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Überblick über die territoriale Erweiterung der Europäischen Integration

W dokumencie Katowice 2011 (Stron 22-26)

Kapitel I: Die Prämissen für das Interesse der Bundes republik Deutschland

1. Überblick über die territoriale Erweiterung der Europäischen Integration

Eines der wichtigsten, wenn auch nicht am stärksten exponierten Zie-le der europäischen Integration war von Anfang an die Sicherung des Friedens für die von den Kriegserfahrungen hart geprüften Völker Europas. Der Integrations-prozess wurde nur wenige Jahre nach Beendigung nach dem Ende des 2. Weltkriegs als Antwort auf die historischen Fehler der jüngsten Vergangenheit in Gang gesetzt.

Initiiert wurde er unter anderem von Frankreich und der Bundesrepublik Deutsch-land, Ländern, die sich nur wenige Jahre zuvor in erbitterter Feindschaft gegenüber-standen. Die wirtschaftliche Integration schuf solide Fundamente für die demokrati-sche und friedliche Entwicklung der an diesem Prozess beteiligten Staaten.

Die Staaten Westeuropas schufen, indem sie sich für die Integration entschie-den, der Reihe nach mehrere gemeinsame Märkte: für Industriewaren, Agrarerzeug-nisse, Dienstleistungen, Kapitalverkehr und Arbeitskräfte. In den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts erreichten sie so eine vollständige Wirtschafts- und Wäh-rungsunion sowie enge Bindungen im sozialen und rechtlichen Bereich, aber auch eine weitreichende Zusammenarbeit in der Außen- und Sicherheitspolitik. Dies alles floss in die 1993 gegründete Europäische Union ein. Das endgültige Ziel des Inte-grationsprozesses (finalité européenne) wurde allerdings bis heute nicht eindeutig festgelegt.

Die Suche nach jener finalité européenne dauert nun schon über ein halbes Jahrhundert an. Anfang der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts stellten sich die Initiatoren der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) das ehrgeizige Ziel nicht nur der Integration der Schwerindustrie der sechs Grün-derstaaten (Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande und Italien).

Davon zeugen die nicht realisierten Projekte der Schaffung einer Wehrgemeinschaft

kApitel i

und einer Europäischen Politikgemeinschaft.1 Als sie einige Jahre später die Euro-päische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die EuroEuro-päische Atomgemeinschaft (EAG, Euratom) ins Leben riefen, verkündeten diese Staaten deutlich, dass sie wirt-schaftliche Integration zur Festigung von Frieden und Freiheit in Europa führen soll-te. In der Präambel des am 25. März 1957 unterzeichneten Vertrags von Rom nannten sie als eines der Motive für die Einrichtung der EWG ihren Willen, „durch Zusam-menschluss ihrer Wirtschaftskräfte Frieden und Freiheit zu wahren und zu festigen“

und riefen „ die anderen Völker Europas, die sich zu dem gleichen hohen Ziel be-kennen“ dazu auf, „sich diesen Bestrebungen anzuschließen.“, also der Schaffung einer gemeinsamen europäischen Wirtschaftsgemeinschaft.2

Wiederholt haben in der Geschichte der europäischen Integration jene „an-deren Völker Europas“ von dieser Einladung Gebrauch gemacht (siehe Tabelle 1).

Die Europäischen Gemeinschaften erweiterten sich in drei Richtungen: nach Nord-westen (1973), nach Süden (1981 und 1986) und nach Norden (1995). Die Verände-rungen, die sich in den achtziger Jahren in Mittel- und Osteuropa vollzogen, ermög-lichten dann die Erweiterung der Europäischen Union nach Osten (2004) und nach Südosten um die Balkanstaaten Bulgarien und Rumänien (2007).

Die erste Erweiterung der Europäischen Gemeinschaften war durch wirtschaft-liche Interessen bedingt. Die Verhandlungen wurden im Juni 1970 mit Dänemark, Großbritannien, Irland und Norwegen aufgenommen. Der Vertrag über den Beitritt dieser vier Staaten zu EWG und Euratom wurde am 22.Januar 1972 unterzeich-net; er implizierte zudem ihren Beitritt zur Montanunion (EGKS). Nach Abschluss der Ratifizierungsprozedur traten die Beitrittsverträge am 1. Januar 1973 in Kraft.

Dies war die erste Norderweiterung der Europäischen Gemeinschaften um drei Staa-ten: Dänemark, Großbritannien und Irland, 53,5% der Norweger sprachen sich in ei-nem Volksentscheid gegen den Beitritt zu den Europäischen Gemeinschaften aus.

Im Jahr 1981 trat Griechenland den Europäischen Gemeinschaften bei, 1986 folgten Portugal und Spanien. Die Aufnahme dieser Staaten wird als Süderweite-rung bezeichnet. Das dominierende Motiv bei der Unterstützung der Mitgliedschaft Griechenlands und der Staaten der iberischen Halbinsel war das Bestreben nach ei-ner Stärkung der demokratischen Prozesse auf dem europäischen Kontinent. Die Sü-derweiterung ließ den Vorrang politischer Prämissen vor wirtschaftlichen erkennen

1 Eingehender vgl.: K. Łastawski, Historia integracji europejskiej /Geschichte der europäi­

schen Integration/, Wydawnictwo Adam Marszałek, Toruń 2006, S. 98-113; R. Cardozo, The project for Political Community, [in:] R. Pryce (ed.), The dynamics of the European Union, Croom Helm, London 1987, S. 52 i n.; E. Fursdon, The European Defence Community: A History, St Martin’s Press, New York 1980; H. Wallace, W. Wallace (ed.), Policy­making in the European Union, Oxford University Press, Oxford 1997, S. 411-412; A. Podraza, Unia Europejska /Die Europäische Union/, Wydawnictwo KUL, Lublin 1999, s. 29-33; K. Wiaderny-Bidzińska, Polityczna integracja Europy Zachodniej /Die politische Integration Westeuropas/, Wydawnictwo Adam Marszałek, Toruń 2000, S. 91-97.

2 Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Rom, 25, März 1957, Quelle: http://eur-lex.europa.ed/de/treaties/dat/12002E.html (Dezember 2010)

Tabelle 1. Die Erweiterung der Europäischen Gemeinschaften/der Europäischen Union Gründerstaten (1952/1958) Norderweiterung I (1973)

Süderweiterung (1981, 1986) Norderweiterung II (1995)

Osterweiterung (2004)Balkanstaaten (2007)Geplante Erweiterungen

Belgien BRD Frankreich Italien Luxembur

g Niederlande

Dänemark Großbritannien Irland Griechenland (1981) Portugal (1986) Spanien (1986)

Finnland Österreich Schweden

Estland Lettland Litauen Malta Polen Slowenien Slowakei Tschechien Ungarn Zypern Bulgarien Rumänien

Island* Kroatien* Mazedonien** Türkei**

Potenzielle Anwärterstaaten Albanien Bosnien und

Herzegowina

Montenegro Serbien

* Staat, der bereits einen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt hat und dessen Aufnahme in die EU bis 2012 wahrscheinlich ist ** Staat, der bereits seinen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt hat und dessen Aufnahme in die EU nach 2012 wahrscheinlich ist Quelle: eigene Zusammenstellung

und änderte das Bild des sich einigenden Europa als eines Fürsprechers für Demo-kratie, Menschenrechte, Grundfreiheiten und Rechtsstaatlichkeit.3

Österreich stellte seinen Antrag auf Mitgliedschaft am 17. Juli 1989, dar-auf folgten Schweden (1. Juli 1991), Finnland (18. März 1992) und erneut Norwe-gen (25. November 1992). Gemäß Artikel „0“ des Vertrags von Maastricht wurden die Verhandlungen von der Europäischen Kommission geführt. Sie wurden im Feb-ruar 1993 mit Österreich, Schweden und Finnland aufgenommen und mit Norwegen zwei Monate später. Die Beitrittsverträge mit diesen Staaten wurden am 24. Juni 1994 unterzeichnet. 1994 sprachen sich die Norweger mit 52,4% der Wählerstim-men erneut gegen den EU-Beitritt aus. Am 1. Januar 1995 erweiterte sich die Eu-ropäische Union also um Schweden, Finnland und Österreich. Das war die zweite Norderweiterung, in deren Folge die EU zum größten Binnenmarkt der Erde mit 369 Mio. Einwohner wurde.

Seit Anfang der neunziger Jahre wurde die Frage laut, wann die Länder Mittel europas sich dieser „Stabilitätsgemeinschaft“ anschließen würden. Kaum ei-ner machte sich darüber Gedanken, ob sie überhaupt diese Absicht haben würden.

Für eine Erweiterung der Europäischen Union um diese Länder sprachen politische Beweggründe, vor allem das Bedürfnis nach Festigung von Demokratie, Rechtsstaat-lichkeit, Respektierung der Menschenrechte und des Minderheitenschutzes sowie der Bedarf nach einer Festigung von Stabilität und Sicherheit in Europa. Natürlich spielten auch wirtschaftliche Gründe eine enorme Rolle. Die nach Osten erweiterte EU eröffnete den Mitgliedsstaaten neue Chancen für ihre wirtschaftliche Entwick-lung.4 Am 1. Mai 2004 erweiterte sich die Union um acht Staaten Mitteleuropas sowie Malta und Zypern. Die Osterweiterung (2004) war keine „Expansion“ der Eu-ropäischen Union, wie Michale Gahler unterstreicht, sondern ihre Öffnung gegen-über den Staaten Mittel- und Osteuropas. Der „Urimpuls der Erweiterung von 2004 war dasselbe Motiv, das schon die Idee der europäischen Einheit von Jean Monnet inspiriert hatte: Nie wieder Krieg in Europa zulassen.5

Rumänien und Bulgarien traten der EU am 1. Januar 2007 bei, wodurch sich die Zahl der Mitglieder auf 27 und die Einwohnerzahl auf 489 Mio. erhöhte (ein An-stieg um ca. 30 Mio.).6 Es wird erwartet, dass im Jahr 2012 Kroatien die Mitglied-schaft erwirbt, wenn das Land mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehe-malige Jugoslawien zusammenarbeitet. Auch Island hat Aspirationen auf einen Beitritt

3Vgl.: T. Beichelt, Die Europäische Union nach der Osterweiterung, VS Verlag für Sozial-wissenschaften, Wiesbaden 2004, S. 25-28; V.M. Reyes, Reguły gry, czyli o negocjacjach akcesyjnych i łączeniu się Europy /Spielregeln. Über Beitrittsverhandlungen und die Verbindung Europas/, Wy-dawnictwo Naukowe Scholar, Warszawa 2000, S. 65-136.

4Vgl.: N. Wieczorek, Die Osterweiterung aus der Innensicht Deutschlands, [in:] Die Oster­

weiterung der EU und ihre Folgen für Deutschland, 39. Kolloquium der Walter-Raymond-Stiftung.

Berlin, 25.-27. März 2001, Bd. 41, S. 34.

5 M. Gahler, Die Osterweiterung aus der Innensicht Deutschlands, [in:] Ebd., S. 46-47.

6 „Eurostat Yearbook“ 2006-2007, s. 51.

im Jahr 2012. Weitere Erweiterungen könnten mittelfristig die Türkei und Mazedo-nien umfassen und langfristig AlbaMazedo-nien, Montenegro, Serbien, BosMazedo-nien und Herze-gowina, vielleicht sogar die Ukraine und Moldawien.

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