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Der Stabilisierungs­ und Assoziierungsprozess

W dokumencie Katowice 2011 (Stron 172-179)

Kapitel V: Die Vorbereitung auf die Erweiterung der Europäischen Union

1. Die Europäische Perspektive des Westbalkans

1.2. Der Stabilisierungs­ und Assoziierungsprozess

Ein bedeutender Wendepunkt in den Beziehungen der EU mit dieser Region war der Kosovo-Krieg 1999. Dieser provozierte ein verstärktes Engagement der Uni-onsstaaten für die Stabilisierung und Unterstützung der Reformen in dieser Region durch die Integration der Hilfsmaßnahmen im Rahmen eines einzigen Instruments.12 Zum Hauptelement der Annäherung der Balkanstaaten an die EU wurde der Stabili-sierungs- und Assoziierungsprozess (Stabilization and Association Process – SAP), in dessen Rahmen die Stabilisierungs­ und Assoziierungsabkommen (Stabilization and Association Agreements) mit den Westbalkanstaaten getroffen wurden. Die Erfüllung der Bedingungen der Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen sollte den Balkan-staaten bei der Vorbereitung auf eine eventuelle Mitgliedschaft helfen. Diese Abkom-men wiesen eine ähnliche Struktur und Ziele wie die europäischen AbkomAbkom-men auf, die in den neunziger Jahren mit den mitteleuropäischen Staaten getroffen wurden. Die EU hat bislang mit Kroatien (29. Oktober 2001), Mazedonien (9. April 2004), Albanien (12. Juni 2006), Montenegro (15. Oktober 2007), Serbien (29. April 2008) und Bosnien und Herzegowina (16. Juni 2008) Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen unter-zeichnet.

Im Juni 2000 sprach man sich während der Europaratssitzung in Santa Maria da Feira positiv über eine potenzielle Mitgliedschaft der Balkanstaaten in der EU aus.

Im November 2000 wurde das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen während des EU-Balkan-Gipfels in Zagreb als das „Herz der Unionspolitik“ bezüglich dieser Re-gion anerkannt.13 Knapp 3 Jahre später wurde auf dem EU-Westbalkan-Gipfel in Thessa-loniki erneut die Rolle des SAP bei der Vorbereitung der Balkanstaaten auf eine eventu-elle Mitgliedschaft betont. Dabei wurde auch erklärt, dass zukünftig „die Balkanstaaten zu einem integralen Bestandteil des vereinten Europas werden“ müssten.14

Die aus der EU in die Westbalkanstaaten fließende Finanzhilfe wird im Rah-men diverser Programme und Stiftungen realisiert, vor allem: PHARE, OBNOVA-

/Die Rolle Deutschlands in der Politik der inneren Sicherheit der Europäischen Union/, [in:] I. Sta-wowy-Kawka (Hrsg.), Niemcy – Europa – Świat. Studia Międzynarodowe. Księga pamiątkowa po-Księga pamiątkowa po­

święcona Profesorowi Erhardowi Cziomerowi /Deutschland – Europa – Welt. Internationale Studien.

Gedenkbuch für Professor Erhard Cziomer/, Wydawnictwo Uniwersytetu Jagiellońskiego, Kraków 2007, S. 69-70.

12 Die Bemühungen der BRD und Frankreichs für den Frieden im Kosovo und das Enga- Die Bemühungen der BRD und Frankreichs für den Frieden im Kosovo und das Enga-gement für die Lösung der Konflikte auf dem Balkan vgl. eingehender: S. Pfeiffer, Die deutsch­

französische Partnerschaft: störanfällig, aber strapazierfähig? Eine Analyse im Bereich der Außen­, Sicherheits­ und Europapolitik (1990 ­ 2000), Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main [u.a.] 2006.

13Zagreb Summit 24 November 2000, Final Declaration, Quelle: http://ec.europa.eu/enlarge- ment/enlargement_process/accession_process/how_does_a_country_join_the_eu/sap/zagreb_sum-mit_en.htm, (Februar 2008).

14 EU­Western Balkans Summit­Declaration, Thessalonica 21 June 2003, Quelle: http://

ec.europa.eu/enlargement/enlargement_process/accession_process/how_does_a_country_join_the_

eu/sap/thessaloniki_summit_en.htm, (Januar 2008).

Programm – beide Programme wurden nach 2000 durch die CARDS (Community Assistance for Reconstruction, Development and Stabilization) und die humanitäre Hilfe ECHO ersetzt. Über einen Zeitraum von 10 Jahren, von 1991 bis 2001, be-trug diese für Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, dem das ehemalige Jugoslawien (mit Kosovo, Serbien und Montenegro) und Mazedonien insgesamt fast 8,7 Mrd. EUR.15 Im Rahmen von CARDS wurden hingegen Projekte in den Jahren 2000-2006 mit einem Gesamtbetrag von 4,65 Mrd. EUR finanziert. Seit Anfang 2007 werden die Westbalkanstaaten durch ein neues Unionsprojekt unterstützt – das Inst-rument für Heranführungshilfe (InstInst-rument for Pre-Accession Assistance – IPA).16

Der Westbalkan nutzte, ähnlich wie die Staaten Mitteleuropas, die verschiede-nen Strukturen der regionalen Zusammenarbeit zum Zweck der besseren Vorbereitung auf die Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Sie enthielten eine Reihe sowohl bilateraler als auch multilateraler Handelsübereinkünfte zwischen den Staaten unterei-nander sowie mit von der EU privilegierten Staaten, wie z.B. der Türkei, der Ukraine oder Marokko. Einige der wichtigsten Abkommen waren die Verträge über den Beitritt Kroatiens (2003) und Mazedoniens (2006) zur CEFTA. Nach dem Beitritt des Großteils der CEFTA-Staaten zur Europäischen Union 2004 und 2007 verlor die Mitteleuropäi-sche Freihandelszone an Bedeutung. In ihr verblieben nur Kroatien und Mazedonien, aber im Mai 2007 traten Bosnien und Herzegowina, Moldawien, Serbien, Monteneg-ro, Albanien und Kosovo bei. Von den Mitgliedstaaten der EU wurde dieser Schritt als ein Zeichen politischer Reife gesehen und stieß auf große Befürwortung.

Außerdem nutzten die Westbalkanstaaten als „Brücke“ zur Integration mit der Europäischen Union subregionale Gruppierungen17, solche wie z.B. die Mit-teleuropäische Initiative (Central European Initiative – CEI), die Schwarzmeer-Wirt-schaftskooperation (Black Sea Economic Co-operation – BSEC)18, der

Kooperati-15 Vgl. eingehender: Aufstellung der EU-Finanzhilfeleistungen für die einzelnen Staaten des Westbalkans in den Jahren 1991-2001: H.-J. Axt, Vom Wiederaufbauhelfer zum Moderniesie­

rungsagenten. Die EU auf dem Balkan, „Aus Politik und Zeitgeschichte“ 2003, Bd. 10-11, S. 20.

16 Näher zum Thema der Nutznießer der IPA, der Ziele, des Rahmens der Implementie- Näher zum Thema der Nutznießer der IPA, der Ziele, des Rahmens der Implementie-rung der Hilfsprogramme vgl. VERORDNUNG (EG) Nr. 1085/2006 DES RATES vom 17. Juli 2006 zur Schaffung eines Instruments für Heranführungshilfe (IPA), Quelle: http://eur-lex.europa.eu/LexU-riServ/site/de/oj/ 2006/l_210/ l_21020060731pl00820093.pdf, (März 2008);

17 Näher zum Thema der Rolle der subreginalen Gruppierungen bei der Stärkung der Sicher- Näher zum Thema der Rolle der subreginalen Gruppierungen bei der Stärkung der Sicher-heit und Zusammenarbeit in Europa vgl.: M. Emerson, M. Vahl, Europe’s Black See dimension – mo­

del european regionalizm, prêt­à­porter, [in] T.D. Adams, M. Emerson, L.D. Mee, M. Vahl, Europe’s Black Sea Dimension, Centre for European Policy Studies, Brussels 2002, S. 1-35. Vgl.: A. Cottey (ed.), Subregional Cooperation in the New Europe: Building Security, Prosperity and Solidarity from the Barents to the Black Sea, Macmillan, Basingstoke 1999, S. 153-212; R. Zięba, Instytucjonalizac­

ja bezpieczeństwa europejskiego: koncepcje – struktury – funkcjonowanie /Die Institutionalisierung der europäischen Sicherheit: Konzeptionen – Strukturen – Funktionen/, wyd. IV, Wydawnictwo Nau-kowe Scholar, Warszawa 2004, S. 251-293.

18 Mitglieder sind: Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Bulgarien, Georgien, Grichenland, Moladwien, Rumänien, Russland, Türkei, Ukraine. Am 1. Mai 1999 wurde die BSEC zu einer voll-berechtigten internationalen Organisation. Eingehender dazu vgl.: D. Sezer, Black Sea Economic Co­

onsrat für Südosteuropa (South-East European Co-operation Process – SEECP)19, die Adriatisch-Ionische Initiative (Adriatic-Ionian Initiative – AII)20. Ähnlich wie die Staaten Mitteleuropas näherten sich die Westbalkanstaaten Westeuropa durch den Beitritt zum Europarat (Albanien 1995, Moldawien 1995, die ehemalige Jugo-slawische Republik Mazedonien 1995, Kroatien 1996, Bosnien und Herzegowina 2002, Serbien 2003, Montenegro 2007) sowie durch Unterzeichnung von Handels- und Normalisierungsabkommen im Rahmen des Stabilitätspakts.21 Erwähnenswert ist auch die Schaffung einer Energiegemeinschaft nach dem Vorbild der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Der Vertrag über die Energiegemeinschaft zwi-schen der Europäizwi-schen Gemeinschaft und Albanien, Bulgarien, Rumänien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Montenegro, Serbien, der ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien sowie der vorübergehenden Mission der UNO im Kosovo, unter Berufung auf die Annäherung zur EU, zielte auf die Festsetzung eines integ-rierten Markts für Erdgas und elektrische Energie ab.22

Die Europäische Union unterstützt die Entwicklung der regionalen Zusam-menarbeit zwischen den Staaten, die eine europäische Perspektive haben. An vielen davon nehmen die an den Westbalkan grenzenden Mitgliedstaaten der Union teil, vor allem Griechenland, Italien, Österreich, aber auch die mitteleuropäischen Staa-ten, die bereits der EU beigetreten sind.

operation Project: Anarchy, the Demise of Bipolarity, and the Turkish Call on the Regional Players to Co­operate rather then Defect, [in:] European Security in the 1990s: Problems of South-East Eu­

rope, Proceedings of the Rhodes Conference, 6–7 September 1991, UNIDIR, United Nations, New York 1992, S.155–161; A.Y. Kolat, Black Sea Economic Co­operation in Perspective, „Eurasian Stu-dies“, (Ankara), Vol. 3, No. 3, Fall 1996, S. 29 (21-29); V. Şandru, Interdependence of Economic Co­operation, Security and Good Neighbourliness in the Black Sea Area, „Romanian Journal of In-ternational Affairs“ 1997, Vol. III, No. 1, S. 128–130; N. Micu, Black Sea Economic Co­operation:

Achievements and Prospects, ibidem, S. 76-77.

19 Gründungsmitglieder waren im Jahr 1996 Albanien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Griechenland, Mazedonien, Rumänien, Die Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien und Montenegro), die Türkei. Später traten bei: Kroatien 2005, Moldawien 2006 (zuvor Beobachterstatus), Montene-gro 2007. Mehr Informationen zur SEECP auf der Webseite: http://www.mvpei.hr/seecp/english.htm.

Vgl.: Ü. Çeviköz, European Integration and Regional Co­operation in Southeast Europe, „Percepti-ons“, Vol. II, No. 4, December 1997-February 1998, S. 143-153.

20 Die Adriatisch-Ionische Initiative (AII) wurde auf einem Gipfel der Außenminister von Al- Die Adriatisch-Ionische Initiative (AII) wurde auf einem Gipfel der Außenminister von Al-banien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Griechenland Italien und Slowenien in Ancona am 19.-20.

Mai 2000 geschlossen. Im November desselben jahres trat die Bundesrepublik Jugoslawien bei. Das hauptziel der AII ist die Schaffung einer Zone von Frieden, Stabilität und Wohlstand in gutnachbarschaft-lichen Beziehungen und Zsammenarbeit bei der Bekämpfung jedweder illegalen Machenschaften.

21 Vgl.: F.L. Altman, Regionale Kooperation in Südeuropa, „Aus Politik und Zeitgeschichte“

2003, Bd. 10-11, S. 27-33.

22 Vgl.: Beschluss des Rates vom 29. Mai 2006 über den Abschluss des Vertrags zur Gründung der Energiegemeinschaft durch die Europäische Gemeinschaft (2006/500/EG), Quelle: http://eur-lex.

europa.eu/smartapi/cgi/sga_doc?smartapi!celexplus!prod!CELEXnumdoc&numdoc=32006D0500&

lg=de (Dezember 2010); Vertrag zur Gründung der Energiegemeinschaft, Quelle: http://eur-lex.euro-pa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2006:198:0018:0018:DE:PDF, (Dezember 2010).

Der Rat der Europäischen Union nahm am 16. Juni 2003 die Thessaloni­

ki­Agenda für den Westbalkan an. Auf dem Gipfel des Europarats in Thessaloniki vom 19.-20. Juni 2003 unterstützen die Regierungschefs der EU-Staaten dieses Pro-gramm, in dem die Etablierung „europäischer Partnerschaften“ als eines der Mittel zur Intensivierung des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses genannt ist.23 Im Rahmen der Thessaloniki-Agenda werden auf den so genannten Politischen EU-Westbalkan-Foren, jährlich organisierten Begegnungen der Außen-, Justiz- und In-nenminister ein politischer Dialog geführt und die Zusammenarbeit im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) erweitert. 2004 wurden die Gemeinsamen Parlamentskommissionen ins Leben gerufen, die EU-Vertreter und Vertreter Kroatiens bzw. der ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedoni-en zusammMazedoni-enbringt. Die SitzungMazedoni-en dieser KommissionMazedoni-en findMazedoni-en regelmäßig statt, ähnlich wie die Parlamentstreffen mit Albanien, Bosnien und Herzegowina, Serbien und Montenegro sowie dem Kosovo. Die Thessaloniki­Agenda sah zudem eine In-tensivierung des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses durch die Gründung so genannter Europäischer Abkommen (Partnerschaften) vor, welche die primären Bereiche aufzeigen sollen, in denen Reformen notwendig sind, auf jedem Abschnitt und vor dem Beitritt. Die Staaten antworten darauf mit der Ausarbeitung von Akti-onsplänen (Action Plans), die mit der Innenpolitik kohärent sind und Legislations-, Administrations- und Budgetpläne enthalten.

Die Chancen der Westbalkanstaaten auf Realisierung ihrer Beitrittsaspirati-onen hängen vor allem von ihnen selbst ab. Die EU verlangt seit Juni 1993 unver-ändert von den neuen Kandidaten die Erfüllung der Kopenhagen-Kriterien, die auch für die 2004 und 2007 beigetretenen Länder verbindlich waren. Für die Staaten, die aus dem Zerfall Jugoslawiens entstanden sind sowie für Albanien bedeutet dies eine hoch gelegte Messlatte. Die Wunden dieser Staaten aus den blutigen Krie-gen der neunziger Jahre sind noch nicht verheilt, auch haben auch für die begange-nen Kriegsverbrechen noch keine Rechenschaft abgelegt. Brüssel verlangt, ähnlich wie Berlin und andere europäische Hauptstädte, eine enge Zusammenarbeit der post-jugoslawischen Staaten mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia – ICTY).

Von Bedeutung sind auch die gegenseitigen Beziehungen dieser Staaten, z.B. zwi-schen Kroatien und Serbien, die sich mit gegenseitigen Kriegsverbrechensvorwürfen an den Internationalen Justizgerichtshof gewandt haben.

Die Staaten des Westbalkans werden bei ihren Integrationsbemühungen ebenfalls unter dem Gesichtspunkt der Realisierung des Stabilitäts- und Assoziie-rungsabkommens bewertet. Es wird ein größeres Engagement für die Zusammen-arbeit mit der EU bei der Realisierung ihrer Initiativen zur Stärkung der Sicherung

23Spotkanie Rady Europejskiej w Salonikach 19–20 czerwca 2003 r., Wnioski prezydencji / Tagung des Europarats in Saloniki am 19.-20. Juni 2003. Konklusion des Vorsitzes/,, źródło: http://

libr.sejm.gov.pl/oide/dokumenty/konkluzje/saloniki200306.pdf, (marzec 2008).

der Union und der Internationalen Sicherheit erwartet.24 Die Vergrößerung der Zahl der Beitrittsbedingungen für die Balkanstaaten, die eine Mitgliedschaft in der EU anstreben, verrät den Mangel an Vorbereitung der EU auf weitere Erweiterungen und ihre begrenzten „Aufnahmemöglichkeiten“.

1.3. Die Beitrittsverhandlungen Kroatiens

Eine besondere Position in der Außenpolitik der BRD bezüglich der EU-Er-weiterungen nimmt Kroatien ein. Die faktische Anerkennung der Unabhängigkeit Kroatiens und Sloweniens durch Bonn am 23. Dezember 1991 war durch die innere Lage des vereinten Deutschland bedingt. In der deutschen Elite herrschte die Ansicht vor, dass dieser Schritt, bei der gleichzeitigen diplomatischen Isolation Serbiens, der Eskalation des Bürgerkriegs im zerfallenden Jugoslawien vorbeugen und den An-sturm von Flüchtlingen aus diesen Ländern, der sich vor allem nach Deutschland richten würde, aufhalten wird. Die Bundesrepublik erkannte Kroatien und Slowe-nien ohne Konsultierung der NATO- und EG-Staaten an. Dies wurde von beiden Organisationen und vom UNO-Generalsekretär kritisiert. Es wurde als ein Versuch Deutschlands, sich auf internationaler Ebene zu emanzipieren, gedeutet.25 Es ist zu unterstreichen, dass innerhalb weniger Tage nach der Einigung auf den Text des Vertrags von Maastricht, der die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union festlegt, am 16. Dezember 1991, die BRD drohte, ihre Un-terschrift zu verweigern, sollte die EG die Unabhängigkeit Kroatiens und Sloweniens nicht anerkennen.26 Das Vorgehen der Bundesrepublik erzwang unter den

Mitglied-24 Vgl.: J. Batt (ed.), The Western Balkans: moving on, „Chaillot Paper“, No. 70, October 2004; eadem, The question of Serbia, ibidem, No. 81, August 2005; S. Di Feliciantonio, EU Fo­

reign Policy and Albania, „European Foreign Affairs Review“, Vol. 4, Issue 4, Winter 1999, S. 519-535; T. Żornaczuk, Perspektywny integracji Serbii z UE /Perspektiven für die Integration Serbiens mit der EU/, „Biuletyn“ Nr. 11 (619), 22. Januar 2010, PISM, Quelle: http://www.pism.pl/zalaczniki/

Biuletyn_619.pdf, (März 2010).

25 Vgl.: H.-J. Axt, Hat Genscher Jugoslawien entzweit? Mythen und Fakten zur Außenpo­

litik Deutschlands, „Europa-Archiv“ 1993, Jg. 48, Folge 12, S. 351–360; B. Koszel, Mitteleuropa rediviva? Europa Środkowo- i Południowo-Wschodnia w polityce zjednoczonych Niemiec /Mitteleu-Europa Środkowo- i Południowo-Wschodnia w polityce zjednoczonych Niemiec /Mitteleu­

ropa redivivia? Mittel- und Südosteuropa in der Politik des vereinten Deutschland/, Instytut Zachod-ni, Poznań 1999, S. 243-266. Por. Ch. Hacke, Die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland.

Von Konrad Adenauer bis Gerhard Schröder, Ullstein, Frankfurt am Main/Berlin, 2003, S. 399-411.

26 Die deutsche „Tageszeitung“ gab am 6. April 1993 an, dass die Frage von Kroatien und Slo- Die deutsche „Tageszeitung“ gab am 6. April 1993 an, dass die Frage von Kroatien und Slo-wenien im am Vortag unterzeichneten Vertrag von Maastricht verursachte, dass die Mitgliedstaaten der EG im Gegenzug für manche Verzichte zur diplomatischen Anerkennung dieser Staaten unter dem Druck der BRD eingewilligt haben. Großbritannien sollte sich eine Befreiung von der Sozialkarte sichern, Spanien, Portugal, Irland und Griechenland sollten Versprechungen über zusätzliche Subven-tionen vom Chef der deutschen Diplomatie erhalten und Frankreich gewann die Zusage für die wei-tere Realisierung der Wirtschafts- und Währungsunion. Siehe É. Husson, op. cit., S. 115–116. Siehe weiter: M. Waldenberg, Rozbicie Jugosławii: jugosłowiańskie lustro międzynarodowej polityki /Die Zerschlagung Jugoslawiens: der jugoslwische Spiegel der internationalen Politik/, Wydawnictwo Naukowe Scholar, Warszawa 2005, Bd. I, S. 88-96.

staaten der EG die Anerkennung der Unabhängigkeit Kroatiens und Sloweniens.

Die Bundesrepublik war stärker als die anderen EG-Staaten (wie z. B. Frankreich oder Großbritannien) von den Folgen der Krise in Jugoslawien betroffen. Anfang der neunziger Jahre wohnten fast 500.000 Kroaten und Slowenen, die ihre Inter-essen sehr aktiv auf dem öffentlichen Forum repräsentierten, in Deutschland. Star-ken Druck auf die Bundesregierung übten auch die bayerische CSU27, die Führung der katholischen Kirche und die SPD aus. Darüber hinaus fand Kroatien viele Für-sprecher in den Medien („Frankfurter Allgemeine Zeitung“).28 Andere EG-Staaten, die in Maastricht eine Perspektive für die Schaffung der Europäischen Union fest-gelegt hatten, entschieden sich, die Unabhängigkeit dieser Staaten am 15. Januar 1992 anzuerkennen. Nichtsdestoweniger wurde die zuvor getroffene Entscheidung der Bundesrepublik in dieser Frage von vielen Experten als überstürzte Entschei-dung gewertet, die zur Eskalation des Konflikts am Balkan beitrug. Dies geschah deshalb, da Deutschland durch seine Unterstützung der kroatischen Nationalisten ihren Konflikt mit den serbischen Nationalisten verschärfte. Die voreilige Anerken-nung der Unabhängigkeit Kroatiens und Serbiens ermutigte die Moslems zur Prokla-mation der Unabhängigkeit von Bosnien und Herzegowina – trotz der sehr differen-zierten ethnischen Bevölkerungsstruktur dieser Republik.29

Kroatien stellte am 21. Februar 2003 als erster der Westbalkanstaaten ei-nen Antrag auf EU-Mitgliedschaft. Etwas mehr als ein Jahr später, am 22. März 2004, am 15. Dezember zog Montenegro gleich, am 29. April 2009 folgte Albanien und Ser-bien am 22. Dezember 2009. Der Europäische Rat gestand Kroatien am 18. März 2004 den Status eines Beitrittskandidaten zu. Den Beschluss über die Aufnahme von Bei-trittsverhandlungen mit diesem Staat traf der Europäische Rat am 17. Dezember 2004.

Tatsächlich begannen diese jedoch erst am 3. Oktober 2005. Diese Verzögerung wurde

27 Anzumerken ist, dass die erste offi zielle Anerkennung der Unabhängig Kroatiens und Slo- Anzumerken ist, dass die erste offizielle Anerkennung der Unabhängig Kroatiens und Slo-weniens von der überregionalen Arbeitsgemeinschaft Alpen-Adria, zu der Bayern gehört, am 3. Juli 1991 verkündet wurde.

28 Helmut Kohl stellte während eines Treffens mit dem französischen Präsidenten Fran- Helmut Kohl stellte während eines Treffens mit dem französischen Präsidenten Fran-çois Mitterrand am 15. November in Berlin auf die Kritik Mitterrands bezüglich der Anerkennung von Kroatien durch die BRD fest: „…der Druck auf mich ist sehr stark. Ich kann mich nicht länger wehren. Meine Partei, die Liberalen, die Kirche, die Presse, ohne die 500.000 in Deutschland leben-den Kroaten mitzuzählen, alle üben Druck aus (…)“ Zit. nach: M. Walleben-denberg, Rozbicie Jugosławii…

/Die Zerschlagung Jugoslawiens…/, op. cit., Bd. 1, S. 97.

29 É. Husson, op. cit., Kap. III; R. Vukadinović, In Search of Security for the Balkans, „Occa-sional Paper“ (International Institute for Peace, Vienna), No. 9, December 1994, S. 9; P. Simic, Dyna­

mics of the Yugoslav Crisis, „Security Dialogue“, Vol. 26, No. 2, June 1995, S. 161-163. Eingehender dazu vgl.: R. Hartmann, „Die ehrlichen Makler“. Die deutsche Außenpolitik und der Bürgerkrieg in Jugoslawien – eine Bilanz, Dietz Verlag, Berlin 1999. Vgl.: J. Puglierin, Zwischen realistischen Interessen und moralischem Anspruch. Eine theoriegeleitete Analyse der deutschen Außenpolitik seit 1989/1990, „Studien zur Internationalen Politik“, Heft 1, Institut für Internationale Politik an der Uni-versität der Bundeswehr Hamburg 2004; K.P. Zeitler, Deutschlands Rolle bei der völkerrechtlichen Anerkennung der Republik Kroatien unter besonderer Berücksichtigung des deutschen Außenmini­

sters Genscher, Tectum Verlag, Marburg 2000.

mit der mangelnden Erfüllung der Verpflichtungen Kroatiens gegenüber dem Interna-tionalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien begründet. Die Beitrittsver-handlungen mit Kroatien begannen gleichzeitig mit den VerBeitrittsver-handlungen mit der Tür-kei. Dies war ein positives Signal der EU an die übrigen Staaten der Region. Im April 2005 empfahl die Europäische Kommission dem Rat Europäischen Union den Beginn der Verhandlungen über das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Serbien und Montenegro.30 Die Europäische Kommission betonte eben-falls, dass unabhängig vom zukünftigen Status des Kosovo, diese mit dem Prozess der Annäherung der Westbalkanstaaten an die EU verbunden sein sollten. Im glei-chen Jahr empfahl die EK die Eröffnung von Verhandlungen über das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Bosnien und Herzegowina.31 Am 16. Dezember 2005 gestand der Europäische Rat Mazedonien den Status eines Beitrittskandidaten zu. Vorgesehen war, dass Kroatien und Mazedonien vor 2012 zum Kreis der EU-Mit-glieder stoßen; im Fall von Mazedonien ist dieses Datum jedoch kaum realistisch.

Die Europäische Kommission verfasste auch ein Strategisches Dokument für die Erweiterungsangelegenheiten – 2005, das die Etappen des Beitritts der wei-teren Kandidaten zur Europäischen Union aufzeigt. Es wurde betont, dass der Erwei-terungsprozess von den Fortschritten der Beitrittskandidaten (Kroatien, Türkei) ab-hängen wird, sowie von der Möglichkeit der EU zur Aufnahme weiterer Mitglieder.

Es wurde auch eine „Road map“ der Strategien vor dem Beitritt der Westbalkanstaa-ten festgelegt.32 Deutschland sieht gegenwärtig Chancen für Kroatien unter der

Es wurde auch eine „Road map“ der Strategien vor dem Beitritt der Westbalkanstaa-ten festgelegt.32 Deutschland sieht gegenwärtig Chancen für Kroatien unter der

W dokumencie Katowice 2011 (Stron 172-179)