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Die Konzeptionen der Grünen

W dokumencie Katowice 2011 (Stron 94-97)

Kapitel II: Die deutschen Konzepte für die Erweiterung der Europäischen

5. Die Konzeptionen der Grünen

Eine wichtige Stimme in der Debatte um die Zukunft Europas kommt auch der Partei Bündnis’90/die Grünen zu. Von besonderem Gewicht in dieser Diskussion sind die Ansichten von Joschka Fischer, dem ehemaligen Außenminister in der Re-gierung Schröder.

Es lohnt sich, das Grundsatzprogramm Die Zukunft ist grün zu betrachten, das auf dem Bundespartei Tag der Grünen vom 12. bis zum 17. März 2002 in Berlin verabschiedet wurde. Für die Grünen bedeutet Europa vor allem Demokratie, Stabili-tät und SolidariStabili-tät. Auf der Europäischen Union ruht die Aufgabe der Friedenssiche-rung in Europa. Im Zusammenhang damit unterstützen die Grünen die EU-Erweite-rung und die Vertiefung der Integration. Das Ziel ist sowohl eine Union der Bürger wie auch eine Union der Staaten. Deshalb ist die Erarbeitung einer europäischen Verfassung unabdingbar, die den Europäern die Union näherbringt. Diese Verfas-sung müsste zum Fundament der Demokratie in der Union werden und eine klare Verteilung der Kompetenzen zwischen den einzelnen Institutionen sowie Garanti-en der Bürgerrechte Garanti-enthaltGaranti-en. Die von dGaranti-en GrünGaranti-en postulierte institutionelle Re-form müsste vor allem das Europäische Parlament betreffen. Dieses Organ müss-te das Recht auf Mimüss-tentscheidung und Befugnisse in Haushaltsfragen, aber auch Kontrollfunktionen zugewiesen bekommen. Dazu sollte auch eine zweite Kammer des Europäischen Parlaments entstehen – eine „Länderkammer“.

Nach Ansicht der Grünen erschöpft sich die Methode der Zusammenarbeit zwischen den Regierungen der Mitgliedsstaaten. Der Vorsitzende sollte in Direkt-wahlen oder vom Europäischen Parlament gewählt werden. Die institutionelle, strukturelle und finanzielle Transparenz ist unabdingbar für die weitere Entwicklung der EU. Die Erweiterung wird von den Grünen grundsätzlich unterstützt, sowohl nach Osten als auch nach Süden und um die Türkei. Dies natürlich unter der Voraus-setzung, dass diese Länder die Aufnahmekriterien erfüllen (Kriterien von Kopenha-gen, Charta der Grundrechte, Europäische Menschenrechtskonvention).91

5.1. Die Konzeption von Joschka Fischer

Die Konzeption des „harten Kerns“, die in einem Dokument der Christdemo-kraten im Jahr 1994 auftaucht, kehrte trotz der scharfen Kritik, auf die sie gestoßen

90 Wachstum. Bildung. Zusammenhalt. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU,CSU und FDP, Quelle: http://www.cdu.de/doc/pdfc/091026-koalitionsvertrag-cducsu-fdp.pdf, (Dezember 2009 r.), S. 117.

91 Vgl.: Die Zukunft ist grün. Grundsatzprogramm von Bündnis’90/Die Grünen, Berlin:

Bündnis’90/Die Grünen, 2002, S. 143-144, 152-159. Vgl. J. Olszyński, op. cit., S. 102-105.

war, auf den Tisch zurück – und zwar durch Joschka Fischer. Seine Überlegungen zur endgültigen Gestalt des vereinten Europa stellte er am 12. Mai 2000 in einer Rede an der Berliner Humboldt-Universität. Vor. Dieser Vortrag trug den Titel Vom Staa­

tenverbund zur Föderation – Gedanken über die Finalität der europäischen Integ­

ration92. Die Problematik der Vertiefung der Integration wurde auch mit der Frage der EU-Erweiterung verknüpft. Eine Begründung hierfür ist die These, dass das Sys-tem der EU mit 27 bis 30 Mitgliedern ihre Funktionsweise überlasten und zu ei-ner ernst zu nehmenden Krise führen müsse. Fischer erklärte die Ost- und Süder-weiterung der Union zu ihrer Pflicht und Schuldigkeit. Um dieser Herausforderung gerecht zu werden müsse die Union ihre Handlungsfähigkeit durch die Schaffung einer politischen Union verbessern. In der EU-Erweiterung sah Fischer die unwie-derbringliche Chance der Einigung Europas und dadurch zur dauerhaften Friedenssi-cherung auf dem Kontinent. Eine weitere These besagt, dass die Deutschen die EU-Erweiterung nach Osten und Süden unterstützen, da sie in ihrem nationalen Interesse liegt. Die erweiterte und vertiefte Zusammenarbeit in der EU ist zum einen Garant für die Stabilität in Deutschland, das aufgrund seiner zentralen Lage in Europa, sei-ner Größe und seisei-ner Geschichte „Risiken und Versuchungen“ ausgesetzt sein könn-te, zum anderen ist ein Deutschland, das sich für die Integration einsetzt, ein Ga-rant für den Anstieg der Bedeutung Europas. Die Einigung des Kontinents ist auch eine Chance für die deutsche Wirtschaft. Deshalb müssten die Deutschen als Für-sprecher der Osterweiterung auftreten.93

Wenn Fischer sich auf das Dokument von Lamers und Schäuble beruft, ist Fischer nicht vollkommen einverstanden mit dem Vorschlag des „harten Kerns“

der europäischen Integration, dem er eine übermäßige Elitarität vorwirft. Fischer stellte fest, dass der Kern Europas, also die am stärksten für die Integration enga-gierten Staaten (die Gründerstaaten oder die Staaten der Eurozone oder eine andere Gruppe) die Funktion eines Magnets erfüllen sollten, der alle Mitglieds- und An-wärterstaaten der Union zur Mitarbeit anzieht. In seiner Rede bezeichnete er diese Gruppe als Avantgarde, als Gravitationszentrum. Eine ähnliche Ansicht vertraten die Schöpfer der Konzeption des „harten Kerns“, für die das Tandem Frankreich-Deutschland den Motor der Europäischen Integration darstellte, ohne den kein euro-päisches Projekt gelingen kann.

Die weitere Entwicklung der europäischen Integration sollte laut Fischer in drei Etappen verlaufen:

Ausbau der verstärkten Zusammenarbeit

1. zwischen den Staaten,

die eng kooperieren möchten (zum Beispiel die Staaten der Schengen-Gruppe oder Wirtschafts- Und Währungsunion). Eine solche

Zusam-92 J. Fischer, Vom Staatenverbund zur Föderation – Gedanken über die Finalität der eu­

ropäischen Integration. Rede am 12. Mai 2000 in der Humboldt-Universität in Berlin, Suhrkamp, Frankfurt a. Main 2000.

93 J. Fischer, op. cit., S. 9-21.

menarbeit kann zu einer weiteren Entwicklung der Integration in vielen Bereichen führen: zum Beispiel könnten die Staaten der Euro-Zone sich in Richtung einer ökonomisch-politischen Union entwickeln, erwünscht wird die Ausarbeitung einer gemeinsamen Einwanderungs- und Asylpo-litik sowie der Gemeinsamen Außen- und SicherheitspoAsylpo-litik.

Bildung eines Gravitationszentrums.

2. Diese spezifische Gruppe

von Staaten sollte einen neuen Grundsatzvertrag schließen, der den Kern der künftigen föderativen Verfassung bilden würde. Kraft dieses Vertrags wäre eine Regierung zu bilden, die im Rahmen der Möglichkeiten mit ei-ner Stimme im Namen jeei-ner Avantgarde von Staaten sprechen würde, ein starkes Parlament und ein Präsident, der in Direktwahl bestimmt würde.

Die Bildung einer Europäischen Föderation

3. würde die vollständige

In-tegration bedeuten.94

Die Erweiterung der EU nach Osten und Süden bedarf institutioneller Refor-men. Fischers Vision der Vollendung der europäischen Integration ist ein „Übergang von einem Staatenbund zur vollständigen Parlamentarisierung in Form der Europäi-schen Föderation“.95 Die europäische Föderation wäre zu gründen auf der Grundlage des Verfassungsvertrags, der die tatsächliche legislative Gewalt dem Europäischen Parlament und die exekutive Gewalt der Regierung überträgt. In Richtung einer eu-ropäischen Regierung könnten sich der Europäische Rat oder die Europäische Kom-mission entwickeln, die zusammen mit dem Präsidenten in Direktwahlen zu wählen wäre.96

Die Souveränität müsste zwischen der Europäischen Föderation und ihren Bestandteilen, den Nationalstaaten, aufgeteilt werden. Eine Bedingung ist die Auf-rechterhaltung der Nationalstaaten mit ihren Besonderheiten unter Anwendung des Subsidiaritätsprinzips. Die Reform des Systems der EU müsste in zwei Dimensi-onen erfolgen: a) einer vertikalen, die die Beziehungen zwischen den überstaatlichen Systemen und den nationalstaaten sowie den Regionen betrifft, und b) einer horizon-talen – der Reform der Institutionen der EU. Eine genaue Verteilung der Kompeten-zen zwischen der Föderation und ihren Teilen wäre durch den Verfassungsvertrag zu garantieren. Die vertikale müsste auch in der europäischen Institution des Europä-ischen Parlaments zum Vorschein kommen. Dieses Organ muss eine Institution sein, die ein Europa der Bürger und ein Europa der Nationalstaaten repräsentiert.97

94 Ebd., S. 34-39.

95 Ebd., S. 24.

96 Ebd., S. 22-31. Vgl.: R. Hrbek, „Europäische Föderation“ durch „Verfassungsvertrag“, [in] R. Hierzinger, J. Pollak (Hrsg.), Europäische Leitbilder. Festschrift für Heinrich Schneider, No-mos Verlagsgesellschaft, 2 Baden-Baden 001, S. 35-38.

97 Eine Analogie zum deutschen föderalen System, in dem auf föderaler Ebene der Bundesrat die Repräsentantenkammer der einzelnen Länder darstellt und der Bundestag die Repräsentanten-kammer aller Bürger. Fischer schlug bei den Wahlen zur LänderRepräsentanten-kammer des Europäischen Parlaments das Modell des amerikanischen Senats oder des deutschen Bundestags vor, also entweder die Wahl

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