Wiesenwirthschaftin denebenen TheilenderSchweizunddurch anstattdessen einzuführen- denkünstlichenFutterbau mehrBoden für Getreidebau zu gewinnenunddadurchdieSchweiz möglichstunabhängig

von ausländischerZufuhrzumachen· Wirklich sah Adolf EndeDecember noch starkeVorräthe künstlicherbaueten Heuesvon ausgezeichneterBeschaffenheitund daneben einen vielgrößerenVorrathvonKörnerfrüchtenaufdem Boden, alsnachdenfrüherenWirthschaftsbüchernjemals undzwar beigeringerem Viehstande aufderBesitzunger- baut wordenwar.

Je wenigersichAdolfdamals indemgroßentheilsfast eben zu nennenden Kanton Thurgauvon dergewaltigen SchönheitderSchweizernaturallein inAnspruchgenom- men fühlenkonnte, zumal tiefer Schnee jeden Ausflug verhinderte,um so tieferenEindruckmachte Allesdasauf AdolfsdemokratischenSinn, was erinderkurzen Zeit seines Aufenthaltesüber diepolitischenundgesellschaft- lichen ZuständederSchweizkennenlernte. Dies sollte aberersteinige Jahre späterbeieinem längerenAufent- halteindemLandederArnold Winkelrieds undWilhelm Tells vervollständigtwerden.

Nochvor demAntritt derkleinenReisenach der Schweiz, welcheAdolfs LebensberufeeineandereRichtung odervielmehrdieRückkehrin diefrühere-zugeben drohete, hatteereinekleineSchrift erscheinen lassen,welche, wie überhauptalleseine naturwissenschaftlichen Volksschriften, denZweck verfolgte, auf »die heimischeNaturanmuth hin- zuweisen«,wiedieseinstHumboldtvon einerspäteren Schrift Adolfs·rühmte,undzwarin der winterlichen Auf-·

fassung.Das kleineBuchführt daherauchdenTitel ,,FloraimWinterkleide«.

Adolfversuchte sichhierin einerDarstellungsform,bei derersich nicht verhehlte, daßersichvor einerKlippe zu hütenhabe.

Eswar ihm nachgeradeklargeworden, daßdergroße HaufederNatur gegenüberentweder eineunwissendeNicht- beachtungodereinetheils ästhetisirende,theils theologi- sirendeGefühlsüberschwänglichkeiterkennenlasse. Beide Formenkommen sogar gewöhnlichvereinigtvor. Adolf war derMeinung, daßnebenderkrankhaftenGefühlsüber-

schwänglichkeit,welchersoVielederNatur gegenübersich hingeben, Gefühlswärme Vergeistigtvoneinerverständniß- vollenBetrachtungderNatur wohlbestehenkönneundim Volkegepflegtwerdendürfe,ja gepflegtwerdenmüsse.Er hatte, seiteralsDolmetscherder Natur vordasVolkhin- getretenwar, hundertfältiginErfahrunggebracht,daß diesesmitderNatur nichts anzufangen wisse, jaerhatte diesschonfrühererkannt;dasbeweist seinSpruch,dener 1846bei eineräußerenVeranlassungalsseinLebens-und Strebens-Motto vonsichgab:»Die Natur istweder ein Betschemel, nocheine Vorrathskammer, nochauch eineStudirstube, sondern sie ist unser

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aller gemeinsame Heimath, in der einFremd- lingzusein Jedermann Schande UndSchaden bringt.«

Wenndieser Satz richtigist,so dachte Adolf, so muß demVolkedie Natur liebundwerthgemacht werden,wie esdiegleicheAufgabeeinergesunden Volksbildunggegen- über derpolitischen Heimath ist.Adolfschwärmteund schwärmtnoch,undwirdbiszuseinemTodeschwärmen für einenNaturpatriotismus wiefürdendeut- schenPatriotismus Es soll ihm jener,derallen Völkerndergleichewerden soll,dieGewähr geben, daß dieserdienationale Scheidungniefeindseligwerdenlasse.

Diepolitische Heimathsangehörigkeit, welche die»Unterthanen«an dieSchonefesselt, solldurch das freudige BekenntnißderirdischenHeimath sange- hörigkeiteben ausdenUnterthanen Menschenmachen, unddasStreben nach politischerFreizügigkeithumanbe- gründenUnd zurunabweislichen Forderung berechtigen.

Nunistes,sosagtesichAdolfweiter,eineThatsache, daßim Volke,soweitesüberhauptseineGedanken über diepolitischen Grenzen seiner Heimath hinausschickt,ein gewisser Zugin dieFremderuft, ein Sehnen,fremdeLän- der,dieman sichschöneralsdieHeimathdenkt,zube- suchen. Dieser Zug,dieses Sehnenläßteszueinerein- gehendenBeachtung derHeimathgarnichtkommen,wie andererseits diesesSehnenebensoseinen Hauptgrundin dieser Nichtbeachtung,indieser UnkenntnißderHeimath hat. Esist dahereinVerdienst,was sichderjenigeum sein Volk erwirbt, welcheresmitseinem Vaterlande be- kanntmacht, weilerihmVaterlandsliebe cinimpft!

Eslebteinmal,odervielleichtrichtigeresschlummert imMenscheneinZugzum»Ganzen«,derleichtzuwecken ist;undzwarvielleicht mehrnoch zumNaturganzenals zudempolitischen,denn beiläusiggesagt wirthei- lenjetztdieMeinungDerernicht,welchevon dem»allge- mein erwachtenEinheitsdrange«derDeutschenträumen.

Daran fehlt jedenfallsnochsehrviel. Destomehr darf

man aneinenindenkindlichenSchichtendesVolkesruhen- denZugzudemGanzen glauben,welchesunsdieKirche vorhältundneben welchem»diesebeflissenist,dieschöne mütterlicheErdheimathalseinJammerthal zuverdäch- tigen,welchesdesDarinlebens garnicht werth sei.Dem Zugenachdemkirchlichen»Ganzen«,umdasWortSchil- lersnoch einmal anzuwenden,glaubte AdolfeinHeimaths- ganzes,eine menschlicheGesammtheimat"h,dieNatur, gegenüberstellen zumüssen, nichtumjenemunmittelbare Oppositionzu machen, sondernum Denen, welcheJenes verloren hatten,inderenBewußtseineineklaffendeLeere lag, Ersatzzubieten;Denen aber,welche diesen Verlust nichterfahren hatten, Versöhnungzwischen Diesfeitsund Jenseitszuverschaffen·WieAdolfselbstmitsichnur all- mäligUnddurcheigene BestimmungzuseinerWeltan- schauunggekommenwar,sofühlteersich auch verpflichtet, auchAnderendieSelbstbestimmung hierüberzuüberlassen;

wohlaberfühlteersichberechtigt, ihnen dieseArbeitder Selbstbestimmungzu erleichtern undsiezu einemselbstbe- wußten Erfolgzu leiten, indemerseine schwacheKraftda- zuaufbot,ihnendas dazu nöthigeWissen verschaffenzu helfen.

JewenigerdieVolksschuledazu angethan ist,die Na- turinderWeisekennen undauffassenzulehren,wie es dasvorhin mitgetheilteMotto ausspricht,destoWeniger durfteerbeiErstrebung dieses Vorhabensvoraussetzen,ja destoweniger durfteerdemVolkeinseinen Volksschriften miteigentlicherWissenschaftkommen.

Wennesauch wahr ist, daßderDeutscheeinstarker

422 Gemüthsmenschist,soistesdochnichtminderwahr,daß wenn man ihnvon einemZuviel hierin befreienwill,man

ihn nichtsdestowenigeralsGemüthsmenschenbehandeln muß,ebenso wiederArzteinenKranken nicht wie einen Gesunden, sonderneben wieeinenKrankenbehandelt.

Adolfwagte es,sicheszuzutrauen,zumGemüthesprechen zu können,ohneinGefühlsduseleizuverfallenunddas Bildende undBelehrendeinüberschwänglichenWortschwall unerkennbar zuverhüllen.

Esschien ihmeinedesVersuchsderLösung würdige Aufgabezusein,dasVolk auf dieUeberreste aufmerksam zumachen, welcheinDeutschlandvonFlora’sKindern das Feldbehaupten,wenn derWinter seindespotisches Regimentaufgerichtet hat; erwollte ebendie liebliche Göttin ,,im Winterkleide«vorführen. Adolf sagt aufder letzten Seite desBuches,unddarin zeigter, daßerdas Augeimmerfest aufdie zu vermeidende Klippe gerichtet hatte:- »ichhab’sgewagt,Euch,liebeLeserundLeserinnen, aufeinen,,WegderNatur« zuführen,derfastnoch menschenleer ist. JchludEuren Geist ein;das Gemüth schloßsichaber auchan. Jch wußtedas. Beidesindja unzertrennlichesZwillingsgeschwister,dieohneeinander nichtlebenkönnen-'—- erhätte hinzufügenkönnen: die ohneeinander nicht lebensollen. »Die zarte erreg- bare Schwester, das Gemüth, erwärmt den ernsteren Bruder und wird von ihm dafürvon schwärmenden Abschweifungen zurückgerufen.«

Erhattediesen Worten dietiefundwahr ausfassende StropheLe nau’svorangesetzt:

,,Sehnsüehtig zieht entgegen Natur auf ihrenWegen AlsschöneBrautimSchleier DeinGeiste, ihrem Freier«

Die Kritik sprachsicheinmüthigineinerWeiseaus, daßAdolf überzeugtsein konnte,esseiihm gelungen,die Klippezuvermeiden. Wir erwähnendieshierdeshalb ausdrücklich,umfürihndaraus eineBerechtigungherzu- leiten,denselbenTonineinemimfolgenden Jahrever-

faßtenWerkebeizubehalten,für dessenTendenzersich ganz besonders empfahl.

Wirkönnen nichtumhin,aus einemsehr gewichtigen Grunde noch einenAugenblickbeidieser Angelegenheit zu verweilen.

Esist dochsicherlichdieAufgabedesVolksschriftstellers, beiAbfassung seiner Schriftenundganzbesondersbeider Darstellungsform derselbenkeinenAugenblickzuvergessen, daßdasVolknichtblosausMännern,sondernzur Hälfte auchausFrauenbesteht,unddaßwer das Volkbilden undbelehrenwill, deresineinerFormzuthunhat, welchebeiden Geschlechtern gleich angemessen sein muß.

Dieser Forderung ließesichnur die andere entgegenstellen, daßman über denselben Gegenstand besondere Bücherfürdasweibliche Geschlechtschreibenmüsse. Ohne ausnahmslosderFraueuliteratur entgegenzutreten, müs- sen wir esjedochgeradeindernaturgeschichtlichenthun.

Durch dieFormen,dieunser Geschäfts-undGesellschafts- treiben, unser Staats- undGemeindeleben angenommen hat, hat sichinAnschauungUndSitte, inBethätigung undTheilnahmeeineso großeVerschiedenheitzwischenbei- denGeschlechternherausgebildet,daßesgeradehin geboten scheint,aufdemGebietedesNatürlichenWissensUndAn- schauensundEmpsindensdiemenschliche Gleichheitder Geschlechterzuerhalten.DasKindlich-naive, wodurchsich dasglücklicheBrautpaar, welches nichtdietraurigeCon- venienz, sondernherzlicheZuneigungzueinanderführte,

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miteinander undmitderWeltverbunden fühlt,undwas nachherimErnstundin denEntzweiungendesLebensso oftverloren geht—- eszunährenundzuerhaltenist nichtssosehr geeignet,alsdiebeidenTheilen gleiche,aus derumgebendenNatur entblüheteWeltanschauung.

Solche ErwägungenbestimmtenAdolfgleichbeim Be- ginnseinernaturwissenschaftlichenVolksschriftstellerei,da- beiebenso sehranLeserinnenwieanLeserzudenken,

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undmitVorbedacht hat-erauch aufdenTiteln einiger seinerBücher ausdrücklich beidealsseinLesepublikum ge- nannt. Diesscheint deshalb nicht überflüssig,weilman sich leicht davonüberzeugenkann,daß dieFraueninder Mehrzahl höchstensnur diePflanzenkundealssieangehend betrachten vielleichteineKonsequenzder,,Blumen- sprache«.

(Fortfetzung folgt.)

CLinBesuchbei denRiagara-Jällenam 20. Mai 1863.

VonIda Rittler, geb. Roßmäßlcr.

Endlichwar derAugenblick gekommen,woichmeine Besuchsreisezurückinsliebe Vaterland, instheureVater- hausantreten konnte,endlich, nach 8jähriger Trennung, sollteich allemeineLieben wiedersehen!Michschreckte nicht, dieSeereisemitmeinerKleinen anzutreten,mich schrecktenkeine trübenHirngespinnste,sondernichvertraute mich eben sozuversichtlichdemwildenMeere,alsvoracht Jahren. Wiejedem Abschiedetrübeund traurige Tage vorausgehen, ergingesauch mir;meine Freundesahen michungern scheiden,denn,,eineSeereise« istdoch immer einegefährlichereundunsichrereReiseals eineLandreise;

ich hattein meinerneuen HeimathliebeFreunde gefunden, undnurdieReisezudenMeinigenkonntemichvon ihnen

trennen. «- Mein Mann, welcherArztinQuincyim

Staate Illinois ist,konntemich, seiner Praxis halber, nichtnachDeutschlandbegleiten,doch bisNew-York,wo

ermichundunser KinddemSteamer Borussia übergab, gingermit. Seit vielenJahrenschonwar esunser ge- meinsamer Wunsch gewesen, zusammendieNiagara-Fälle zusehen,undaufdieser ReisenachNew-Yorkwollten wir unsdiesenGenuß bereiten,undmitderVorahnungetwas GroßesundHerrlicheszusehen, nähertenwir uns,von Detroit kommend, gegen4Uhr MorgensderVerbindungs- brückezwischenEanada unddemStaate New-York,über demNiagara. Daman uns gerathen hatte,erstaufder Canada-Seite zu bleibenunddieFällevon dazusehen, so stiegenwirausundunternahmen, dadieHötelsnoch geschlossenund wirinderNähe dieses Naturschauspiels dochnichthättendieZeit verschlafen mögen,einenSpa- ziergang. Wir wollten erst die kleineren Parthien an-

sehen,dennnachetwas Großem verschwindetdasKleinere.

Wirgingenstromabwärts nachdemWirbel, etwa eine MeileunterhalbderBrückeund3Meilen unterhalbder Fälle,derenGetöse wirjedochwie grollendenDonner hören konnten. Wirergötztenuns anderschönengrünen FarbedesWassersundandemunermüdlichenKochcnund Tosen,dasFlußbettsoll154Fuß tiefsein, dieVegetation ist ärmlichundwildundbeschränktsich meistensaufver- krüppelteNadelhölzer.Der Wirbel hateineungeheure KraftundschleudertdasWasserimKreise40Fuß zurück.

UnterhalbdesWirbels sindnocheinigekleinereParthien, z. B.dasTeufelsloch,und nocheinige Mineralquellen;

dochWar derWeg schlechtzugehenundwirkehrten zurück nachderBrücke, in derenNäheman unsdickeeiserne, indenFelsen eingetriebene Pfähle zeigte,anwelchender WagehalsBlon dinseineSeile befestigthatte, aufwel- chener,inHolzschuhen,aufStelzenundeinenMann auf seinemRückentragend, mehrmals seinegefährlichen«Gänge

glücklichzurücklegte. WirerfrischtenunsimHotelund miethetendanneinenWagen, welcherunsanalleschönen Punkte bringen sollte;das TosenderFällekamuns im- mer näher,wirsahenschonvonweitem diefeinenStaub- wolkenderWassertheilchen,welche dieFälle gleichsamver- schleiern,biswirdenn endlichvor denherrlichen Fällen standen. Deramerikanische Fall, aufderamerikanischen Seite, istderkleinerevon beiden,erist900 Fußbreit und163 Fuß hoch,derHufeisen-Falloder Eanada-Fall aufderCanada-Seite, istdergrößere,erist2000 Fuß breitund154Fuß hoch,erbildeteinförmlichesHufeisen, woherderName;denBerechnungen nach sollenüber die FälleineinerStunde 100 Millionen Tonnen Wasser hinabfallen. Man steht staunendUndbewundernd vor denFällenundnennt siemitdenAmerikanern denStolz Amerikas. Je längerman stehtundschaut,destomehr mußman sie bewundern, undichgrollteallenDenen, welche mirgesagt hatten,man machesichinderRegelzu hohe BegriffeundVorstellungen; ichdenke,daß sichselbst dielebhaftestePhantasie solch imposantes Schauspiel nicht vorstellenkann;kein BildundkeineBeschreibungkannden Fällen Gerechtigkeit widerfahren lassen. Dem treuesten Bilde,derlebhaftesten SchilderungwürdedasRauschen unddieWasserstäubchenfehlen,welche dieFälle nebelartig verschleiern.VomDachedesMuseums hatman eine freieAussicht überdieFälleunddieFlächedesFlusses oberhalbderFälle,undhateinenschönenBlicküber die Insel,Goat-Jsland genannt,welchedenFlußin diezwei Fälletrennt; durch dieBewegungdesWasserssolldie Felsenwand,überwelchedieFälle stürzen, jährlicheinen Fuß weggewaschenwerden. Da derHufeisen-Falldas meisteund tiefste Wasser bringt, soerscheintesdunkler grünals das desanderen· WirließenunseinenFührer geben,kleidetenunsinwachsleineneKleider,welcheman dageliehenbekommt, undgingenetwa 10Schrittauf einen schmalenSteg, wozudiegrößteVorsicht nöthig ist, hinterdenFall her. Früher sollderWeg länger gewesen sein,dochhaben ihn abbrechendeFelsenstückchenverschüttet.

Das Tosen isthierso stark,daß ichmeinen Mann, welcher michanderHandhielt, nicht verstehenkonnte, alser

zu mirsprach;dieWassertheilchenkommensomassenhaft,daß man dieAugenfastimmergeschlossenhalten muß,undder Luftdruckdurch dieherunterfallenden Wassermassenistso erdrückend,daß ich einigeMal vergebens nach Luft schnappte. Meine Neugierdewar jedoch befriedigt, ich hattedenFallvon AußenundvonJnnen besehen,und beeiltemich wiederinmeine trocknenKleider zukommen.

Bei einemDaguerreotypisten, dichtamFall,ließenwir

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Unser Bild abnehmen,mitdemamerikanischenFallim Hintergrunde*). Neben dem Hufeisen-Fall hängtein tischblattförmigerFelsenweitüberdieFalltiefe hinaus, Tab1e-rock(Tischfelsen) genannt.DieFällewurden 1678 zuerstgesehenvon einemfranzösischenJesuiten, welcher sichauf einerEntdeckungsreisebefand. Wirverließen dieFälleundfuhrenNach einerSchwefelquelle,welcheals wissenschaftlichesWunder einem alten Manne alsErwerbs- zweigdient. Ersetztein nach oben in eineRöhreaus- laufendes Gefäßauf die Quelleundbrennt das durchdie Röhre strömendeGasan,welchesineinerröthlich-blauen Flamme lustig flackert, selbst nocheinige Zeit lang, nach-

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Jst-trennt-

demeswiederaufdemLandesteht.Dannbewegterdas Wassermitseiner HandundentzündetmiteinemFidibus das ausströmende Gas, welches alsFlammenaufdem Wasser, freilichnur kurze Zeit,brennt. Esmachte den Eindruckwie einmagisches Kunststückaufmich,diesebei- denFeindeinso naherVerbindung ohne Zischenund Brausenzusehen. DerVormittagwar soschnellver- gangen, daßwir,dawirauch dieMerkwürdigkeitenauf deramerikanischenSeitesehenwollten,überdieVerbin- dungsbrücke,Suspension-Bridge, gingen; sie ist800Fuß

sk)Esisteinseltner Vorzug,diePhotographie seinerLieben zubesitzen, nichtmiteinemschlechtgemalten Hintergrunde, son- dernsich abhebendvon demgewaltigstenWassersturzderErde, NrgleichzengMitJenenseinBildaufdemzauberifchcnGlase

zurückließ. D.H.

AmNiag ara-Fall.

426 langund24Fußbreitundliegt250Fuß höheralsder SpiegeldesFlusses.SiebestehtausdickenDrahtseilen,10 ZollimUmfang, welche4000 Meilen Draht enthalten;

dasGewichtdes zur Brückeverwendeten Drahtes soll800 Tonnen betragen.DieFormistelegantundgefällig; auf demobersten Wegesind dieSchienenfür dieDampfwagen, zu beidenSeitenschmaleFußwege,und28Fuß tieferist einanderer Weg für Wagen.DieBrückeistdas Werk vonMr.JohnA.Roebling, erbegann1852undden 8.März1855 gingdieerste Locomotive darüber;die Kostenbetragen500,000 Dollars. Aufder amerikani- schenSeiteangelangt, fuhrenwirnachdemRiver-House,

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einemguten deutschen Hötel; unsere Zimmer liegenun- mittelbar amFlußundetwa 80Schritthinterdemame- rikanischenFall,ich schreibediese Zeilenunter demRau- schenderWassermassen,inderHoffnung, daßdasherrliche SchauspieldesmichumgebendenPanoramasnie ausmei- nem Gedächtnißverwischtwerdenmöge. GegenAbend nahmenwir wiedereinen Wagenund fuhren nachGoat- Island, wohineineschöneeiserneBrücke über den Arm desNiagara führt,welcher denamerikanischenFall bildet;

sieenthält70AckerLand,meistens dichtes Gebüsch,doch durch reizendeAnlagen verschönert;man bekommthiereine Eremitage gezeigt,wo einjungerMann 1829 seinen Wohnort aufschlug;erbrachteeinige Bücherundmusika- lische Instrumentemitundverlebte einsame Tage.und dochwahrscheinlichglückliche,dennerbliebdawohnen

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