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Eine Union für das Mittelmeer als Alternative zur EU­Mitgliedschaft

W dokumencie Katowice 2011 (Stron 197-0)

Kapitel V: Die Vorbereitung auf die Erweiterung der Europäischen Union

2. Der Weg der Türkei nach Europa

2.5. Eine Union für das Mittelmeer als Alternative zur EU­Mitgliedschaft

den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy vorgeschlagene Union für das Mittel-meer (auch MittelMittel-meerunion genannt) heraus, die im Frühjahr 2007 angekündigt wur-de. Die Idee dieses Vorschlags war die Schaffung eines Forums für die über 20 Staa-ten des Mittelmeerraums, das sich auf vier Säulen stützen sollte – Umweltschutz, interkultureller Dialog, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Sicherheit. Die Union für das Mittelmeer sollte einen rotierenden Vorsitz haben und eine eigene Mittelmeer-kommission nach dem Vorbild der Europäischen Union als Vorbild.

98 Paris will weitere EU­Beitritte erschweren, „Die Welt“ vom 23. Mai 2006.

99 A. Merkel, Wertegebundene Europapolitik, Herausforderungen für die deutsche Ratpräsi­

dentschaft, „Die Politische Meinung“ November 2006, 51. Jg.., Nr. 444, S. 6. Im Herbst 2005 erteilte Kanzlerin Merkel dem Magazin „Handelsblatt“ ein Interview. Befragt nach der Frage der EU-Erwei-terung um die Türkei betonte sie, dass die Entscheidung über den Beginn der Beitrittsverhandlungen durch die Unionsseite gemäß dem Prinzip „pacta sunt servanta“ getroffen wurde. Deutschland werde sich an die bisherigen Beschlüsse halten. Unabhängig davon wird sich die CDU für eine „privilegierte Partnerschaft“ zwischen EU und Türkei aussprechen“, „Handelsblatt“ vom 27. Oktober 2005.

Die darin vorgeschlagene Mitgliedschaft nur einiger EU-Länder wird in ge-wissem Sinne als „Schlag gegen die europäische Zusammengehörigkeit“ gewertet.100 Die Türkei lehnte den Vorschlag des französischen Präsidenten ab. Kanzlerin Merkel sichert dem Projekts ihre Unterstützung zu, unter der Bedingung jedoch, dass alle Mitglieder der EU Einfluss auf die Bildung der Mittelmeerpolitik haben werden. Wie Merkel betonte, betrifft das Problem der illegalen Emigration genau so Rom und Pa-ris wie Berlin und Kopenhagen.101

Anfang März 2008, noch vor der Brüsseler Sitzung des Europäischen Rats, erreichten Kanzlerin Merkel und Präsident Sarkozy ein Übereinkommen in der Fra-ge der Bildung der Mittelmeerunion. Am 14. März 2008 akzeptierte der Europäische Rat das vorläufige Projekt der Union für das Mittelmeer mit den von deutscher Seite eingebrachten Verbesserungen. Es wurde beschlossen, im Gegensatz zum Projekt Sarkozys, dass die neue Struktur der Zusammenarbeit eine Initiative der ganzen Europäischen Union unter Mitwirkung der Europäischen Kommission und aller 27 Mitgliedstaaten sein solle, und nicht nur der ein Projekt der Mittelmeeranrainerstaa-ten. Die Union für das Mittelmeer wurde als Fortsetzung des Barcelona-Prozesses (der Euro-Mittelmeer-Partnerschaft) gesehen.102 Die Europäische Kommission wur-de auch mit wur-der Vorbereitung von Anträgen zur wur-des Prozesses unter wur-dem Namen Bar­

celona­Prozess: Union für das Mittelmeer (Barcelona Process: Union for the Medi­

terranean) auf dem geplanten Gründungsgipfel beauftragt.103

Im Projekt der Union für das Mittelmeer wurde vorgesehen, dass diese Insti-tution über ein 20 Personen starkes Sekretariat verfügen wird, das für die Umsetzung bestimmter Aufgaben wie etwa der Verschmutzung des Meeres oder des Zugangs zu Trinkwasser verantwortlich sein wird. Den Vorsitz werden sich zwei Staaten teilen, ein EU-Mitglied und Mittelmeeranrainer sowie ein Mitglied des Prozesses, das gleichzeitig nicht zur EU gehört.104

100 P. Świeboda, Śródziemnomorska fatamorgana Sarkozy‘ego /Sarkozys Mittelmeerfatamor­

gana/, „Gazeta Wyborcza“ (online) vom 28. Dezember 2007.

101 Ukochana Unia Nikolasa Sarkozy’ego /Nicolas sakozys geliebte Union/, „Gazeta Wy-borcza“ (online) vom 21 Dezemeber 2007; Merkel criticises Sarkozy’s Mediteranien Union plans,

„EUobserver’’ (online) vom 6. Dezember 2007.

102 Die Mittelmeerpartnerschaft, die auch Barcelona-Prozess genannt wird, ist eine Plattform für die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten der EU mit 10 außereuropäischen Staaten des Mittel-meerbeckens (Marokko, Algerien, Tunesien, Ägypten, Israel, Palästinensische Autonomiegebiete, Li-banon, Jordanien, Syrien, Türkei), in Kraft getreten 1995 in Barcelona. Die Zusammenarbeit umfasst drei Bereiche: 1) politische Fragen und Fragen der Sicherheit; 2) Wirtschaft und Finanzen; 3) ge-sellschaftliche, kulturelle und humanitäre Zusammenarbeit. Vgl. eingehender: J. Zając, Partnerstwo Eurośrodziemnomorskie /Europäisch-mediterrane Partnerschaft/, Wydawnictwo Sejmowe, Warsza-wa 2005; P.J. Borkowski, Partnerstwo Eurośródziemnomorskie /Europäisch-mediterrane Partner­

schaft/, Aspra-JR, Warszawa 2005.

103 Rada Europejska w Brukseli. Konkluzje Prezydencji. Bruksela 13–14 marca 2008 r., No. 5652/1/08 REV 1, źródło: http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_Data/docs/ pressdata/pl/ec/99414.pdf, (czerwiec 2008).

104 Vgl.: Merkel und Sarkozy klären zentralen Standpunkt, „Die Welt“ (online) vom 3. März

Am 13. Juli 2008 wurde auf dem Gipfel der Regierungschefs der Mitgliedstaa-ten der EU sowie der PartnerstaaMitgliedstaa-ten aus dem Mittelmeerraum beschlossen, den bishe-rigen Barcelona-Prozess durch die Schaffung einer Union für das Mittelmeer (Union for the Mediterranean) zu stärken. Die Anwesenheit aller Vertreter der Mitgliedstaaten war ein großer Erfolg von Angela Merkel, die darauf bestand, dass das Projekt der Zu-sammenarbeit im Mittelmeerbecken nicht auf die Staaten dieser Region begrenzt wer-den dürfe. Nach Ansicht der Bundeskanzlerin hat die Zusammenarbeit in dieser Region strategische Bedeutung für die gesamte Europäische Union.105 Auf dem Pariser Gipfel wurde angekündigt, dass die neue Struktur der Zusammenarbeit, der Barcelona­Pro­

zess: Union für das Mittelmeer, 27 EU-Staaten und die Europäische Kommission so-wie die nicht zur EU gehörenden Staaten, die in den Barcelona-Prozess engagiert sind, umfassen würde. Es wurde die Einladung der Arabischen Liga angekündigt, und auch die Staaten, welche die Errungenschaften der euro-mediterranen Partnerschaft akzep-tiert hatten, also Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Monaco und Montenegro, wur-den zur Zusammenarbeit gelawur-den. In Punkt 13 der Erklärung stand, dass der Barcelo­

na­Prozess: Union für das Mittelmeer komplementär zu den bilateralen Beziehungen der Union mit den Staaten der Region auf der Grundlage von Assoziierungsabkom-men, der Europäischen Nachbarschaftspolitik sowie den Beziehungen mit Mauretanien und den Ländern der AKP (Afrika, Karibik, Pazifik), mit denen seit langem Assoziie-rungsabkommen bestehen, ist. Der Barcelona­Prozess: Union für das Mittelmeer wird auch mit der Afrika-EU-Strategie (von Dezember 2007) kohärent sein. Es wurde betont, dass die neue Struktur unabhängig von der Erweiterungspolitik der EU, den Beitrittsver-handlungen und dem Vor-Beitritts-Prozess ist.106 Dieser letzte Vorbehalt hat ohne Zwei-fel eine große Bedeutung für die Türkei, die mit der EU Beitrittsverhandlungen führt.

Der Konkretisierung der Bestimmungen des Pariser Gipfels vom 3.-4. Novem-ber 2008 nahm sich die Ministerkonferenz in Marseille an, auf der die Entscheidungen bezüglich der institutionellen Struktur des neuen Unionsprojekts präzisiert und ein Ak-tionsplan für 2009 angenommen wurde. Die Minister schlugen vor, dass von die-sem Moment an die Bezeichnung „Union für das Mittelmeer“ gelten solle.107

2008; Merkel und Sarkozy legen Streit über Mittelmeerunion bei, „Spiegel“ (online) vom 4. März 2008.;

Union for the Mediterranean: Building on the Barcelona aquis, „ISS Report“, EU Institute for Security Studies, No.01, 13 May 2008; Mediterranean Union Provides New Impetus for Mid East Peace Process, ,,German Foreign Policy in Focus“, Issue 374 (07.17.2008), Quelle: http://www.deutsche-aussenpolitik.

de/digest/issue374.php, (lipiec 2008). Union pour la Méditerranée: le potentiel de l’acquis de Barcelo­

ne, „ISS Report“, Institute d’Etudes de Securité de l’UE, no 03, Novembre 2008.

105 Merkel erfreut über Mittelmeergipfel, ,,Focus“ (online) vom 14. Juli 2008; Sturm in Cham­

pagnerglas, „Die Zeit“ (online) vom 14. Juli 2008.

106Council of the European Union, Joint Declaration of the Paris Summit for the Mediterra­

nean French EU Presidency, Paris, 13 July 2008, Brussels, 15 July 2008, No. 11887/08 (Presse 213).

Vgl.: A. Szymański, B. Wojna, Unia dla Morza Śródziemnego – nowe forum współpracy regionalnej / Die Union für den Mittelmmerraum – ein neues Forum für die regionale Zusammenarbeit/, „Biuletyn PISM“, Nr. 32 (500) vom 1. Juli 2008.

107 Council of the European Union, Barcelona Process: Union for Mediterranean ministe­

3. Schlussfolgerungen

Die Perspektive weiterer EU-Erweiterungen nach dem Jahr 2007 um die West-balkanstaaten (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, Monte-negro und Serbien) und die Türkei erfordert einschneidende Änderungen in der Union selbst. Dazu ist – wie Angela Merkel betont – eine institutionelle Reform, insbe-sondere der Prozeduren der Entscheidungsfindung, notwendig. Keine der bisherigen Erweiterungen der Union kann in ihrem Ausmaß und den inneren Auswirkungen auf die Union selbst mit einer eventuellen Erweiterung um die Türkei verglichen werden. Die Frage des Beitritts der Westbalkanstaaten weckt hingegen weniger Kon-troversen. Die Mitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union ruft in allen Staaten Europas Befürchtungen bezüglich der politischen, wirtschaftlichen und kul-turellen Konsequenzen hervor.

Sowohl Deutschland als auch der gesamten Europäischen Union liegt die Sta-bilisation der Region des ehemaligen Jugoslawien am Herzen, somit unterstützen sie Bosnien und Herzegowina, das Kosovo und Montenegro, Albanien und Serbien durch Programme und Hilfsfonds (z.B. PHARE bis 2000, CARDS). Sie beteiligen sich an der Organisation der zivilen und militärischen Krisenbewältigung (in Bosnien und Herzegowina, Mazedonien und im Kosovo), am politischen Dialog, an der Ent-sendung spezieller EG-/EU-Vertreter für Angelegenheiten unabhängiger Republiken und am Stabilitätspakt für Südosteuropa. Der Westbalkan hat dank technischer, wirt-schaftlicher und finanzieller Hilfe seitens der EU den Weg einer schnellen Entwick-lung eingeschlagen, sodass die Möglichkeit der EU-Mitgliedschaft für diese Staaten näher gerückt ist. Am nächsten steht diesem Ziel Kroatien.

Der Standpunkt der Bundesregierung gegenüber den Mitgliedschafts-Aspi-rationen der Türkei ist bedingt durch besondere Sicherheits- und Wirtschaftsinter-essen und die Anwesenheit einer 2 Millionen zählenden türkischen Gemeinschaft in Deutschland. Die Türkei ist ein wesentlicher Handelspartner Deutschlands. Allein 2005 belief sich der Export in die Türkei auf 12,8 Mrd. EUR und der Import aus die-sem Land auf 8,2 Mrd. EUR. Die Bundesrepublik ist der größte und aktivste auslän-dische Investor in der Türkei. Die Anzahl deutscher Tochterfirmen und deutsch-tür-kischer Joint Ventures beträgt über 2.000. Hinzu kommt, dass die Türkei ein beliebtes Reiseland ist, 2005 wurde sie von 4 Millionen deutschen Touristen besucht. Trotz der wiederholten Krisen in den deutsch-türkischen Beziehungen bemüht sich die Bundesrepublik, eine Lockerung der Bindung dieses Staats an Europa nicht zu-zulassen. Deutschland reift langsam, wie die restlichen EU-Staaten, zur Schaffung

rial conference Marseille, 3–4 November 2008, Final declaration, Marseille, 4 November 2008, No. 15187/08 (Presse 314). Eingehender zur Union für den Mittelmeerraum siehe:. J. Zając, Role Unii Europejskiej w regionie Afryki Północnej i Bliskiego Wschodu /Die Rolle der Europäischen Uni­

on in Nordafrika und dem Nahen Osten/, Wydawnictwa Uniwersytetu Warszawskiego, Warszawa 2010, S. 101-103.

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