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Gewerkschaften

W dokumencie Katowice 2011 (Stron 100-0)

Kapitel II: Die deutschen Konzepte für die Erweiterung der Europäischen

6. Die Standpunkte der deutschen Sozialpartner

6.2. Gewerkschaften

Die Arbeitnehmer in der Bundesrepublik sind hauptsächlich in den vier größ-ten Verbänden organisiert: dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), der die meis-ten Mitglieder besitzt, der Deutschen Angestellmeis-ten-Gewerkschaft (DAG), dem Deut-schen Beamtenbund (DBB) und dem Christlichen Gewerkschaftsbund (CGB).110

Der deutsche Gewerkschaftsbund vereinigt acht Branchengewerkschaften:

die IG Bauer-Agrar-Umwelt, die IG Bergbau, Chemie, Energie, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, die IG Metall, die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten, die Gewerkschaft der Polizei, die TRANSNET, die Vereinte Dienst-leistungsgewerkschaft (ver.di). In der ersten Hälfte der neunziger Jahre überstieg die Mitgliederzahl 9,7 Mio., ging dann aber nach und nach zurück und belief sich im Jahr 1998 nur noch auf 8,3 Mio. und weiter auf 6,7 Mio. Mitglieder im Jahr 2005.111 Der DGB steht der SPD nah. Häufig sind die Mitglieder einer Organisation auch bei der anderen eingeschrieben (Doppelmitgliedschaft).112

Der DGB tritt sehr engagiert für die Europapolitik der Bundesrepublik ein.

Besonders intensiv wurde die Problematik der Osterweiterung diskutiert, was seinen Niederschlag in zahlreichen Informationsbulletins über die Staaten Mittel- und Ost-europas und die Einstellungen des DGB zu den einzelnen Freiheiten der EU, wie dem freien Dienstleistungsverkehr oder der Pendelmigration im Kontext der

geplan-108 Vgl.: R. Perau, Türkei – ein „Tiger“ auf dem Weg in die EU, Quelle:http://www.dihk.

de/index.html?/inhalt/informationen/news/schwerpunkte/euerweiterung/meldung1/magazin06.html, (Juni 2006).

109 Vgl. Text der Rede auf der offiziellen Webseite des DIHT, Quelle: http://www.dihk.de/

index.html?/inhalt/informationen/news/meinungen/index.html, (Junic 2006).

110 Vgl.: B. Jagusiak, Związki Zawodowe /Gewerkschaften/, [in:] S. Sulowski, K.A. Wojtas-zczyk (Hrsg.), System polityczny Republiki Federalnej Niemiec (wybrane problemy) /Das politische system der Bundesrepublik Deutschland (ausgewählte Probleme), Elipsa, Warszawa 2005, S. 244-253.

111 Vgl.: die detaillierten Daten zu den Mitgliedern des DGB und die Statistiken von 1994 bis heu- Vgl.: die detaillierten Daten zu den Mitgliedern des DGB und die Statistiken von 1994 bis heu-te, zugänglich auf der Webseite des DGB, http://www.dgb.de/dgb/mitgliederzahlen/mitglieder.htm.

112 Vgl.: B. Jagusiak, op. cit., S. 249.

ten Erweiterung niederschlug. Zu diesen Unterlagen sind zu zählen: Mitteilungen zur Migrationspolitik. EU­Erweiterung: Arbeitnehmerfreizügigkeit, Dienstleitungs­

freiheit, Grenzgängerbeschäftigung vom 25 Mai 1999, Stellungnahme des DGB zur Mitteilung der EU-Kommission – Sozialpolitisches Aktionsprogramm 1998-2000 vom September 1998, ein Dokument zum Koalitionsvertrag zwischen SPD und Grü-nen vom 9. November 1998, eine Broschüre Europäische Betriebsräte und EU­Er­

weiterung. Auswirkungen und Rechtslage von Flávio Antonello Benites vom Dezem-ber 2003, eine Arbeit zur Osterweiterung herausgegeben von Susanne Brenner unter dem Titel: Mai 2004: die EU wird größer.113

Dem DGB zufolge wird die EU-Erweiterung erst dann möglich sein, wenn eine Reform ihrer Institutionen durchgeführt wird. Aufgrund seines Tätigkeitsprofils hat sich der DGB bei seinen Erwägungen auf Fragen des Arbeitsmarkts konzentriert. Dabei postulierte er die Einführung von Übergangsregelungen (anstatt Übergangszeiten) für die Anwärterländer. Diese Lösung ist flexibler als die zuvor angeregten langjährigen Übergangszeiten für den Arbeitnehmerverkehr. Diese Regelungen sollten auf die rea-le Situation auf den Arbeitsmärkten der EU-Staaten angewandt werden und den Staat zur Aufnahme bilateraler Beziehungen in den Fragen der Beschäftigungspolitik be-wegen (zum Beispiel: Beschäftigungskontingente, breite regionale Zusammenar-beit, insbesondere grenzübergreifende Beschäftigungspolitik). Außerdem wurde pos-tuliert: eine Stärkung des Systems der sozialen Sicherheit, insbesondere im Bezug auf die Gleichberechtigung von in- und ausländischen Arbeitnehmern. Das vorgeschla-gene Diskriminierungsverbot ergab sich aus der Anerkennung des Rechts auf Freizü-gigkeit als eines fundamentalen Menschenrechts. Als wichtigstes Hindernis im Be-reich des Schutzes in- und ausländischer Arbeitnehmer wertet der DGB den Mangel an sachgerechten Informationen über die den Arbeitnehmern zustehenden Rechte sowie eine missgünstige Haltung der Unternehmer (niedrige Löhne). In diesem Bereich wurde vor allem die Schaffung eines leistungsfähigen Informationssystems, das die außerhalb ihres Herkunftslands beschäftigten Arbeitnehmer informieren solle, eine Umstrukturie-rung der Arbeitsämter im Kontext des freien Personenverkehrs und ein Verbot von So-zialdumping postuliert.114 Man sprach sich auch für einen gesellschaftlichen Dialog zwischen den Mitglieds- und den Beitrittsländern unter aktiver Beteiligung der Sozial-partner aus. Als prioritäre Aufgabe stellte sich der DGB die Aufrechterhaltung und Wei-terentwicklung der engen Kontakte mit den Gewerkschaften der Beitrittsländer. Für dieses Ziel wandte er in seinem Haushalt für 2006 einen Betrag von 6 Mio. EUR auf.

In Fragen der EU-Erweiterung war vor allem einer der Branchenverbän-de Branchenverbän-des DGB besonBranchenverbän-ders aktiv – die IG Metall. In Branchenverbän-der Osterweiterung erblickte sie

113 Dokumente zugänglich auf der offziellen Webseite des DGB:http://www.dgb.de/service/

publikationen/. Vgl. auch: M. Duszczyk, D. Poprzęcki, op. cit., S. 58-63.

114 Vgl.: M. Duszczyk, D. Poprzęcki, op. cit., S. 58. Sozialdumping tritt auf, wenn ein Mit- Vgl.: M. Duszczyk, D. Poprzęcki, op. cit., S. 58. Sozialdumping tritt auf, wenn ein Mit-gliedsland Investitionen anzieht, die Arbeitsplätze durch niedrigere Lohnkosten oder ein restriktiveres Arbeitsrecht anzieht.

eine historische und ökonomische Notwendigkeit. Besonders wurde die Bedeu-tung der wirtschaftlichen und sozialen Integration hervorgehoben. Im Bewusstsein der Disproportionen zwischen den Beitrittsländern und den Mitgliedsländern pos-tulierte die EU eine asymmetrische Öffnung der EU zu Gunsten der Beitrittsländer, die für eine Übergangsperiode zu Hauptnutznießern der EU-Haushaltsmittel würden.

Die IG Metall vertrat die Auffassung, dass der Beitritt neuer Staaten zur EU durch die Erfüllung der folgenden Kriterien bedingt sein sollte: Garantie der vollständigen Bürgerrechte, Vereinigungsfreiheit (insbesondere im Bezug auf Gewerkschaften), eine aktive Rolle der Gewerkschaften bei den Modernisierungsprozessen der Bei-trittsländer, insbesondere bei der Gestaltung der sozialen Marktwirtschaft, ein ausrei-chendes Sozialminimum, eine leistungsfähige Justiz im Bereich des Arbeitsrechts.115

Der Dialog zwischen den Gewerkschaften und Vertretern des wirtschaftlichen und sozialen Lebens in der Grenzregion zwischen Tschechien, Polen und der Bun-desrepublik führte im Herbst 2003 zu einem Projekt unter dem Titel Grenzlandpro-jekt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von der Ostsee bis den Alpen (GRIPS-Initiative), das von der Europäischen Kommission unterstützt wurde. Die Ziele des GRIPS-Projekts waren:

Die Vorbereitung der Arbeitnehmer in den polnisch-deutschen und

tsche-• chisch-deutschen Grenzregionen auf die aktive Mitwirkung bei der EU-Er-weiterung und die Verringerung von diesbezüglichen Sorgen und Befürch-tungen;

Die Inanspruchnahme der sich aus der Integration ergeben Möglichkeiten

• durch Schaffung stabiler und effizienter Organisationsstrukturen;

Die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Grenzregionen

• und der einzelnen Sektoren, wie auch die Gestaltung der grenzüberschrei-tenden sozialen Gemeinschaft.

Die Konzeption des Projekts der „Zwei-Säulen-Strategie“ ging auf überre-gionaler Ebene von der Erarbeitung gemeinsamer Strategien für die gesellschaft-liche und wirtschaftgesellschaft-liche Entwicklung der Grenzregion aus, auf regionaler Ebene hingegen von der Organisation von Aktionen zu konkreten Problemen mit dem Ziel, den Arbeitnehmern in den Betrieben und den kommunalen Selbstverwaltungen die Möglichkeit der Beteiligung am grenzüberschreitenden Dialog und der Erarbei-tung entsprechender Problemlösungen zu bieten.116 Das Projekt wurde in den Jahren 2003-2005 umgesetzt. Gleichzeitig wurde die Realisierung anderer Projekte und Ini-tiativen angegangen, die sich unter anderem auf den Informationstransfer ausrichteten

115 Vgl.:. Ebd., S. 63–64; Vgl. auch die offizielle Webseite der IG-Metall http://www.igme-tall.de/cps/rde/xchg/internet; Gewerkschaften und industrielle Beziehungen in Mittel­ und Osteuropa: Dokumentation; eine Tagung der Otto Brenner Stiftung vom 14. bis 17. März 1999 in Berlin, Arbeits-heft 13, Otto-Brenner-Stiftung, Berlin 2000.

116 Vgl. eingehender: Konzeption Zwei­Säulen­Strategie, Quelle: http://www.grips-initiative.

de, (September 2009).

(INTERAKT – Interregionaler Arbeitsorientierter Kompetenztransfer, 2003–2004), das Problem der Jugendlichen, die erst auf den Arbeitsmarkt gehen (Arbeitsplätze für junge Menschen in der Sozialwirtschaft, 2002–2005), die Zusammenarbeit zwi-schen den Gewerkschaften, darunter die Einrichtung interregionaler Gewerkschafts-räte. Ein solcher Rat ist zum Beispiel der Überregionale Gewerkschaftsrat Elbe-Nei-ße, der am 17. April 1993 im polnischen Szklarska Poręba ins Leben gerufen wurde.

Dieser Rat stellt eine gemeinsame, grenzübergreifende Initiative der Gewerkschaf-ten NSZZ Solidarność Region Jelenia Góra (Polen), der Tschechisch-Mährischen Gewrkschaftskonföderation ČMKOS Nordböhmen (Tschechien) und des Landes-verbands Sachsen des DGB (Deutschland) dar.117 Außerdem besteht seit Juli 1999 ein Netz von Gewerkschaftsorganisationen im Ostseeraum (Baltic Sea Trade Union Network – BASTUN). Die BASTUN vereinigt die obersten Gewerkschaftsorgani-sationen der Ostseeanrainerstaaten (Dänemark, Estland, Finnland, Litauen, Lettland, Deutschland, Norwegen, Polen, Russland und Schweden). Die Hauptaufgabe ist die Unterstützung von Gewerkschaftsorganisationen beim Prozess des EU-Beitritts, die Hilfe für Gewerkschaften aus den sich transformierenden Staaten durch Bera-tung, technische und finanzielle Mittel, die Vermarktung des Ostseeraums, der sozi-ale Dialog und die Zusammenarbeit für die Entwicklung dieser Region.118

7. Schlussfolgerungen

Die europapolitischen Konzeptionen politischen Hauptkräfte der Bundes-republik betreffen die Frage der der EU-Erweiterung einschließlich der Integrati-onsproblematik. Sie zeigen, dass die EU sich in Richtung einer politischen Union entwickeln müsse, deren Form an föderale Lösungen (nach dem Vorbild der Bundes-republik) mit deutlicher Betonung des Subsidiaritätsprinzips angelehnt sein sollte.

Das Subsidiaritätsprinzip bedeutet in den deutschen Konzeptionen der Europapolitik das Einverständnis für Europa als eines Bundes der Völker, eines Einverständnis-ses, das von den Bürgern ausgehen muss. In den Überlegungen zur Europapolitik der Bundestagsfraktion der CDU/CSU von 1994 wurde eine Diskussion in Europa über die endgültigen Lösungen in der EU und den Bedarf nach inneren Reformen innerhalb der EU während der weiteren Erweiterungen angeregt. Diese Debatte

wur-117 Zu den Aufgaben des Interregionalen Gewerkschaftsrats am Beispiel des IGR Elbe-Neiße zählen: Engagement für eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit, welche die Interessen der Ar-beitnehmer in den Euroregionen repräsentiert; die Erarbeitung grenzüberschreitender Lösungen für regionale Probleme, die Erarbeitung gemeinsamer Standpunkte der teilnehmenden Gewerkschaften in wichtigen Fragen der Reion: Arbeitslosigkeit, Strukturveränderungen, grenzüberschreitende Ar-beitsverhältnisse, Lohnunterschiede, Umweltschutz, Vertretung der Region auf überregionaler und in-ternationaler Ebene, Veranstaltung von Begenungen und Austauschen von Mitgliedern des IGR, För-derung der interregionalen Jugendbegenung und gemeinsamer Aktivitäten junger Gewerkschaftler.

Vgl. eingehender: Quelle: http://www.mrz-laba-nysa.org/index.htm, (Mai 2007).

118 Vgl. eingehender: offizielle Webseite BASTUN, http://www.bastun.nu.

de auch in den Reihen der SPD und der Grünen fortgesetzt. Zu den Grundannahmen und -problemen der deutschen Konzeptionen der Europapolitik im Kontext der EU-Erweiterung zählen:

Der Einsatz für eine parallele Vertiefung und Erweiterung der EU,

• Die institutionelle Stärkung der EU, Klarheit der Kompetenzen,

Umset-• zung des Subsidiaritätsprinzips;

Erarbeitung eines Verfassungsvertrags für die EU,

• Die Suche nach Antworten über das Endziel der Integration im Rahmen

• der EU und – was damit zusammenhängt – die Rolle der Nationalstaaten in der Union und den Inhalt ihrer Souveränität.

Die Grundlagen der einzelnen politischen Parteien in den Regierungskoalitio-nen der Jahre 1990-2008 waren offen gegenüber der Erweiterung um die Staaten Mit-teleuropas und der Balkanstaaten. Eine kontroverse Frage war der mögliche Beitritt der Türkei zur EU. Auf der Grundlage einzelner Publikationen, Programme und Par-teidokumente lässt sich die unten stehende synoptische Zusammenstellung der wich-tigsten politischen Parteien gegenüber der EU-Osterweiterung präparieren:119

Viele Anmerkungen zur Frage der EU-Erweiterung machten die Arbeitge-berverbände und Gewerkschaften, wobei sie vor allem die Chancen und Risiken in Verbindung mit einer Erweiterung des Unionsmarkts um die Länder Mitteleu-ropas und des Balkans sowie des freien Personenverkehrs hervorhoben. Prognosen für die Konsequenzen der Erweiterung für den deutschen Arbeitsmarkt gaben auch deutsche Forschungsinstitute wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, die Konrad-Adenauer- und die Friedrich-Ebert-Stiftung.120

119 Vgl.: CDU: P. Hintze (Hrsg.), Die CDU – Parteiprogramme. Eine Dokumentation der Ziele und Aufgaben, Bouvier, Bonn 1995; Europa muss man richtig machen. Beschluss des 12. Parteitages in Erfurt 25 bis 27 April 1999, Quelle: http://www.cdu.de; CSU: 20 Leitsätze zur Europapolitik, beschlos­

sen vom Landesvorstand am 12. April 1999; Chancen für alle..., Quelle: www.csu.de, (Mai 2004); SPD:

Leitantrag: Verantwortung für Europa. SPD-Bundesparteitag, Nürnberg, 19.-23. November 2001, Ham­

burger Programm..., Quelle: http://www.spd.de, (Mai 2006); Grüne/Bündnis’90: Die Zukunft ist grün.

Grundsatzprogramm von Bündnis’90/Die Grünen, Berlin: Bündnis’90/Die Grünen, 2002; Koalitions-vertrag SPD/Grünei/Bündnis’90 Aufbruch und Erneuerung – Deutschlands Weg ins 21. Jahrhundert…

FDP: Wiesbadener Grundsätze. Für die liberale Bürgergesellschaft, beschlossen auf dem Bundesparteitag der F.D.P am 24. Mai 1997 in Wiesbaden; Leitsätze der FDP zur Europapolitik, Bürgerprogramm 2002.

Das Programm der FDP zur Bundestagswahl 2002, beschlossen auf dem 53 Ord. Bundesparteitag vom 10. bis 12. Mai 2002 in Mannheim, Quelle: http://www.fdp.de, (November 2004). Vgl.: R. Sturm, H. Peh-le, Das neue deutsche Regierungssystem. Die Europäisierung von Institutionen, Entscheidungsprozessen und Politikfeldern in der Bundesrepublik Deutschland, Leske+Budrich, Opladen 2001, S. 145.

120 Vgl.: The Impact of Eastern Enlargement on Employment and Labour Markets in the EU Member States, Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin/Milano 2000; Otto Schmuck, Die Er­

weiterung der Europäischen Union: Probleme und Perspektiven, Friedrich Ebert Stiftung, Bonn 1994;

Die Osterweiterung der Europäischen Union–Konsequenzen für Wohlstand und Beschäftigung in Euro­

pa: Friedrich­Ebert­Stiftung, Bonn 2000; Die Erweiterung der Europäischen Union. Historische Chance mit Hindernissen, „Arbeitspapier“, Nr. 30, Konrad Adenauer Stiftung, Sankt Augustin Juli 2001; Quelle:

http://www.kas.de/db_files/dokumente/arbeitspapiere/7_dokument_dok_pdf_39_1.pdf, (März 2007).

Tabelle 4. Positionen der Regierungsparteien in der Bundesrepublik gegenüber der EU-Osterweiterung CDUCSUSPDFDPGrüne/Bündnis’90 Osterweiterung als Bewährungsprobe für die Glaubwürdigkeit Europas in den Kategorien der moralischen Verpflichtung. Einführung von Übergangsregelungen bezüglich des freien Personenverkehrs und der Agrarpolitik. Besondere Auszeichnung der Staaten der Luxemburger Gruppe. „Privilegierte Partnerschaft“ für die Türkei und bei trittsperspektive für Kroatien. Erweiterung verknüpft mit einer Vertiefung der Integration.

Unterstützung der Staaten, die an der 2. EU- Erweiterung teilnehmen, insbesondere für die Staaten der Luxemburger gruppe. Unterstützung auch für die Be-mühungen Bulgariens und Rumäniens. Beitrittsperspektive für Kroatien und eine Annäherung für alle übrigen Staaten des Westbalkans. Betonung der Erfüllung der KopenhagenKriterien. Einsatz für Übergangsperioden für den freien Personenverkehr sowie in der Landwirts chaft. Entschiedene Ablehnung der türkischen Mitgliedschaft in der EU.

Historischer gewinn r die Anwärterstaaten wie auch für die alten EU-Mitglieder. Argument Pro: Erweiterung des EU-Markts. Vorbehalte: Übergangsperioden in der Landwirtschaft und dem freien Personenverkehr. Akzent auf der Erfüllung der KopenhagenKriterien. Klare Mitgliedschaftsperspektive Südeuropa und die Türkei (Akzent: Gewährleistung von Frieden und Sicherheit).

Ja zur Erweiterung, wenn die Anwärterländer die Kriterien erfüllen. Eine weitere Erweiterung darf nicht die Idee der Vertiefung in Frage stellen. Beide Prozesse müssen parallel verlaufen. Die Übergangsfristen müssen mit einem klaren, einheitlich festgelegten Aufgabenspektrum verbunden sein (z. B. bezüglich des freien Personenverkehrs oder der Agrarpolitik).

Vollständige Unterstützung der EU-Erweiterung (um die Länder Mittel- und Südeuropas sowie der Tür-kei), wenn die Anwärterstaaten die Kriterien erfüllen. Erweiterung und vertiefte Zusammenarbeit in der EU sind Garanten für die Stabilität Deutschlands. Eine möglichst schnelle Angleichung der rechte der neuen Mitglieder, Zugang zu den EU-Märkten. Übergangsperioden sollten nur bis zur Erfüllung der Mitgliedschaftsbeding ungen gelten. Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage ausgewählter Parteiprogramme

Ein zweifelsohne gemeinsames Merkmal der deutschen Konzeptionen der der wichtigsten politischen Kräfte und Körperschaften der Wirtschaft, der Wis-senschaft und der Sozialverbände war die Verbindung der Frage der EU-Erweiterung mit der Vertiefung der europäischen Integration. Zusammen mit dem Beitritt Ru-mäniens und Bulgariens am 1. Januar 2007 wurde die Vertiefung der europäischen Integration zur Priorität.

Die erweiterung Der europäischen union um Die stAAten Der eftA

1. Etappe der Initiierung

1.1. Die Geschichte der Beziehungen zwischen den EFTA‑Staaten und den Europäischen Gemeinschaften

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs unternahmen die skandinavischen Staaten den Versuch einer regionalen Konsolidierung unabhängig von der Europäischen Uni-on. Im Februar 1948 wurde das Nordische Komitee für wirtschaftliche Zusammenar-beit ins Leben gerufen, zu dem Dänemark, Norwegen, Schweden und Island gehörten, ab 1956 auch Finnland. Die Hauptziele waren Zollsenkungen, die Festlegung eines ge-meinsamen Außentarifs und die Entwicklung des gegenseitigen Handelsaustauschs.

Ein weiterer Integrationsversuch der nordeuropäischen Staaten war der Nor-dische Rat. Diese Initiative wurde von Dänemark, Island, Norwegen und Schweden im März 1952 in Kopenhagen realisiert. Die erste Sitzung des Nordischen Rats fand vom 13.-21. Februar 1953 in Kopenhagen statt. Finnland trat aufgrund seiner beson-deren Beziehungen zur Sowjetunion erst am 27. Januar 1956 bei. Zum Nordischen Rat gehören heute Dänemark mit Grönland und den Färöern, Finnland mit Åland, Schweden, Norwegen und Island. Der Rat hat vor allem Beratungsfunktionen. Er er-teilt Empfehlungen an die einzelnen Regierungen, unter anderem in solchen Be-reichen wie Kultur, Soziales, Transport und Verkehr.1 Die Konvention von Helsin-ki vom 23. März 1962 erweitere seine Kompetenzen im Bereich der juristischen, kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen und verkehrstechnischen Zusammenarbeit, darüber hinaus wurde auf die Möglichkeit von Konsultationen in außenpolitischen Fragen verwiesen.2 Die Konvention wurde zu einer Zeit erarbeitet, als Dänemark

1 Vgl.: Matera, Integracja ekonomiczna krajów nordyckich /Die wirtschaftliche Integration der nordischen Staaten/, Wydawnictwo Adam Marszałek, Toruń 2001, S. 57-69.

2 Der Text mit den Änderungen vom 13. Februar 1971, 11. März 1974, 15. Juni 1983, 6. Mai 1985, 21. August 1991, 29. September 1995 ist zugänglich auf der Webseite des Nordi-schen Ministerrats. Treaty of Cooperation between Denmark, Finland, Iceland, Norway and Sweden

kApitel iii

und Norwegen sich um die Mitgliedschaft in den Europäischen Gemeinschaft be-warben und Schweden um Assoziierung. So ist sie auch als Manifestation der Ein-heit und GeschlossenEin-heit Nordeuropas gegenüber Westeuropa zu verstehen.3

Am 9. November 1958 wurde auf der 6. Sitzung des Nordischen Rats in Oslo der Rapport des Nordischen Komitees für wirtschaftliche Zusammenarbeit bespro-chen, der einen Entwurf für eine Skandinavische Union enthielt. Er sah die Schaf-fung eines gemeinsamen Markts vor, die Aufhebung der Binnenzölle, die Festlegung gemeinsamer Außenzolltarife und enthielt den Vorschlag zur Gründung einer Nor-dischen Investmentbank.4 Dieser Entwurf wurde jedoch von Dänemark, Norwegen und Schweden auf unbestimmte Zeit ad acta gelegt. Die Versuche der Kreierung einer engeren Kooperation der nordeuropäischen Staaten nach dem Vorbild der Inte-grationsprozesse in Westeuropa stießen auf tiefes Misstrauen der nordeuropäischen Staaten, die sich dafür für die Suche nach Lösungen für die Schaffung einer Frei-handelszone mit Österreich und Großbritannien und eine Annäherung an die Eu-ropäischen Gemeinschaften einsetzten. Das Nordische Komitee für wirtschaftliche Zusammenarbeit war sich der Schwierigkeiten im Zusammenhang mit den langwie-rigen Verhandlungen der einzelnen Staaten bewusst und bereitete 1958 eine Paketlö-sung vor, die Perspektiven für die Schaffung eines gemeinsamen Markts für Agrar-erzeugnisse, einer Zollunion und der Harmonisierung der Standpunkte in den Fragen der Handelspolitik enthielt. Der Entwurf stieß auf eine negative Reaktion Däne-marks und Norwegens und wurde im Februar 1966 auf einer Sitzung des Nordischen Rats verworfen.5 Auf seiner Sitzung in Reykjavik im Jahr 1965 legte der Nordische Rat den skandinavischen Staaten gemeinsame Bemühungen um eine Annäherung an die Europäischen Gemeinschaften nahe.

Großbritannien schlug eine andere Alternative (ohne institutionellen Über-bau) für die neu entstandene EWG vor. Gegen Ende der fünfziger Jahre wurden die Arbeiten an einem Entwurf zur Schaffung einer Freihandelszone beschleunigt, welche die Staaten der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenar-beit (OEEC) umfasste.6 Am 20. November 1959 wurde in Stockholm der Entwurf der Konvention zur Bildung einer Europäischen Freihandelsassoziation (Euro­

(the Helsinki Treaty), Quelle: http://www.norden.org/ avtal/helsingfors/uk/helsinki_agreement.pdf, (März 2008).

3 R. Matera, op. cit., S. 61.

4 Ebd., S. 73-74.

5 Ebd., S. 78.

6 Die Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (Organization for Eu- Die Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (Organization for Eu-ropean Economic Co-operation – OEEC) wurde am 16. April 1948 gegründet. Ihr Ziel war die Ko-ordination der Umsetzung des Marshall-Plans und die Stabilisierung der Währungskurse. Sie wurde von den 16 Staaten ins Leben gerufen, die an dem Programm teilnahmen: Belgien, Dänemark, Frank-reich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Island, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen,

6 Die Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (Organization for Eu- Die Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (Organization for Eu-ropean Economic Co-operation – OEEC) wurde am 16. April 1948 gegründet. Ihr Ziel war die Ko-ordination der Umsetzung des Marshall-Plans und die Stabilisierung der Währungskurse. Sie wurde von den 16 Staaten ins Leben gerufen, die an dem Programm teilnahmen: Belgien, Dänemark, Frank-reich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Island, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen,

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