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Die Konzeptionen der SPD

W dokumencie Katowice 2011 (Stron 86-90)

Kapitel II: Die deutschen Konzepte für die Erweiterung der Europäischen

3. Die Konzeptionen der SPD

Die Hauptfunktion der Sozialdemokratischen der Sozialdemokratischen Par-tei Deutschland (SPD) in der Europapolitik vor der deutschen Wiedervereinigung war vor allem die Kritik der Politik Konrad Adenauers und der CDU/CSU. Dies ergab sich vor allem aus der Stellung der Partei im politischen System der Bundes-republik. Über lange Jahre hinweg befand sich die SPD in der Opposition. Erst nach der Neudefinierung ihrer Programmkonzeptionen und der Reform ihrer Struktur auf dem außerordentlichen Parteitag vom 13. - 15. November 1959 in Bad Godes-berg wurde die SPD zu einem wirksamen Gegengewicht für die CDU/CSU. Die SPD kritisierte nicht die Idee der europäischen Integration selbst, sondern ihre praktische Umsetzung, die sich auf nur sechs Staaten Westeuropas konzentrierte. Kurt Schuma-cher verwarf den Adenauerschen Kurs eines „Mini-Europa“ und forderte die Beteili-gung an den Integrationsbestrebungen der skandinavischen Länder und Großbritan-niens. Trotz der Kritik an Adenauers Europapolitik akzeptierte die SPD die Verträge

67 Zit. Nach: J. Kosiarski, op. cit., S. 186-187.

68 Internationale Konferenz. Änderungen in Deutschland, Änderungen in Europa, veranstal-tet von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Polen und die Stefan-Batory-Stiftung in Warschau, 5.-6.

Oktober 2006.

über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, die Europäische Gemein-schaft und die Europäische AtomgemeinGemein-schaft.69

Das Grundsatzprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, das so genannte Berliner Programm, wurde auf dem Berliner Parteitag am 20. Dezem-ber 1989 angenommen und am 17. April 1998 auf dem Parteitag in Leipzig geändert.

Im Vorwort zu diesem Programm unterstrich der damalige SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine die Grundwerte der deutschen Sozialdemokratie: Freiheit und Gleich-heit, Demokratie und Solidarität, Frieden und internationale Zusammenarbeit.70 Frie-den wurde verstanFrie-den als „das Zusammenlebens der Völker ohne Gewalt, Ausbeu-tung und Unterdrückung. Friedenspolitik umfasst auch Zusammenarbeit der Völker in Fragen der Ökonomie, Ökologie, Kultur und Menschenrechte.“71

Die SPD bekannte sich eindeutig zu einer aktiven Europapolitik des vereinten Deutschland. Ein friedliches, freies Deutschland sollte zum Motor der europäischen Einigung und internationalen Zusammenarbeit werden. Wir wollen Frieden. Wir ar-beiten für eine Welt, in der alle Völker in gemeinsamer Sicherheit leben, ihre Konflikte nicht durch Krieg oder Wettrüsten, sondern in friedlichem Wettbewerb um ein men-schenwürdiges Leben austragen, in der eine Politik der Partnerschaft und eine Kultur des Streits den Konflikt zwischen Ost und West überwinden (...)“72

Im dritten Kapitel zum Thema Sicherheits- und Europapolitik bekannte sich die SPD zu einer weiteren Vertiefung der europäischen Integration, die zur Schaf-fung einer Föderation der „Geeinten Völker Europas“ führen müsse.73 Das Ziel der Vertiefung sei die Gewährleistung der kulturellen Vielfalt der Völker, der Rechte nationaler Minderheiten sowie gleicher Freiheit und Entwicklungschancen für je-den Bürger. Dem SPD-Programm zufolge implizieren diese Postulate eine Erwei-terung der Kompetenzen des Europäischen Parlaments und die Schaffung einer handlungsfähigen europäischen Regierung, die dem Europäischen Parlament

ver-69 J. Olszyński, op. cit., S. 96-98.

70 Das Grundsatzprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands besteht aus dem Vor- Das Grundsatzprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands besteht aus dem Vor-wort ihres damaligen Vorsitzenden Oskar Lafontaine und fünf Kapiteln: Kapitel I Was wir wollen stellt die allgemeinen Grundzüge des Programms dar. Kapitel II Grundlagen unserer Politik beruft sich vor Al-lem auf die Wurzeln der deutsche Sozialdemokratie und ihr Politikverständnis. Kapitel III Frieden in ge­

meinsamer Sicherheit bespricht die europäische und internationale Sicherheitspolitik. Kapitel IV Die freie, gerechte und solidarische Gesellschaft. Eine neue Kultur des Zusammenlebens und Zusammenwirkens ist am umfangreichsten und bezieht sich zur Gänze auf die Innenpolitik des Staates. Das letzte Kapitel Unser Weg in die Zukunft ist eine Zusammenfassung des gesamten Programms. Vgl. den Text des Grundsatz-programms der SPD auf der Webseite der SPD – Grundsatzprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands; Quelle: http://www.spd.de/servlet/PB/menu/1588241/index.html, (Juli 2006).

71 Ebd., S. 15.

72 Ebd., S. 7.

73 Diese Konzeption ist der deutschen Sozialdemokratie nicht neu. Noch vor dem 2. Welt-krieg wurde im Heidelberger Programm von 1925 die Bildung Vereinigter Staaten von Europa als Form der Kooperation auf dem Alten Kontinent angeregt. Auch nach dem Krieg sprach sich die SPD 1946 für einen Europäischen Staatenbund aus. Vgl.: J. Olszyński, op. cit., S. 96.

pflichtet ist. Alle europäischen Organe müssen klar bestimmte Kompetenzen besit-zen, um die Hauptziele der Integration wirksam umsetzen zu können. Die deutsche Sozialdemokratie regt zudem eine Vergemeinschaftlichung der Gemeinsamen Au-ßen- und Sicherheitspolitik (GASP) und eine Reform der gemeinsamen Agrarpo-litik (GAP) an, um so die Bundesrepublik als Nettozahler zu entlasten. Als linke Partei fordert die SPD die Erarbeitung gemeinsamer Regeln zur Bekämpfung des Sozial- und Steuerdumpings sowie die Festlegung von Mindeststeuersätzen für Un-ternehmen. Im Rahmen des Verfasssungvertrags schlägt sie zudem die Festlegung der Pflichten im Bereich der sozialen Rechte und die Bestimmung der Grundsätze ökonomischen Demokratie vor. In der Frage der EU-Erweiterung wurde anerkannt, dass die Europäische Gemeinschaft offen und bereit zur Aufnahme der übrigen de-mokratischen Staaten Europas sein müsse. Infolgedessen müsse die Europäische Ge-meinschaft verschiedene Formen der engen Zusammenarbeit mit den Staaten Mit-tel- und Osteuropas vorantreiben, um so schnell wie möglich die Teilung Europas zu überwinden. Die SPD lehnte eine Integration der „unterschiedlichen Geschwin-digkeiten“ als dem Solidaritätsprinzip zuwiderlaufend ab.74

Die Koalitionszusammenarbeit der SPD mit der CDU/CSU von 2005 bis 2009 hat die Sozialdemokraten dazu mobilisiert, ein neues Parteiprogramm zu entwickeln und auf dem Hamburger Parteitag am 28. Oktober 2007 anzunehmen.75 Das Pro -gramm konzentriert sich vor allem auf innenpolitische Fragen. Die Europäische Uni-on wird vor allem als eine Antwort auf die Herausforderungen und Bedrohungen verstanden, die ein Ergebnis des Globalisierungsprozesses sind. Bezüglich der eu-ropäischen Integration hingegen nimmt die SPD eine Haltung der Unterstützung der weiteren Erweiterung ein, unter der Voraussetzung, dass die Anwärterländer die einschlägigen Mitgliedschaftskriterien erfüllen. Im Unterschied zur CDU spricht sie sich für einen Beitritt der Türkei aus, die „eine wichtige Brücke zwischen Europa und den islamischen Ländern“ darstellt. Nach Einschätzung der Sozialdemokraten ist die 2004 eingesetzte Europäische Nachbarschaftspolitik ein probates Instrument zur Annäherung der Länder, die sich auf ihrer gegenwärtigen Entwicklungsstufe noch nicht um eine Aufnahme bemühen können, an die Europäische Union.76

3.1. „Verantwortung für Europa“

Ein wichtiger Beitrag zur Diskussion über die Zukunft der EU war das von Bundeskanzler Gerhard Schröder in Zusammenarbeit mit Rudolf Scharping,

74 Vgl.: Grundsatzprogramm der Sozialdemokratischen Partei…, S. 16-17. Vgl.: J. Olszyński, op. cit., S. 98-99.

75 Hamburger Programm – Grundsatzprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutsch­

lands. Beschlossen auf dem Hamburger Bundesparteitag der SPD am 28. Oktober 2007; Quelle: http://

parteitag.spd.de/servlet/PB/show/1731523/Hamburger%20Programm_final.pdf, (Januar 2008).

76 Ebd., S. 30.

Heidemarie Wieczorek-Zeul und Franz Müntefering vorbereitete Dokument Verant­

wortung für Europa, das im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ am 30. April 2001 veröffentlicht wurde. Von der SPD wurde dieses Dokument erst auf dem Nürnberger Bundesparteitag in der zweiten Novemberhälfte 2001 verabschiedet. Die Autoren unterstrichen, dass es keine Alternative zu einer Fortsetzung der Integration und Eu-ropäisierung gebe. Im nationalen Interesse Deutschlands liege die Unterstützung der Integrationsprozesse. Durch die europäische Integration will die deutsche Sozi-aldemokratie:

die wirtschaftliche Entwicklung gewährleisten, Arbeitsplätze schaffen,

• Neuerung im Bildungssystem einführen, um mit der Herausbildung der Informationsgesellschaf Schritt zu halten, die EU den Bürgern näher bringen;

Verbraucher und Umwelt schützen, die innere Sicherheit in der EU

garan-• tieren (die in einer erweiterten EU wirksamer geschützt werden kann);

die Bürgerrechte durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union

• schützen stärken; die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) ausbauen, die Rolle Europas als eines Global Players vergrößern;

den europäischen Kontinent einigen, den Institutionen der Union

ei-• nen transparenten Charakter verleihen.

Die Transparenz könnte durch die Stärkung der Kompetenzen der Europä-ischen Kommission als obersten Organs der Exekutive erreicht werden. Der Rat der EU sollte sich zu einer zweiten Kammer des Europäischen Parlaments als Ver-treter der Mitgliedsländer umwandeln. Die Zuständigkeiten des Parlaments sollten unter anderem um die Festlegung der Höhe des Haushalts erweitert werden. Jedoch wird auch festgestellt, dass die Vertiefung der Integration eines gesamteuropäischen Diskurses über die Gestalt der Europäischen Union bedarf.77

Im Bereich der Erweiterung der Union erkannten die Autoren des Programm-papiers die Osterweiterung als historischen Gewinn sowohl für die Anwärterstäten als auch für die Altmitglieder der EU an. Die Erweiterung um die Staaten Mittel- und Osteuropas, aber auch die Balkanländer ist eine Vereinigung von Staaten, welche sich zu denselben Grundwerten bekennen und dieselben Ziele anstreben: Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Friedenssicherung, Kampf gegen die in-ternationale Kriminalität. Ein Argument, das absolut für die kommenden EU-Er-weiterungen spricht, ist nach Ansicht der Autoren des Dokuments die Vergrößerung des Binnenmarkts der Union, wodurch diese auf den globalen Märkten wettbewerbs-fähiger wird. Hinsichtlich der Besonderheiten der Volkswirtschaften der künftigen Unionsmitglieder spricht sich die SPD für siebenjährige Übergangszeiten beim freien Verkehr von Dienstleistungen und Arbeitnehmern aus. Es wurde festgestellt, dass die Osterweiterung nicht zu Auseinandersetzungen mit so wichtigen Partnern

77 Leitantrag: Verantwortung für Europa. SPD­Bundesparteitag, Nürnberg, 19.­23. Novem­

ber 2001, Quelle: http://2001.spd-parteitag.de/servlet/PB/menu/1084448/index.html, (Mai 2006).

der EU wie Russland oder der Ukraine führen darf. Die Beziehungen zu diesen bei-den Staaten müssen sich auf partnerschaftliches Miteinander für eine Stabilisierung und Entwicklung in Europa stützen.78

Eine wichtige Stimme in der Debatte um die Zukunft der EU war eine Rede von Bundespräsident Johannes Rau kurz vor der Veröffentlichung des Dokuments Verantwortung in Europa im „Spiegel“. In seinem Plädoyer für eine Europäische Verfassung, das er am 4. April 2001 in Straßburg vor dem Europäischen Parlament vortrug, sprach er sich für den Aufbau einer Föderation von Staaten auf der Grund-lage einer europäischen Verfassung aus.79 Diese Verfassung sollte aus drei Teilen bestehen: einer Grundrechte-Charta, den Grundsätzen der Beziehungen zwischen der Föderation und ihren Bestandteilen sowie den Bestimmungen der Zuständig-keiten und Befugnisse der Institutionen auf Föderationsebene. Rau zufolge sollte ein Europäisches Parlament mit zwei gleichwertigen Kammern auf der Grundlage des gegenwärtigen Parlaments und des Rats der EU geschaffen werden: der Rat der EU als Vertretung der Mitgliedsländer und das Europäische Parlament als Ver-tretung der Bürger. In der Frage der Umwandlung der Europäischen Kommission in ein starkes Organ der Exekutive mit einem Präsidenten an der Spitze sprach sich Rau für ein Modell aus, bei dem der Präsident von den beiden Kammern des Parla-ments gewählt würde (und nicht in Direktwahlen).80

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