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Von Nizza nach Kopenhagen

W dokumencie Katowice 2011 (Stron 159-162)

Kapitel IV: Die Osterweiterung der Europäischen Union

1. Die Etappe der Initiierung

3.3. Von Nizza nach Kopenhagen

Die Bundesrepublik mit dem sozialdemokratischen Kanzler Schröder an der Spitze engagierte ihr ganzes politisches Potenzial für die Unterstützung der mit-teleuropäischen Staaten, insbesondere Polens, als künftigen Mitgliedsstaaten der Uni-on. Kurz vor dem Gipfel von Nizza, am 6. Dezember 2000, erklärte der Bundeskanzler anlässlich seines Staatsbesuchs in Warschau zweifach vor dem polnischen Parlament (dem Sejm) die Hilfe Deutschlands für Polen und die übrigen Staaten der Region für eine möglichst baldige Mitgliedschaft.84 Auf seiner Zusammenkunft in Nizza (7.-11. Dezember 2000) fasste der Europäische Rat den Beschluss über die für den Er-weiterungsprozess unverzichtbare Reform der Organe der Union und appellierte, den gemäß der Strategie der Europäischen Kommission geführten Verhandlungen ei-nen neuen Impuls zu geben. Der Europäische Rat verkündete, dass die Beitrittskan-didaten, die nach Abschluss der Verhandlungen die erforderlichen Kriterien erfüllen, bis Ende 2002 die Einladung zum Beitritt erhalten, sodass sie schon an den Wahlen zum Europäischen Parlament 2004 teilnehmen könnten.85 Die Ratifizierung des Ver­

trags von Nizza eröffnete der Weg zum Abschluss der Beitrittsverhandlungen. Daher konnte der der Prozess der Erweiterung auch nicht unabhängig vom Prozess der Ver-tiefung der EU und der Reform der Organe der Union gesehen werden. Die Unter-zeichnung des Vertrags am 26. Februar 2001 war eine notwendige Voraussetzung für den Abschluss des Erweiterungsprozesse, für den er den institutionellen Rahmen schuf. Im Protokoll über die Erweiterung der Europäischen Union und der Deklara­

tion über die Erweiterung der Europäischen Union, die dem Vertrag von Nizza ange-legt wurden, wurden die Beschlüsse über das institutionelle System der erweiterten Union aus der perspektive von 27 Mitgliedsstaaten zusammengefasst.86 Aus Sicht der Bundesrepublik „sicherte“ der Vertrag vor allem den nächsten Erweiterungspro-zess von institutioneller Seite, indem er auf die belgisch-französisch-italienische De-klaration im Anhang zum Vertrag von Amsterdam antwortete. Die Vereinbarungen

83 Die Osterweiterung der Europäischen Union. Das Projekt für Frieden, Stabilität und Wachs­

tum in Europa. 25 Antworten auf wichtigsten Fragen, SPD Bundesfraktion, Berlin Dezember 2000.

84 Apel kanclerza do Unii /Der Appell des Bundeskanzlers an die Union/, „Rzeczpospolita“

vom 7. Dezember 2000.

85 European Council, Presidency conclusions. Nice meeting, 7, 8 and 9 December 2000, źródło:

http://ue.eu.int/ueDocs/cms_Data/docs/pressData/en/ec/00400-r1.%20ann.en0.htm, (Januar 2008).

86 Vertrag von Nizza zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechts­

akte, unterzeichnet in Nizza am 26. Februar 2001, Quelle: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/ Le-xUriServ.do?uri=OJ:C:2001:080:0001:0087:DE:PDF, (Juni 2010)

von Nizza berücksichtigten jedoch nicht die eventuelle Wiederaufnahme der Bei-trittsgesuche Norwegens und der Schweiz sowie die Bemühungen anderer Staaten wir Kroatin, Moldawien, der Türkei oder der Ukraine. In Deutschland stießen sie auf heftige Kritik.87

Am 16.-17. Juni 2001 wurde auf dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs der EU in Göteborg festgelegt, dass sie Verhandlungen mit den am besten vorberei-teten Kandidaten bis 2002 abgeschlossen werden können, was ihnen die Teilnahme als vollberechtigte Mitglieder an den Europawahlen 2004 ermöglicht. Nach die-sen Entscheidungen gingen die Beitrittsverhandlungen in die entscheidende Phase.

Am 13. November 2001 wurde in einem Rapport der Kommission zu den Fortschrit-ten bei den Gesprächen festgestellt, das der baldige Abschluss der Verhandlungen möglich sein wird im Fall von Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, der Slo-wakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern, während Bulgarien noch nicht weit genug fortgeschritten sind. Im Dezember 2001folgte der Europäische Rat dieser Einschätzung und ermunterte Bulgarien und Rumänien zur Fortsetzung der Vorbe-reitungen und der Wiederaufnahme der Verhandlungsgespräche im Jahr 2002. Au-ßerdem wurde ein Appell an die beiden zypriotischen Völker (Griechen und Türken) abgegeben, ihre Bemühungen um eine Vereinigung der Insel noch vor dem Beitritt zur Union fortzusetzen.88

Im Fall mitteleuropäischen Beitrittskandidaten spielte die Bundesrepublik eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung der einzelnen Länder auf die EU-Mitglied-schaft. Besonders intensiv arbeitete man im Rahmen des Twinnings zusammen.89 Die Absicht diese bilateralen Projekte bestand darin, die Kandidaten so schnell wie möglich auf die Anpassung an den Acquis communautaire anzupassen. Die Projekte basierten auf der Partnerschaft der Verwaltungsorgane der Beitrittsländer und ihrer Entsprechungen in den Mitgliedsländern. Deutschland beteiligte sich dabei von allen Staaten am meisten am Transfer von Experten im Verwaltungsbereich – insgesamt nahm die Bundesrepublik an 45 von 1347 derartigen Projekten teil.90

87 K.-R. Korte, A. Maurer, Innenpolitische Grundlagen der deutschen Europapolitik: Kon­

turen der Kontinuität und des Wandels, [in:] H. Schneider, M. Jopp, U. Schmalz (Hrsg.), Eine neue deutsche Europapolitik? Rahmenbedingungen – Problemfelder – Optionen, Europa Union Verlag, Bonn 2002, S. 1999.

88 Zum Thema der Reunifizierung Zyperns im Kotext der Vorbereitungen auf den EU-Beitritt vgl: M. Emerson, N. Tocci, Cyprus as the Lighthouse of the East Mediterranean: Shaping EU Acces­

sion and Reunification Together, Centre for European Policy Studies, Brussels 2002.

89 Ein Instrument, das auf der Nutzung der Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Ver- Ein Instrument, das auf der Nutzung der Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Ver-waltung und den öffentlichen Organisationen in den Beitrittsländern und ihren Pendants in den Mit-gliedsstaaten beruht. Im Rahmen des Twinnings arbeiten Experten aus den EU-Staaten über 12 Mo-nate mit den entsprechenden Behörden/Ministerien in den Beitrittsländern zusammen und leisten Beratung bei der Umsetung von Projekten im Zusammenhang der Transponierung und Implementie-rung des Acquis communautaire in den jeweiligen Bereichen.

90 G. Müller-Brandeck-Bocquet, Deutsche Leadership in der Europäischen Union? Die Eu­

ropapolitik der rot-grünen Bundesregierung 1998–2002, [in:] eadem (et al.), Deutsche Europapolitik

Die Beitrittsverhandlungen mit den zehn Kandidaten gewannen im Laufe des Jahres 2002 an Tempo, als die schwierigsten Probleme auf der Tagesordnung standen, etwa Landwirtschaft, Haushalt und Wettbewerb. Im Februar 2002 begann in Deutschland der Wahlkampf. Die Europapolitik war dabei ein wichtigstes Thema.

Bundeskanzler Schröder setzte sich entschieden für die Osterweiterung ein und ver-trat die Absicht, dass die Form der Direktsubventionen für die Landwirtschaft in Zukunft zu senken sei, um den Agrarhaushalt der gesamten Union zu stabilisie-ren. Bereits nach seinem Wahlsieg erklärte der Kanzler die deutsche Einwilligung für ein Subventionsniveau von 25% für die Landwirte in den Beitrittsländern – unter der Voraussetzung dass die deutschen Einzahlungen in die Gemeinsame Agrarpolitik eingefroren würden. Diese deutsche Haltung hing mit Schätzungen des Finanzmi-nisteriums zusammen, laut denen das Haushaltsdefizit Anfang 2002 sich auf 2,7%

belief und die Prognosen von einem Anstieg bis auf 3,7% ausgingen. Dies bedeutete ein Überschreiten der Kriterien für die Teilnahme an der Währungsunion, worauf eine Strafe von 10 Mio. EUR stand.91

Am 24. Oktober 2002 erzielten Bundeskanzler Schröder und der französi-sche Präsident Jacques Chirac eine Übereinkunft in der Frage der Direktsubventi-onen für die Landwirte in den künftigen neuen Mitgliedsländern. Vereinbart wurde das Einfrieren der Ausgaben auf dem Niveau von 2006. Dieser Kompromiss erfüllte nicht die deutschen Erwartungen, die von einem nominalen Einfrieren der Ausgaben in den Jahren 2006-2013 ausgingen. Außerdem wurde ein schrittweises Ansteigen der Subventionen vereinbart. Auf dem Brüsseler Gipfel der Staats- und Regierungs-chefs der UE am 24.-25. Oktober 2002 wurde beschlossen, dass die Subventionen für die Landwirte in den neuen Mitgliedsländern in den Jahren 2004, 2005, 2006, 2007 entsprechend 25%, 30%, 35% und 40% des Niveaus der Subventionen für die Land-wirte in den „alten“ EU-Ländern betragen und in den Jahren 2007 bis 2013 um 10%

jährlich ansteigen werden.92 Auf Antrag der Bundesrepublik und mit der Unter-stützung von Frankreich und Großbritannien wurde eine Senkung des Betrags für die Strukturfonds und den Kohärenzfonds auf 23 Mrd. EUR (die Kommission hatte 25,6 Mrd. EUR vorgeschlagen) für die 10 Neumitglieder in den Jahren 2004-2006 beschlossen. Auf dem Gipfel des Europäischen Rats mit den Regierungschefs der 10 Beitrittsländer am 12.-13. Dezember 2002 in Kopenhagen wurde beschlossen, die Direktsubventionen für die Landwirtschaft heraufzusetzen (55% im ersten Jahr und in den Folgejahren 60% und 65%). Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten verkündeten in Kopenhagen in Anwesenheit der Premierminister der

Bei-von Konrad Adenauer bis Gerhard Schröder, Leske+Budrich, Opladen 2002, S. 187.

91 B. Koszel, Stosunki polsko-niemieckie… /Die polnische-deutschen Beziehungen…/, S. 26–

27. Por. G. Müller-Brandeck-Bocquet, Deutsche Leaderschip…, S. 190.

92 P. Kalka, Rola RFN w rozwoju integracji ekonomiczne we Wspólnotach Europejskich / Die Rolle der Bundesrepublik bei der wirtschaftlichen Integration in den Europäischen Gemeinschaf­

ten/, Instytut Zachodni, Poznań 2005, S. 210.

trittsländer den Beschluss über die Einladung von Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, der Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern zur Europäischen Union. Bestätigt wurde darüber hinaus der drei Monate zuvor in Brüssel ausgehan-delte Kompromiss über das Einfrieren der Ausgaben für die Landwirtschaft und sei-ne Beibehaltung bis 2013. In Kopenhagen wurde angekündigt, dass die Unterzeich-nung der Beitrittsverträge am 16. April in Athen stattfinden wird, sodass sie nach Abschluss der Ratifizierungsprozedur am 1. Mai 2004 in Kraft treten können. Die-se Termine wurden auch tatsächlich eingehalten.93 Nach Ansicht von Bundeskanzler Schröder war der Gipfel von Kopenhagen als Erfolg zu werten. Seine Ergebnisse waren ein Resultat der finanziellen Möglichkeiten, der politischen Notwendigkeit und der Bedürfnisse der Beitrittskandidaten.94

Der Bundestag ratifizierte den Beitrittsvertrag über die Erweiterung der Eu­

ropäischen Union am 3. Juli 2003. Von den 580 abgegebenen Stimmen waren 575 dafür und 1 dagegen bei 4 Enthaltungen. Am 121. Juli wurde der Vertrag vom Bun-desrat genehmigt.95

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