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Die Beitrittsverhandlungen mit Bulgarien und Rumänien

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Kapitel IV: Die Osterweiterung der Europäischen Union

1. Die Etappe der Initiierung

3.4. Die Beitrittsverhandlungen mit Bulgarien und Rumänien

Im Herbst 1999 sprach sich Bundeskanzler Gerhard Schröder in Bukarest ein-deutig für den Beitritt Bulgariens und Rumäniens zur Europäischen Union aus. Vor den beiden Kammern des rumänischen Parlaments unterstrich, dass „es keine Alterna-tiven gibt für weitere mutige Schritte auf dem Weg der Reform“. Er ermunterte beide Staaten dazu, vor allem die Verwaltung, die Wirtschaft und die Gesellschaft auf euro-päischen Kurs zu bringen. Dabei deklarierte er die deutsche Unterstützung und Hilfe, wobei er unterstrich, dass Deutschland aktiv das Ziel der gleichzeitigen Vertiefung

93 Vertrag über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Uni­

on vom 16. April 2003, Quelle : http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/eubeitrvtr_czeua/ge-samt.pdf (Dezember 2010)

94 Regierungserklärung des deutschen Bundeskanzlers, Gerhard Schröder, zu den Ergebnis­

sen des Europäischen Rates in Kopenhagen vom 12. und 13. Dezember 2002 vor dem Deutschen Bun­

destag am 19. Dezember 2002 in Berlin (gekürzt), „Internationale Politik“ Januar 2003, Quelle: http://

www.internationalepolitik.de/archiv/jahrgang2003/januar03/regierungserklarung-des-deutschen- bundeskanzlers--gerhard-schroder--zu-den-ergebnissen-des-europaischen-rates-in-kopenhagen- vom-12--und-13--dezember-2002-vor-dem-deutschen-bundestag-am-19--dezember-2002-in-berlin--gekurzt-.html, (Februar 2008). Mehr zu den deutschen Bewertungen des Gipfels von Kopenhagen vgl.: A. Paterek, Stanowisko RFN wobec poszerzenia Unii Europejskiej o kraje Europy Środkowo-Wschodniej Die Haltung der BRD gegenüber der Erweiterung der EU um die Staaten Mittel­

und Osteuropas/,[in:] I. Stawowy-Kawka (Hrsg.), Niemcy – Europa – Świat. Studia międzynarodowe, Księga pamiątkowa poświęcona Profesorowi Erhardowi Cziomerowi /Deutschland – Europa – Welt.

Internationale Studien/, Wydawnictwo Uniwersytetu Jagiellońskiego, Kraków 2007, S. 124–130.

95 „Spiegel“ (online) vom 3. und 11. Juli 2003.

und Erweiterung der Europäischen Union anstrebt. „Rumänien ist – trotz aller Schwie-rigkeiten – Teil des großen, alle Kandidaten umfassenden Erweiterungsprozesses.“96

Die offiziellen Verhandlungen mit Bulgarien und Rumänien wurden im Ja-nuar 2000 aufgenommen und mit Bulgarien am 15. April und Rumänien am 17. De-zember 2004 in Kopenhagen abgeschlossen. Olaf Leiße dürfte recht haben, wenn er den Abschluss der Verhandlungsgespräche als ein „Kuriosum“, ein absolutes Phänomen in der Geschichte der europäischen Integration bezeichnet. Trotz der enormen Zweifel der Mitglieder der EU wurde die Aufnahme dieser beiden Länder beschlossen, aller-dings auch ihre genaue Beobachtung auf dem weiteren Weg zum Beitritt angekündigt.97 Das Europäische Parlament verabschiedete am 13. April 2005 den Antrag auf Zustim-mung zum Beitritt Bulgariens und Rumäniens. Einen Tag zuvor hatte sich der Parla-mentspräsident, der deutsche Sozialdemokrat Klaus Hänsch noch gegen den Beitritt die-ser Staaten zur Union ausgesprochen. Er kritisierte die Bestätigung der Beitrittsverträge in einem Moment, als noch nicht alle Fragen vereinbart und weiterhin nicht alle Kopen-hagen-Kriterien erfüllt waren. Die Erweiterung der EU um diese Staaten bezeichnete er als „Beitritt an Krücken“98. Der Vertrag über den Beitritt Bulgariens und Rumäniens zur Europäischen Union wurde am 25. April 2005 in Luxemburg unterzeichnet.99

Die neue Große Koalition aus CDU/CSU und SPD, die seit Herbst 2005 re-gierte, ging an die Frage der nächsten EU-Erweiterung mit größerer Vorsicht her-an.100 Kanzlerin Merkel setzte die Politik der Unterstützung für eine Erweiterung der EU um Bulgarien und Rumänien fort, wobei sie wie ihr Vorgänger die Bedin-gung der Erfüllung der Kopenhagen-Kriterien anmahnte. Das Hauptziel der deut-schen Europapolitik war jedoch die Definition des Wesens der EU selbst, während die Hauptherausforderung die Verabschiedung des Verfasungsvertrags war.101

Die vorsichtige Vernunft der Außenpolitik der Bundesrepublik in der Erweite-rungsfrage lässt sich anhand einer Debatte nachvollziehen, die am 16. Mai 2006 im Eu-ropäischen Parlament stattfand. Die deutschen Abgeordneten, sowohl die mit der SPD

96 Rede des Bundeskanzler vor den beiden Kammern des Parlaments von Rumänien am 24.

September 1999, „Bulletin des Presse und Informationsamtes der Bundesregierung“ vom 1. Oktober 1999, Nr. 60, S. 610.

97 O. Leiße, Die EU vor der Südosterweiterung. Bulgariens und Rumäniens schwierige Rück­

kehr nach Europa, „Die Politische Meinung“, November 2006, Nr. 444, S. 31.

98 Debatte im Europäischen Parlament zum Antrag Rumäniens und Bulgariens auf EU­

Mitgliedschaft, „Pressemitteilung“ 12/04/2005, Nr. 2, Europäisches Parlament Informationsbü-ro für Deutschland, Quelle: http://www.euInformationsbü-roparl.de/presse/ pressemitteilungen/quartal2005_2/

presse2005_047, (November 2007).

99 Vertrag über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Eorpäoischen Union (2005), Quelle: http://eur-lex.europa.eu./JOHtml.do?uri=OJ:L:2005:157:SOM:DE:HTML, (Dezem-ber 2010).

100Koalitionsvertrag zwischen der CDU/CSU und der SPD vom 11. November 2005, Quelle: http://

koalitionsvertrag.spd.de/servlet/PB/show/1645854/111105_Koalitionsvertrag.pdf, (październik 2007).

101 Vgl.: J.J. Węc, Kryzys konstytucyjny w Unii Europejskiej /Die Verfassungkrise in der Eu­

ropäischen Union/, „Przegląd Zachodni“ 2006, nr 4, S. 101–117.

(Helmut Kuhne), der CDU (Elmar Brok, Hans-Gert Pöttering, Hartmut Nassauer) als auch den Grünen (Daniel Cohn-Bendit) verbundenen, unterstrichen in ihren Re-debeiträgen, dass die Idee der Erweiterung um diese Staaten an sich keinen Zweifel und Widerstand wecke, dass man aber keine neuen Mitglieder aufnehmen könne, ohne dass diese nicht alle Beitrittskriterien erfüllen würden, da dies den Reformpro-zess innerhalb der Union schwäche. Der bedeutende christdemokratische Politiker Hans-Gert Pöttering, seit 1999 Fraktionsvorsitzender Europäischen Volkspartei – Eu-ropäische Demokraten im EuEu-ropäischen Parlament, unterstrich, dass die EuEu-ropäische Union sich noch nicht vollständig mit der letzten Osterweiterung eingerichtet habe.

Die kritischste Stimme in dieser Debatte gehörte jedoch Daniel Cohn-Bendit, der deut-lich aussprach, dass diese Staaten noch nicht auf die Mitgliedschaft vorbereitet seien, und daher eine Verschiebung ihrer Aufnahme auf 2008 postulierte.102 Die Beitrittsver-träge sahen jedoch den Beitritt dieser Staaten bis zum 1. Januar 2007 vor. Allerdings erhielt eine „Sicherheitsklausel“, die es den Staaten der Union ermöglichte, einstim-mig und auf Antrag der Kommission dieses Datum auf Januar 2008 zu verschieben.

Die Kommission hatte allerdings bereits Ende 2006 ihre positive Stellungnahme zum Stand der Beitrittsvorbereitungen beider Balkanstaaten abgegeben.

Nach dem Beitritt Bulgariens und Rumäniens zur Europäischen Union erwies es sich, dass das alte Ziel der deutschen Europapolitik seit den Zeiten Adenauers – die Schaf-fung einer Europäischen Föderation – nicht schnell zu erreichen war. Die EU-27 würde bei Beibehaltung der bisherigen institutionellen und prozeduralen Lösungen bei demsel-ben Grad an Integration noch lange nicht zur engeren Kooperation bereit sein.

Eventuellen weiteren Erweiterungen steht die Regierung Merkel ausgespro-chen skeptisch gegenüber. Eine Form der Verlangsamung des Prozesses der Aufnah-me weiterer Mitglieder bei gleichzeitiger Intensivierung der Beziehungen zu den bei-trittswilligen Staaten ist die seit 2006 von der Kanzlerin forcierte und vom Auswärtigen Amt ausgearbeitet Konzept der Nachbarschaftspolitik plus, deren Hauptziel die Fül-lung der Sicherheitslücke ist, die sich in den postsowjetischen Staaten gebildet hat.

Das Eintreten der Union für Demokratie und Stabilität in der Ukraine, Moldawi-en, GeorgiMoldawi-en, ArmeniMoldawi-en, Aserbaidschan und Weißrussland soll eine neue Qualität in der Nachbarschaftspolitik der EU schaffen. Die Voraussetzung für den Erfolg einer Politik der Förderung von Reformen in den osteuropäischen und Kaukasus-staaten ist die Unterstützung Russlands.103 In diese Richtung zielen solche

Maßnah-102 Bericht über den Fortschritt auf dem Weg des Beitritts Bulgariens und Rumäniens (De­

batte), 16. Mai 2004, Europäisches Parlament, Straßburg, Quelle: http://www.europarl.europa.eu/

sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+CRE+20060516+ITEMS+DOC+XML+V0//PL#creitem35, (Januar 2008); Bulgarien, Rumänien: EU-Beitritt zum 01. Januar trotz „blauen Briefs“, „Thema aus Brüssel“ Mai 2006, Friedrich Ebert Stiftung, Europabüro Brüssel, S. 4–5. Quelle: http://library.fes.de/

pdf-files/bueros/bruessel/03791.pdf, (Januar 2008).

103 Berlin entwickelt neue Nachbarschaftspolitik für die EU, „Frankfurter Allgemeine Zei-tung“ vom 3. Juli 2006. Vgl.: B. Koszel, Stosunki Polska-Niemcy a bezpieczeństwo europejskie / Die deutsch polnischen Beziehungen und die europäische Sicherheitspolitik, [in:] W.M. Góralski,

men der Regierung Merkel wie die während es deutschen Ratsvorsitzes vorbereitete Strategie der neuen Nachbarschaft der EU mit den Ländern Mittelasiens (Kasachs-tan, Kirgisien, Tadschikis(Kasachs-tan, Turkmenis(Kasachs-tan, Usbekistan), die vom Europäischen Rat auf einer Sitzung am 21.-22. Juni 20007 bestätigt wurde.104 Nach dem georgisch-russischen Konflikt trat man jedoch von der von SPD befürworteten Neuen Ostpo-litik zurück. Die Regierung der Großen Koalition unterstützte das polnisch-schwe-dische Projekt der Ostpartnerschaft der EU. Im Koalitionsvertrag vom Oktober 2009 zwischen CDU/CSU und FDP steht, dass das Ziel der Nachbarschaftspolitik die vielseitige, auf gemeinsamen Werten beruhende Kooperation mit den östlichen Nachbarn sei.105 Die Initiative der Ostpartnerschaft wurde offiziell auf der Zusam-menkunft des Europäischen Rats am 7. Mai 2009 bestätigt.

4. Schlussfolgerungen

Deutschland hat eine ausgesprochen aktive Rolle als Fürsprecher der europä-ischen Osterweitung und Anwalt der Beitrittskandidaten aus Mitteleuropa gespielt.

Insbesondere unter der Regierung Kohl drängte das stärkste Mitgliedsland der Union auf eine Erweiterung um die mitteleuropäischen Staaten. Sichtbar wurde das vor al-lem bei den wesentlichen Ereignissen und Entscheidungen, die den Ländern Mittel-europas den Weg nach Europa öffneten.

Unter den zwölf Kandidaten für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union hatten am frühesten – noch Anfang der siebziger Jahre – Malta und Zypern ihre Beitritts-gesuche eingereicht. Nach dem Zusammenbruch der europäischen Ordnung des Kalten Kriegs war das vereinte Deutschland am stärksten daran interessiert, die Integration der Staaten der Visegrád-Gruppe voranzutreiben. Die ersten Assoziierungsabkommen wurden im Dezember 1991 geschlossen. Als nächstes unterstützte Deutschland den Ab-schluss entsprechender Verträge mit Bulgarien und Rumänien und erst später sprach es sich für die Assoziierung der drei postsowjetischen Staaten des Baltikums – Est-land, Lettland und Litauen – aus. In allen geschlossenen Europaabkommen befand sich die Zusage der Mitgliedschaft der assoziierten Staaten in der Union. Deutschland

spiel-Polska-Niemcy 1945-2007. Od konfrontacji do współpracy i partnerstwa w Europie. Studia i doku­

menty /Polen-Deutschland 1945-2007. Von der Konfrontation zur Zusammenarbeit/, PISM, Warszawa 2007, S. 256-257. Vgl.: B. Lippert, Die EU­Nachbarschaftspolitik in der Diskussion – Konzepte, Re­

formvorschläge und nationale Positionen, „Internationale Politikanalyse“, Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn 2007, Quelle: http://library.fes.de/pdf-files/id/04736.pdf, (Januar 2008).

104Europäischer Rat in Brüssel 21.-22. Juni 2007, Konklusion des Vorsitzes, Quelle: http://europa.

eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=DOC/07/2&format=HTML&aged=0&language=PL&guiLa nguage=pl, (März 2008). Vgl.: Resolution des Europäischen Parlaments vom 20. Februar 2008 in der Sa-che der EU-Strategie für Mittelasien (2007/2102/(INI)), Quelle: http://www.europarl.europa.eu/sides/get-Doc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P6-TA-2008-0059+0+DOC+XML+V0//PL#def_1_3, (marzec 2008).

105 Wachstum. Bildung. Zusammenhalt. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU,CSU und FDP,.

<URL: źródło: http://www.cdu.de/doc/pdfc/091026-koalitionsvertrag-cducsu-fdp.pdf, luty 2010 r.>, S. 117.

te eine Schlüsselrolle als Initiator und Förderer der Heranführungshilfe, die im Rahmen der Programme PHARE, SAPARD und IPSA erteilt wurde. Deutschland stand in einem politischen Dialog mit den mitteleuropäischen Staaten und unterstützt die von ihnen ge-schaffenen Strukturen des „neuen Regionalismus“ wie Visegrád-Gruppe, CEFTA, Mit-teleuropäische Initiative und Ostseerat, aber auch die von Frankreich vorgeschlagene Initiative des Stabilitätspakts in Europa. Das Ziel dieser Unternehmungen war die Un-terstützung der Vorbereitung der Beitrittskandidaten auf die Erfüllung der vom Europä-ischen Rat 1993 in Kopenhagen festgelegten Beitrittskriterien.

Die mitteleuropäischen Staaten reichten ihre Beitrittsgesuche in den Jahren 1994-1996 ein. Deutschland reagierte darauf wohlwollend, bestand aber auf ei-nem Junktim zwischen der Erweiterung der EU und der Vertiefung ihrer inneren Integration. Besonders deutlich wurde das in der Zeit des deutschen Ratsvorsit-zes in der zweiten Jahreshälfte 1994. Auf Antrag der Bundesrepublik im Dezem-ber dieses Jahres richtete der Europäische Rat feste Strukturen des Dialogs der EU mit den Beitrittskandidaten ein und beschloss, dass die Osterweiterung auch Zypern und Malta umfassen sollte. Von der positiven Grundhaltung der Bundesrepublik ge-genüber der Osterweiterung zeugen auch die ab 1997 immer wieder vorgebrachten Äußerungen führender deutscher Politiker, die erste Gruppe der Beitrittsstaaten, dar-unter Polen, könne bereits im Jahr 2000 oder 2002 aufgenommen werden.

Nach der Vereinbarung der Grundsätze für die institutionelle Reform der EU im Vertrag von Amsterdam wurde im Dezember 1997 die Einladung der Kandidaten zu Beitrittsverhandlungen möglich. Zunächst umfassten diese die Gruppe der sechs besser vorbereiteten Staaten: Polen, Tschechien, Ungarn, Slowenien, Estland und Zy-pern (die so genannte Luxemburg-Gruppe). Die Beitrittsgespräche wurden im März des Folgejahres aufgenommen.

In der ersten Jahreshälfte 1999 übernahm Deutschland erneut den Ratsvorsitz, diesmal unter der Führung der neuen Koalitionsregierung aus SPD und Bündnis’90/

Grünen. Die neue Regierung von Gerhard Schröder begann entschiedener nach ins-titutionellen Reformen innerhalb der Union und einer Übernahme der Erweiterung nicht nur durch die größten Nettozahler an den EU-Haushalt zu verlangen. Sie kün-digte auch einen entschiedeneren Schutz der deutschen Interessen bei den Beitritts-verhandlung mit den assoziierten Staaten an. Deutschland führte das Strategiepapier der Agenda 2000, in dem das Paket der internen Reformen und der Finanzrahmen für die Osterweiterung (die Höhe der Ausgaben in den Jahren 200-2006) enthalten war, zur Verabschiedung durch den Europäischen Rat im März 1999.

Im Dezember 1999 wurden weitere sechs Kandidaten zu Beitrittsverhand-lungen eingeladen: Litauen, Lettland, die Slowakei, Bulgarien, Rumänien und Malta (die so genannte Helsinki-Gruppe). Diese Verhandlungsgespräche wurden im Januar des Folgejahres aufgenommen.

Nach der Vereinbarung von institutionellen Reformen im Jahr 2000 konnten die Beitrittsverhandlungen mit allen Kandidaten beschleunigt werden. Deutschland

spielte eine Schlüsselrolle als der Staat, der den Beitrittsländern besondere Unter-stützung leistete. Allerdings standen zu dieser Zeit auch die schwierigsten Themen auf der Tagesordnung. Im Dezember 2001 notierte der Europäische Rat Defizite bei der Vorbereitung Bulgariens und Rumäniens. Ein Jahr darauf konnten nach teils dra-matisch verlaufenen Gesprächen die Beitrittsverhandlungen mit zehn Beitrittskan-didaten erfolgreich abgeschlossen werden. Bundeskanzler Gerhard Schröder wer-tete dies als Erfolg und die Ergebnisse als Resultat der finanziellen Möglichkeiten, der politischen Notwendigkeit und den Bedürfnissen der Beitrittskandidaten.

Im April 2003 wurde der Beitrittsvertrag mit zehn Staaten unterzeichnet, und am 1. Mai 2004 wurde die Osterweiterung der Europäischen Union Wirklich-keit. Eine Ergänzung war die Fortsetzung der Beitrittsgespräche mit Bulgarien und Rumänien. Der Standpunkt der Bundesrepublik war auch hier wohlwollend, al-lerdings restriktiver als bei der Erweiterung von 2004. Bemängelt wurde insbeson-dere die Nichterfüllung einiger Kopenhagen-Kriterien und EU-Standards. Dennoch unterzeichneten Bulgarien und Rumänien am 25. April 2005 den Beitrittsvertrag und wurden am 1. Januar 2007 in die Europäische Union aufgenommen. Die deutsche Einschätzung dieser vorerst letzten Erweiterung wurde zwar ebenfalls in den Kate-gorien einer „historischen Chance“ vorgebracht, fiel aber dennoch deutlich nüchter-ner aus. Die im Herbst 2005 gebildete Koalitionsregierung aus CDU/CSU und SPD unter Kanzlerin Angela Merkel stand der Frage weiterer etwaiger Erweiterungen skeptisch und zurückhaltend gegenüber.

Die Bilanz der deutschen Haltung zur Osterweiterung lässt sich in

eini-• gen Punkten zusammenfassen:

Konsequente Unterstützung der mitteleuropäischen Staaten, Zyperns

• und Maltas bei ihren Aspirationen zur Annäherung und Mitgliedschaft in der Europäischen Union,

Förderung aller Beitrittskandidaten – vor allem der Visegrád-Gruppe –

• und Fürsprache auf dem europäischen Forum,

Beibehaltung der Unterstützung der Beitrittskandidaten als strategisches

• Ziel trotz des Regierungswechsels und der Machtübernahme der rot-grü-nen Koalition,

Erhebliche Bereitschaft der Koordinatoren der deutschen Europapolitik

• zur Suche nach Kompromisslösungen, insbesondere bei den Beitrittsver-handlungen,

Verknüpfung der Vertiefungsprozesse der europäischen Integration

• mit der Erweiterung der EU um neue Mitglieder.

Die Aufnahme von zwölf Staaten Mitteleuropas und des Mittelmeerraums

• war die größte Erweiterung in der Geschichte der europäischen Integrati-on. Nach deutscher Auffassung bedeutete sie, dass sich die EU den Gren-zen ihrer Möglichkeiten nähert, was ihr Funktionieren und die Perspekti-ve ePerspekti-ventueller weiterer Erweiterungen angeht.

Die vorBereitung Auf Die erweiterung Der europäischen union um Die stAAten Des west­BAlkAns unD Die türkei

1. Die Europäische Perspektive des Westbalkans

Der Europäische Rat sprach im Dezember 2002 bei der Entscheidung über die Aufnahme der neuen Mitglieder zur Europäischen Union im Jahr 2004 von der Möglichkeit weiterer Erweiterungen der Union. Im Moment des Beitritts Bulgariens und Rumäniens rückten die europäischen Aspirationen des Westbalkans in den Mittelpunkt des Interesses.

Schon zuvor hatte sich die Europäische Gemeinschaft aktiv für den demo-kratischen Wandel in dieser Region eingesetzt. Ab Juli 1991 wirkte auf dem Gebiet des Westbalkans die Überwachungsmission der Europäischen Gemeinschaft (European Community Monitoring Mission – ECMM), die im Dezember 2000 durch die Über-wachungsmission der Europäischen Union (European Union Monitoring Mission – EUMM) ersetzt wurde. Die Mission leistete dem Generalsekretär / Hohen Vertreter der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (Javier Solana) Rechenschaft. Dar-über hinaus nahm das Europäische Amt für humanitäre Hilfe (European Community Humanitarian Aid Office – ECHO) bereits in der ersten Hälfte der neunziger Jahre sei-ne Tätigkeit in der Region auf. Die EG bot darüber hinaus den zerstrittesei-nen Seiten ihre Vermittlungsdienste an. Sie engagierte sich zusammen mit UNO, KSZE und NATO für Maßnahmen zur Schaffung eines dauerhaften Friedens in der Region.1

Auf das Engagement Deutschlands im Westbalkan hatten neben den Sicher-heitsfragen auch wirtschaftliche Interessen Einfluss. Die BRD versuchte als Staat, dessen Export nach Jugoslawien sich im Jahr 1990 auf 8,3 Mrd. DM belief, sich

1 Vgl.: J.S. Steinberg, The Response of International Institutions to the Yugoslavia Conflict:

Implications and Lessons, [in] F.S. Larrabee (ed.), The Volatile Powder Keg: Balkan Security after the Cold War, The American University Press, Washington-Santa Monica 1994, S. 244 i n.; R. Zięba, Wspólna Polityka Zagraniczna i Bezpieczeństwa Unii Europejskiej /Die gemeinsame Außen- und Si­

cherheitspolitik der Europäischen Union/, Wydawnictwa Akademickie i Profesjonalne, Warszawa 2007, S. 135–148.

kApitel v

eine Zone der wirtschaftlichen Dominanz zu sichern. Die deutsche Mark funktionier-te bereits seit 1991 in Slowenien als parallele Währung, in Bosnien und Herzegowina seit 1997 und in Montenegro seit 1999. Das Gebiet des ehemaligen Jugoslawien stellt nach Ansicht von Eduard Husson „ein ideales Gebiet für die Entwicklung einer Art von Imperialismus dar“, den er auch als „deutschen Soft-Wirtschaftsimperialismus“2 bezeichnete. Die Bedeutung der wirtschaftlichen Beweggründe für das Engagement der Bundesrepublik in dieser Region sind jedoch nicht überzubewerten, da der Ge-genwert des Handelsverkehr mit allen Staaten des Westbalkans zusammen Ende der neunziger Jahre kaum mehr als die Hälfte des Handelsaustausches mit Polen betrug. Die Priorität der deutschen Politik gegenüber dem Balkan war vor allem ein Handeln zur Sicherung von Frieden und Sicherheit.3

1.1. Der Stabilitätspakt für Südosteuropa

Das Angebot des Stabilitätspaktes für Südosteuropa wurde durch die deut-sche EU-Ratspräsidentschaft am 10. Juni 1999 auf der internationalen Konferenz in Köln vorgestellt. Teilnehmer an dieser Konferenz waren, neben den Außenminis-tern der Mitgliedstaaten der Union, die Chefs der Außenämter Russlands, der USA, Japans, Kanadas, der Türkei sowie der Balkan-Staaten (Albanien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien4, Slowenien, Rumänien, Bulgarien). Darüber hinaus nahmen auch Vertreter zahlreicher internationaler Organisationen teil, darunter subre-gionaler Balkan-Organisationen.5 In Köln wurden die Ziele und Leitlinien des Pakts festgelegt. Bestätigt wurden diese während des Treffens in Sarajevo vom 29.-30. Juli 1999.6 Als Ziel des Pakts wurde die Unterstützung der Länder der Region (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, Slowenien, Bulgarien und Ru-mänien, auch Montenegro, als Teil der Bundesrepublik Jugoslawiens, wurde mit-einbezogen) in ihren Bemühungen um die Stärkung des Friedens, der Demokratie,

2 É. Husson, Inne Niemcy /Ein anderes Deutschlad/, Wydawnictwo Akademickie Dialog, Warszawa 2008, S. 126.

3 E. Cziomer, Niemcy wobec bezpieczeństwa i stabilizacji na Bałkanach ze szczególnym

3 E. Cziomer, Niemcy wobec bezpieczeństwa i stabilizacji na Bałkanach ze szczególnym

W dokumencie Katowice 2011 (Stron 162-0)