• Nie Znaleziono Wyników

Der deutsche Vorsitz in der Europäischen Union 1999

W dokumencie Katowice 2011 (Stron 156-159)

Kapitel IV: Die Osterweiterung der Europäischen Union

1. Die Etappe der Initiierung

3.2. Der deutsche Vorsitz in der Europäischen Union 1999

Kurz vor Ende des österreichischen Vorsitzes fand am 11.-12. Dezember 1998 in Wien ein Gipfel der Staats- und Regierungschefs der EU statt.71 Bei dieser Gele-genheit wurde allerdings – zur Enttäuschung der Staaten Mitteleuropas – die Agenda 2000 nicht verabschiedet und auch kein konkretes Datum für die Aufnahme der neu-en Mitglieder in Aussicht gestellt. Ein wesneu-entliches Novum war der Standpunkt von Bundeskanzler Gerhard Schröder in der Frage des EU-Haushalts für die Jahre 2000-2006. Er stellte eindeutig fest, dass alle Mitgliedsstaaten an den Kosten der EU-Erweiterung partizipieren müssten und nicht nur die größten Netto-Zahler. Den deut-schen Standpunkt, den EU-Haushalt auf einem Level von 85 Mrd. EUR einzufrieren, unterstützten auch Österreich, Frankreich und Großbritannien.72

Am 1. Januar 1999 übernahm die Bundesrepublik den Vorsitz im Europäi-schen Rat. Außenminister Joschka Fischer stellte vor dem EuropäiEuropäi-schen Parlament die Prioritäten des deutschen Vorsitzes vor. Die Hauptaufgaben, auf die man sich konzentrieren wolle, seien die Fragen der Beschäftigungspolitik und die finanziel-len Aspekte der Erweiterung, das heißt die Annahme der Agenda 2000. Der Minis-ter kündigte zudem das Streben nach einer Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik und einer Verringerung der Deutschen Mitgliedsbeiträge an den EU-Haushalt an.

„Erweiterungs- und Beitrittsfähigkeit müssen parallel vorankommen. Je eher die EU die notwendigen Reformen in Angriff nimmt und je intensiver die Beitrittsländer ihre internen Reformen weiterführen, desto rascher und reibungsloser wird der Er-weiterungsprozess voranschreiten.“73 Fischer unterstrich, dass der Prozess der Ost-erweiterung „sowohl eine strategische Vision als auch viel praktischen Realismus“

benötigt und dass deshalb die Festlegung eines konkreten Beitrittsdatums vorzeitig sei. Er schloss jedoch nicht aus, dass ein solches Datum bis 1999 oder Anfang 2000

Deutschland Kraft vertrauen…“. Vgl.: Barbara Lippert, Zmiany w niemieckiej polityce wobec roz­

szerzenia UE po zmianie rządu /Die Veränderungen in der deutschen Politik zur EU-Erweiterung nach dem Regierungswechsel, [in:] Marek Cichocki (Hrsg.), Wspólnota sprzecznych interesów? Pols­

ka i Niemcy w procesie rozszerzenia Unii Europejskiej Wschód /Eine Gemeinschaft widerstrebender Interessen?/, Więź, Warszawa 1999, S. 17–30.

71Vgl. Sitzung des Europäischen Rats in Wien am 11.–12. Dezember 1998, Quelle: http://www.

ukie.gov.pl/HLP/mointintgr.nsf/0/1DD76ADB9BA56269C1256E750056082E/$file/ME5320A.pdf, (Mai 2010).

72B. Koszel, Trójkąt Weimarski… /Das Weimarer Dreieck/, S. 75–76.

73 Die Schwerpunkte der deutschen Ratspräsidentschaft. Rede von Bundesminister Fischer in Straßburg, „Bulletin des Presse und Informationsamtes der Bundesregierung“ vom 14. Januar 1999, Nr.2, S. 10; Vgl. Ziele und Schwerpunkte der deutschen Präsidentschaft im Rat der Europä­

ischen Union, Quelle: http://www.swp-berlin.org/common/get_document.php?asset_id=3038, (No-vember 2007); Bundeskanzler Gerhard Schröder, Prioritäten des deutschen EU­Vorsitzes, „Bulletin des Presse und Informationsamtes der Bundesregierung“ vom 25. Januar 1999, Nr. 4, S. 33–39. Vgl.:

G. Bonvicini, Schlüsselfragen der deutschen Ratspräsidentschaft – europäische Perspektiven, „Inte-gration“ 1/1999, S. 9–20.

bestimmt werden könne, jedoch nur unter der Voraussetzung der Verabschiedung der Agenda 2000 und entsprechender Fortschritte bei den Verhandlungen.74

Die Bemühungen Deutschlands um eine Reduzierung seiner Haushaltsbeiträ-ge und die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik waren nicht von Erfolg Haushaltsbeiträ-gekrönt;

sie scheiterten vor allem am Widerstand Frankreichs. Dies stellte sich bereits am 24.-25. März 1999 auf einer außerordentlichen Sitzung des Europäischen Rats in Berlin heraus. Dennoch gelang es, gewisse Vereinbarungen bezüglich des EU-Haushalts herauszuhandeln. Die Verabschiedung der Agenda 2000, darunter auch der neuen Fi-nanzperspektive für die Jahre 2000-2006 unter Berücksichtigung der Erweiterungs-kosten, wurde als „Entscheidung für Europa“ begrüßt.75

Die Politik der rot-grünen Regierung war pragmatisch. Sie konzentrierte sich auf die Herausforderungen, welche die Osterweiterung für die Beschäftigungspolitik mit sich brachte.76 Auf einem nichtformellen Treffen der Staats- und Regierungs-chefs der EU-Mitglieder im österreichischen Pörtschach im Oktober 1998 stellte der Kanzler fest, dass die Aufnahme neuer Staaten und die Entscheidung der Fra-ge der freien Wahl des Arbeitsplatzes kein unbedachter Prozess „aus dem Galopp heraus“ sein dürfe.77 Seinen offiziellen Standpunkt bezüglich der Frage der Über-gangsfristen im Bereich des freien Verkehrs von Arbeitnehmern aus den zukünftigen Mitgliederländern stellte der Kanzler Ende 2000 vor. Dabei sprach er sich für sie-benjährige Übergangsperioden aus – ähnlich wie dies zuvor schon im Fall von Grie-chenland, Spanien und Portugal der Fall gewesen war. Am 18. Dezember 2000 präsentierte Schröder auf einer Konferenz zur EU-Erweiterung in Weiden sein so genanntes Fünfpunkteprogramm über den freien Personenverkehr vor. Er kündigte an, dass Deutschland siebenjährige Übergangsfristen (vom Beitrittsdatum gerechnet) für die Öffnung des Arbeitsmarkts für Arbeitskräfte aus den Beitrittsländern verlan-gen werde, wobei in den Beitrittsverträverlan-gen auch die Möglichkeit einer Kürzung die-ser Fristen vorzusehen sei.78 Schon im Koalitionsvertrag von SPD und Bündnis‘90/

74 Die Schwerpunkte der deutschen Ratspräsidentschaft. Rede von Bundesminister Fischer.., S. 10.

75Vgl.: J. Janning, Bundesrepublik Deutschland, ,‚Jahrbuch der Europäischen Integration“

1998/1999, S. 325–332. Vgl.: A. Paterek, Stanowisko Niemiec wobec procesu poszerzenia Unii Eu­

ropejskiej (1998–2006) /Der deutsche Standpunkt gegenüber dem Prozess der Erweiterung der Eu­

ropäischen Union/, „Krakowskie Studia Międzynarodowe“ 2006, Nr. 4 (Nowa rola międzynarodowa Niemiec /Die neue Rolle Deutschlands/), S. 190.

76E. Cziomer, Stanowisko krajów „piętnastki“ wobec członkostwa Polski w Unii Europejs­

kiej ze szczególnym uwzględnieniem roli Niemiec /Der Standpunkt der Länder der EU-15 zur EU-Mit­

gliedschaft Polens mit besonderer Berücksichtigung der Rolle Deutschlands/, [in:] P. Dobrowolski, M.

Stolarczyk (Hrsg.), Proces integracji Polski z Unią Europejską /Der Prozess der Integration Polens mit der Europäischen Union/, Wydawnictwa Uniwersytetu Śląskiego, Katowice 2001, S. 128–134.

77B. Koszel, Stosunki polsko-niemieckie na początku XXI wieku /Die deutsch-polnischen Bezie­

hungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts/, [in:] A. Podraza (Hrsg.), Polska–Niemcy, partnerzy w nowej Europie /Polen-Deutschland. Partner im neuen Europa/, Wydawnictwo Polihymnia, Lublin 2004, S. 20.

78 R. Höltschi, Europäer werden dagegen sehr ..., „NZZ Folio Die Zeitschrift der Neu-en ZürcherZeitung“ 09/01, Quelle:

http://www.nzzfolio.ch/www/d80bd71b-b264-4db4-afd0-Grünen stand, dass die Bundesregierung Übergangsfristen in der Frage der Öffnung der gemeinschaftlichen Märkte für Arbeitnehmer aus den neuen Mitgliedsländern fordern werde.79

Bezüglich der Frage des freien Dienstleistungsverkehrs erklärte der Kanzler, Deutschland werde Übergangsfristen vor allem im Bauwesen und im Handwerk for-dern. Er stellte auch einen Vorschlag für diejenigen Mitgliedsstaaten vor, die an Ar-beitskräften aus Mitteleuropa interessiert sind. Die Migration von ArAr-beitskräften aus den neuen Mitgliedsstaaten solle überwacht und kontrolliert werden. Der Zugang zu bestimmten Segmenten des Arbeitsmarkts während der Übergangsperiode sollte genau reglementiert werden.80 Dieser Vorschlag wurde von Kommissar Günter Ver-heugen begrüßt. Seiner Ansicht nach ermögliche ein so elastisches Element sowohl eine Erhöhung der Beschäftigtenzahlen in den alten Ländern des Kontinents in den-jenigen Sektoren, in denen ein Defizit an Arbeitskräften besteht, als auch den Schutz der übrigen Sektoren.

Der deutsche Standpunkt in der Frage der Beschäftigungspolitik, der vor al-lem den Schutz der wirtschaftlichen Interessen der eigenen Bürger und eine „Be-sänftigung“ der öffentlichen Meinung in Deutschland bezweckte, bewirkte keine Umorientierung der bisherigen politischen Linie gegenüber den Staaten Mitteleuro-pas. In der deutschen Gesellschaft sank jedoch die Zustimmung zur Osterweiterung drastisch. Ein gewisses Durcheinander in der öffentlichen Auseinandersetzung ver-suchte Anfang September 2000 Günter Verheugen durch ein Interview in der „Süd-deutschen Zeitung“81, in dem er das Fehlen einer öffentlichen Diskussion über die Osterweiterung und eine mangelnde demokratische Legitimierung für diesen Prozess beklagte. Verheugen betonte, dass diese Frage insbesondere Deutschland betreffe, wo die Gesellschaft unzureichend informiert werde, weshalb die Ängste im Zusammenhang mit den Kosten der Erweiterung über die zu erwartenden Vorteile überwögen. Der Kommissar äußerte sich wenig präzise zu der Frage der eventuellen Notwendigkeit eines Volksentscheids über die Osterweiterung und trat damit zahl-reiche Kontroversen los. Diese Äußerungen wurden sogleich vonseiten der Regie-rungs dementiert. Als Reaktion auf die Sorgen der Bürger beschloss die Regierung, eine Aufklärungskampagne zu starten, mit deren Durchführung sie im Jahr 2001 das Bundespresseamt beauftragte.82 Schon im Dezember 2000 hatte die

SPD-Bun-277884b93470/showarticle/14090809-31bc-4097-a631-103aaa8bc02a.aspx, (März 2008).

79Vgl.:Koalitionsvertrag Aufbruch auf Erneuerung…

80 Vgl.: Antrag der Fraktionen SPD und Bündnis90 / Die Grünen „Weichen für EU-Erwei­

terung richtig stellen“, 6.03.2001, Deutscher Bundestag 14. Wahlperiode, „Drucksache“ 14/5447, Quelle: http://dip.bundestag.de/btd/14/054/1405447.pdf, (luty 2008).

81 Verheugen will Referendum über die EU­Erweiterung, „Süddeutsche Zeitung“ vom 2. tember 2000; Das Volk soll über die EU­Erweiterung entscheiden, „Süddeutsche Zeitung“ vm 2.-3. Sep-tember 2000; Vgl.: Der Kommissar und die Erweiterung, „Spiegel“ (online) vom 5. SepSep-tember 2000.

82 J. Janning, Bundesrepublik Deutschland, ,‚Jahrbuch der Europäischen Integration“

2000/2001, S. 323.

destagsfraktion eine Broschüre mit dem Titel Die Osterweiterung der Europäischen Union. Das Projekt für Frieden, Stabilität und Wachstum in Europa. 25 Antworten auf die wichtigsten Fragen 83 herausgegeben.

W dokumencie Katowice 2011 (Stron 156-159)