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3.3 Biblische und religiöse Symbolik, Archetypik

3.4.2 Menschen

Bereits im Alten Testament fi ndet man das Motiv des selbstgerechten Königs. Das 2.

Buch Samuel beschreibt, wie David den Hetiter Urija im Krieg gegen die Ammoniter absichtlich an die vorderste Front schickt, damit dieser getötet wird und David dessen Frau, die schöne Batseba, heiraten kann. Der König Israels, welcher sich überheblich zeigte und die Gebote Gottes missachtete, muss nun die Konsequenzen seiner Tat tragen. Durch Natan lässt JHWH David verkünden, dass er ihn zu bestrafen gedenke.

Allein das Eingeständnis seiner Sünde rettet David vor der angedrohten Demütigung und Peinigung. Einer der Strafen entgeht der selbstgerechte König aber nicht – das erste Kind Batsebas und Davids stirbt. Den zweiten Knaben, Salomo, nimmt Gott jedoch in seine Obhut und macht ihn zum Nachfolger des Vaters.557

553 „Sucht den Herrn, ihr Gedemütigten im Land, / die ihr nach dem Recht des Herrn lebt. Sucht Gerech-tigkeit, sucht Demut! / Vielleicht bleibt ihr geborgen / am Tag des Zornes des Herrn“ (Zef 2,3).

554 „Vor dem Sturz ist das Herz des Menschen überheblich, / aber der Ehre geht Demut voran“ (Spr 18,12).

555 „Du sollst an den ganzen Weg denken, den der Herr, dein Gott, dich während dieser vierzig Jahre in der Wüste geführt hat, um dich gefügig zu machen und dich zu prüfen. Er wollte erkennen, wie du dich entscheiden würdest: ob du auf seine Gebote achtest oder nicht“ (Dtn 8,2).

556 „Denn so spricht der Hohe und Erhabene, / der ewig Thronende, dessen Name »Der Heilige« ist: Als Heiliger wohne ich in der Höhe, / aber ich bin auch bei den Zerschlagenen und Bedrückten, um den Geist der Bedrückten wieder aufl eben zu lassen / und das Herz der Zerschlagenen neu zu beleben“ (Jes 57,15).

557 Die Geschichte von Davids Sünde und seiner Bestrafung durch Gott wird im 11. und 12. Kapitel des 2. Buches Samuel erzählt.

In der Geschichte des Kroatenkönigs sind gewisse Parallelen zu den alttestamentarischen Ereignissen zu erkennen. Ähnlich wie David erlangt Slavatz Geltung und Ruhm. Seine Blitzkarriere erinnert an den Aufstieg Davids. An der Spitze der Macht versündigt er sich jedoch gegen Gott. In seiner Überheblichkeit weigert er sich Gespräche mit der römischen Kirche aufzunehmen und eine Übereinkunft zu erzielen. Stattdessen führt er den päpstlichen Legaten in die Irre und beleidigt ihn durch seine Abwesenheit am vereinbarten Verhandlungsort.558 Er setzt sein Volk der Bedrohung durch die Nor-mannen aus und denkt nicht an das Unheil, das die Kriegshandlungen über sein Land bringen würden. Dieses selbstgerechte Verhalten hat letzten Endes seine Entthronung und Verbannung zur Folge, doch ähnlich wie dem König Israels bleibt Gott auch dem Herrscher der Kroaten gnädig. Die Strafe führt nicht zu Slavatz‘ Niedergang, sondern zu seiner Bekehrung. Er und David bekennen die Sünden vor Gott. Beide sühnen ihre Schuld, David durch Gebet, Reue, Fasten und andere asketische Praktiken sowie durch das Ertragen der Schmerzen über den Tod seines Kindes, Slavatz durch den Verzicht auf Macht, ein frommes Leben und die Trauer über den Verlust seiner Frau.559 Beiden Männern schenkt Gott noch viele freudige Tage – Slavatz gründet eine glückliche Familie, David besiegt Rabba, die Hauptstadt Ammons. Sein Sohn wird zum Liebling Gottes, welchem die Ehre zuteil wird, in Jerusalem einen Tempel für JHWH zu errichten.

Unter den Motiven der Königslegende ist vor allem das Mönchsmotiv, daneben auch das Motiv des monastischen Gehorsams und der Unterwerfung, von großer Wichtigkeit. Im Spliter Kloster trifft Slavatz den Ordensbruder Stjepan. Aus der Ferne erblickt er neben dem verhassten Comes Amicus den mächtigen römischen Abt Gebizon und dessen Gastgeber, den Abt von Split. Anschließend begegnet er am Ort seiner Verbannung zwei bescheidenen Benediktinern, von denen der ältere, Vater Hieronymus, in Slavatz‘ Leben eine besondere Rolle spielen wird. Das Mönchsmotiv wird außerdem noch an einer anderen Stelle deutlich. Als der entthronte König die kleine Kirche, die sich auf einem Hügel in der Mitte der Insel Issa befi ndet, betritt,

558 Ritter Svačić hatte dem König die Nachricht überbracht, dass der päpstliche Legat, Gerhard aus Split, am dritten Fastensonntag einen Besuch in der norddalmatinischen Stadt Biograd na Moru plane. Der königliche Verwandte hatte behauptet, dass „der Papst von Rom durch seinen Legaten gerne manchen unklaren Punkt mit dem König der Kroaten bereinigt und Verständnis und Freundschaft statt Argwohn und Mißtrauen gesetzt hätte“

(Paula VON PRERADOVIĆ, Paula von Preradović: Gesammelte Werke, a.a.O., S. 807). Slavatz hatte eingewilligt, den Botschafter des Heiligen Stuhls zu empfangen, doch zwei Tage später hatte er die Königsburg verlassen und sich auf die Reise in seine Heimat, in das Tal der Neretva, begeben. Als der Legat in Biograd ankam, traf er dort nur noch das königliche Gefolge an. Der Konfl ikt zwischen dem Papst und dem Herrscher Kroatiens spitzte sich zu, doch „Slavatz hatte sich, als es geschehen war, gefreut und vor sich selbst mit seiner kühnen Handlungsweise gebrüstet“ (ebd.). Erst nach seiner Verbannung begriff er, dass er den Papst „auf frevelhafte Weise herausgefordert hatte“ (ebd.) und bereute seine Tat.

559 König David spielt in der christlichen Religion aus zwei Gründen eine wichtige Rolle. Erstens gilt Jesus als ein Nachkomme dieses mächtigen Königs und wird im Neuen Testament häufi g als »Sohn Davids«

betitelt (z.B. Mk 10,47–48; Mt 21,9). Die Herkunft Jesu und die Tatsache, dass er in Bethlehem, also in der Geburtsstadt Davids zur Welt kam, untermauern zusätzlich seine Messianität. Zweitens gilt das Verhalten des Königs nach dem Eingeständnis seiner Schuld als vorbildhaft. David wird aber nicht nur wegen seiner Reue- und Bußhaltung, sondern auch wegen seiner Tapferkeit im Kampf gegen die Feinde Israels als Beispiel hingestellt.

sieht er ein Bild, das die Wand hinter dem Altar ziert. Im Text ist Folgendes über die Malereien zu lesen:

Man gewahrte darauf drei in den verschiedensten Lebensaltern stehende heiligenschein-geschmückte Mönchsgestalten im schwarzen Benediktinerhabit: einen schmalen und ganz kindlichen Knaben, der mit den Wellen eines blauen Gewässers kämpfte und von einem wie Christus über das Wasser hinschreitenden Jüngling gerettet wurde, während man im Hintergrund einen bärtigen Mann am Fenster einer Zelle mit steif gefalteten Händen beten sah. Darunter stand: „Sancti Maure et Placide, orate pro nobis!“ Das fromme Bild war steif und grob gemalt […].560

Anfangs versteht Slavatz die Szene nicht. Er meint, dass es sich bei den drei Benedik-tinern um Schifffahrtspatrone handeln könnte. Erst Lucia erklärt ihm die Bedeutung des Bildes, auf die später noch eingegangen werden soll.561 Die Wandmalereien lösen bei Slavatz ein starkes Schmerzgefühl aus, da er sofort an die „prunkvollen, aus golde-nem Hintergrund hervortretenden Mosaikgestalten des Erlösers, seiner Erzengel und Heiligen, die er […] in Byzanz stockenden Herzschlags bewundert hatte“562, denken muss. Obwohl er das Bild „ungeschickt“563 gemalt fi ndet, scheint es ihn zu ergreifen und er erinnert sich manchmal an die Szene während seiner Spaziergänge am Strand.

In der Legende über Maurus und Placidus eilt der ältere Mönch dem jüngeren Patriziersohn aus Subiaco zur Hilfe. Er vertraut auf den Beistand Gottes, da er wahrscheinlich ähnlich wie Placidus nicht schwimmen kann. Indem er den Auftrag erfüllt, beweist er seinen Gehorsam. Darüber hinaus bleibt er einer zentralen Tugend des monastischen Lebens treu. In dieser lehrhaften Geschichte wird aber nicht nur Maurus’ Folgsamkeit gelobt. Sie zeigt auch, dass Gott den Menschen in ihrer Not zur Hilfe kommt. Dies mag einer der Gründe sein, weshalb sich Slavatz stets an das Wandbild erinnern muss. Es erfüllt ihn mit Hoffnung, da er die Legende wohl auf sein eigenes Leben bezieht. Er mag auch von dem Gehorsam des Maurus beeindruckt sein, zumal Treue und Opferbereitschaft im ritterlichen Milieu ebenfalls hoch geschätzt wurden. Die höfi sche Wertewelt hindert ihn jedoch daran, den Streit zwischen Maurus und Benedikt zu verstehen.564 Die Geschichte scheint ihm deshalb zunächst „von mönchischer Albernheit. War es eines Mannes Sache, zu gehorchen und auf den

560 Paula von PRERADOVIĆ: Königslegende, a.a.O., S. 804f.

561 Eine hagiographische Legende, die auch in der Novelle von Lucia erzählt wird, besagt, dass Benedikt von Nursia eines Tages seinen Schüler Placidus von Subiaco an den See schickte, damit dieser Wasser holt.

Kurze Zeit später erkannte Benedikt auf wundersame Weise, dass der Knabe in den See gefallen war und zu ertrinken drohte. Er befahl also Maurus, der ebenfalls sein Schüler war, Placidus zur Hilfe zu eilen. Dieser gehorchte, ging dank dem Gebet Benedikts trockenen Fußes über das Wasser und rettete Placidus vor dem sicheren Tod. Nach diesem Ereignis stritt er jedoch sein Verdienst ab und behauptete, die Rettung des Knaben sei einzig und allein dem Gebet Benedikts zu verdanken (vgl. ebd., S. 809f.)

562 Ebd., S. 805.

563 Ebd.

564 Die beiden Mönche streiten sich, wem das Verdienst der Rettung des Knaben zukommt, aber in dem Sinne, dass jeder es dem anderen zuschreibt.

wohlverdienten Ruhm zu verzichten? Stjepan im Kloster zu Spalato hatte ja auch derlei Reden geführt“.565

Die ersten Begegnungen Slavatz’ mit Vater Hieronymus sind von einer tiefen Abnei-gung des Verbannten gegen den Benediktiner geprägt. Als Vertreter des lateinischen Klerus steht der Mönch für alles, was dem König verhasst ist. Es dauert lange, bis Slavatz den Priester zu respektieren beginnt. Zum ersten Gespräch der beiden kommt es nach Hieronymus’ Rückkehr aus der Stadt Omiš in Dalmatien. Der Ordensmann erfährt dort von Königin Jelenas Tod und von der Reise des Prinzen Michael nach Byzanz. Der Sohn des entthronten Königs soll im Geiste des östlichen Christentums in Konstantinopel erzogen werden. Zwischen Slavatz und Hieronymus kommt es zu einem scharfen Wortwechsel. Während der Priester dem König vorwirft, er hasse den römischen Ritus mehr, als er seine Familienangehörigen liebe, beschimpft ihn der Verbannte als „ehrlosen Mönch“566, der von Liebe nichts wisse.567 Langsam wandelt sich jedoch das Verhältnis der beiden Männer. Slavatz gibt seine Abneigung gegen den Pater auf, da er diesen „in den vielen Jahren trotz des Mißtrauens, mit dem er ihn betrachtete, weder Herrschsucht noch Frömmelei an ihm hatte entdecken können und ihn immer nur in Güte und Festigkeit sein Amt hatte erfüllen sehen“.568 Am Ende der Novelle kommt es, kurz nach dem Auftritt des Guslar, zwischen beiden zu einem ehrlichen und ergreifenden Gespräch. Der Mönch drückt Slavatz sein Mitleid darüber aus, dass dieser von dem Sänger viel Negatives über sich selbst und das Schicksal Kroatiens erfahren musste. Gleichzeitig bringt er seine Hochachtung vor Slavatz zum Ausdruck. Der entthronte Herrscher antwortet darauf mit den aussagekräftigen Worten:

„Immer noch ist Wissen besser als Nichtwissen […] und besser als eitle Hoffnung ist Verzicht“.569 Vater Hieronymus’ frommes Leben bleibt nicht ohne Einfl uss auf die Entwicklung des Protagonisten. Es wäre jedoch nicht übertrieben zu behaupten, dass sich auch im Verhalten des Benediktiners mit der Zeit ein gewisser Wandel vollzieht, denn er scheint am Ende der Novelle Slavatz noch viel mehr Mitleid und Verständnis entgegenzubringen.

Das Motiv des Fischers hängt mit dem Meeresmotiv zusammen, von dem auf den nächsten Seiten die Rede sein wird. Die Arbeit der dalmatinischen Fischer ist hart, entbehrungsreich und nicht ungefährlich. Ein Wetterumschwung auf offener See stellt für sie eine große Bedrohung dar, ebenso, wie die Angriffe der narentanischen Seeräuber, welche entlang der Küste Dalmatiens nicht nur auf Handelsschiffe der Republik Venedig lauerten. Die Fischer aus den Texten der österreichischen Autorin sind einfache Menschen von großer Bescheidenheit. Der Erfolg oder Misserfolg ihrer Arbeit hängt von den Launen der Natur ab. Dies mag wohl einer der Gründe sein, weshalb Fischer seit jeher als besonders fromme Menschen galten. In der Königslegende sind sie keineswegs nur ein passives, belangloses Element. Ihre Präsenz bedeutet eine

565 Paula von PRERADOVIĆ: Königslegende, a.a.O., S. 811.

566 Ebd., S. 823.

567 Vgl. ebd.

568 Ebd., S. 840f.

569 Ebd., S. 841.

Anspielung auf das Neue Testament, das eine reiche Fischfangsymbolik enthält. In der frühchristlichen Zeit stellte man Christus häufi g im Symbol des Fischers oder des Anglers dar. Das alte Sinnbild des »Menschenfi schers« ist in der Kirchenkunst bis heute weit verbreitet. Die Problematik des Fischersymbols wird in dem Kapitel über die Columba-Novelle umfangreicher behandelt.